Wann spricht man im juristischen Sinn von sexueller Belästigung? Welche Verhaltensweisen gehören dazu?
Der Begriff der sexuellen Belästigung ist in zwei unterschiedlichen Gesetzen definiert. Das Strafgesetzbuch sieht in § 184i eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn jemand eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt. Etwas ausführlicher wird der Begriff im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschrieben. Eine sexuelle Belästigung wird dort verstanden als ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören. Das AGG fordert ferner, dass diese Handlungen bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Wichtig: Die belästigte Person muss nicht ausdrücklich „Nein“ sagen. Eine erkennbare Ablehnung der Handlung reicht aus. Wendet also die Kollegin den Blick ab, wenn man ihr Nacktbilder zeigt, ist dies eine klare Ablehnung. Es gilt hier also nicht: „Wer schweigt, stimmt zu.“
Was muss die Chefin oder der Chef tun, wenn eine Mitarbeiterin sich beschwert?
Der Arbeitgeber ist nach § 12 AGG verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz seiner Arbeitnehmer zu treffen. Bezogen auf sexuelle Belästigungen kann also der Arbeitgeber vorbeugende Weisungen erlassen, Verhaltensspielregeln einführen, die er gegebenenfalls mit dem Betriebs- oder Personalrat vorher abzustimmen hat. Er sollte auch klarmachen, dass eine sexuelle Belästigung kein Kavaliersdelikt, sondern eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten ist, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung führen kann. Der Arbeitgeber sollte auch darauf hinweisen, dass sexuelle Belästigungen eine Straftat darstellen.
Arbeitgeber müssen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verhindern und – sofern sie doch auftritt – richtig darauf reagieren. Was ist die Folge, wenn sie dies unterlassen?
Strafrechtlich ist die Verfolgung dieses Delikts an einen Antrag der geschädigten Personen gebunden, der allerdings auch durch das besondere öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung ersetzt werden kann. Arbeitgeber könnten hier im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht Arbeitnehmer bei der Stellung eines Strafantrages unterstützen, zum Beispiel durch Übernahme der Anwaltskosten für ein solches Verfahren. Arbeitgeber sind gut beraten, eine solche Beschwerde ernst zu nehmen. Diese kann an den AGG-Beauftragten oder auch an den Betriebsrat gerichtet werden. Der Arbeitgeber, der derartigen Beschwerden nicht nachgeht, riskiert Schadensersatzansprüche nach dem AGG. Arbeitnehmer können ein Schmerzensgeld verlangen, wenn der Arbeitgeber nicht für einen wirksamen Schutz sorgt. Sie können sich darüber hinaus beim Betriebsrat oder Personalrat beschweren. Beide Gremien können die Beschwerde aufgreifen und den Arbeitgeber zu weiteren Maßnahmen drängen. Wichtig zu wissen: In Bezug auf eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sieht die Rechtslage wie folgt aus: Jede der genannten Formen ist dem AGG zufolge verboten! Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das Ganze im Büro, auf dem Weg dorthin, auf Firmenfeiern oder Dienstreisen abspielt.