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Änderung im Medizinprodukterecht, neue Pflichten der Betreiber und Anwender

Änderung im Medizinprodukterecht
Pflichten der Betreiber und Anwender – was jetzt wichtig ist

Betreiber und Anwen­der müssen einen sicheren Umgang mit Medi­z­in­pro­duk­ten gewährleis­ten. Das dient nicht zulet­zt dem Arbeitss­chutz und dem Schutz der Beschäftigten. Zum 26. Mai 2021 sind neue Regeln auf nationaler und europäis­ch­er Ebene in Kraft getreten – das hat Änderun­gen der Recht­slage zur Folge. Die Kom­plex­ität des Regel­w­erkes ist für die Zukun­ft anspruchsvoller geworden.

Medi­z­in­pro­duk­te sind sowohl im gewerblichen als auch im pri­vat­en Bere­ich uner­set­zlich. Pro­fes­sionelle Anwen­dung find­en sie beispiel­sweise in Kranken­häusern, ärztlichen Prax­en und Rehak­liniken. Auch in der ambu­lanten Pflege, in Altenpflege­heimen, Wohn­heimen für Men­schen mit Behin­derung und inte­gra­tiv­en Kindertagesstät­ten kom­men Medi­z­in­pro­duk­te zum Ein­satz. Im Pri­vat­bere­ich haben beispiel­sweise Schlafap­noe-Geräte bei Schlaf- und nächtlich­er Atmungsstörung oder „Med­ical Apps“ deut­lichen Einzug gehalten.

Die Akteure: Für wen sind die Änderungen wichtig?

Ist die Umset­zung des vorher bere­its beste­hen­den Regel­w­erkes noch unvoll­ständig oder unzure­ichend im Betrieb erfol­gt, so beste­ht jet­zt erhöhter Hand­lungs­be­darf, Infor­ma­tions- und Qual­i­fika­tions­be­darf der ver­ant­wortlichen Per­so­n­en. Im Fokus ste­hen diejeni­gen, die einen sicheren Umgang mit Medi­z­in­pro­duk­ten zum Schutz von Patien­ten, Beschäftigten oder Drit­ten gewährleis­ten müssen, also Betreiber und Anwen­der von Medi­z­in­pro­duk­ten. Im Fol­gen­den wird die geän­derte Recht­slage erläutert und zugle­ich auf beste­hende, bleibende Pflicht­en hingewiesen.

Die Def­i­n­i­tion der Akteure ist im § 2 der Medi­z­in­pro­duk­te-Betreiberverord­nung (MPBe­treibV) zu finden:

  • Gesund­heit­sein­rich­tung (…) ist jede Ein­rich­tung, Stelle oder Insti­tu­tion, (…), in der Medi­z­in­pro­duk­te durch medi­zinis­ches Per­son­al, Per­so­n­en der Pflege­berufe oder son­stige dazu befugte Per­so­n­en beruf­s­mäßig betrieben oder angewen­det werden.“
  • Betreiber (…) ist jede (…) Per­son, die für den Betrieb der Gesund­heit­sein­rich­tung ver­ant­wortlich ist, in der das Medi­z­in­pro­dukt durch dessen Beschäftigte betrieben oder angewen­det wird. (…) wer außer­halb von Gesund­heit­sein­rich­tun­gen in seinem Betrieb oder sein­er Ein­rich­tung oder im öffentlichen Raum Medi­z­in­pro­duk­te zur Anwen­dung bereithält.“
  • Anwen­der ist, wer ein Medi­z­in­pro­dukt (…) am Patien­ten einsetzt.“

Herausforderungen für Betreiber und Anwender

Betreiber von Medi­z­in­pro­duk­ten, wie die Leitung ein­er Gesund­heit­sein­rich­tung, ste­hen Pflicht­en aus einem umfassenden Regel­w­erk gegenüber. Aktuell gibt es auf europäis­ch­er und nationaler Ebene Verän­derun­gen in den Regel­w­erken für Medi­z­in­pro­duk­te. Daraus ergeben sich für Betreiber von Gesund­heit­sein­rich­tun­gen – aber auch für bera­tende Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Betrieb­särzte – neue Her­aus­forderun­gen. Die rel­e­van­ten Regel­w­erke sollen hier vorgestellt und näher erörtert wer­den. Erläutert wer­den die Vorschriften, die für Betreiber und Anwen­der rel­e­vant sind.

Ins­ge­samt betra­chtet ist der Umgang mit den Regel­w­erken anspruchsvoller geworden:

  • Die einzel­nen Regel­w­erke haben eine Vielzahl von Adres­sat­en wie Her­steller, Behör­den usw. – was den Überblick der eige­nen Pflicht­en, zum Beispiel als Betreiber, erschwert.
  • Die bish­erige Recht­slage erlaubte den Betreibern sich auf wenige nationale Regel­w­erke wie MPG, MPBe­treibV und MPSV zu beschränken. Die zukün­fti­gen Regel­w­erke sind sowohl auf europäis­ch­er Ebene als auch nationaler Ebene zu finden.
  • Diese neuen Regel­w­erke sind nicht in sich selb­sterk­lärend und abgeschlossen. Für die Zukun­ft wird für die Betreiber und Anwen­der mehr denn je die gle­ichzeit­ige Nutzung der für sie rel­e­van­ten Regel­w­erke erforder­lich sein.
  • Die Regel­w­erke sind in ihren Namen, aber nicht in ihrem Inhalt zum Ver­wech­seln ähn­lich, wie zum Beispiel „Medi­z­in­pro­duk­te-EU-Anpas­sungs­ge­setz“ und „Medi­z­in­pro­duk­te-EU-Anpas-sungsverord­nung“.
  • Die Geset­zes- und Verord­nungsna­men lassen oft­mals nicht auf den Regelungs­ge­gen­stand oder den Adres­sat­en schließen. So regelt die „Medi­z­in­pro­duk­te-Anwen­der­melde- und Infor­ma­tionsverord­nung“ vere­in­facht gesagt den Umgang mit gefährlich gewor­de­nen Medizinprodukten.

Die Regelwerke im Überblick – was sich konkret ändert

Bish­er standen fol­gen­des Gesetz und seine Aus­führungs­bes­tim­mungen für Betreiber und Anwen­der im Vordergrund:

  • MPG, Medi­z­in­pro­duk­tege­setz (ent­fällt)
  • MPBe­treibV, Medi­z­in­pro­duk­te-Betreiberverord­nung (gilt weiterhin)
  • MPSV, Medi­z­in­pro­duk­te-Sicher­heit­s­plan­verord­nung (ent­fällt)

Unbe­strit­ten war der Ein­fluss von europäis­chen Vor­gaben, die in die nationalen Regel­w­erke über die Jahre einge­flossen sind. Trotz­dem war ein konzen­tri­ert­er Blick auf diese drei nationalen Regel­w­erke bish­er aus­re­ichend, um die Betreiber- und Anwen­derpflicht­en im Blick zu behalten.

Seit dem 26.05.2021 sind fol­gende Regel­w­erke zu berücksichtigen:

  • MDR, Europäis­che Medi­z­in­pro­duk­teverord­nung (NEU!)
  • MPDG, Medi­z­in­pro­duk­terecht-Durch­führungs­ge­setz (NEU!)
  • MPBe­treibV, Medi­z­in­pro­duk­te-Betreiberverord­nung
  • MPAMIV, Medi­z­in­pro­duk­te-Anwen­der­melde- und Infor­ma­tionsverord­nung (NEU!)

Die Regelwerke im Detail

Im fol­gen­den Abschnitt sollen die einzel­nen Regel­w­erke vorgestellt und die rel­e­van­ten Inhalte für Betreiber und Anwen­der aus­gear­beit­et werden.

1. MDR – Die Europäis­che Medizinprodukteverordnung

Die MDR ist tra­gen­des Fun­da­ment des Medi­z­in­pro­duk­terecht­es und löst gewis­ser­maßen – mit ihrem Gel­tungs­be­ginn zum 26.05.2021 – eine Art Domi­no­ef­fekt aus. Die MDR set­zt das bekan­nte nationale Medi­z­in­pro­duk­t­ge­setz in Teilen außer Kraft und löst einen hohen Anpas­sungs­be­darf in vie­len nationalen Regel­w­erken aus. Dieser Anpas­sungs­be­darf hat eine Auswirkung auf die rel­e­van­ten Regel­w­erke für Anwen­der und Betreiber.

Im Mit­telpunkt der MDR ste­hen die Aspek­te der Pro­duk­t­sicher­heit, hohe Stan­dards für Qual­ität und Sicher­heit der Medi­z­in­pro­duk­te“ und der „rei­bungs­los funk­tion­ierende Bin­nen­markt für Medizinprodukte“.

Für den Betreiber und Anwen­der dient die MDR vor­rangig dem besseren Ver­ständ­nis und klärt die grundle­gen­den Begriffe wie „Medi­z­in­pro­dukt“. Dabei for­muliert die MDR keine unmit­tel­baren Forderun­gen und Pflicht­en an Anwen­der und Betreiber. Sie ist der gültige Rechts­bezug für diese Per­so­n­en­gruppe und der Bezugspunkt der nationalen Geset­ze und Verord­nun­gen für Pflicht­en von Betreiber und Anwender.

2. MPDG – Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz

Das neue MPDG ergänzt die MDR und ist, vere­in­facht dargestellt, der inhaltliche Nach­fol­ger des bekan­nten Medi­z­in­pro­duk­tege­set­zes (MPG). Das MPDG stellt ein Bindeglied zwis­chen der neuen MDR und den nationalen Geset­zen und Verord­nun­gen untere­inan­der dar.

Zu den wichtig­sten Aspek­ten für Betreiber und Anwen­der gehören zweifel­los die Para­graphen § 11 und § 12 des MPDG. Ohne die Begrif­flichkeit zu ver­wen­den, wird darin ein „Gefährdungsver­bot“ aus­ge­sprochen.

In § 11 MPDG heißt es: „Medi­z­in­pro­duk­te dür­fen nicht betrieben oder angewen­det wer­den, wenn sie Män­gel aufweisen, durch die Patien­ten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet wer­den können.“

Der § 12 definiert den Begriff „Man­gel“. Ein Man­gel am Medi­z­in­pro­dukt liegt dem­nach bere­its vor, wenn „das Datum abge­laufen ist, bis zu dem das Pro­dukt sich­er ver­wen­det wer­den kann.“ An der Stelle wird das vorgegebene hohe Schutzniveau des Geset­zge­bers deut­lich – mit weitre­ichen­den Kon­se­quen­zen! Denn im § 92 „Strafvorschrift“ heißt es: „Mit Frei­heitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geld­strafe wird bestraft, wer Medi­z­in­pro­duk­te mit Män­gel (…) betreibt oder anwen­det, (…). Mit Frei­heitsstrafe von (…) bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer (…) die Gesund­heit ein­er großen Zahl von Men­schen gefährdet, einen anderen in die Gefahr des Todes oder ein­er schw­eren Schädi­gung an Kör­p­er oder Gesund­heit bringt.“

Der § „94 Bußgeld­vorschriften“ hält, wie es der Name ver­muten lässt, ein umfan­gre­ich­es Bußgeld bei Ver­stößen bere­it. „Die Ord­nungswidrigkeit kann mit ein­er Geld­buße bis zu dreißig­tausend Euro geah­n­det wer­den.“ Ord­nungswidrig han­delt, wer vorsät­zlich oder fahrläs­sig man­gel­hafte Medi­z­in­pro­duk­te „in den Verkehr bringt, in Betrieb nimmt, betreibt oder anwen­det“.

Her­vorzuheben ist, dass nicht nur der Betreiber, son­dern auch der Anwen­der von „man­gel­haften“ Medi­z­in­pro­duk­ten Adres­sat des Gefährdungsver­botes und von Sank­tion­s­maß­nah­men nach MPDG ist. In der betrieblichen Prax­is sehen sich klas­sis­che Anwen­der, wie zum Beispiel ambu­lante Pflege­di­en­ste, die Medi­z­in­pro­duk­te des Patien­ten beziehungsweise des zu Pfle­gen­den (Pflege­bett, Blutzuck­er­mess­gerät, Lifter) benutzen, oft­mals in kein­er Verpflich­tung, da sie das Medi­z­in­pro­dukt „nur ver­wen­den“ und „das Medi­z­in­pro­dukt nicht ihnen gehört“. Dieser Umstand muss angesichts der bedrohlich wirk­enden Sank­tion­s­möglichkeit­en für Anwen­der neu über­dacht werden.

Ins­beson­dere im Zusam­men­hang des §11 MPDG wird es für Beschäftigte als Anwen­der bren­zlig, wenn diese von Patien­ten oder Drit­ten mit­ge­brachte, aber ungeprüfte (z. B. fehlende sicher­heit­stech­nis­che Kon­trollen nach § 11 MPBe­treibV) Medi­z­in­pro­duk­te anwen­den, in deren Gebrauch sie zudem nicht mal (nach §4; §10 MPBe­treibV) eingewiesen wor­den sind. Hier­bei kann es sich um mitgebrachte
Medi­z­in­pro­duk­te eines Patien­ten in ein­er sta­tionären Ein­rich­tung (Altenpflege, Kranken­haus) han­deln oder um vorge­fun­dene Medi­z­in­pro­duk­te in der Häus­lichkeit des zu Pfle­gen­den in der ambu­lanten Pflege, in bei­den Fällen wäre als Beispiel das pri­vate Blutzuck­er­mess­gerät des Patien­ten zu nennen.

3. MPBe­treibV – Medizinprodukte-Betreiberverordnung

Was für Arbeitsmit­tel die Betrieb­ssicher­heitsverord­nung ist, ist für Medi­z­in­pro­duk­te die Medi­z­in­pro­duk­te-Betreiberverord­nung, kurz MPBe­treibV. Sie regelt nahezu alle Verpflich­tun­gen des Betreibers und Anwen­ders für den sicheren Umgang mit Medi­z­in­pro­duk­ten und stellt für die betriebliche Prax­is das wichtig­ste Instru­ment und Regel­w­erk dar. Dreh- und Angelpunkt der Verord­nung ist, ob man sich im Adres­satenkreis des „Betreibers“, „Anwen­ders“ oder der „Gesund­heit­sein­rich­tung“ nach der Def­i­n­i­tion der MPBe­treibV wiederfind­et, da nahezu jed­er Para­graph der MPBe­treibV sich an einen dieser Adres­sat­en richtet. Eine kurze Über­sicht der Pflicht­en (nicht abschließend) nach der MPBetreibV:

  • Ein­weisung von Medi­z­in­pro­duk­ten (§ 4 Abs. 3 MPBetreibV)
  • Beauf­tragter für Medi­z­in­pro­duk­tesicher­heit (§ 6 MPBetreibV)
  • Beson­dere Ein­weisung von Medi­z­in­pro­duk­ten (§ 10 MPBetreibV)
  • Prü­fung von Medi­z­in­pro­duk­ten (sicher­heit­stech­nis­che Kon­trollen nach § 11 MPBe­treibV, messtech­nis­che Kon­trollen nach § 14 MPBetreibV)
  • Bestandsverze­ich­nis (§ 13 MPBetreibV)
  • Medi­z­in­pro­duk­te­buch (§ 12 MPBetreibV)

Führungskräfte von Ein­rich­tun­gen und Träger des Gesund­heits­di­en­stes, die die umfassende Nov­el­lierung der MPBe­treibV zum 01.01.2017 wahrgenom­men und ihre Organ­i­sa­tion im Hin­blick auf die Pflicht­en angepasst haben, wer­den durch die MDR und die neuen Regel­w­erke nur ger­ingfügige Verän­derun­gen wahrnehmen. Zu den bere­its seit 2017 hinzugekomme­nen Pflicht­en gehören der „Beauf­tragte für Medi­z­in­pro­duk­tesicher­heit“ nach § 6 MPBe­treibV sowie deren geforderte Veröf­fentlichung der E‑Mail-Adresse auf der Unternehmens-homepage.

Die meis­ten Verän­derun­gen betr­e­f­fen die Anknüp­fung der MPBe­treibV an die MDR, MPDG und die neue MPAMIV. Ins­ge­samt ergeben sich rein aus der MPBe­treibV keine neuen Pflicht­en, noch der Weg­fall der bish­er beste­hen­den Pflicht­en.

Die für die Zukun­ft zu erwartenden Änderun­gen betr­e­f­fen die MPBe­treibV selb­st. Zukün­ftig wird der Rück­ver­fol­gbarkeit von Medi­z­in­pro­duk­ten anhand eines Sys­tems der ein­ma­li­gen Pro­duk­tken­nung „UDI-Sys­tem“ (Unique Device Iden­ti­fi­ca­tion Sys­tem) auf dem Pro­dukt selb­st oder sein­er Ver­pack­ung eine große Bedeu­tung zukommen.

Nahe­liegend wird dieses UDI-Sys­tem in das vom Betreiber geführte Bestandsverze­ich­nis oder bei der Meldepflicht von „man­gel­haften“ Medi­z­in­pro­duk­ten Einzug halten.

Für die Zukun­ft sind somit Entwick­lun­gen abse­hbar, die eine Anpas­sung der MPBe­treibV notwendig machen.

4. MPAMIV – Medi­z­in­pro­duk­te-Anwen­der­melde- und Informations-verordnung

Die MPAMIV regelt unter anderem die Mel­dung von „mut­maßlichen schw­er­wiegen­den Vorkomm­nis­sen“ neu und erset­zt die bish­erige Medi­z­in­pro­duk­te-Sicher­heit­s­plan­verord­nung, kurz MPSV, vollständig.

Dabei ist unter einem „mut­maßlichen schw­er­wiegen­den Vorkomm­nis“ vere­in­facht eine betriebliche Sit­u­a­tion im Zusam­men­hang mit einem Medi­z­in­pro­dukt zu ver­ste­hen, bei dem Patien­ten, Beschäftigte oder Dritte zu Schaden hät­ten kom­men kön­nen, dies schließt „Anwen­dungs­fehler auf­grund ergonomis­ch­er Merk­male oder ein­er Unzulänglichkeit der vom Her­steller bere­it­gestell­ten Infor­ma­tio­nen“ mit ein.

Im Hin­blick auf die „mut­maßlichen schw­er­wiegen­den Vorkomm­nisse“ lässt sich die Kom­plex­ität und Verzah­nung des gesamten Regel­w­erkes im Medi­z­in­pro­duk­terecht aufzeigen (siehe Abb. 2). Während die MPAMIV in § 3 die Meldepflicht­en von „mut­maßlichen schw­er­wiegen­den Vorkomm­nis­sen“ gegenüber Betreibern und Anwen­dern fordert, regelt das MPDG im § 72 eine „Mitwirkungspflicht, sodass Medi­z­in­pro­duk­te, „die im Ver­dacht ste­hen, an einem schw­er­wiegen­den Vorkomm­nis beteiligt zu sein, nicht ver­wor­fen wer­den, bis die Risikobe­w­er­tung der zuständi­gen Bun­des­ober­be­hörde abgeschlossen ist“.

Die Koor­di­na­tion dieser oben genan­nten inner­be­trieblichen Prozesse und Pflicht­en wird wiederum von „Beauf­tragten für Medi­z­in­pro­duk­tesicher­heit“ nach § 6 MPBe­treibV (nicht gle­ichzuset­zen mit den Medi­z­in­pro­duk­te­beauf­tragten) realisiert.

Die nun vor­liegende Beson­der­heit und gle­ichzeit­ige Schwierigkeit ist, dass Betreiber und Anwen­der gewohnt waren, die Pflicht­en im Umgang mit „mut­maßlichen schw­er­wiegen­den Vorkomm­nis­sen“ einzig in der MPSV vorzufind­en. Nach dem Ungültig­w­er­den der MPSV erstreck­en sich nun fast iden­tis­che Inhalte auf die neue MPAMIV und das MPDG.

Fazit

Welche näch­sten Schritte auf­grund der Änderun­gen durch die MDR im Betrieb notwendig und sin­nvoll sind, ist vom bish­eri­gen Umset­zung­stand der Regel­w­erke in die betriebliche Prax­is abhängig. Ist die MPBe­treibV nach ihrer Nov­el­lierung in 2017 im Betrieb umge­set­zt, find­en sich nahezu iden­tis­che Pflicht­en in neuen Regel­w­erken. Ins­ge­samt betra­chtet sind inhaltliche Verän­derun­gen gerin­gen Umfangs für Betreiber und Anwen­der wahrzunehmen. Der zeitliche Anpas­sungsaufwand für Betriebe ist hier­bei über­schaubar, auch wenn die Kom­plex­ität des Regel­w­erkes für die Zukun­ft anspruchsvoller gewor­den ist.

Ist die Umset­zung des vorher bere­its beste­hen­den Regel­w­erkes noch unvoll­ständig oder unzure­ichend im Betrieb erfol­gt, so beste­ht jet­zt erhöhter Hand­lungs­be­darf, Infor­ma­tions- und Qual­i­fika­tions­be­darf der ver­ant­wortlichen Per­so­n­en. Son­st schieben Ein­rich­tun­gen eine große „Bug­welle“ aus alten und neuen Betreiber- und Anwen­derpflicht­en vor sich her und der Durch­blick fällt zunehmend schwer.

Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und Betrieb­särzte, welche die Branchen des Gesund­heitswe­sens wie Arzt­prax­en, Kranken­häuser, Altenpflege­heime nach Arbeitssicher­heits­ge­setz und DGUV Vorschrift 2 betreuen und berat­en, kön­nten den Unternehmer im Arbeitss­chutzauss­chuss zu den Neuerun­gen im Medi­z­in­pro­duk­terecht informieren, die Umset­zung im eige­nen Betrieb mit medi­zinis­chen Fachkräften über­prüfen und Hand­lungs­be­darf ableiten.

Fern­er wäre eine Weit­erqual­i­fika­tion von Per­so­n­en mit der Ver­ant­wor­tung der Betreiberpflicht­en für Medi­z­in­pro­duk­te denkbar. Diese bietet beispiel­sweise das Sem­i­nar „Medi­z­in­pro­duk­te sich­er betreiben und anwen­den“ der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW). Mehr dazu auf www.bgw-online.de mit dem Sem­i­narkürzel „W10“ im Suchfeld.

Für die Zukun­ft bleibt es span­nend, welche weit­eren Verän­derun­gen durch die MDR Auswirkung auf die rel­e­van­ten Regel­w­erke für Betreiber und Anwen­der haben.


Foto: privat

Autor: Dipl.-Ing. Michael Kowatzky

Auf­sichtsper­son bei der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW)

E‑Mail: michael.kowatzky@bgw-online.de

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