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„Nachhaltigkeit basiert auf gemeinsamen Werten“

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)
„Nachhaltigkeit basiert auf gemeinsamen Werten“

„Nachhaltigkeit basiert auf gemeinsamen Werten“
Foto: © Robert Kneschke – stock.adobe.com
Wie wollen wir in Zukun­ft zusam­men­leben? Was kön­nen wir tun, damit auch unsere Kinder und Enkel noch gut auf diesem Plan­eten leben kön­nen? Die Flutkatas­tro­phe des Som­mers 2021 hat diese Fra­gen noch ein­mal mit aller Dinglichkeit gestellt.

Ein­fache Antworten auf diese Fra­gen gibt es nicht. Aber das Konzept der Nach­haltigkeit bietet zumin­d­est einen Schlüs­sel: Wir müssen ver­schiedene Bere­iche stärk­er zusam­men denken: Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft. Isoliertes Han­deln bringt uns nicht weit­er. Die Vere­in­ten Natio­nen haben deshalb in ihrer Agen­da 2030 für eine nach­haltige Entwick­lung 17 Ziele aus diesen drei Bere­ichen beschrieben.

Das The­ma Nach­haltigkeit ist für die Deutsche Geset­zliche Unfal­lver­sicherung (DGUV) aus ver­schiede­nen Grün­den rel­e­vant. Zum einen wollen wir uns als Spitzen­ver­band zukun­ft­sori­en­tiert auf­stellen. Zum anderen hat die Unfal­lver­sicherung einen geset­zlichen Auf­trag, der eng ver­woben ist mit den Zie­len für nach­haltige Entwick­lung, wie sie in der Agen­da 2030 beschrieben sind. Beim The­ma Nach­haltigkeit geht es nicht nur um Ökolo­gie, son­dern auch um ökonomis­che und soziale Nach­haltigkeit. Unser Ker­nan­liegen Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit und damit ver­bun­dene The­men wie Unternehmens- und Führungskul­tur sind The­men der sozialen Nachhaltigkeit.

Eine Vielzahl der 17 Nach­haltigkeit­sziele ste­ht direkt oder indi­rekt mit unser­er Arbeit für Präven­tion und Reha­bil­i­ta­tion in Verbindung. Das bedeutet, wir haben auch eine beson­dere gesellschaftliche Ver­ant­wor­tung. Mit jed­er neuen Entwick­lung in der Arbeitswelt müssen wir uns bemühen, vorauss­chauende, passende Lösun­gen zu find­en, um Sicher­heit und Gesund­heit umzusetzen.

Arbeit der Zukunft

Wie kön­nen wir das tun? Nehmen wir ein aktuelles Beispiel: die mobile Arbeit. Die Pan­demie hat dem Trend, Arbeit örtlich und zeitlich flex­i­bler zu gestal­ten, einen deut­lichen Schub gegeben. Unsere Auf­gabe ist es, diese neuen Arbeits­for­men auf mögliche Risiken abzuk­lopfen und dann Hand­lungsempfehlun­gen zu geben, wie Unternehmen und Ein­rich­tun­gen Gefahren min­imieren kön­nen. Ein­er­seits bedeutet mobile Arbeit mehr Frei­heit und Selb­st­bes­tim­mung für den Einzel­nen. Ander­er­seits kann sie auch zu erhöht­en ergonomis­chen und psy­chis­chen Belas­tun­gen führen.

Auch Phänomene wie Arbeitsverdich­tung und prekäre Beschäf­ti­gung führen dazu, dass die Präven­tion psy­chis­ch­er Belas­tun­gen immer stärk­er in den Fokus rückt. Eng damit ver­bun­den ist auch die Auf­gabe, Men­schen mit unter­schiedlichen Ein­schränkun­gen bess­er in die Arbeits- und Bil­dungswelt zu inte­gri­eren. Angesichts des demographis­chen Wan­dels und dem Gebot der Inklu­sion ist dies ein unverzicht­bares Nach­haltigkeit­sziel. Hier hat die DGUV mit ihrem frühen Engage­ment für Bar­ri­ere­frei­heit und Teil­habe einen starken Impuls geset­zt. Wir gehörten zu den ersten Insti­tu­tio­nen, die einen eige­nen Aktion­s­plan zur Umset­zung der UN-Behin­derten­recht­skon­ven­tion erar­beit­et haben. Darüber hin­aus engagieren wir uns auf vielfältige Weise für den Reha- und Behin­derten­sport. Denn Sport kann ger­ade Men­schen mit Behin­derung in ihrer Eigen­ständigkeit unterstützen.

Beson­ders gefordert in den Verän­derung­sprozessen hin zu ein­er neuen Arbeitswelt sind die Führungskräfte. Sie müssen neue Kom­mu­nika­tions­for­men mit ihren Beschäftigten erproben und sind Vor­bild im Umgang mit dem Wan­del der Arbeit, dessen Schnel­ligkeit manchen zu über­fordern dro­ht. Uns war und ist es deshalb wichtig, sowohl Beschäftigte als auch Führungsper­so­n­en fach­liche und prak­tis­che Unter­stützung anzu­bi­eten. Jed­er Betrieb, der sich zum Beispiel entschei­det, ein Güte­siegel „Sich­er mit Sys­tem“ zu erwer­ben oder ein zer­ti­fiziertes Man­age­mentsys­tem für Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit einzuführen (ISO 45001), fördert damit auch die Nach­haltigkeit. Das ist kein Selb­stzweck, son­dern es wirkt sich pos­i­tiv auf das Woh­lerge­hen der Beschäftigten und die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens aus. Viele Betriebe haben diesen Weg bere­its eingeschla­gen, hier wollen wir uns weit­er engagieren. Eine zen­trale Rolle dabei haben die Auf­sichtsper­so­n­en. Sie wer­den in Zukun­ft in den Betrieben immer häu­figer auch mit The­men wie den Fol­gen des dig­i­tal­en Wan­dels, mit nach­haltiger Mate­ri­albeschaf­fung oder dem Umgang mit Sub­un­ternehmen kon­fron­tiert wer­den. Darauf müssen wir uns vorbereiten.

Über Grenzen hinaus

Nach­haltige Liefer­ket­ten ste­hen inzwis­chen auf der poli­tis­chen Agen­da und auch für Unternehmen ist das The­ma wichtig. Seit die Bun­desregierung 2017 die europäis­che CSR-Richtlin­ie – CSR ste­ht für Cor­po­rate Social Respon­si­bil­i­ty – umge­set­zt hat, müssen zumin­d­est große Unternehmen ihr Han­deln in sozialen und ökol­o­gis­chen Fra­gen doku­men­tieren. Bedrück­end ist nur, dass erst ein schw­eres Unglück wie das in Rana Plaza im April 2013 die Aufmerk­samkeit auf die schlecht­en Arbeits­be­din­gun­gen in ein­er inter­na­tion­al agieren­den Branche gelenkt hat. Eine Kon­se­quenz war das Engage­ment der Bun­desregierung für sichere Liefer­ket­ten in der Tex­tilin­dus­trie. Dabei hat auch die DGUV eine Auf­gabe über­nom­men. Mehrfach waren Beschäftigte und Funk­tionäre aus der Tex­tilin­dus­trie Banglade­schs bei uns zu Gast. Sie woll­ten sich darüber informieren, wie sicherere Arbeits­be­din­gun­gen in ihrer Branche umge­set­zt wer­den kön­nen. Dabei ging es nicht allein um die Ver­mit­tlung von tech­nis­chem Arbeitss­chutz, der wiederum die Nach­haltigkeit der Pro­duk­tion bee­in­flusst. Der Auf­bau sicher­er Liefer­ket­ten ist auch ein Aus­druck von Wertschätzung für Men­schen an allen Punk­ten der Liefer- und Wertschöpfungskette.

Mit dem The­ma Liefer­ket­ten ist aber auch noch eine ganz andere Her­aus­forderung für die geset­zliche Unfal­lver­sicherung ver­bun­den. Ein nicht uner­he­blich­er Teil der Per­sön­lichen Schutzaus­rüs­tung (PSA) am Markt wird in Asien gefer­tigt. Wis­sen wir angesichts der Vielzahl der Pro­duk­te genug über die Arbeits­be­din­gun­gen in der Fer­ti­gung und die ökol­o­gis­chen Kosten? Um diese Fra­gen müssen wir uns noch stärk­er kümmern.

Nachhaltige Prozesse

Nach­haltigkeit basiert auf gemein­samen Werten und Prozessen, die die Zukun­ft mit­denken. In der DGUV haben wir uns deshalb auf eine interne Strate­gie 2029 verpflichtet. Sie beschreibt, in welche Rich­tung sich der Spitzen­ver­band weit­er­en­twick­eln und wo wir gemein­sam ankom­men wollen. Ein Ziel für 2029 besagt ganz klar: „Wir haben die Prinzip­i­en ökol­o­gis­ch­er, sozialer und ökonomis­ch­er Nach­haltigkeit in unsere Prozesse integriert.“

Wo ste­hen wir in diesem Prozess? Manche Bere­iche der DGUV sind schon gut aufgestellt. Das zeigt der nach­fol­gende Bericht (vgl. Artikel Dr. Maria Klotz) über den Nach­haltigkeits-Prozess des Insti­tuts für Arbeit und Gesund­heit der DGUV (IAG). An diesem Beispiel kön­nen sich andere Bere­iche in der Unfal­lver­sicherung orientieren.

Da sich das Kerngeschäft der DGUV nicht gravierend von dem des IAG unter­schei­det und wir viele Prozesse teilen, kön­nen wir uns an der Bestand­sauf­nahme des IAG zur inter­nen Nach­haltigkeit ori­en­tieren. Das IAG kommt zu dem Ergeb­nis, dass wir sozial und ökonomisch schon recht gut aufgestellt sind, aber auf der ökol­o­gis­chen Seite noch Entwick­lungspo­ten­tial haben. Das wollen wir analysieren und angehen.

Erste Schritte haben wir gemacht. So unter­stützen wir zum Beispiel alle Beschäftigten, die mit dem öffentlichen Nahverkehr zur Arbeit kom­men, mit einem monatlichen Nach­haltigkeit­szuschuss. Coro­na hat ohne­hin das Arbeitsver­hal­ten stark verän­dert. Mobiles Arbeit­en und die Möglichkeit auch per Videokon­ferenz zu kom­mu­nizieren, senken die Mobil­ität­srat­en. Auch bei unser­er Dien­streise­pla­nung wollen wir das The­ma Nach­haltigkeit in Zukun­ft stärk­er berück­sichti­gen. Ich kann aus eigen­er Erfahrung nur sagen: Nutzen Sie die Bahn! Auch wenn man sich manch­mal ärg­ert, man reist trotz­dem meist entspan­nter und immer viel umwelt- und kli­mascho­nen­der als mit dem Auto und ins­beson­dere dem Flugzeug.

Aber natür­lich müssen wir uns auch die Frage stellen, wie wir Ressourcen nutzen. Wie viel Energie ver­brauchen wir in unseren Gebäu­den? Wie ren­ovieren wir unsere Baut­en? Wieviel Müll pro­duzieren wir? Hier ver­suchen wir immer effizien­tere Lösun­gen zu find­en und auch von unseren Dien­stleis­tern einzu­fordern. So haben wir es zum Beispiel in der let­zten Stro­mauss­chrei­bung für die DGUV und die Unfal­lver­sicherungsträger geschafft, auf 100 Prozent Ökostrom umzustellen. Bei anste­hen­den Erweiterungs­baut­en und auch im Bestand set­zen wir auf nach­haltige Energiegewin­nung über Block­heizkraftwerke und bei Sanierun­gen acht­en wir wenn möglich auf nach­haltige Baustof­fver­wen­dung. Diese Beispiele zeigen, dass wir uns auch im Bere­ich Ökolo­gie auf den Weg gemacht haben und schon ein gutes Stück vor­angekom­men sind.

Klimaschutz und Arbeitsschutz

Die aktuelle Flutkatas­tro­he stellt uns auch vor die Frage: Welche Fol­gen hat der Kli­mawan­del für unsere Arbeitswelt – und den Arbeitss­chutz? Bere­its seit Jahren nimmt bei Out­door-Work­ern die Zahl der Hautkreb­serkrankun­gen durch UV-Strahlung zu. Auch die Arbeit und die Belas­tun­gen von Ret­tungskräften verän­dern sich mas­siv, wenn Wet­ter­ereignisse wie Starkre­gen, Über­schwem­mungen oder Brände zunehmen. Wir merken also die Auswirkun­gen des Kli­mawan­dels ganz unmit­tel­bar und müssen mit unseren Präven­tion­sange­boten darauf reagieren.

Um neue Risiken möglichst früh zu erken­nen, haben wir ein so genan­ntes Risikoob­ser­va­to­ri­um geschaf­fen. In ein­er regelmäßi­gen, groß angelegten Befra­gung sam­meln wir Trends und neue Entwick­lung. Dann prüfen wir deren Chan­cen und Risiken, um geeignete Maß­nah­men zu entwick­eln, die den Unternehmen die Bewäl­ti­gung des Wan­dels in der Arbeitswelt erle­ichtern kön­nen. Auch das ist ein Mit­tel, um unsere Arbeit auf eine nach­haltige Zukun­ft auszurichten.


Foto: DGUV

Autor: Dr. Ste­fan Hussy

Haupt­geschäfts­führer der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (DGUV)

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