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Komplexe Risiken für Unternehmen

Vielfältige Herausforderungen
Was weit weg erscheint, ist als Risiko schwierig zu handhaben

Was weit weg erscheint, ist als Risiko schwierig zu handhaben
Foto: © Menyhert – stock.adobe.com
Risiken gehören zum nor­malen Leben und Wirtschaften dazu. Doch zunehmend kom­plexere Risiken stellen uns alle vor sehr hohe Her­aus­forderun­gen. Dies haben die Coro­n­a­pan­demie, diverse Cyber­crime-Attack­en, Liefer­ket­ten­prob­leme und auch die Flutkatas­tro­phe im Juli 2021 in Rhein­land-Pfalz und Nor­drhein-West­falen sehr deut­lich gemacht. Und dann gibt es ja auch noch den Kli­mawan­del und das Arten­ster­ben, die jet­zt schon teils mas­sive konkrete Auswirkun­gen haben. Was sollen und kön­nen Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen tun? Dazu befragte Sicher­heitsin­ge­nieur Sebas­t­ian Zueche, einen langjähri­gen und erfahre­nen Experten für Sicherheits‑, Risiko- und Krisenmanagement.

Herr Zueche, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an die ver­gan­genen 20 Monate denken?

Die ver­gan­genen 20 Monate sind durch die Coro­n­a­pan­demie geprägt und deren Auswirkun­gen auf das soziale Leben, die Gesellschaft all­ge­mein, als auch auf die Fol­gen für Unternehmen, Organ­i­sa­tio­nen und deren Mitar­bei­t­ende. Diese Zeit wurde auch bes­timmt durch einen unre­al­is­tis­chen Opti­mis­mus im Sinne eines „Mir/Uns wird schon nichts passieren“ sowiedurch eine Kon­trol­lil­lu­sion, dass wir alles im Griff haben. Lei­der hat uns das Coro­n­avirus eines Besseren belehrt. Immer wieder musste ich auch lesen, dass Coro­na ein „schwarz­er Schwan“ sei. Dies ist es defin­i­tiv nicht gewe­sen! Wir waren nur nicht vorbereitet.

Aus Unternehmenssicht gab es in dieser Hin­sicht sehr viel Arbeit, begin­nend mit dem Hochfahren der IT-Kapaz­itäten, Umstellen auf Remote Work, Anpas­sung von Geschäft­sprozessen, dem Vorantreiben der Trans­for­ma­tion, ständi­ger inhaltlich­er und defin­i­torisch­er Änderun­gen von Bun­des- und Lan­desverord­nun­gen und deren Umset­zung in die betriebliche Prax­is sowie den Erwartun­gen ein­er schnellen Rück­kehr zur Nor­mal­ität. Und dieses sind nur einige Punk­te aus ein­er Vielzahl von Herausforderungen.

Und welche Gedanken haben Sie, wenn Sie an die kom­menden 20 Jahre denken?

Die vor uns liegen­den 20 Jahre wer­den geprägt sein durch den Umgang mit dem Kli­mawan­del sowie die Umset­zung von gesamt­ge­sellschaftlichen Maß­nah­men und unternehmerischen Schrit­ten, um das 1,5‑Grad-Celsius-Ziel zu erre­ichen. Das wird anstren­gend genug wer­den. Es wer­den auf jeden Fall span­nende Jahre wer­den, auch aus Unternehmenssicht.

SARS-CoV­‑2 hat viele Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen ja eiskalt erwis­cht. Und das, obwohl Fach­leute – und nicht nur Bill Gates – seit Jahren vor ein­er Pan­demie warn­ten. Wie naiv sind viele in Bezug auf abstrak­te bedeut­same Risiken?

Ich würde nicht von naiv sprechen, da die Risikowahrnehmung immer sehr indi­vidu­ell ist und Verz­er­rungsef­fek­ten unter­liegt. Abstrak­te Risiken wie der Kli­mawan­del oder Cyber­crime sind hier­bei die besten Beispiele. Was uns weit weg erscheint und von dem wir uns wed­er bedro­ht noch per­sön­lich betrof­fen fühlen, ist als Risiko immer schwierig zu hand­haben. Wenn wir uns aber bedro­ht fühlen oder per­sön­lich betrof­fen sind, wer­den wir dieses Risiko als sehr hoch ein­stufen, obwohl die Ein­trittswahrschein­lichkeit im Promille­bere­ich liegt. Die Wahrheit liegt häu­fig dazwis­chen. Aus diesem Grund ist es immer empfehlenswert, sich mehrere Mei­n­un­gen einzu­holen und diese mit Dat­en und Fak­ten zu belegen.

Das ist das soge­nan­nte Risikopara­dox­on. Zudem ver­trauen Men­schen eher ihrer Intu­ition, wenn es um kom­plexe Sit­u­a­tio­nen geht und zwis­chen Ursache und Wirkung mehrere Schritte und Rück­kop­plungsef­fek­te liegen. Die Diskus­sion um die Hochwasserkatas­tro­phe im Ahrtal zeigt dies sehr gut. War es nun ein Hochwass­er, wie es in 100 Jahren ein­mal vorkommt oder ist es eine direk­te Auswirkung des Kli­mawan­dels? Ich lasse die Frage mal unbeant­wortet so ste­hen. Nicht alles, was zum „schwarzen Schwan“ erk­lärt wird, ist es auch.

Wie kann die Risikokom­pe­tenz von Men­schen, Unternehmen, Organ­i­sa­tio­nen und auch der Poli­tik gesteigert werden?

Risikokom­pe­tenz als Fähigkeit, Risiken und Chan­cen real­is­tisch einzuschätzen, beruht sehr stark auf Erfahrun­gen und Wis­sen. Zudem haben Stu­di­en gezeigt, dass je höher der Bil­dungs­grad, desto höher auch die Risikokom­pe­tenz. Und genau dort liegen auch die Hebel. Zum einen soll­ten die Men­schen adäquat, ver­ständlich und valide informiert wer­den und zum anderen sollte die Eigen­ver­ant­wor­tung im Umgang mit Risiken jedes Einzel­nen gestärkt wer­den. Dazu zählt, sein eigenes Wis­sen und Kön­nen real­is­tisch einzuschätzen, strate­gisch zu denken, aber auch Zahlen und Infor­ma­tio­nen kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Deshalb ist es auch eine staatliche Auf­gabe, diese Zahlen und Fak­ten zur Ver­fü­gung zu stellen und bere­its in der Schule an die Schü­lerin­nen und Schüler zu adressieren. Ein ander­er Punkt ist das Wis­sen im Bere­ich Sto­chastik. Wis­senslück­en in diesem Bere­ich lassen Men­schen immer wieder Fehlschlüsse ziehen. Da sollte bere­its in der Schule darauf einge­gan­gen wer­den. Die Risikoe­in­stel­lung sprich die Bere­itschaft, Risiken einzuge­hen, ist dabei ein nicht zu ver­nach­läs­si­gen­der Aspekt. Ein risikoaver­siv­er Men­sch wird dazu neigen, eher Risiken zu ver­mei­den, während ein risikofreudi­ger Men­sch eher bere­it ist, höhere Risiken in Kauf zu nehmen. Dies gilt auch für Unternehmen, Organ­i­sa­tio­nen und die Politik.

Ein Schritt hin zu mehr Risikokom­pe­tenz ist es auch, sich der Verz­er­rungsef­fek­te bewusst zu sein und vor allem, die sub­jek­tiv­en Ein­trittswahrschein­lichkeit­en nicht den objek­tiv­en vorzuziehen oder diese sog­ar miteinan­der zu ver­wech­seln. Sel­tene Ereignisse, die als eine starke per­sön­liche Bedro­hung wahrgenom­men wer­den und medi­en­wirk­sam sind, wer­den in ihrer Ein­trittswahrschein­lichkeit immer über­schätzt und häu­fige Ereignisse nicht medi­aler Natur kon­se­quent unter­schätzt. Ein Ter­ro­ran­schlag wird beispiel­sweise von Laien um den Fak­tor 30 über­schätzt, wohinge­gen ein Woh­nungs­brand um den Fak­tor 350 unter­schätzt wird. Dies bedeutet, sich mit wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen als auch mit Dat­en und Fak­ten aus unter­schiedlichen ser­iösen Quellen auseinan­derzuset­zen, um ein Gesamt­bild zu erhal­ten. Die aktuelle Coro­n­a­sit­u­a­tion zeigt auf, wie schnell Men­schen Ver­schwörungs­the­o­rien oder Fake News Glauben schenken.

Dass eine Pan­demiepla­nung aktuell und zukün­ftig nötig ist, das dürften die aller­meis­ten ja mit­tler­weile ver­standen haben – und dass auch die näch­ste Pan­demie kom­men wird, wann auch immer. Liefer­ket­ten­prob­leme, Energiev­er­sorgung, Cyber­crime und weit­ere Risiken sind mit­tler­weile stärk­er im Bewusst­sein angekom­men. Doch wie sieht es mit dem Bewusst­sein für die Risiken durch den Kli­mawan­del aus? Und welche sind das?

Das Bewusst­sein sollte mit­tler­weile vorhan­den sein. Das Prob­lem mit dem Kli­mawan­del ist der zeitliche Hor­i­zont. Ein Beispiel: Nach aktuellen wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen wer­den die Alpen im Jahr 2100 so gut wie schneefrei sein. Dies hat sehr große Auswirkun­gen auf die Wirtschaft, wie beispiel­sweise den Touris­mus, die Trinkwasserver­sorgung, aber auch auf das gesamte Ökosys­tem der Alpen- und Alpenan­rain­er­staat­en. Wir reden hier also von einem Ereig­nis, dessen voll­ständi­ge Auswirkun­gen erst in cir­ca 80 Jahren sicht­bar sein wer­den. Das bet­rifft also unsere Ur- und Ururenkel­gen­er­a­tion und fördert nicht ger­ade ein pro-aktives Han­deln von Unternehmen und Politik.

Die Risiken sind dabei sehr unter­schiedlich. Von Hochwasserkatas­tro­phen, Über­schwem­mungen und Sturzfluten über zunehmende und heftigere Wirbel­stürme, Win­ter­stürme, extreme Wet­ter­la­gen wie starke Gewit­ter, Hagel und Tor­na­dos bis hin zu Megafeuern und Dür­ren sowie Hitzewellen und damit ein­herge­hende Verk­nap­pung von Trinkwass­er. Momen­tan kön­nen wir bere­its weltweit erste Auswirkun­gen sehen und diese Risiken wer­den in den kom­menden Jahren und Jahrzehn­ten steigen, sofern es uns nicht gelingt, den Kli­mawan­del zu verlangsamen.

Die glob­ale Bedro­hung der Bio­di­ver­sität sind in ihren Fol­gen für uns kaum abzuse­hen. Und diese Bedro­hung ist in der Wahrnehmung der meis­ten Men­schen noch gar nicht wirk­lich angekom­men. Auch nicht in der Wahrnehmung von Unternehmen und Organisationen?

Ich gehe per­sön­lich schon davon aus, dass sehr viele Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen sich dessen bewusst sind. Durch Whistle­blow­er und veröf­fentlichte Gericht­sun­ter­la­gen wis­sen wir heutzu­tage, dass Min­er­alölkonz­erne wie Exxon­Mo­bil, Shell und BP von der Gefahr der Kli­makrise seit Jahrzehn­ten wussten. Das Unternehmen Total hat­te bere­its seit 1971 von der ökol­o­gis­chen Schädlichkeit der Explo­ration als auch ihrer Pro­duk­te sowie der daraus entste­hen­den Erder­wär­mung Ken­nt­nis gehabt. Passiert ist nichts. Die Elek­tro­mo­bil­ität ist nur eine Brück­en­tech­nolo­gie und wird trotz­dem als Zukun­ft­stech­nolo­gie verkauft, obwohl die Rohstof­fgewin­nung für die Bat­te­rien sowie die Entsorgung höchst beden­klich sind. Das wis­sen die Unternehmen, aber Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten wollen es so haben. Solange es keinen Druck seit­ens der Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten oder des Geset­zge­bers gibt, diese Prob­leme zu lösen, wird es zu kein­er Änderung kommen.

Ste­hen auch Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen in der Ver­ant­wor­tung für die Risiken, die sich aus dem Arten­ster­ben ergeben?

Die Ver­ant­wor­tung für den Schutz und Erhalt unseres Plan­eten obliegt allen Men­schen. Dazu gehören auch die Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen. Ein „Weit­er­so“ darf es eigentlich nicht mehr geben. Arten­ster­ben bedeutet auch, dass sich die Men­schheit langfristig ihr eigenes Grab schaufelt. Al Gore sagte ein­mal so tre­f­fend: „Haben wir keinen Plan­eten mehr, geht es der Wirtschaft nicht gut.“ James Hansen, ehe­ma­liger Direk­tor des God­dard-Insti­tuts für Wel­traum­stu­di­en der NASA, berech­nete, die Energie, die durch die vom Men­schen verur­sachte glob­ale Erwär­mung zusät­zlich in die Atmo­sphäre abgegeben wurde, „…entspricht der Explo­sion von 600.000 Atom­bomben der ersten Gen­er­a­tion pro Tag an 365 Tagen im Jahr“. Das sollte uns zu denken geben. Das Ergeb­nis ist die steigende glob­ale Erwär­mung, an der auch Unternehmen einen entschei­den­den Ein­fluss haben. Dieser Ver­ant­wor­tung müssen sich die Unternehmensin­hab­er und Konz­ern­lenker bewusst sein und danach han­deln. Wenn sich die Jahres­boni aber nur an reinen betrieb­swirtschaftlichen Kenn­zahlen ori­en­tieren und nicht an ökol­o­gis­chen, wird sich im Ver­hal­ten nicht viel ändern.

Und was kön­nen und soll­ten Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen tun, um ihrer Ver­ant­wor­tung dafür gerecht zu werden?

Trans­parenz und ehrliche Kom­mu­nika­tion sind wichtige Schritte in die richtige Rich­tung, um Stake­hold­ern, Inve­storen, Kon­sumenten sowie anderen Inter­es­sen­grup­pen eine Über­sicht über die klimabe­d­ingten Risiken des Geschäfts­be­triebs und die Reak­tion des Unternehmens auf den Kli­mawan­del zu geben. Hier­bei muss ein­deutig erkennbar sein, wie das Unternehmen auf die Risiken reagiert und welche Maß­nah­men umge­set­zt wer­den oder zukün­ftig real­isiert wer­den sollen. Unter anderem kann dies Kenn­zahlen zur Emis­sion­sre­duzierung im Sinne des Paris­er Kli­maabkom­mens bein­hal­ten, die jährliche Steigerung der Energieef­fizienz – zum Beispiel durch ener­getis­che Sanierung oder Umset­zung neuester Niedri­gen­ergi­e­s­tandards bei Neubaut­en –, Ein­satz energieef­fizien­ter­er Tech­nolo­gien, Maschi­nen und Anla­gen, Nutzung erneuer­bar­er Energien, die Entwick­lung kli­mafre­undlich­er Pro­duk­te, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes ent­lang der Sup­ply Chain und der Logis­tik und vieles mehr. Es muss ein ganzheitlich­er Ansatz umge­set­zt wer­den und alle Unternehmen­sprozesse soll­ten dabei analysiert und nach kli­mafre­undlichen Kri­te­rien bew­ertet wer­den. Es darf nicht nur bei Ver­sprechun­gen bleiben, son­dern muss in konkrete Umset­zung münden.

Brauchen Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen eine echte und nach­haltige Suffizienzstrategie?

Eine reine Suf­fizien­zs­trate­gie wird sich in unserem heuti­gen Wirtschaftssys­tem noch nicht durch­set­zen. Lerne verzicht­en, ohne zu verzicht­en, ist leicht gesagt, aber schw­er umzuset­zen. In dieser Diskus­sion müssen natür­lich auch immer die soge­nan­nten Rebound­ef­fek­te betra­chtet wer­den. Wenn etwas heutzu­tage als umwelt- oder kli­mafre­undlich betra­chtet wird, steigt der Kon­sum dieser Pro­duk­te, Waren oder Dien­stleis­tun­gen und macht einen Großteil oder die gesamte Effizien­zsteigerung und den ökol­o­gis­chen Fußab­druck zunichte.

Eine 3R-Strate­gie mit Replace, Reduce, Refine in Verbindung mit Respon­si­bil­i­ty und Respect (gegenüber der Umwelt) ist für mich ein gang­bar­er Weg. Dazu benötigt es aber neben einem bre­it­en gesellschaftlichen Kon­sens auch reg­u­la­torische Vor­gaben seit­ens des Geset­zge­bers. Eine Senkung des Ange­botes oder auch eine Reduzierung des Kon­sums wird zwangsläu­fig zu steigen­den Preisen führen. Und die Frage ist immer, ob End­ver­braucher­i­nenn und End­ver­brauch­er da mit­spie­len. Gute Ansätze gab es im Bere­ich der Shar­ing Econ­o­my, aber lei­der haben sich diese dann immer wieder als „Plat­tformkap­i­tal­is­mus“ herausgestellt.

Krisen- und Not­fall­man­age­ment, Busi­ness Con­ti­nu­ity Man­age­ment usw. Wie sehr und wie soll­ten Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen intern diese The­men höher aufhän­gen und alle Mitar­bei­t­en­den informieren und mehr einbeziehen?

Die Coro­n­a­pan­demie, die Unter­brechung der weltweit­en Liefer­ket­ten durch das Con­tain­er­schiff „Ever Giv­en“ am 23. März 2021 im Suezkanal, weltweite Ran­somware-Attack­en auf Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen, der Chip­man­gel, der Kli­mawan­del usw. soll­ten dem Top-Man­age­ment vor Augen geführt haben, wie wichtig das The­ma Busi­ness Con­ti­nu­ity und vor allem wie essen­ziell Not­fall- und Krisen­man­age­ment sind. Das sind keine Lieb­habere­i­the­men, die neben­bei erledigt wer­den kön­nen, son­dern soll­ten oder bess­er müssen so hoch wie möglich in der Hier­ar­chie ange­siedelt und mit allen notwendi­gen Entschei­dungs­befug­nis­sen aus­ges­tat­tet sein. Ein inte­gra­tiv­er Ansatz über alle Unternehmen­sprozesse hin­weg ist dabei empfehlenswert, um nicht als „lieblos­es“ Silo im Organ­i­gramm zu enden.

Die Infor­ma­tion der Mitar­bei­t­en­den hat im Not- und Krisen­fall eine sehr wichtige Bedeu­tung, wobei dies nicht eine „Hof­berichter­stat­tung“ sein sollte. Aktuelle Infor­ma­tio­nen, vor allem in sich dynamisch verän­dern­den Sit­u­a­tio­nen möglichst in Echtzeit weit­erzugeben und einen Aus­tausch mit den Mitar­bei­t­en­den gewährleis­tend, kön­nen somit ein­heitliche Nachricht­enüber­mit­tlun­gen sich­er­stellen und alle Mitar­bei­t­en­den auf einen gle­ichen Ken­nt­nis­stand brin­gen. Dies sorgt auch für Sta­bil­ität und Ver­trauen in die Führung. Wichtig ist in diesem Zusam­men­hang das Üben von Not­fall- und Krisen­szenar­ien, um das Zusam­men­spiel aller im Krisen­man­age­ment beteiligten Per­so­n­en hin­sichtlich Struk­turen, Prozessen, Medi­en­ar­beit, Berichtswe­gen etc. zu trainieren. Denn nichts ist schlim­mer, als wenn es vorher keine fest­gelegten Auf­gaben und Ver­ant­wortlichkeit­en gibt, da im Falle ein­er Krise erst ein­mal häu­fig min­destens der Orientierungs‑, lei­der bei eini­gen Ver­ant­wortlichen der Panikmodus herrscht.

Schon die alten Griechen und deren tragis­che Heldin Kas­san­dra – die zwar immer wieder das Unheil voraus­sah, aber niemals Gehör mit ihren sprich­wörtlichen Kas­san­drarufen fand – the­ma­tisierten Risiken. Fühlten Sie sich auch über die Jahre hin­weg als Kas­san­drarufend­er? Wie gehen Sie und Ihre Kol­legin­nen und Kol­le­gen damit um?

So schlimm ist es zum Glück nicht, aber als Secu­ri­ty- und Krisen­man­ag­er bin ich diese Sit­u­a­tion gewohnt. Es ist aber auch abhängig von der jew­eili­gen Unternehmen­skul­tur. Es gibt Unternehmen, die einen proak­tiv­en Ansatz fahren, während andere wiederum darauf warten, dass erst etwas passieren muss. Risiken müssen trotz­dem regelmäßig an das Top-Man­age­ment adressiert wer­den. Auch wenn ich dies­bezüglich kein Gehör finde, muss ich Risiko­min­imierungsstrate­gien und Maß­nah­men im Rah­men meines Ver­ant­wor­tungs­bere­ich­es erar­beit­en, denn einen Plan zu haben ist bess­er, als einen Plan zu brauchen. Mit diesem Ansatz bin ich bish­er ganz gut zurecht­gekom­men. Selb­stver­ständlich gibt es ab und zu den „Ich habe es euch doch gesagt“-Moment. Das ist dann aber irrel­e­vant. Wichtig ist nur, dass immer alle kom­mu­nika­tiv­en Kanäle offen sind, Dialog­bere­itschaft herrscht und nicht durch per­sön­liche Befind­lichkeit­en block­iert wer­den. Ein regelmäßiger Aus­tausch und die fach­bere­ich­süber­greifende und lösung­sori­en­tierte Diskus­sion sind dabei entschei­dende Bausteine.

Vie­len Dank für Ihre Antworten!

Das Inter­view führte Weigand Naumann.


Foto: privat

Sebas­t­ian Zueche (43) ist Experte für Sicher­heits-/Risiko- und Krisen­man­age­ment und als Secu­ri­ty Man­ag­er des Arbeits­mark­t­ser­vices Öster­re­ich tätig. Seine beru­fliche Lauf­bahn begann er als Mil­itär­polizei-Offizier bei der Bun­deswehr und war dabei unter anderem in Afghanistan und im Sudan/Süd-Sudan tätig. Danach arbeit­ete er als Senior Organ­i­sa­tions- und Prozess­ber­ater für ver­schiedene Unternehmens­ber­atun­gen und die Auto­mo­bilin­dus­trie. Er ist Mit­glied der „Deutschen Gesellschaft für Krisen­man­age­ment e.V.“, des „Zen­trums für Risiko- und Krisen­man­age­ment“ in Öster­re­ich sowie Cli­mate Real­i­ty Leader des von Al Gore gegrün­de­ten Cli­mate Real­i­ty Lead­er­ship Corps.

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