Ein besonderes Augenmerk liegt auf die Menschen, die in Reinräumen arbeiten. Sie sind die größte Kontaminationsquelle im Reinraum und müssen spezielle Arbeitskleidung tragen. Im Gegensatz zu herkömmlicher Arbeitskleidung kontaminiert spezielle Arbeitskleidung – Reinraumkleidung – einen Reinraum nicht mit Partikeln. Reinraum-Oberbekleidung besteht nämlich aus Polyesterfilamenten, die selbst fast keine Partikelquelle werden können. Die Bekleidung wird speziell konzipiert, um Partikel möglichst gut zurück zu halten und so das Produkt beziehungsweise den Produktionsprozess im Reinraum zu schützen. Reinraumbekleidung sollte folgende Eigenschaften erfüllen beziehungsweise beachten:
- Keine eigene Partikelabgabe
- Reduzierter Abrieb
- Partikelrückhaltevermögen entsprechend der jeweiligen Reinraumklasse
- Elektrostatische Eigenschaften
- Reinraumgerechte Verarbeitung (u.a. von Nähten)
- Dekontaminierbarkeit und Sterilisierbarkeit
- Höhe Lebensdauer
- Tragekomfort/angenehme Haptik
Die Reinraumbekleidung stellt also eine sichere Barriere zwischen Produkt und Mensch dar. Was zunächst simpel klingt, erweist sich in der Praxis als durchaus komplexe Herausforderung. Weil Reinräume generell nach verschiedenen Klassen (ISO 1 – 9) unterschieden und pharmazeutische Reinräume darüber hinaus nach GMP-Richtlinien klassifiziert werden (Klasse A‑D), sind unterschiedliche Anforderungen an die Reinraumkleidung und deren Pflege einzuhalten (u.a. gemäß VDI 2083 „Reinraumtechnik“). Wichtig ist, dass das Bekleidungskonzept auf die Reinraum-Klasse und den Herstellungsprozess abgestimmt und qualifiziert ist.
Für das richtige Bekleidungssystem also auch für die Wechselfrequenz der Bekleidung gibt es Empfehlungen. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht zur Orientierung nach IEST-RP-CC003.4.
Zudem beschreibt der GMP (Good Manufacturing Practices) Annex 1 die minimalen Bekleidungsempfehlungen für Klasse A bis D. Tabelle 2 zeigt schon die Empfehlungen gemäß der geplanten Revision, die voraussichtlich in 2020 veröffentlicht wird.
Reinräume Klasse A/B
Die Bekleidungskonzepte in sterilen Reinräumen Klasse A/B – insbesondere bezogen auf Oberteile – sollten ebenfalls steril sein und zum Beispiel folgende Produkte umfassen:
- Unterziehkleidung
- Einweg-Haarnetz
- Einweg-Bartschutz
- Reinraumsocken
- Overall
- Haube
- Mundschutz
- Reinraumbrille
- Reinraumschuhe und ‑stiefel
- Einweghandschuhe (zweifach)
Um das mikrobielle Wachstum so gering wie möglich zu halten, muss die Arbeitskleidung in sterilen und aseptischen Reinräumen bei jedem Eintritt gewechselt werden. Auch auf das richtige „Darunter“ kommt es an. Reinraumtaugliche Unterziehkleidung puffert Feuchtigkeit ab, sorgt für ein angenehmes Tragegefühl und – viel entscheidender – stellt eine sichere Barriere für Hautteilchen und Haare dar. Zu dieser Thematik gibt es auch mehrere Publikationen des Bekleidungsherstellers Dastex, der anhand einer „Body-Box“-Studie das Partikelrückhaltevermögen der verschiedenen Bekleidungskonzepte getestet hat.
Pflege und Dekontaminierung
Praktisch alle Unternehmen beziehen ihre Reinraum-Textilien von externen Dienstleistern wie zum Beispiel CWS Cleanrooms. Diese bieten nicht nur maßgeschneiderte Bekleidungskonzepte im Mietservice, sondern kümmern sich zugleich auch um die fachgerechte Pflege und Dekontaminierung der Textilien. Wichtiger Mehrwert: Professionelle Dienstleister erstellen eine prozesssichere, auch im Nachhinein nachvollziehbare Dokumentation dieser Dekontaminierung.
Der eigentliche Waschvorgang ist dabei schnell erläutert: Nach der Wareneingangskontrolle auf der „unreinen“ Seite der Reinraum-Wäscherei werden die Textilien nach einem klar festgelegten, komplett automatisierten und validierten Prozess gereinigt und desinfiziert.
Auf der „reinen“ Seite, die selbst einen Reinraum darstellt, werden die Textilien aus dem Waschtrommel entnommen, speziell getrocknet und anschließend reinraumgerecht gefaltet und verpackt sowie stichprobenartig auf Partikel kontrolliert. Ziel ist es nachzuweisen, dass sich möglichst wenig Restpartikel auf der Reinraum-Bekleidung befinden (gemäß den angegebenen Werten in IEST-RP-CC003.4).
Zwei Prüfmethoden
Zwei zertifizierte Prüfmethoden kommen derzeit in Europa zum Einsatz: Der ASTM F51-Test und die Helmke Drum-Testmethode. Beim ASTM (American Society for Testing and Materials) F51-Test werden einzelne Kleidungsstücke stichprobenartig aus der Gesamtcharge herausgegriffen, bevor eine spezielle Messapparatur Luft durch die Textilien bläst und auf diese Weise Partikel herauslöst, die sich eventuell noch in den Fasern befinden. Bei der Helmke Drum-Messmethode wird die Kleidung nach der Trocknung in eine sich drehende Trommel gelegt. Durch die Rotationsbewegung werden Partikel herausgelöst und mittels eines Partikelzählers bestimmt.
Neben der Kontrolle der Restkontamination, ist das mikrobiologische Monitoring des Endprodukts, des Mitarbeiters und des Equipments besonders wichtig. Nach erfolgreicher Dekontamination kann die Kleidung auch noch sterilisiert werden. Zu jeder sterilisierten Lieferung muss ein Sterilisationsprotokoll erstellt und der Lieferung beigelegt werden.
Gerade in Reinräumen sollte man sich für ein Bekleidungskonzept entscheiden, welches größtmögliche Sicherheit bietet in Verbindung mit einem erfahrenen und zuverlässigen Dienstleister mit validierten Prozessen, der die pünktliche und fachgerechte Versorgung mit Reinraumkleidung sicherstellt. Ein Tipp: Machen Sie sich bei der finalen Auswahl Ihres Bekleidungskonzepts Gedanken über die zukünftigen Anforderungen Ihrer Kunden und Behörden, damit Sie langfristig planen können.
Werner Münnich
Vorsitzender des Arbeitskreis Workwear/PSA im Deutschen Textilreinigungs-Verband