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Manipulation von Schutzeinrichtungen verhindern

www.stop-defeating.org
Manipulation von Schutzeinrichtungen verhindern

Manipulation von Schutzeinrichtungen verhindern
Viele Eckpunkte eines Maschinenlebens – von der Konstruktion über den Kauf bis zum Betrieb – bieten potenzielle Angriffspunkte, wenn es um die Manipulation von Schutzeinrichtungen geht. Foto: © Schmid Riedmann & Partner
Lange Zeit wurde der Manip­u­la­tion von Schutzein­rich­tun­gen kaum Aufmerk­samkeit geschenkt. Eine Studie aber brachte ans Licht, dass erschreck­end viele Unfälle die Folge sind. Die Web­site www.stop-defeating.org erk­lärt, warum manip­uliert wird, was passieren kann und vor allem, was man dage­gen tun kann.

Kirsten Rein

Es ist ein all­seits bekan­ntes Prob­lem: Während des Betriebs muss eine Mas­chine ein­gerichtet oder ein Fehler beseit­igt wer­den. Die Schutzein­rich­tung wird kurz­er­hand außer Kraft geset­zt, damit ein­er der Mitar­beit­er das bei laufend­er Mas­chine im Gefahren­bere­ich erledi­gen kann.

Dass es auch anders geht, zeigt die Web­site www.stop-defeating.org. In der Rubrik „Prax­ishil­fen“ unter „Kon­struk­tions-Beispiele“ wird am konkreten Beispiel „Ein­richt­en ein­er Werkzeug­mas­chine“ gezeigt, welche speziellen Betrieb­sarten es für diese Tätigkeit­en gibt. Bei der im Beispiel genan­nten Mas­chine darf die Werkzeugspin­del nicht energie­los geschal­tet wer­den, da sie son­st ihre Posi­tion verän­dert. Um Gefährdun­gen durch uner­wartetes Anlaufen der Spin­del zu ver­mei­den, wird eine Antrieb­ss­teuerung mit der Funk­tion „SOS Sicher­er Betrieb­shalt“ einge­set­zt. Durch die Sicher­heits­funk­tion SOS oder durch „STO Sich­er abgeschal­tetes Moment“ befind­en sich auch alle anderen Antriebe im Still­stand. Vor dem Öff­nen der Schutztür stellt man den Betrieb­sarten­wahlschal­ter in die Posi­tion „Ein­richt­en“ und aktiviert so die Sicher­heits­funk­tio­nen, gle­ichzeit­ig wird die Überwachung der Schutztürstel­lung außer Kraft geset­zt. Die beschriebe­nen Maß­nah­men ver­hin­dern ein uner­wartetes Anlaufen mit aus­re­ichen­der Sicherheit.

Neben Maß­nah­men zur Ver­hin­derung zeigt stop-defeating.org auch solche zur Erschwerung und Erken­nung von Manip­u­la­tio­nen. So kön­nen beispiel­sweise auswech­sel­bare Schutzein­rich­tun­gen kodiert wer­den. Dann läuft die Mas­chine nur an, wenn die passende Schutzein­rich­tung einge­set­zt ist. Man kann Manip­u­la­tion auch erschw­eren, indem man Posi­tion­ss­chal­ter verdeckt anbringt oder mehrere Betätiger für die Nutzung nötig sind.

In fünf Schritten gegen Manipulation

Maschi­nen­be­treibern erk­lärt die Web­seite in fünf Schrit­ten, wie sie bei ein­er im Betrieb befind­lichen Mas­chine Manip­u­la­tion ermit­teln und beseit­i­gen kön­nen. Der „rote Faden“ begin­nt mit dem Ermit­teln der Ist-Sit­u­a­tion. Gek­lärt wer­den sollte, was bei welch­er Tätigkeit von wem manip­uliert wird und ob die Mas­chine sich noch in dem Zus­tand befind­et, in dem sie angeschafft wurde. Im zweit­en Schritt wird mit den Mitar­beit­ern darüber gesprochen. Wichtig ist hier­für nicht nur eine gute Gespräch­sat­mo­sphäre, son­dern auch ein Check­liste zur Ermit­tlung von Manip­u­la­tion­sur­sachen, die man sich eben­falls auf der Seite herun­ter­laden kann.

Technische Maßnahmen am wirksamsten

Sind die Ursachen ein­mal gefun­den, wer­den im drit­ten Schritt Maß­nah­men zu ihrer Besei­t­i­gung fest­gelegt. Dabei sind tech­nis­che Maß­nah­men am wirk­sam­sten, die falls möglich gemein­sam mit dem Her­steller erar­beit­et wer­den. Zusät­zlich kön­nen organ­isatorische und per­so­n­en­be­zo­gene Maß­nah­men sin­nvoll sein, wie die Änderung des Prozess­ablaufes oder Schu­lun­gen der Mitar­beit­er. Sind die Maß­nah­men fest­gelegt, muss für die Umset­zung gesorgt wer­den, beschrieben im vierten Schritt. Auch in diesem Teil bietet stop-defeating.org Betreibern konkrete Unter­stützung: Mit ein­er Vielzahl von Fra­gen, die es im Prozess zu beant­worten gilt, leis­tet sie Hil­festel­lung. Im let­zten Schritt wird die Wirk­samkeit der fest­gelegten Maß­nah­men beispiel­swiese durch Stich­probenkon­trollen oder sich wieder­holende Prü­fun­gen ver­i­fiziert. Schließlich hil­ft eine zum Down­load bere­it­ste­hende Check­liste schon beim Einkauf zu erken­nen, ob oder inwiefern die gewün­schte Mas­chine Manip­u­la­tion­san­reize aufweist.

Im Ide­al­fall wird der Bedi­ener ein­er Mas­chine gar nicht erst motiviert, sich durch Manip­u­la­tion die Arbeit leichter zu machen. Man kann zum Beispiel Prozesse ein­se­hbar machen oder Mes­sun­gen außer­halb des Gefahren­bere­ichs ermöglichen. Stop-defeating.org beschreibt dazu Maß­nah­men unter anderem für Maschi­nen, Hochre­gal­lager oder Gabel­sta­pler. Bei Flur­förderzeu­gen wird das Anle­gen des Gurts oft schon als umständlich emp­fun­den. Deshalb hat ein Her­steller ein Rück­hal­tesys­tem entwick­elt, das ver­hin­dert, dass der Fahrer beim Umkip­pen zwis­chen Schutz­dach und Fahrbahn gerät. Nach dem Ein­steigen wird es durch Antip­pen eines Sen­sors in Posi­tion gebracht. Vorteil: Der Fahrer kann sich frei bewe­gen. Und: Solange das seitliche Schutznetz und der Rück­hal­te­bügel nicht geschlossen sind, ist die Geschwindigkeit des Sta­plers auf 5 km/h begren­zt, so dass ein Umkip­pen nicht zu erwarten ist.

Anreize per App bestimmen

Damit diese Entwick­lung zur Ver­mei­dung von Manip­u­la­tio­nen weit­er an Fahrt gewin­nt, bietet www.stop-defeating.org unter der Rubrik „Prax­ishil­fen“ außer­dem Lehrmod­ule für die Unfall­präven­tion. Sie unter­stützen Maschi­nen­her­steller, Betreiber, Fachkräfte für Arbeitssicher­heit oder Auf­sichtsper­so­n­en beispiel­sweise bei Sem­i­naren und Vorträgen.

Die Web­site ver­weist außer­dem noch auf die App des Insti­tuts für Arbeitss­chutz der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung für Smart­phones und Tablets, mit der Anreize für das Umge­hen von Schutzein­rich­tun­gen evaluiert wer­den kön­nen. Obwohl eigentlich nur sichere Maschi­nen zu Ver­fü­gung gestellt wer­den dür­fen, gibt es immer wieder solche mit hohem Manip­u­la­tion­san­reiz. Solche Maschi­nen sind nicht sich­er. Die Frage, welchen Manip­u­la­tion­san­reiz die Schutzein­rich­tung ein­er Mas­chine bietet, ist daher sowohl für Her­steller als auch für Betreiber von beson­der­er Rel­e­vanz. Die App ist ein gutes Hil­f­s­mit­tel, um bei diesem The­ma voranzukommen.

Anzahl manipulationsbedingter Unfälle unklar

„Man kann nicht sagen, wieviel Prozent aller Unfälle an Maschi­nen auf Manip­u­la­tio­nen zurück­zuführen sind“, sagt Leon­hard Blüm­cke von der Beruf­sgenossen­schaft Nahrungsmit­tel und Gast­gewerbe. „Denn Manip­u­la­tio­nen an Schutzein­rich­tun­gen lassen sich meist inner­halb von Sekun­den umset­zen. Ist ein Unfall passiert, wird die Manip­u­la­tion genau­so schnell rück­gängig gemacht. Die Betrof­fe­nen haben natür­lich Angst vor Kon­se­quen­zen. Klar ist aber, dass Manip­u­la­tio­nen das Risiko von Maschi­nen erhe­blich erhöhen und zu schw­eren Unfällen führen.“ Auf www.stop-defeating.org geht es beson­ders darum, Anreize für präven­tives Han­deln aufzuzeigen und umgekehrt die Anreize für das Manip­ulieren von Sicher­heit­sein­rich­tun­gen an Maschi­nen zu reduzieren. „Erfreulicher­weise haben wir hohe Zugriff­szahlen und wer­den immer bekan­nter“, sagt Blümcke.

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