Häufig herrschen in Schulen, Kitas und auch Sportsälen schlechte akustische Bedingungen. Die Räume sind meist nicht für diese Nutzungsarten optimiert. Typische Folgen sind beispielsweise zu hohe Geräuschpegel, schlechte Verständlichkeit von Sprache sowie eine verringerte Konzentrationsfähigkeit und Stressreaktionen bei den anwesenden Personen. Abhilfe kann eine an den Raum und die durchgeführte Tätigkeit angepasste Nachhallzeit schaffen. Hierzu bietet die anerkannte Regel der Technik DIN 18041 Planungssicherheit und zeigt Optimierungspotential auf. Der nach den Vorgaben dieser Norm entwickelte IFA-Raumakustikrechner liefert auf einfachem Weg schnelle Hilfe bei der Abschätzung der Nachhallzeit und möglicher Optimierungen.
Bei der Ausgestaltung von Räumen wird die Raumakustik oft außer Acht gelassen. Während der ersten Arbeits- und Aufenthaltsphasen in den neuen Räumlichkeiten wird dann meist Unbehagen und Unwohlsein festgestellt. Es gibt Schwierigkeiten beim Sprachverstehen, Unterhaltungen sind anstrengend und häufig ist es zu laut. Die Konzentration dort lässt schneller nach und Beschäftigte fühlen sich gestresst.
Dies sind Auswirkungen einer ungenügenden Raumakustik. Die Raumbegrenzungsflächen reflektieren den sich ausbreitenden Schall zu stark. Es gibt nur wenig schallabsorbierendes Material im Raum. Daraus resultiert ein langer Nachhall des Schalls, der auch zum sogenannten „Lombard-Effekt“ führen kann (siehe Infokasten). Hierdurch kommt es zu einer für alle betroffenen Personen sehr unangenehmen Belastungssituation. Daher sollten gezielte raumakustische Gestaltungen nach DIN 18041 erfolgen, idealerweise bereits in der Planungsphase. Doch auch nachträglich sind Optimierungen möglich und durchführbar. Der dabei anzustrebende Wert der Nachhallzeit ist sowohl abhängig von der Größe des Raums als auch von der Art der Nutzung bzw. der im Raum durchgeführten Tätigkeit. Das Regelwerk DIN 18041 liefert hierzu klare Vorgaben.
Die Raumakustik leicht berechnen
Der IFA-Raumakustikrechner eignet sich zur Abschätzung der Nachhallzeit für sog. „Räume der Gruppe A“ gemäß der aktuellen DIN 18041: 2016-03. Hierzu gehören zum Beispiel Gruppenräume in Kindertageseinrichtungen, Unterrichtsräume in Schulen, Sporthallen sowie Konferenz- und Tagungsräume.
Vom Benutzer ist die Länge, Breite und Höhe eines Raumes einzugeben. Anschließend können verschiedene Raumeigenschaften (z.B. Bodenbelag und Inneneinrichtung) und auch die Anzahl und Art der Personen, die sich üblicherweise im Raum aufhalten, ausgewählt werden. Als Nutzungsarten stehen „Musik“, „Sprache/Vortrag“, „Unterricht/Kommunikation sowie Sprache/Vortrag inklusiv“, „Unterricht/Kommunikation inklusiv“ und „Sport“ zur Verfügung. Bereits im Raum vorhandenes Absorptionsmaterial an der Decke und an den Wänden kann ebenfalls angegeben und dadurch in die Abschätzung der Nachhallzeit mit einbezogen werden.
Auf Basis der Angaben des Benutzers zeigt der Rechner die zu erwartenden Nachhallzeiten in den Oktavbändern von 125 bis 4000 Hz grafisch an. Die entsprechenden Toleranzgrenzen der DIN 18041 werden ebenfalls dargestellt. Sollte die Nachhallzeit des Raums oberhalb der Toleranzgrenze liegen, empfiehlt sich das Einbringen von zusätzlichem Absorptionsmaterial. Hierzu bietet der Raumakustikrechner die Auswahl vordefinierter Absorbermodelle an („schlechter Absorber“, „mittlerer Absorber“ und „guter Absorber“). Falls die Absorptionsgrade eines geplanten oder bereits eingebrachten Materials bekannt sind, können diese auch direkt eingegeben und als zusätzlicher Absorber hinzugefügt werden. Ein auf diese Art selbst definierter Absorber kann dann in den Auswahlbereichen für Decken- und Wandabsorber ausgewählt werden. Weiterhin können die eingegebenen Absorberdaten wie auch die gesamten Projekteingaben inklusive der Raummaße exportiert und lokal gespeichert werden, um die Daten zu einem späteren Zeitpunkt wiederverwenden zu können.
Ausblick
Der IFA-Raumakustikrechner eignet sich momentan zur Abschätzung der Nachhallzeiten für Räume der Gruppe A nach DIN 18041. Räume der Gruppe B, wie beispielsweise Büro- und Pausenräume, sind derzeit noch nicht im Programm berücksichtigt. Anstelle der Nachhallzeit gibt die DIN 18041 für diese Räume ein empfohlenes Verhältnis aus Absorptionsfläche und Raumvolumen in den Oktavbändern von 250 Hz bis 2 kHz an. Die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des IFA-Raumakustikrechners werden geprüft, um genauso einfach und komfortabel eine Abschätzung für Räume der Gruppe B mit den verschiedenen Nutzungsarten „Räume …
- zum kurzfristigen Verweilen“
- zum längerfristigen Verweilen“
- mit Bedarf an Lärmminderung und Raumkomfort“
- mit besonderem Bedarf an Lärmminderung und Raumkomfort“
durchführen zu können. Wichtig sind dabei stets die einfache und intuitive Bedienung sowie aussagekräftige Ergebnisse der Abschätzung.
Zusammenfassung
Die anerkannte Regel der Technik DIN 18041:2016–03 liefert dem IFA-Raumakustikrechner eine fundierte Grundlage zur Abschätzung der Nachhallzeit von Räumen der „Gruppe A“. Auf Basis der eingegebenen Daten zur Inneneinrichtung eines Raumes und den darin befindlichen Absorbern sowie der Möglichkeit selbst Absorptionsdaten einzutragen, kann eine Abschätzung der Nachhallzeit mit den zur Nutzungsart gehörenden Toleranzlinien für die Soll-Nachhallzeit visualisiert werden. So bietet der IFA-Raumakustikrechner eine komfortable und intuitive Möglichkeit eine schnelle und verlässliche Abschätzung der Nachhallzeit treffen zu können.
Literatur und Linktipps
- Raumakustische Gestaltung nach DIN 18041:2016 mit dem IFA-Raumakustikrechner. Zu finden unter www.dguv.de mit dem Webcode: d130076.
- DIN 18041:2016–03, Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung.
- Nocke, C.: Hörsamkeit in Räumen – Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung. Zeitschrift für Lärmbekämpfung Bd. 11, Nr. 2, 2016.
Autoren:
Dr. Florian Schelle,
Referatsleiter „Lärm“
Institut für Arbeitsschutz
der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (IFA)
Jan Selzer, M.Sc.
Institut für Arbeitsschutz
der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (IFA)
Kasten: der Lombard-Effekt
Der Lombard-Effekt, benannt nach dem französischen Wissenschaftler Étienne Lombard, beschreibt die Auswirkung von Lärm auf die Sprachproduktion. Ist ein Sprecher Lärm ausgesetzt, erhöht er seine Lautstärke und Tonhöhe, um sich verständlich zu machen. Sind mehrere Sprecher und mehrere Schallquellen in einem Raum mit einer unangepassten Nachhallzeit und wenden diese Selbstverstärkung an, um sich verständlich zu machen, so führt dies in eine Spirale des Lauterwerdens und somit zum sogenannten Lombard-Effekt. (Quelle: Dorsch – Lexikon der Psychologie).