Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit etwa 125 Millionen Menschen am Arbeitsplatz Asbest ausgesetzt (Stand: Februar 2018). Schätzungsweise die Hälfte aller auf berufsbedingten Krebs zurückgehenden Todesfälle werden durch Asbest verursacht. Die Europäische Kommission möchte daher die Expositionsgrenzwerte von Asbest überprüfen und hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hiermit beauftragt. Die ECHA hat nun eine Aufforderung zur Einreichung von Bemerkungen und zur Vorlage von Nachweisen zu Asbest und seinen Eigenschaften in Englisch veröffentlicht. Im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Bewertung der Expositionsgrenzwerte am Arbeitsplatz möchte sie Informationen über Exposition, gesundheitliche Auswirkungen, Toxikologie, Epidemiologie und Wirkmechanismen erhalten.
Expositionsgrenzwerte von Asbest
Zuvor hatte sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) in seiner Stellungnahme „Arbeiten mit Asbest bei der energetischen Gebäudesanierung“ von Mai 2019 dafür ausgesprochen, dass die Kommission den nach Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz in der EU gelten den Grenzwert für Asbestfasern von 100 000 Fasern/m3 überprüfen solle. Er berief sich in diesem Zusammenhang auf eine Empfehlung der International Commission on Occupational Health (ICOH), die eine Herabsetzung des Grenzwertes auf 1 000 Fasern/m3 rät.
Der EWSA wies unter Berufung auf statistischen Daten der ICOH darauf hin, dass Asbest in Europa jährlich etwa 88.000 Todesfälle verursache und Auslöser von 55 bis 85 Prozent der berufsbedingten Lungenkrebserkrankungen sei. Nach wie vor sei Asbest eine Hauptursache für berufsbedingte Krebserkrankungen in Europa. Es wird erwartet, dass die Sterblichkeitsraten trotz des Verbots von Asbest bis zum Ende der 2020er Jahre und möglicherweise bis in die 2030er Jahre weiterhin ansteigen werden.
Anerkennung von Berufskrankheiten durch Asbestexposition
Nach Ansicht des EWSA müssen auch Anerkennungs- und Entschädigungsverfahren für Asbestopfer verbessert und der Zugang zu notwendigen Informationen vereinfacht werden, um betroffene Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, rechtliche, finanzielle und persönliche Unterstützung in Anspruch nehmen zu können. Die Kommission hatte in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage darauf verwiesen, dass sie den Mitgliedstaaten in ihrer Empfehlung 2003/670/EG über die Europäische Liste der Berufskrankheiten empfohlen habe, in ihre nationalen Rechtsordnungen Bestimmungen über wissenschaftlich anerkannte Berufskrankheiten, die entschädigungspflichtig sind, aufzunehmen (Antwort liegt nur in Englisch und Italienisch vor). Eine Reihe von Berufskrankheiten im Zusammenhang mit Asbestexposition, wie beispielsweise Silikose, Asbestose und Mesotheliom, seien in Anhang I der Empfehlung ausdrücklich erwähnt. Die Kommission verwies jedoch auch darauf, dass Empfehlungen rechtlich unverbindlich seien. Die Festlegung des Verfahrens für die Anerkennung von Berufskrankheiten und ihre Entschädigung fallen in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.