Das Arbeitssicherheitsgesetz aus dem Jahre 1973 regelt unter anderem die Zusammenarbeit von Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit. Jedoch kommt es im (Arbeits-)Alltag immer wieder vor, dass diese nicht so gut läuft, wie es sich der Gesetzgeber eigentlich vorstellt und diese vorschreibt − bis vor Kurzem jedenfalls. Denn seit dem Ausbruch der Pandemie auch hier in Deutschland hat sich das verändert, und zwar durchaus im positiven Sinne.
Spätestens seit Anfang April 2020 beschäftigt sich unser betriebsärztlicher Alltag fast ausschließlich mit Themen, die mit der Corona-Pandemie in Verbindung stehen. In diesem Zusammenhang stehen wir mit vielen Kunden in Kontakt und beraten sie. In zahlreichen ASA-Sitzungen und anlassbezogenen Begehungen suchen wir den täglichen Austausch mit vielen verschiedenen Fachkräften für Arbeitssicherheit. Die Pandemie hat definitiv dazu beigetragen, dass wir Betriebsärzte mit den Kollegen von der Arbeitssicherheit enger zusammenrücken mussten − und auch zusammengerückt sind. Spätestens nach der Veröffentlichung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren Akteure beider Bereiche mit der Umsetzung der Maßnahmen gefordert. Es war schön zu sehen, wie sie auf der Grundlage dieses Dokuments eine in sehr großen Teilen einheitliche Beratung durchführen konnten. Das war in Zeiten vor der Pandemie gefühlt nicht immer der Fall.
Diese Krise hat mir gezeigt, wie gut beide Disziplinen kooperieren können und müssen.
Die aktuelle Pandemie wird uns dieses Jahr auf jeden Fall noch beschäftigen, so viel steht fest. Die ersten Erfolge bei der Eindämmung der Infektionsausbreitung freuen uns alle, dürfen aber nicht dazu führen, dass wir bei der Einhaltung der einfachen, aber effektiven Hygienemaßnahmen nachlässig werden. Insofern müssen sich Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit weiterhin eng austauschen, um einen optimalen Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben zu gewährleisten. Dies kann nur gelingen, wenn beide Seiten sich als eine geistige Einheit verstehen und auch bereit sind, voneinander zu lernen.
Zuverlässige und kompetente Positionierung
Als Inhaber eines überbetrieblichen betriebsärztlichen Dienstes haben mir die vergangenen Monate gezeigt, wie wichtig es für die Kunden ist, dass Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit einheitlich beraten und vor allem auch gut miteinander arbeiten können. Gerade in dieser Zeit, in der Firmen unter maximaler Unsicherheit Entscheidungen treffen müssen, tut es ihnen gut zu sehen, dass das Zusammenwirken beider Akteure des Arbeitsschutzes gut funktioniert. Die Corona-Krise wird meinen Beobachtungen zufolge dazu beitragen, dass der Arbeitsschutz zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Hier gilt es für Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, sich als zuverlässige und kompetente Berater zu positionieren. Das wird es ihnen erleichtern, sich als vertrauensvoller Ansprechpartner dauerhaft zu etablieren.
Ausblick
Gerade auch in Zeiten der rasanten Verbreitung von Falschinformationen über die sozialen Medien ist es wichtig, durch kompetente und evidenzbasierte Beratung Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beruhigen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Die Pandemie werden wir in einigen Monaten hinter uns lassen, die Falschinformationen werden uns aber weiterhin begleiten. Umso wichtiger sind also eine gute Beratung und ein funktionierendes Miteinander zwischen Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.
Dieser Kurzbeitrag und Kommentar stammt aus Sicherheitsingenieur 7/2020. Hierfür hatten wir uns einige Stimmen aus der Praxis eingeholt. Weitere Beiträge zu dem Themenschwerpunkt Corona-Praxis:
Volker Naumann: Arbeiten in der Pandemie – Herausforderungen und Lösungen
Currenta: Verantwortung für Mensch und Betrieb – rund um die Uhr
Autor: Dr. Turgay Göksu
Facharzt für Arbeitsmedizin, Facharzt für Innere Medizin
Betriebsarztzentrum Rhein-Neckar (BRN)
E‑Mail: turgay.goeksu@b‑rn.com