Ganze zwei Fernsehminuten widmete Dr. Eckhart von Hirschhausen einem Mittel, das vor Erkältungen und Durchfallerkrankungen schützen kann, rezeptfrei und für jeden erhältlich ist und außerdem kaum Nebenwirkungen hat: dem Händewaschen. Zur besten Sendezeit führte er die Technik vor, die eigentlich alle schon zur Kindergartenzeit erlernt, aber später oft vergessen haben. Dabei ist das Händewaschen eine ebenso einfache wie geniale Gesundheitsprävention.
Bis zu 80 Prozent aller Infektionskrankheiten werden laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Hände übertragen, mit denen wir im Durchschnitt 16 Mal pro Stunde unser Gesicht berühren – so gelangen die Keime über die Schleimhäute von Mund, Nase und Augen in den Körper und können Infektionen auslösen. Aber bis zu 99,9 Prozent der an Händen haftenden Krankheitserreger lassen sich mit Wasser und Seife entfernen. Wichtigste Voraussetzung: ein bisschen Zeit und die richtige Methode.
Händewaschen – so geht´s richtig
Gründliches Händewaschen gelingt in fünf Schritten (siehe Linktipp). Zunächst werden die Hände unter fließendes Wasser gehalten. Die Temperatur spielt für die Reinigung keine Rolle, allerdings laugt zu warmes Wasser die Haut unnötig aus. Danach werden die Hände ausgiebig eingeseift – bevorzugt mit Flüssigseife aus einem Spender, die insbesondere in öffentlichen Waschräumen hygienischer ist als ein Seifenstück. Jetzt werden die Hände mit dem Seifenschaum sanft aber gründlich abgerieben: Handinnenflächen und Handrücken, Fingerspitzen und Fingernägel, Fingerzwischenräume und Daumen.
Mindestens zwanzig Sekunden lang sollte diese Seifenphase dauern, für die Ringe und eventuell sogar die Armbanduhr am besten abgelegt werden. Um das Timing zu vereinfachen, schlägt die WHO vor, dabei zweimal das Geburtstagslied „Happy Birthday“ zu summen. Mit Seife die Hände zu waschen, ist übrigens deutlich wirksamer als mit Wasser allein, denn die Waschsubstanzen lösen neben Schmutz auch Keime von der Haut ab. Außerdem befinden sich manche Erreger im natürlichen Fettfilm der Haut und lassen sich nur mit Wasser kaum entfernen. Dann werden die Seifenreste unter fließendem Wasser abspült und der Wasserhahn mit dem Ellenbogen oder einem Einmalhandtuch geschlossen.
Viele Keimschleudern auch am Arbeitsplatz
Den Abschluss bildet das sorgfältige Abtrocknen der Hände, auch in den Fingerzwischenräumen. Handtücher aus Textil oder Papier sind Warmlufttrocknern hygienisch deutlich überlegen, informiert die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). Begründet wird dies damit, dass die Keime beim Waschen mit Seife von der Hautoberfläche gelöst und beim Trocknen vom Handtuch aufgenommen werden. Bei der Warmlufttrocknung hingegen gelangen zusätzliche Keime aus der Raumluft auf die Hände. Jetstream-Händetrockner mit HEPA-Filter, also Filtern mit hoher Wirksamkeit gegen Teilchen, schneiden laut DGUV bei der Keimzahl zwar besser ab als Warmlufttrockner, erbringen aber im Gegensatz zu Handtüchern keine Keimreduktion.
„Wichtig ist vor allem, sich die notwendige Zeit für das gründliche Waschen der Hände zu nehmen“, sagt der Arbeitsmediziner Tilman Günther. „Denn es reicht keinesfalls aus, die Finger einfach ein paar Sekunden lang unter den laufenden Wasserhahn zu halten.“ Vielmehr sollte richtiges Händewaschen mehrmals am Tag Routine sein. Denn im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist nicht die Toilettenbrille die gefährlichste „Keimschleuder“. Überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten, ist die Dichte an Krankheitserregern hoch. Vor allem in geschlossenen Räumen sammeln sich Bakterien und Viren in der Luft, aber natürlich auch an Gegenständen. Am Arbeitsplatz sind dies insbesondere Computertastaturen, PC-Mäuse und ‑Bildschirme, Drucker, Kopierer oder Telefonhörer. Und auf vielen Oberflächen können Keime lange überleben, unter Umständen auch Tage lang.
Einfaches Mittel gegen hohen Krankenstand
Kein Wunder also, dass Händewaschen das einfachste und zugleich das meist unterschätzte Mittel ist, um den Krankenstand zu reduzieren und die Gesundheit von Kollegen und Beschäftigten zu schützen. Auch die Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind eindeutig: Auf der Liste der zehn wichtigsten Hygienetipps, um sich vor ansteckenden Infektionskrankheiten zu schützen, belegt das Thema Hände die obersten drei Plätze: Hände regelmäßig waschen, Hände gründlich waschen und Hände aus dem Gesicht fernhalten.
Von Desinfektionsmitteln für den „normalen“ Arbeitsplatz oder auch den Privathaushalt hält Dr. Tilman Günther jenseits der Bereiche mit besonderen hygienischen Anforderungen – hier regelt der Arbeitgeber nach Beratung durch den Hygieniker die vorgeschriebene Handreinigung und Handdesinfektion – übrigens wenig: „Zum einen können Handdesinfektionsmittel bei fehlerhafter Anwendung dazu führen, dass Mikroorganismen Resistenzen entwickeln – und dieser Mechanismus bietet dann ausgerechnet den resistenten Keimen einen Überlebensvorteil gegenüber den nicht resistenten Mikroorganismen, die das Mittel abtötet. Zum anderen sind auch normale Seifen in der Lage, Keime zu entfernen, die beispielsweise Durchfall- und Atemwegserkrankungen verursachen. Gründliches Händewaschen reicht daher im Alltag völlig aus.“
Linktipp
- Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hält eine Reihe von Infomaterialien zum Thema Hygiene
(u.a. Aufkleber „Richtig Hände waschen“) bereit. Mehr Infos unter:
www.bzga.de Impfungen und persönlicher Infektionsschutz Hygiene
Regelmäßig Hände waschen
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt Händewaschen
immer nach
- dem Erreichen des Arbeitsplatzes,
- der Rückkehr nach Hause,
- dem Naseputzen, Husten oder Niesen,
- dem Gang zur Toilette,
- dem Kontakt mit Müll und Abfällen,
- dem Kontakt mit Tieren, Tierfutter oder tierischem Abfall;
immer vor
- den Mahlzeiten,
- dem Hantieren mit Medikamenten oder Kosmetika;
immer vor und nach
- der Zubereitung von Speisen – und auch mal zwischendurch, insbesondere wenn rohes Fleisch verarbeitet wird,
- dem Kontakt mit Kranken,
- der Behandlung von Wunden.
Weitere Informationen unter www.infektionsschutz.de