1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Sicherheitsingenieur »

Das neue Mutterschutzgesetz – Hilfestellungen für die betriebliche Praxis

Reform des Mutterschutzes
Das neue Mutterschutzgesetz — Hilfestellungen für die betriebliche Praxis

Das neue Mutterschutzgesetz - Hilfestellungen für die betriebliche Praxis
Der Mutterschutz muss in der bestehenden Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden – unabhängig, ob eine Frau am Arbeitsplatz tätig ist oder wird. Foto: © drubig-photo – stock.adobe.com
Seit 1. Jan­u­ar 2018 ist das neue Mut­ter­schutzge­setz in Kraft und hat das Mut­ter­schutzrecht umfassend reformiert. Die Nov­el­le bringt Änderun­gen für schwan­gere und stil­lende Frauen, den Arbeit­ge­ber und weit­ere beteiligte Per­so­n­en mit sich. Der fol­gende Beitrag knüpft inhaltlich an den Beitrag aus dem Sicher­heitsin­ge­nieur 5/2017 an und gibt Hil­festel­lun­gen für die Umset­zung des Mut­ter­schutzge­set­zes 2018 in der betrieblichen Praxis.

In der Beurteilung der Arbeits­be­din­gun­gen nach § 5 Arbeitss­chutzge­setz (Arb­SchG) hat der Arbeit­ge­ber anlas­sun­ab­hängig, nach § 10 Mut­ter­schutzge­setz (MuSchG) mit Blick auf die schwan­gere beziehungsweise stil­lende Frau, die Gefährdun­gen hin­sichtlich Art, Aus­maß und Dauer zu beurteilen. Darauf auf­bauend, muss er ermit­teln, ob

  • Maß­nah­men zum Schutz ein­er schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau erforder­lich sein werden,
  • eine Umgestal­tung der Arbeits­be­din­gun­gen erforder­lich sein wird oder
  • eine Fort­führung der Tätigkeit an dem Arbeit­splatz nicht möglich sein wird.

Mutterschutzgesetz und die Gefährdungsbeurteilung

Das bedeutet, dass der Mut­ter­schutz in der beste­hen­den Gefährdungs­beurteilung – unab­hängig, ob eine Frau an dem Arbeit­splatz tätig ist oder wird – berück­sichtigt wer­den muss. Hier­bei han­delt es sich um die „erste Stufe“ der Gefährdungs­beurteilung nach
§ 10 Abs. 1 MuSchG, dessen Ergeb­nis der Arbeit­ge­ber durch Unter­la­gen doku­men­tieren muss. Da es ersichtlich sein muss, dass der Arbeit­ge­ber die Gefährdungs­beurteilung unter Berück­sich­ti­gung der oben genan­nten Punk­te durchge­führt hat, emp­fiehlt sich ein konkreter Bezug zum MuSchG. Bere­its hier sind, unter Berück­sich­ti­gung des Kat­a­logs unzuläs­siger Tätigkeit­en, die vor­liegen­den Gefährdun­gen anhand ein­er „Risiko­ma­trix“ zu beurteilen, um festzustellen, ob eine „unver­ant­wort­bare Gefährdung“ vorliegt.

Daraus fol­gt, dass der Arbeit­ge­ber eine Tol­er­anzschwelle – also ein ger­ade noch tolerier­bares Risiko – definieren muss. So ist „eine Gefährdung unver­ant­wort­bar, wenn die Ein­trittswahrschein­lichkeit ein­er Gesund­heits­beein­träch­ti­gung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesund­heitss­chadens nicht hin­nehm­bar ist“ (§ 9 Abs. 2 Satz 2 MuSchG).

Als Hil­festel­lung zur Fes­tle­gung ein­er Tol­er­anzschwelle in Bezug auf die „unver­ant­wort­bare Gefährdung“ kön­nen beispiel­sweise beste­hende Gren­zw­erte für die Expo­si­tion gegenüber Lärm, Vibra­tio­nen oder die konkreten Nen­nun­gen des Kat­a­logs unzuläs­siger Tätigkeit­en aus dem MuSchG, wie das gele­gentliche (weniger als 2 bis 3 mal pro Stunde) Heben, Hal­ten, Bewe­gen oder Befördern von Las­ten von mehr als zehn kg (ohne Hil­f­s­mit­tel oder wirk­same Last mit Hil­f­s­mit­tel), herange­zo­gen wer­den. Generell sollte an dieser Stelle immer der Betrieb­sarzt und die Fachkraft für Arbeitssicher­heit hinzuge­zo­gen werden.

Gefährdungsbeurteilung auf Aktualität überprüfen

Teilt eine Frau ihrem Arbeit­ge­ber mit, dass sie schwanger ist beziehungsweise stillt, muss der Arbeit­ge­ber die „erste Stufe“ der Gefährdungs­beurteilung auf Aktu­al­ität über­prüfen und spätestens jet­zt die erforder­lichen Schutz­maß­nah­men fes­tle­gen sowie umset­zen. Zusät­zlich hat der Arbeit­ge­ber an dieser Stelle der schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau ein Gespräch über weit­ere Anpas­sun­gen ihrer Arbeits­be­din­gun­gen anzu­bi­eten, in welchem im Dia­log über Möglichkeit­en zur weit­eren Verbesserung der Arbeits­be­din­gun­gen gesprochen wird.

Hier­bei han­delt es sich um die „zweite Stufe“ der Gefährdungs­beurteilung nach § 10 Abs. 2 MuSchG, die eben­falls durch eine Unter­lage zu doku­men­tieren ist. Beispiel­sweise in Form ein­er Check­liste, die durch die Führungskraft, unter Beratung durch Betrieb­sarzt und Fachkraft für Arbeitssicher­heit, bear­beit­et und in der Per­son­alak­te der schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau abgelegt wird. Ein Muster ein­er solchen Check­liste ist im fol­gen­den Abschnitt dargestellt.

Musterdokumente

Die „Check­liste Mut­ter­schutz“ ist ein Mus­ter­doku­ment zur Doku­men­ta­tion der „zweit­en Stufe“ der Gefährdungs­beurteilung, der Unter­weisung und Infor­ma­tion der schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau und des Ange­bots eines Gesprächs über weit­ere Anpas­sun­gen der Arbeitsbedingungen.

Gle­ichzeit­ig muss der Arbeit­ge­ber nach § 27 MuSchG unverzüglich die jew­eils zuständi­ge Auf­sichts­be­hörde benachrichti­gen, wenn er eine Frau beschäftigt, die schwanger ist oder stillt, und ob er plant diese bis 22 Uhr an Sonn- und Feierta­gen beziehungsweise mit getak­teter Arbeit tätig wer­den zu lassen. Ein Muster dieser „Mit­teilung über die Beschäf­ti­gung ein­er schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau“ ist im fol­gen­den Abschnitt dargestellt. Das Doku­ment kann dazu ver­wen­det wer­den, die Beschäf­ti­gung ein­er schwan­geren beziehungsweise stil­len­den Frau gegenüber der zuständi­gen Auf­sichts­be­hörde anzuzeigen.

Auf Anfrage der Auf­sichts­be­hörde müssen weit­ere Angaben gemacht wer­den, beispiel­sweise die Ergeb­nisse der zweistu­fi­gen Gefährdungsbeurteilung.

Die Mus­ter­doku­mente kön­nen Sie herun­ter­laden unter http://hier.pro/xniE6

Ausblick

Mit Blick auf die Änderun­gen im Mut­ter­schutzrecht zeigt sich ein zeit­gemäßer Ansatz zum Schutz von schwan­geren und stil­len­den Frauen. Den­noch bleiben für die betriebliche Prax­is zu Redak­tion­ss­chluss wichtige Punk­te ungewiss. Wie ist der Begriff der „unver­ant­wort­baren Gefährdung“ genau zu ver­ste­hen – hier ste­ht eine angedachte unterge­set­zliche Def­i­n­i­tion noch aus. Und ste­ht dieser nicht kon­trär zum Grund­satz des Arbeitss­chutzge­set­zes der Ver­mei­dung und Min­imierung von Gefährdun­gen? Wann wird der Auss­chuss für Mut­ter­schutz gebildet und wann ist mit ersten konkreten Ergeb­nis­sen zu rech­nen? Beispiel­sweise zu Szenar­ien, bei denen eine unver­ant­wort­bare Gefährdung durch Expo­si­tion gegenüber Gefahrstof­fen, die als repro­duk­tion­stox­isch, keimzel­len­mu­ta­gen, karzino­gen eingestuft sind, aus­geschlossen wer­den kann.

Bei der Umset­zung der Prozes­san­pas­sun­gen, aber auch bei der Durch­führung der Gefährdungs­beurteilung emp­fiehlt sich weit­er­hin ein inter­diszi­plinäres Vorge­hen, bei dem Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicher­heit, Betrieb­sarzt sowie Vertreter von Betriebs- beziehungsweise Per­son­al­rat und der Per­son­al­abteilung zusammenarbeiten.

 Abb. 1: Ablauf: Vorge­hen nach Mel­dung der Schwanger­schaft oder des Stillens

Grundle­gen­des zum neuen Mut­ter­schutzge­setz (MuSchG) lesen Sie hier.

Lesen Sie auch „Mut­ter­schutz am Arbeit­splatz — Infek­tio­nen in der Schwanger­schaft”.


Autor: Adri­an Wortmann
Head of Qual­i­ty, Health, Safe­ty & Envi­ron­ment, Xer­von Instand­hal­tung GmbH, ein Unternehmen der Remondis-Gruppe
adrian.wortmann@xervon.com

Foto: © Privat

 

Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de