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Neues aus dem AGS

TRGS 600 „Substitution“ veröffentlicht
Neues aus dem AGS

Neues aus dem AGS
Substituionsbeispiele aus dem Alltag. Grafik: Birgt Stöffler
Bei sein­er 66. Sitzung am 5. Mai 2020 hat der Auss­chuss für Gefahrstoffe unter anderem Tech­nis­che Regeln für Brand- und Explo­sion­ss­chutz aus der 700-er Rei­he und neue Arbeit­splatz­gren­zw­erte aus der TRGS 900 verabschiedet.

Fol­gende Tech­nis­che Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) wur­den ver­ab­schiedet, die nach rechts­förm­lich­er Prü­fung durch das BMAS voraus­sichtlich ab Herb­st 2020 im Gemein­samen Min­is­te­ri­al­blatt (und im Inter­net) veröf­fentlicht werden.

Neu­fas­sung TRGS

  • 721 „Gefährliche explo­sions­fähige Gemis­che – Beurteilung der Explosionsgefährdung“

Änderun­gen und Ergänzun­gen TRGS

  • 723 „Gefährliche explo­sions­fähige Gemis­che – Ver­mei­dung der Entzün­dung gefährlich­er explo­sions­fähiger Gemische“
  • 751 „Ver­mei­dung von Brand‑, Explo­sions- und Druck­ge­fährdun­gen an Tankstellen und Gas­fül­lan­la­gen zur Befül­lung von Landfahrzeugen“
  • 900 „Arbeit­splatz­gren­zw­erte“

Aufhe­bung BekGS

  • 408 „Anwen­dung der Gef­Stof­fV und TRGS mit Inkraft­treten der CLP-Verordnung“

66. AGS-Sitzung nur im „kleinen Kreis“

Auch am AGS ist Coro­na nicht spur­los vor­beige­gan­gen, weshalb die 66. Sitzung nur im kleinen Kreis und nur ein­tägig stattge­fun­den hat. Die Abstim­mung erfolge nach der Sitzung in einem schriftlichen Ver­fahren. Sie ist inzwis­chen abgeschlossen, so dass die oben genan­nten Ergeb­nisse kom­mu­niziert wer­den konnten.

TRGS 900: Neue AGW für Kresole und Halbierung AGW Xylole

Von Bedeu­tung dürften ins­beson­dere die

  • neuen AGW für Kresole und die
  • Hal­bierung der AGW für Xylole

sein – siehe Tabelle 1.

Die Begrün­dung für die Hal­bierung der AGW bei bes­timmten Stof­fen wurde bere­its in der DFG MAK- und BAT-Werte-Liste 2016 beschrieben: Seit­dem wird bei bes­timmten Stof­fen berück­sichtigt, dass das Atemvol­u­men des arbei­t­en­den Men­schen cir­ca dop­pelt so hoch ist wie das Atemvol­u­men der Tiere „in Ruhe“ bei Tierver­suchen oder der Proban­den „in Ruhe“ bei Probandenstudien.

Tab. 1: Auszug: Änderun­gen und Ergänzun­gen der TRGS 900 „Arbeit­splatz­gren­zw­erte“ aus 66. AGS-Sitzung Mai 2020

Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung

Neue beziehungsweise abge­senk­te Gren­zw­erte machen eine Aktu­al­isierung der Gefährdungs­beurteilung notwendig. Dabei ist zu über­prüfen, ob die bere­its beste­hen­den Schutz­maß­nah­men aus­re­ichen, um auch den neuen beziehungsweise abge­senk­ten AGW einzuhalten.

In der betrieblichen Prax­is kom­men bei neuen oder abge­senk­ten AGW oft fol­gende Fra­gen auf:

  • Wie wahrschein­lich ist eine AGW-Über­schre­itung bei diesem oder jen­em Stoff?
  • Haben wir unverzüglichen Hand­lungs­be­darf auf­grund hoher Wahrschein­lichkeit der AGW-Überschreitung?
  • Wie pri­or­isieren wir bei vie­len neuen oder abge­senk­ten AGW, bei welchen Stof­fen unverzüglich Hand­lungs­be­darf gegeben ist?

Gefährdungszahl: Verdünnungsfaktor für AGW-Einhaltung

Bei Flüs­sigkeits­dämpfen muss neben der Höhe des AGW auch das Freiset­zungsver­hal­ten berück­sichtigt werden.

Mit Hil­fe des Dampf­drucks p, der die Kenn­zahl für das Freiset­zungsver­hal­ten darstellt, kann wie fol­gt die Gefährdungszahl (GZ) berech­net werden:

 

Die Gefährdungszahl kann man auch als „Verdün­nungs­fak­tor“ beze­ich­nen, da sie angibt, um welch­es Wievielfache ein dampfgesät­tigtes Luftvol­u­men verdün­nt wer­den muss, damit der Gren­zw­ert einge­hal­ten wird.

Tabelle 2 enthält die Gefährdungszahlen für die neuen beziehungsweise geän­derten AGW aus der TRGS 900. Daraus ergeben sich zwei Ergebnisse:

  1. Gase wie Methy­lamin haben auf­grund ihres extrem hohen Dampf­drucks eine extrem hohe Gefährdungszahl. Bei diesen Stof­fen sollte mit hoher Pri­or­ität beziehungsweise zuerst über­prüft wer­den, ob die bere­its beste­hen­den Schutz­maß­nah­men aus­re­ichen oder ob auf­grund des abge­senk­ten AGW (hier Hal­bierung von 10 auf 5 ppm) diese angepasst wer­den müssen. Als Wirk­samkeit­skon­trolle für die Schutz­maß­nah­men bietet sich in vie­len Fällen eine Arbeit­splatzmes­sung gemäß den Vor­gaben der TRGS 402 an.
  2. Selb­st bei ein­er Hal­bierung der AGW der Xylole liegen die Gefährdungszahlen immer noch auf ver­gle­ich­sweise niedrigem Niveau. Aus den Angaben in Tabelle 3 wird deut­lich, dass ver­mut­lich in den meis­ten Fällen die AGW der Xylole mit ver­gle­ich­sweise ein­fachen tech­nis­chen Schutz­maß­nah­men (z.B. Absaugung) einge­hal­ten wer­den können.

Tab. 2: Gefährdungszahlen der Stoffe mit neuem oder abge­senk­tem AGW aus der TRGS 900

 

TRGS 600 – Substitution – im Internet veröffentlicht

Inzwis­chen wurde die neue Ver­sion der TRGS 600 „Sub­sti­tu­tion“ veröf­fentlicht – Link siehe Infokas­ten Links/Downloads.

Auf die wesentlichen Änderun­gen der neuen Ver­sion im Ver­gle­ich zur alten Ver­sion von 2008 wurde bere­its im let­zten Online-Artikel „Neues aus dem AGS“ in der Aus­gabe 02/2020 hingewiesen.

TOP-10-Informationen bezüglich Substitution

Um schnell in das The­ma Sub­sti­tu­tion reinzukom­men, wer­den hier 10 wichtige Punk­te rund um das The­ma Sub­sti­tu­tion zusammengestellt:

  1. Sub­sti­tu­tion beze­ich­net den Ersatz eines Gefahrstoffes, eines biol­o­gis­chen Arbeitsstoffes oder eines Ver­fahrens durch einen Arbeitsstoff oder ein Ver­fahren mit ein­er ins­ge­samt gerin­geren Gefährdung für die Beschäftigten. Siehe „Begriff­s­glos­sar zur Gef­Stof­fV“ – Infokas­ten Links/Downloads
  2. Die Sub­sti­tu­tion an sich ist NICHT verpflich­t­end. Gemäß Gefahrstof­fverord­nung ist im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung NUR die „Beurteilung der MÖGLICHKEITEN ein­er Sub­sti­tu­tion“ verpflich­t­end.
  3. Das Ergeb­nis solch ein­er Beurteilung – auch als Sub­sti­tu­tions-PRÜ­FUNG beze­ich­net – kann daher auch laut­en: „KEINE Möglichkeit­en ein­er Sub­sti­tu­tion.“ Das ist zum Beispiel der Fall bei der Her­stel­lung von Phar­mawirk­stof­fen für Arzneimittel.
  4. Sub­sti­tu­tion lohnt sich – ins­ge­samt betra­chtet: Der Aufwand für die Durch­führung ein­er Sub­sti­tu­tion­sprü­fung zu Beginn kann sich später dadurch bezahlt machen, dass aufwendi­ge und kosten­in­ten­sive Schutz­maß­nah­men nicht mehr notwendig sind, weil die Sub­sti­tu­tion­slö­sung weniger gefährlich ist als der bish­er ver­wen­dete Stoff oder das Verfahren.
  5. Bei ein­er großen Stof­fan­zahl emp­fiehlt sich die fol­gende Pri­or­isierung bei der Substitutionsprüfung:
    a) § 10 Gef­Stof­fV: CMR-Stoffe der Kat­e­gorien 1A und 1
    b) § 9 Gef­Stof­fV: zum Beispiel Tätigkeit­en mit AGW-Überschreitung
    c) Weit­ere Kri­te­rien wie zum Beispiel hohe Menge, akute Tox­iz­ität Kat. 1 etc.
  6. Wenn eine Sub­sti­tu­tion nicht möglich ist UND eine erhöhte inhala­tive Expo­si­tion beste­ht, sind Schutz­maß­nah­men gemäß der TOP-Rang­folge einzusetzen.
  7. Mit Hil­fe des GHS-Spal­ten­mod­ells des IFA (entspricht Anhang 2 der neuen Ver­sion der TRGS 600) kann das Gefährdungspoten­zial ver­schieden­er Gefahrstoffe miteinan­der ver­glichen werden.
  8. „Es ist NICHT sin­nvoll, Gefahrstoffe mit bekan­nten gefährlichen Eigen­schaften durch Pro­duk­te mit unbekan­nten Gefahren zu erset­zen.“ Im EMKG-Leit­faden find­en sich neben dieser Aus­sage noch viele weit­ere Hil­festel­lun­gen zur Sub­sti­tu­tion­sprü­fung – Link siehe Infokas­ten Links/Downloads.
  9. Eben­falls ist es in vie­len Fällen nicht sin­nvoll einen Gefahrstoff durch einen chemisch ähn­lichen Gefahrstoff zu erset­zen, da in den meis­ten Fällen auch die Gefahren ähn­lich sein werden.
  10.  Die Form der Doku­men­ta­tion ein­er Sub­sti­tu­tion­sprü­fung ist (auch in der TRGS 600) NICHT vorgeschrieben.

Tab. 3: Gren­zw­ertüber­schre­itung je nach Gefährdungszahl

 

Weit­ere Infor­ma­tio­nen zum The­ma Sub­sti­tu­tion sind in drei Online-Artikeln auf www.sifa-sibe.de zu finden.

Beteiligung an TRGS

Sie haben keine Möglichkeit, Ihre Erfahrun­gen aus der betrieblichen Prax­is bei der Über­ar­beitung von TRGS mit einzubrin­gen? Doch, nur wis­sen das viele nicht.

Nutzen Sie die Möglichkeit der Beteili­gung: Wenn TRGS angepasst wer­den sollen, wer­den entsprechende Hin­weise auf der BAuA-Inter­net­seite bekan­nt gegeben. Kom­mentare und Hin­weise der Anwen­der sind willkom­men – siehe Infokas­ten Links/Downloads.

Aktuell kön­nen zum Beispiel bis zum 31. Okto­ber 2020 Anmerkun­gen oder Stel­lung­nah­men zu fol­gen­den TRGS an die AGS-Geschäft­sleitung gesendet werden:

  • TRGS 529 Tätigkeit­en bei der Her­stel­lung von Biogas,
  • TRGS 553 Holzs­taub und
  • TRGS 725 Gefährliche, explo­sions­fähige Atmo­sphäre – Mess‑, Steuer- und Regelein­rich­tun­gen im Rah­men von Explosionsschutzmaßnahmen.

Glossar

  • AGS: Auss­chuss für Gefahrstoffe
  • AGW: Arbeit­splatz­gren­zw­ert (aus TRGS 900)
  • BMAS: Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit und Soziales
  • BAT: Biol­o­gis­ch­er Arbeitsstoff-Toleranzwert
  • CMR: Kreb­serzeu­gend, Keimzell­mu­ta­gen, Reproduktionstoxisch
  • DFG: Deutsche Forschungsgemeinschaft
  • GHS: Glob­al har­mon­isiertes Sys­tem zur Ein­stu­fung und Kennze­ich­nung von Chemikalien
  • GZ: Gefährdungszahl
  • IFA: Insti­tut für Arbeitss­chutz der DGUV
  • MAK: Max­i­male Arbeitsplatzkonzentration
  • NEP: N‑Ethylpyrrolidon
  • NMP: N‑Methylpyrrolidon
  • THF: Tetrahydrofuran
  • TRGS: Tech­nis­che Regel für Gefahrstoffe

Links/Download


Foto: privat

Autorin: Dr. Bir­git Stöffler

Sicher­heitsin­ge­nieurin, Stlvtr. Mit­glied im AGS, Mit­glied im UAII

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