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Lithiumbatterien sicher lagern

Brände in Unternehmen vermeiden - Learning from burning
Lithiumbatterien sicher lagern

Lithiumbatterien sicher lagern
Lithiumbatterien sind brandgefährlich – nicht nur beim Transport. Foto: © Lukas Gojda – stock.adobe.com
Lithi­um­bat­te­rien ger­at­en nicht nur während der Beförderung, son­dern erfahrungs­gemäß auch während der Lagerung in Brand – und das ohne „Mis­shand­lung“. Welche Anforderun­gen müssen Unternehmen für eine sichere Lagerung dieser Bat­te­rien beachten?

Tabelle 1 lis­tet Fälle auf, bei denen die Beteili­gung von Lithi­um­bat­te­rien, allein oder in Geräten, an (Brand-)Unfällen bei der Lagerung doku­men­tiert ist.

Die Schä­den wer­den von den Schaden­ver­sicher­ern nur dann reg­uliert, wenn

  • öffentlich-rechtliche und
  • im Ver­trag

vere­in­barte Regelun­gen seit­ens des Ver­sicherungsnehmers lück­en­los einge­hal­ten wur­den. Deshalb sind Ver­sicherungsnehmer naturgemäß sehr daran inter­essiert zu erfahren, was ver­sicherungs­ge­ber­seit­ig von ihnen erwartet wird.

Sind Lithiumbatterien „Gefahrstoffe“?

Zum einen fall­en Lithi­um­bat­te­rien nicht in den Anwen­dungs­bere­ich der CLP-Verord­nung, und zwar

  • wed­er for­mal: Lithi­um­bat­te­rien sind Erzeug­nisse, und keine Stoffe oder Gemis­che: Die CLP-Verord­nung (und auch die REACH-Verord­nung (Sicher­heits­daten­blatt!)) gilt nicht für Erzeugnisse.
  • noch materiell: Lithi­um­bat­te­rien erfüllen nicht die chemisch-physikalis­chen, toxikol­o­gis­chen und öko­toxikol­o­gis­chen Kri­te­rien der CLP-Verord­nung: Man kann ihnen als Ganzes keinen H‑Satz zuordnen.

Zum anderen fall­en Lithi­um­bat­te­rien auch nicht unter den Begriff „Gefahrstoffe“ gemäß Gef­Stof­fV (Gefahrstof­fverord­nung); die Lagerung ist also auch nicht gemäß Gef­Stof­fV gefährdungs­beurteilungspflichtig, und auch die TRGSen (Tech­nis­che Regeln für Gefahrstoffe), ins­beson­dere die TRGS 510 „Lagerung“, sind nicht anwend­bar. Ob die Lagerung von Lithi­um­bat­te­rien ein „,Ver­wen­den‘ von ‚Arbeitsmit­teln‘ für die Arbeit“ ist und damit gemäß Betr­SichV (Betrieb­ssicher­heitsverord­nung) gefährdungs­beurteilungs­bedürftig ist, ist umstritten.

Regelungslage bei der Lagerung von Lithiumbatterien

Für die Lagerung von Lithi­um­bat­te­rien, die unbeschädigt und keine Abfälle sind, gab und gibt es also zurzeit keine verbindlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese reg­u­la­torische Lücke füllen aus nachvol­lziehbarem Grund die Schaden­ver­sicher­er aus.

Der Gesamtver­band der Deutschen Ver­sicherungswirtschaft (GDV) hat erst­mals im Juni 2012 das Merk­blatt „Lithi­um-Bat­te­rien“ (VdS 3103) vorgelegt. Um dem Grund­satz der Ver­hält­nis­mäßigkeit zu genü­gen, wur­den die Lithi­um­bat­te­rien zunächst in drei Leis­tungskat­e­gorien eingeteilt (siehe Tabelle 2).

In der Anwen­dung hat­te sich aber her­aus­gestellt, dass die bei­den Lagerkat­e­gorisierungskri­te­rien „Gewicht“ und „Bat­ter­ies­pan­nung“ nicht mit den gefahrgut­trans­portrechtlichen Ein­teilungskri­te­rien kor­re­spondierten und damit in der Lager­prax­is Prob­leme verursachten.

Deshalb wurde mit der Neu­fas­sung des Merk­blatts VdS 3103 im Mai 2016 die Zuord­nung zu den drei Leis­tungsstufen an die im Gefahrgutrecht übliche Ein­teilung angepasst. Diese neue Ein­teilung und die damit ver­bun­de­nen Anforderun­gen an die Lagerung kön­nen den Tabellen 3 a und b ent­nom­men wer­den. Die tech­nis­chen und betrieblichen Anforderun­gen sind gegenüber der Fas­sung Juni 2012 unverän­dert geblieben. Zur Spalte (11) Sprin­kler­an­lage wur­den Anfang 2014 Brand­ver­suche mit Lithi­u­mio­nen­bat­te­rien „mit­tlerer“ Leis­tung durchge­führt. Es wurden:

  • vier Palet­ten (0,80 x 1,20 m) mit je zwölf Kisten aus Pappe mit je acht Akkus (30–50 ICR18650-Zellen je Bat­terie), also 4 x 12 x 8 = 384 Akkus im Block gelagert; das Ver­such­slager ver­fügte über eine kon­ven­tionelle Deckensprinkleranlage.
  • 24 solch­er Palet­ten im Regal gelagert; das Ver­such­slager ver­fügte über eine kon­ven­tionelle Regalsprinkleranlage.

Erken­nt­nis: Die Sprin­kler­an­lage kon­trol­liert den Brand; sie ist ein geeignetes Mit­tel, um den Brand einzudäm­men. Auf keinen Fall ver­schlim­mert eine Sprin­kler­an­lage die Sit­u­a­tion; damit sind Angaben in Sicher­heits­daten­blät­tern oder Pro­duk­t­daten­blät­tern wie „Wass­er ist als Löschmit­tel nicht geeignet“ unzutr­e­f­fend. Der GDV möchte das Ergeb­nis allerd­ings nicht ver­all­ge­mein­ern, da andere Kon­stel­la­tio­nen (andere Bat­terieart­en wie Lithi­um­met­all­bat­te­rien, Bat­teri­etypen, Ver­pack­ungs­ma­te­ri­alien) nicht Gegen­stand des Ver­suchs waren. Seit Juni 2019 ergänzt das Merk­blatt 3856 „Sprin­kler­schutz von Lithium-(Ionen)Batterien“ des VdS das Merk­blatt 3103.

Lithi­um­bat­te­rien müssen als Erzeug­nisse nicht ein­er Wasserge­fährdungsklasse zuge­ord­net wer­den; das bedeutet, dass das aus Lithi­um­bat­teriebrän­den resul­tierende Löschwass­er nicht zurück­ge­hal­ten wer­den kön­nen muss, da AwSV (Verord­nung über Anla­gen zum Umgang mit wasserge­fährden­den Stof­fen) und LöRüRL (Löschwass­er-Rück­halte-Richtlin­ie) nicht gelten.

Das Merk­blatt VdS 3103 gilt allerd­ings aus­drück­lich nicht für die Lagerung

  • von Bat­te­rien in Geräten (UN 3091 beziehungsweise UN 3481) und Fahrzeu­gen (UN 3171); hier­für gilt VdS CEA 4001
  • ungeprüfter Pro­to­typen
  • beschädigter oder defek­ter Lithi­um­bat­te­rien beziehungsweise von Geräten mit beschädigten oder defek­ten Lithi­um­bat­te­rien; diese sind in einem brand­schutztech­nisch abge­tren­nten Bere­ich, der nicht weit­er spez­i­fiziert ist, zu separi­eren und so schnell wie möglich zu entsorgen.

Das neue Merk­blatt VdS 3856 gilt

  • nicht für Lithi­um­met­all­bat­te­rien (allein oder in Geräten = UN 3090 und 3091)
  • auch für Lithi­u­mio­nen­bat­te­rien in Geräten (= UN 3481).

Tab. 3a: Für Lithi­um­bat­te­rien in Geräten (UN 3091 bzw. UN 3481) beziehungsweise in Fahrzeu­gen (UN 3171) gilt VdS CEA 4001; 1) zusam­men­hän­gend; 2) belegt mit UN 3090 bzw. UN 3480; 3) alter­na­tiv: Abstand von 5 m zu brennbaren Mate­ri­alien; 4) gemäß VdS 3856, Einzel­heit­en hierzu siehe Tab. 3b.

 

 Tab. 3b: Check­liste Lagerung von Lithium(metall/ionen)batterien in Räumen

Empfehlung des US-amerikanischen Schadenversicherers FM Global

Der US-amerikanis­che Schaden­ver­sicher­er FM Glob­al emp­fiehlt generell Fol­gen­des: Lagerung von

  • Zellen: gemäß FM Glob­al Datasheet 7–29 (für brennbare Flüs­sigkeit­en), Schema A; das bedeutet für eine Regalanlage: 
    • Deck­en­sprin­kler
    • Regal­sprin­kler: in jed­er zweit­en Ebene, jed­er Palettenstellplatz;
  • Elek­trow­erkzeug-Bat­ter­iesätzen: gemäß den Empfehlun­gen für in Kar­tons ver­pack­te ungeschäumte Kunststoffe

Sonderfall „Zwischenlagerung von Abfall-Lithiumbatterien“

Abfall-Lithi­um­bat­te­rien sind im Lager­ab­schnitt1 II des Lager­bere­ichs2 von Zwis­chen­lagern3 zu lagern.4 Der Lager­ab­schnitt II soll nicht an den Lager­ab­schnitt III (für brennbare Abfälle wie Lösemit­tel) angren­zen. 5

Sonderfall Lagerung von Elektroaltgeräten mit Lithiumbatterien im Einzelandel

Das The­ma „Lagerung von Elek­troalt­geräten mit Lithi­um­bat­te­rien beziehungsweise von Abfall-Lithi­um­bat­te­rien“ gewin­nt durch die Neu­fas­sung des Elek­troG 2015 an Bedeu­tung. Seit dem 24. Juli 20166 müssen

  • sta­tionäre Einzel­händler mit Verkaufs­flächen und
  • Online­händler mit Lager- und Versandflächen

von jew­eils mehr als 400 m² für Elek­tro- und Elek­tron­ikgeräte Alt­geräte, auch solche mit Lithi­um­bat­te­rien, zurück­nehmen7; sie haben der zuständi­gen Behörde die ein­gerichteten Rück­nahmestellen vor Auf­nahme der Rück­nah­metätigkeit anzuzeigen8; die Nichtrück­nahme ist eine Ord­nungswidrigkeit9, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro geah­n­det wer­den kann.10

Verkauf­sstät­ten mit Verkauf­s­räu­men mit ein­er Fläche von mehr als 2.000 m² müssen für Abfälle beson­dere Räume haben, die min­destens den Abfall von zwei Tagen aufnehmen kön­nen; die Räume müssen feuerbeständi­ge Wände und Deck­en („F90“) sowie min­destens feuerhem­mende Türen („T30“)11 haben; hier gehen die Anforderun­gen der Verkauf­sstät­ten­verord­nung über die Anforderun­gen aus VdS 3103 weit hinaus.

1 Vgl. Nr. 2.9 der TRGS 520.

2 Vgl. Nr. 2.7 (2) Zif­fer 3 der TRGS 520.

3 Vgl. Nr. 2.7 der TRGS 520.

4 Vgl. Nr. 6.3.4 (6) Satz 1 Zif­fer 2 der TRGS 520.

5 Vgl. Nr. 6.3.4 (9) der TRGS 520.

6 Vgl. § 46 (7) Satz 2 des ElektroG.

7 Vgl. § 17 (1) und (2) des ElektroG.

8 Vgl. § 25 (3) Satz 1 des ElektroG.

9 Vgl. § 45 (1) Nr. 13a des ElektroG.

10 Vgl. § 45 (2) des ElektroG.

11 Vgl. § 23 der VkVO.


Foto: privat

Autor: Prof. Dr. Nor­bert Müller

Öffentlich bestell­ter und verei­digter Sachver­ständi­ger für
Gefahrgut­trans­port und ‑lagerung, Duisburg

 

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