Im Anschluss an die Veröffentlichung der MAK- und BAT-Werte sowie Stoffbewertungen überprüft der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) die Vorschläge für neue Grenzwerte und Stoffbewertungen und empfiehlt in der Regel ihre Übernahme in die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 900 und 903 sowie gegebenenfalls in die TRGS 905.
Ein Schwerpunkt der Änderungen und Ergänzungen liegt auch in diesem Jahr wieder bei der Neuaufnahme und Änderung von MAK-Werten, wodurch auch 2019 die Anzahl der MAK-Werte erneut gewachsen ist, nachdem schon in den vergangenen Jahren zahlreiche neue MAK-Werte in die Liste aufgenommen worden waren.
In diesem Jahr gibt es elf neue MAK-Werte, davon sieben für Stoffe, die erstmals in der Liste auftauchen, etwa der „Zungenbrecher“ Methylenbis(dibutyldithiocarbamat). Aber auch bei den Stoffbewertungen, zum Beispiel den Kanzerogenitätseinstufungen oder den Schwangerschaftsgruppen gab es zahlreiche Neuerungen.
Neben der Aufnahme von insgesamt acht neuen Stoffpositionen bei den Luftgrenzwerten (MAK-Werte) enthält die Liste in diesem Jahr 37 geänderte Einträge, 24 Positionen bei den MAK-Werten und 13 Positionen bei den biologischen Werten. Die DFG-Kommission selbst zählt jede Änderung – das heißt also etwa bei mehreren Änderungen zu einem Stoff – separat und kommt so auf 69 Änderungen in 2019.
Luftgrenzwerte 2019
In diesem Jahr gibt es neue MAK-Werte für einige wichtige Industriechemikalien, die in der Öffentlichkeit vielleicht nicht
so bekannt sind, nichtsdestoweniger aber eine große Bedeutung haben, etwa Trikresylphosphate, die in Hydraulikölen sowie in Flammschutzmitteln oder Weichmachern enthalten sind und im Zusammenhang mit den so genannten „Fume-Events“ in (Passagier-)Flugzeugen diskutiert werden. Gleiches gilt für eine Reihe weiterer Kühlschmierstoffkomponenten (vgl. hierzu Abschnitt Xc der Liste).
Was als erstes auffällt, wenn man die diesjährige Liste öffnet, ist das neue Layout der Stoffliste mit den MAK-Werten (Abschnitt IIa): die bisherige Tabellenform mit je einer Spalte für die einzelnen Werte und Kriterien wurde durch einen zweispaltigen „blockweisen“ Eintrag ersetzt, in dem nur noch die tatsächlich geprüften Werte und Kriterien dargestellt werden (siehe Abbildung 1).
Abb. 1: Neues Design der Einträge in der Stoffliste (Abschnitt IIa)
Die Liste der MAK-Werte enthält in diesem Jahr acht neue Stoffeinträge für
- Cyanurchlorid [108–77–0] (neuer MAK-Wert, Bewertung als „sensibilisierend bei Hautkontakt“ (Anmerkung Sh) und Schwangerschaftsgruppe C)
- Kerosin (Erdöl) (Aerosol) [8008– 20–6] (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe, Hydraulikflüssigkeiten und andere Schmierstoffe“, Bewertung als krebserzeugend Kategorie 3B [gilt bei Hautkontakt] und Schwangerschaftsgruppe C)
- Kerosin (Erdöl) (Dampf) [8008–20–6] (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe etc.“, Bewertung als krebserzeugend Kategorie 3B [gilt bei Hautkontakt] und Schwangerschaftsgruppe C)
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (alveolengängige Fraktion) (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe etc.“, Bewertung als Schwangerschaftsgruppe D)
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (einatembare Fraktion) (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe etc.“, Bewertung als Schwangerschaftsgruppe D)
- (4‑Nonylphenoxy)essigsäure [3115– 49–9] (Verweis auf Abschnitt IIb „Stoffe, für die derzeit keine MAK-Werte aufgestellt werden können“ und Xc „Kühlschmierstoffe etc.“,
- Trikresylphosphat, Isomere, „frei von o‑Isomeren“ (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe etc.“, Bewertung als Schwangerschaftsgruppe C)
- Trikresylphosphat, Summe aller o‑Isomeren [78–30–8] (neuer MAK-Wert mit Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe etc.“, Bewertung als hautresorptiv (Anmerkung H), als krebserzeugend Kategorie 3B und Schwangerschaftsgruppe D).
Für die nachfolgend genannten vier Stoffe, die bereits zuvor in der Liste enthalten waren, gibt es erstmals einen MAK-Wert:
- Kresol (alle Isomere) [1319–77–3] (bisher ohne MAK-Wert)
- Nitrilotriessigsäure [139–13–9] und ihre Natriumsalze (bisher ohne MAK-Wert)
- Tantal [7440–25–7] (alveolengängige Fraktion) (bisher ohne MAK-Wert)
- Vinylacetat [108–05–4] (bisher ohne MAK-Wert; neue Anmerkung „20 ml/m³ entsprechend 71 mg/m³ sollte als Momentanwert nicht überschritten werden.“).
Insgesamt wurden so also für insgesamt elf Stoffe beziehungsweise Stoffgruppen erstmals MAK-Werte festgelegt (für sieben neue und vier bereits vorhandene Einträge). Da in diesem Jahr kein bestehender MAK-Wert zurückgezogen wurde, ist die Gesamtzahl der MAK-Werte erneut entsprechend gestiegen.
Der neue MAK-Wert, der für die alveolengängige Staubfraktion von Tantal [7440–25–7] festgelegt wurde, muss mit der jeweiligen Materialdichte multipliziert werden; mit dem Grenzwert von 0,3 mg/m³, einem Kurzzeitwert von II(8) und Bewertung als „krebserzeugend“ Kategorie 4 entsprechen diese Werte exakt dem Wert für den Allgemeinen Staubgrenzwert (alveolengängige Fraktion; granuläre biobeständige Stäube, GBS), siehe Abschnitt Vf) der Liste.
In diesem Jahr wurden sechs MAK-Werte abgesenkt:
- 1,1‑Dichlorethan [75–34–3] (Faktor 2)
- Graphit [7782–42–5] (alveolengängige Fraktion), ausgenommen sind ultrafeine Partikel; siehe Abschnitt Vh; auch hier muss der neue MAK-Wert mit der jeweiligen Materialdichte multipliziert werden; mit dem Grenzwert von 0,3 mg/m³, einem Kurzzeitwert von II(8) und Bewertung als „krebserzeugend“ Kategorie 4 entsprechen diese Werte exakt dem Wert für den Allgemeinen Staubgrenzwert (alveolengängige Fraktion; granuläre biobeständige Stäube, GBS, vgl. Abschnitt Vf); im Ergebnis ergibt sich eine Absenkung um etwa den Faktor 2,3.
- Methylamin [74–89–5] (Faktor 2; neue Anmerkung „10 ml/m³ entsprechend 13 mg/m³ sollte als Momentanwert nicht überschritten werden“)
- Pentachlorethan [76–01–7] (Faktor 2,5)
- 1,1,2‑Trichlorethan [79–00–5] (Faktor 10[!])
- Xylol (alle Isomere) [1330–20–7] (Faktor 2).
Der bisherige MAK-Wert für 1,1,2,2‑Tetrachlorethan [79–34–5] wurde auf das Doppelte des bisherigen Wertes angehoben. Darüber hinaus wurden in diesem Jahr zwei Stoffe hinsichtlich ihres MAK-Wertes überprüft, ohne dass Änderungen erforderlich waren:
- Ammoniak [7664–41–7] und
- Hexachlorethan [67–72–1].
Weitere Hinweise – Fußnoten
Für die beiden Stoffe
- Bisphenol-A-diglycidylether [1675– 54–3] (bestehender Eintrag, bisher nur Anmerkung „H“ und Bewertung als krebserzeugend Kategorie 3A und
- (4‑Nonylphenoxy)essigsäure [3115– 49–9]
wurde ein Verweis auf Abschnitt IIb „Stoffe, für die derzeit keine MAK-Werte aufgestellt werden können“ aufgenommen.
Für sieben Neuaufnahmen wurde ein Hinweis auf Abschnitt Xc „Kühlschmierstoffe, Hydraulikflüssigkeiten und andere Schmierstoffe“ vergeben:
- Kerosin (Erdöl) (Aerosol) [8008– 20–6]
- Kerosin (Erdöl) (Dampf) [8008–20–6]
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (alveolengängige Fraktion)
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (einatembare Fraktion)
- (4‑Nonylphenoxy)essigsäure [3115–49–9]
- Trikresylphosphat, Isomere, „frei von o‑Isomeren“
- Trikresylphosphat, Summe aller o‑Isomeren [78–30–8].
Spitzenbegrenzung
Es gibt zwei Kategorien für die zulässige kurzzeitige Überschreitung von Schichtmittelwerten:
- Kategorie I: Stoffe, bei denen die lokale Reizwirkung grenzwertbestimmend ist oder atemwegssensibilisierende Stoffe
- Kategorie II: resorptiv wirksame Stoffe.
Die Zahl in Klammern hinter der Kategorie bezeichnet den zulässigen Überschreitungsfaktor; dabei ist eine solche Überschreitung höchstens viermal pro Arbeitsschicht als Mittelwert für jeweils 15 Minuten zulässig. Der zeitliche Abstand der einzelnen Überschreitungsperioden soll dabei mindestens eine Stunde betragen.
In einigen Fällen werden bei Stoffen der Kurzzeitkategorie I Hinweise auf Spitzenkonzentrationen gegeben, die nicht überschritten werden sollten, in diesem Jahr etwa für
- Methylamin [74–89–5] und
- Vinylacetat [108–05–4].
In diesem Jahr wurden 14 Kurzzeitkategorien geändert (viermal) oder erstmals vergeben (zehnmal, davon sieben Neuaufnahmen); dabei hat die Kommission
- 2 x die Kurzzeitwertkategorie I(1) für
- Kresol (alle Isomere) [1319–77–3] (bisher ohne Kurzzeitkategorie)
- Vinylacetat [108–05–4] (bisher ohne Kurzzeitkategorie, Hinweis auf Spitzenbegrenzung)
- 3 x die Kurzzeitwertkategorie I(2) für
- Cyanurchlorid [108–77–0] (Neuaufnahme)
- Methylamin [74–89–5] (bisher Kurzzeitkategorie I(1), neuer Hinweis auf Spitzenbegrenzung)
- 1,1,2‑Trichlorethan [79–00–5] (bisher Kurzzeitkategorie II(2)
- 2 x die Kurzzeitwertkategorie II(2) für
- Kerosin (Erdöl) (Dampf) [8008– 20–6] (Neuaufnahme)
- Trikresylphosphat, Isomere, „frei von o‑Isomeren“ (Neuaufnahme)
- 3 x die Kurzzeitwertkategorie II(4) für
- Kerosin (Erdöl) (Aerosol) [8008– 20–6] (Neuaufnahme)
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (alveolengängige Fraktion) (Neuaufnahme)
- Nitrilotriessigsäure [139–13–9] und ihre Natriumsalze (bisher ohne MAK-Wert)
- 4 x die Kurzzeitwertkategorie II(8) für
- Graphit [7782–42–5] (alveolengängige Fraktion) (bisher nur Verweis auf Abschnitt Vg)
- Methylenbis(dibutyldithiocarbamat) [10254–57–6] (einatembare Fraktion) (Neuaufnahme)
- Tantal [7440–25–7] (alveolengängige Fraktion) (bisher ohne MAK-Wert)
- Trikresylphosphat, Summe aller o‑Isomeren [78–30–8] (Neuaufnahme)
vergeben.
Für die nachfolgend genannten sechs Stoffe wurden die Kurzzeitkategorien bestätigt (überprüft ohne Änderungen):
- Ammoniak [7664–41–7] I(2)
- 1,1‑Dichlorethan [75–34–3] II(2)
- Hexachlorethan [67–72–1] II(2)
- Pentachlorethan [76–01–7] II(2)
- 1,1,2,2‑Tetrachlorethan [79–34–5] II(2)
- Xylol (alle Isomere) [1330–20–7] II(2)
Sensibilisierende Stoffe und Aufnahme durch die Haut
Im Abschnitt IV „Sensibilisierende Arbeitsstoffe“ wurden in diesem Jahr die Erläuterungen zu den Kriterien für die Bewertung der Eigenschaften von Stoffen, die allergische Reaktionen der Haut hervorrufen können, auf der Basis neuer In-vitro-Testmethoden überarbeitet. Dies war notwendig geworden, da die bislang durchgeführten Tierversuche zur Sensibilisierung über die Haut für Kosmetika seit März 2013 verboten sind.
Diese neuen Kriterien zeigen in diesem Jahr aber noch keine Auswirkungen, denn nur ein Stoff (Cyanurchlorid [108–77–0]) erhielt in diesem Jahr die Zusatzbezeichnung „Sh“ für Sensibilisierung bei Hautkontakt, für die zwei Stoffe
- Bisphenol-A-diglycidylether [1675–54–3] sowie
- Kresylglycidylether [o‑Isomer [2210– 79–9], Isomerengemisch [26447– 14–3])
wurden die hautsensibilisierenden Eigenschaften überprüft und bestätigt.
Die Zusatzbezeichnung „Sa“ für Sensibilisierung beim Einatmen wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Vier bestehende Einträge sowie eine Neuaufnahme erhielten in diesem Jahr die Zusatzbezeichnung „H“ für Gefährdung durch Hautkontakt:
- 1,1‑Dichlorethan [75–34–3]
- Hexachlorethan [67–72–1]
- Pentachlorethan [76–01–7]
- Trikresylphosphat, Summe aller o‑Isomeren [78–30–8] (Neuaufnahme)
- Vinylacetat [108–05–4].
Bei diesen Stoffen trägt die Aufnahme durch die Haut wesentlich zum toxischen Gefährdungspotenzial bei.
Für sechs Stoffe wurde in diesem Jahr die Hautresorption überprüft und bestätigt:
- Kresol (alle Isomere) [1319–77–3]
- 4‑Nitroanilin [100–01–6]
- 1,1,2,2‑Tetrachlorethan [79–34–5]
- 1,1,2‑Trichlorethan [79–00–5]
- Xylidine (Isomere): 2,3‑Xylidin [87–59–2], 2,5‑Xylidin [95–78–3], 3,4‑Xylidin [95–64–7], 3,5‑Xylidin [108–69–0] [1330–20–7]
- Xylol (alle Isomere).
Der zweite Teil dieses Beitrags im nächsten Heft erläutert die Änderungen bei den krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder fortpflanzungsgefährdenden (CMR) Stoffen sowie bei den Biologischen Beurteilungswerten (BAT, EKA, BLW und BAR).
Lesen Sie auch: DFG-MAK- und BAT-Werte-Liste 2019, Teil 2 — Neu: Schwangerschaftsgruppen für BAT-Werte
Autor: Dr. Ulrich Welzbacher
Sankt Augustin
autor@gefahrstoffinformation.de