Denn als die Politik sich im Zuge der Corona-Pandemie dazu entschloss, eine Maskenpflicht zu erlassen, schnellte die Nachfrage nach Masken, die den Mund und die Nase bedecken, explosionsartig in die Höhe. Mittlerweile dürften alleine in Deutschland innerhalb weniger Wochen Masken in dreistelliger Millionenzahl auf den Markt gekommen sein. Und ein Ende dieser regelrechten Flutwelle ist noch nicht absehbar. Und leider war der Bedarf im Medizinwesen nach Schutzausrüstungen (Atemschutzmasken, Schutzbrillen, etc.) enorm gestiegen und konnte nicht mehr wirklich gedeckt werden.
Somit überstieg das bisherige Angebot die Nachfrage bei weitem, zumal viele Atemschutzmasken (Persönliche Schutzausrüstung, FFP1–3) bereits für ihre eigentlichen Zwecke vorbestellt und reserviert waren.
Und plötzlich boten mit einem Mal tausende Lieferanten aus der Volksrepublik China ihre „Masken“ an. Und schon war das Chaos perfekt. Denn irgendwie hatte man hierzulande scheinbar verdrängt, dass es für Schutzmasken DIN- und EN-Normen gibt. Die tauchten nun unversehens wieder aus der Versenkung auf, wo sie die Fachleute versteckt hatten, weil ihnen der Umgang mit ihnen vollkommen geläufig ist. Das war und ist ein riesiges Problem, alldieweil die Masken aus China regelmäßig nach anderen Standards als in Europa üblich und erforderlich gefertigt sind. Da standen unvermutet Bezeichnungen wie „N95“ oder „KN95“ auf den Masken, anstelle des bekannten „FFP2“, wie man es bislang im Arbeitsschutz gewöhnt war. So etwas Dummes aber auch.
Erschwerend kam und kommt hinzu, dass die Chinesen ein uraltes, vom Konfuzianismus diszipliniertes Handelsvolk sind – und wenn die Europäer nach FFP2 fragen, nun, dann kann diese Hürde locker und lächelnd genommen werden. Und somit druckten halt massenhaft chinesische Produzenten FFP1/2/3 zusätzlich auf die Verpackungen und auf die Masken – gar kein Problem. Dies wurde in der Vergangenheit auch schon bereitwillig mit dem CE-Zeichen getan, das alsbald für „China Export“ stand. Ruckzuck waren die Kartons mitsamt den Masken mit allen „gewünschten“ Bezeichnungen in Europa und in Deutschland angekommen.
Jedoch: Die Europäer erwiesen sich als hartnäckig. Blitzschnell verlangten sie nun „Zertifikate“ von den chinesischen Exporteuren – Zertifikate, die nachweisen, dass die Masken nach der europäischen Prüfnorm EN 149 für filtrierende Halbmasken von einer benannten Stelle für PSA geprüft wurden. Und wieder, Ruckzuck, tauchten viele Zertifikate auf, die falsch, ungültig oder gefälscht waren (Falsifikate).
Doch bedauerlicherweise war der Maskenstrom derart überwältigend, dass trotz aller Wachsamkeit Millionen von Masken aus China in Europa angelangt sind, ein Großteil davon sogar auf dem schnellen Luftfrachtweg. Die Importeure wollen diese Masken nun natürlich nicht verschrotten, und so müssen wir uns weiterhin mit Maskenangeboten herumplagen, die leider nichts wert sind, weil die Ware nicht verkehrsfähig ist. Das ist „unschön“ für alle Beteiligten, sogar für die seriösen chinesischen Anbieter, die es auch gibt.
Wissen ist wichtig
Nach dem Anfangschaos ist es inzwischen allen Anwendern bewusst, dass es ganz unterschiedliche Maskenarten gibt – und dass es wichtig ist, die verschiedenen Typen voneinander zu unterscheiden.
Die bekannten OP-Masken, die im Fachjargon medizinische Gesichtsmasken genannt und nach der europäischen Norm EN 14683:2019 hergestellt und geprüft werden, sind vom Gesetzgeber als Medizinprodukt eingestuft und unterliegen damit der europäischen Richtlinie über Medizinprodukte (93/42/EWG) sowie der Verordnung (EU) über Medizinprodukte 2017/745.
Die partikelfiltrierenden Halbmasken, die als Atemschutz in Gewerbebetrieben oder auch von Heimwerkern eingesetzt werden, unterliegen der europäischen Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen. In aller Regel werden sie, um verkehrsfähig zu sein, nach der europäischen Norm EN 149:2001 hergestellt und geprüft.
Die sogenannten „Alltagsmasken“, die von jedem als Mund-Nase-Bedeckung im Sinne der von den einzelnen Bundesländern erlassenen Corona-Verordnungen genutzt werden, unterliegen einzig der europäischen Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit, die durch das deutsche Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) in nationales Recht umgesetzt wird. Für diese Masken gibt es keine Produktnorm.
Theorie und Praxis
Damit wäre eigentlich alles klar geregelt und gut durchschaubar. Soweit die Theorie; in der Praxis gibt es allerdings begriffliche Vermischungen und Verwechselungen der drei Maskentypen, und es tauchten halt auch Standards aus fernen Ländern auf, die man in Europa bislang meistens nur vom Hörensagen kennt.
Insbesondere bei den partikelfiltrierenden Halbmasken (Persönliche Schutzausrüstung) ist große Verwirrung entstanden. Hervorgerufen wurde diese Konfusion insbesondere durch Masken, die mit den Bezeichnungen N95 und KN95 im Markt auftauchten und von ganz neuen Anbietern größtenteils sogar online beworben und verkauft werden. Nun sind die beiden Standards N95 (USA) und KN95 (VR China) kein Teufelswerk, sondern anerkannte Regeln der Technik – nur halt nicht in Europa. Der EU-Binnenmarkt hat sich eigene Regeln auferlegt und deshalb fand man bei uns fast ausschließlich Halbmasken nach der EN 149:2001, eingeteilt in die drei Schutz- bzw. Geräteklassen FFP1, FFP2 und FFP3. Die Einhaltung dieser Norm löst nach den europäischen Regularien die Vermutung aus, dass diese Masken den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Verordnung (EU) 2016/425 entsprechen.
Wer nun aber N95- oder KN95-Masken für alle Anwendungsbereiche in der EU in den Verkehr bringen möchte – was nicht grundsätzlich verboten ist – der muss die Konformität mit den Anforderungen der EU-Verordnung sehr dezidiert und aufwändig nachweisen. Ein solches Verfahren kostet viel Geld und dauert lange. Deshalb waren die N95- oder KN95-Masken in Europa bislang auch so gut wie nicht anzutreffen.
Aufgrund der enormen Nachfrage und der eingetretenen Versorgungsprobleme hatte sich die deutsche Regierung im April dazu entschlossen, das sehr aufwändige Konformitätsverfahren für Masken, die in den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien oder Japan verkehrsfähig sind, ausnahmsweise und für die Dauer der Corona-Krise zu erleichtern, wenn diese Masken ausschließlich als Pandemie-Atemschutz im medizinischen Bereich und für Einsatzkräfte verwendet werden. Diese Ausnahmeregelung haben hungrige Anbieter sogleich dahingehend ausgelegt, als sei nun plötzlich alles erlaubt und N95- sowie KN95-Masken dürften überallhin verkauft werden. Dem ist allerdings mitnichten so.
Was tun?
Bei all dem Tohuwabohu und den vielen bunten Zertifikaten zweifelhafter Provenienz (siehe oben), die noch zusätzliche Verwirrung stiften, kann man eigentlich nur eines tun, um auf Nummer Sicher zu gehen, und zwar sich beim Einkauf die obligatorische „EU-Konformitätserklärung“ des Herstellers oder seines in der EU ansässigen Bevollmächtigten nach Anhang IX der Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen vom Lieferanten vorlegen zu lassen. Sie enthält alle Angaben zum Produkt, die man fachkundig überprüfen sollte.
Autor: Thomas Vierhaus
Hauptgeschäftsführer beim VTH Verband Technischer Handel e.V.,
E‑Mail: TVierhaus@vth-verband.de