Seit 2009 würdigt der Deutsche Arbeitsschutzpreis neue Produkte, Strategien oder Maßnahmen, die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in den unterschiedlichsten Branchen nachweislich verbessern. Alle zwei Jahre geht die mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Auszeichnung an Unternehmen und Einzelpersonen, die in Deutschland ansässig sein müssen. Die Liste mehr oder weniger bekannter Preisträgerinnen und Preisträger ist lang. Die Wintershall Holding gehört dazu, DocStop für Europäer, die Süwag Energie AG oder das Evangelische Johannisstift Behindertenhilfe.
Im Jahr 2019 entschied sich die Jury, der unabhängige Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, aus Verbänden und Wissenschaft angehören, in der Kategorie „Newcomer“ für die Hamburger recalm GmbH. Das Entwicklungsteam des Startups hatte ein Akustikgerät entwickelt, das den Lärm in den Fahrzeugkabinen von Bau- und Landmaschinen um bis zu 75 Prozent senken kann, und auf dem Prinzip der aktiven Lärmminderung beruht. Durch das Aussenden eines Gegenschall-Signals werden störende Geräusche in der Wahrnehmung weitgehend ausgeblendet. Das funktioniert dann so ähnlich wie ein Noise-Cancelling Kopfhörer. In den engen Fahrzeugkabinen ist Lärm einer der entscheidenden Stress- und Gefahrenfaktoren. Wird das System der Hamburger angewendet, das über eine App gesteuert wird, erhöhen sich sowohl die Sicherheit als auch die Lebensqualität der Personen, welche die Maschinen bedienen, entscheidend. Auch das Risiko, durch Dauerlärm einen Hörverlust zu erleiden, wird minimiert. „Die Lebensqualität von Menschen zu erhöhen, indem wir Lärm mindern, das ist unsere Vision“, erklärten Marc von Elling und Lukas Henkel von der recalm GmbH bei der Preisverleihung in Düsseldorf. Die Herausforderung bei der Entwicklung des Systems habe vor allem darin bestanden, dass alle Signale, die für den Arbeitsprozess wichtig sind, natürlich weiterhin hörbar sein müssen. „Eine Lösung, die eine Gefährdung substituiert und dem Arbeitsschutz in vorbildlicher Weise dient,“ urteilte die Jury.
Auszeichnungen gab es außerdem für den Mechatroniker Felix Röwekämper, der in Zusammenarbeit mit dem Werkzeughersteller Arnz Flott GmbH Werkzeugmaschinen einen Bohrmaschinenschraubstock mit einem sicheren Aufspannmechanismus entwickelt hat. Damit trägt er dazu bei, die hohen Unfallzahlen beim Bohren von Werkstücken nachweislich zu senken. Gewürdigt wurde auch die Bielkine-Sattlerei: Zum Schutz von Beschäftigten, die unter Allergien leiden, richtete die Sattlerei einen separaten Raum für die Verarbeitung latexhaltiger Arbeitsstoffe ein. Die Idee, auf diese Weise den unverträglichen Arbeitsstoff zu isolieren und nicht etwa die Beschäftigten, gefiel der Jury ebenso wie die strategisch geplante Verankerung einer umfassenden Sicherheitskultur im Unternehmen, die dem Bauunternehmen August Mainka GmbH & Co. bereits seit einigen Jahren Unfallquoten weit unter dem Branchendurchschnitt bringt. Das interaktive Spiel „Safety Academy“ für die jährliche Sicherheitsunterweisung, das die Essener RWE Power AG entworfen hatte, erhielt eine Auszeichnung in der Kategorie „Kulturell“, weil die spielerische Umsetzung der Inhalte der Jury zufolge „im Kopf bleibt und Arbeitsschutz lebendig macht.“
Deutscher Arbeitsschutzpreis 2021
Auch 2021 will der Deutsche Arbeitsschutzpreis praxisorientierte Lösungen fördern, die sich nach Möglichkeit auch auf andere Betriebe oder unterschiedliche Arbeitsbereiche komplikationslos übertragen lassen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) werden als Ausrichtende zusammen wieder fünf Unternehmen auszeichnen, die sich „in besonderem Maße für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten engagieren“. Mit an Bord sind die Messe Düsseldorf und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi) als offizielle Kooperationspartnerinnen.
Am 1. Oktober 2020 startete die Bewerbungsphase für Unternehmen und Institutionen aller Branchen und Größen – vom Kleinstbetrieb bis hin zum Konzern oder zur Einzelperson. Kleinere Unternehmen sind ausdrücklich dazu aufgerufen, sich mit ihren guten Ideen zu beteiligen.
„Es ist nicht die Größe eines Unternehmens, sondern die Haltung, die über den Arbeitsschutz und die Inspiration entscheidet,“ betonte Jurymitglied Prof. Ralph Bruder, Leiter des Instituts für Arbeitswissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt, bereits anlässlich der Preisverleihung 2019.
Arbeitsschutz als Teil der Kultur, auf Management- oder Betriebsebene
Im kommenden Jahr 2021 geht es darum, Leistungen in diesen fünf Kategorien zu prämieren: Strategie- und Managementlösungen („Strategisch“), kreative und innovative Lösungen auf Betriebsebene („Betrieblich“), verhaltensändernde, aber auch verhältnisändernde Maßnahmen („Kultur“) und Maßnahmen, die den Schutz, die Sicherheit und die Gesundheit der Einzelnen („Persönlich“) betreffen, sowie auch Entwicklungen und Produkte in der Kategorie „Newcomer“.
Die eingereichten Ideen und Lösungen sollten dabei einige Voraussetzungen erfüllen. Die Wirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen, Strategien oder Produkte soll im Hinblick auf ihr Arbeitsschutzziel messbar sein und eine Vorbildfunktion erfüllen. Darüber hinaus sollten sie ressourcenschonend und mit Blick auf eine längerfristige Nutzung konzipiert und umgesetzt werden. Gute Chancen haben dabei, den Ausrichtenden zufolge, auch Lösungen, die „genial einfach sind“ in der Entwicklung oder dann, wenn es um ihre Umsetzung im beruflichen Alltag geht.
Die Verleihung des Deutschen Arbeitsschutzpreises 2021 ist für den 26. Oktober 2021 im Rahmen der Fachmesse und des Fachkongresses Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Düsseldorf geplant. Zusätzliche Highlights sind der Stiftungspreis der Messe Düsseldorf, mit dem erneut ein Startup ausgezeichnet werden soll, und der Publikumspreis, bei dem nominierte Projekte online bewertet werden können.
231 Einreichungen aus der gesamten Bundesrepublik sichtete die Jury 2019, von denen 13 für den Deutschen Arbeitsschutzpreis nominiert wurden, bevor letztlich fünf Preisträgerinnen und Preisträger ausgewählt wurden. 39 Prozent der Einreichungen fielen in die Kategorie der betrieblichen Lösungen, weitere 18 Prozent betrafen die Unternehmenskultur. 15 Prozent waren der Kategorie „Strategisch“ zuzuordnen. 12 Prozent fielen unter „Persönlich“ und 16 Prozent unter „Newcomer“. Insgesamt stammten 57 Prozent der vorgeschlagenen Projekte von Großunternehmen, 30 Prozent von mittleren und 13 Prozent von kleinen oder Einzelunternehmen. Die Jury bewertete sowohl die hohe Wettbewerbsbeteiligung als auch die Qualität der eingereichten Lösungen als großen Erfolg.
Innovative Lösungen für aktuelle Belastungen
Als Teil der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) soll der Deutsche Arbeitsschutzpreis dazu beitragen, das Arbeitsschutzsystem in Deutschland zu modernisieren und dabei Anreize für Betriebe zu schaffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten kontinuierlich weiter zu stärken. Arbeit ist schließlich nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, Quelle persönlichen Einkommens oder die Basis für soziale Teilhabe, sie birgt auch spezifische Risiken und Gefährdungen. Das gilt branchenübergreifend für Gesundheitsfachkräfte ebenso wie für Beschäftigte auf dem Bau, im Büro oder in der industriellen Fertigung, um nur einige Tätigkeiten zu nennen. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Beschäftigte vor Unfällen und gesundheitlichen Gefahren am Arbeitsplatz und im Arbeitsumfeld zu schützen sowie darauf zu achten, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Nicht zuletzt aufgrund der Schnelllebigkeit der Arbeitswelt sind innovative Konzepte, Best Practice-Lösungen, Ideen, aber auch neue Technologien und Produkte gefragt. Genau die prämiert der Deutsche Arbeitsschutzpreis 2021.
Zu den Themen, die den Arbeitsschutz aktuell bewegen, zählen zum Beispiel die Bildschirmarbeit, die schädigende Auswirkungen auf die Augen und das Muskel-Skelett-System haben kann, das Multitasking als Stressfaktor, schweres Heben wie etwa in den Pflegeberufen, der Umgang mit Gefahrstoffen oder die schnelle Veränderung von Anforderungen durch die Digitalisierung. Ein besonders aktuelles Thema ist darüber hinaus die Entgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit durch das Homeoffice. Durch die Corona-Pandemie geht es jetzt außerdem darum, Hygieneregeln fest in den Arbeitsschutz und in den beruflichen Alltag zu integrieren.
Arbeitsschutz kommt nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Unternehmen zugute. Er steigert die Wettbewerbsfähigkeit, hält Fachkräfte im Beruf und in der Firma, sichert Arbeitsplätze und schafft so für alle einen deutlichen Mehrwert.
Der Countdown läuft — jetzt bewerben für den Deutschen Arbeitsschutzpreis 2021
Bewerbungen sind für in Deutschland ansässige Unternehmen und Einzelpersonen bis zum 1. Februar 2021 möglich. Prämiert werden vorbildlich entwickelte und gelebte Lösungen in den fünf Kategorien: „Strategisch“, „Betrieblich“, „Kulturell“, „Persönlich“ und „Newcomer“.
Informationen zum Online-Bewerbungsverfahren und zur Preisvergabe gibt es unter www.deutscher-arbeitsschutzpreis.de.
Die Träger des Deutschen Arbeitsschutzpreises
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unterstützt Vorhaben für mehr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit auf nationaler und internationaler Ebene. Die Grundlage bilden gesetzliche und sozialpolitische Initiativen sowie Forschungsvorhaben. Zudem engagiert sich das BMAS im Rahmen der Europäischen Union und in der Internationalen Arbeitsorganisation.
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) ist das höchste fachliche Gremium für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik innerhalb der staatlichen Arbeitsschutzaufsicht der Länder. Er bearbeitet und koordiniert grundlegende Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zwischen den Ländern.
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ist der Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Die Unfallversicherungsträger informieren und beraten Unternehmen in Belangen des Arbeitsschutzes. Ihr Ziel ist es, durch präventive Maßnahmen Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden.