Auf seiner Webseite bekennt sich ArcelorMittal zu dem Sprichwort „Mens sana in corpore sano“ – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten wird bei dem weltweit größten Stahlkocher nicht nur als soziale Verpflichtung, sondern auch als wirtschaftliche Notwendigkeit wahrgenommen. „Innerhalb des Konzerns ist es bei Dacharbeiten immer wieder zu schweren Unfällen gekommen“, sagt Jürgen Letschert, Betriebsleiter der ArcelorMittal Auto Processing Deutschland GmbH in Neuwied und Fachkraft für Arbeitssicherheit. Das führte unternehmensübergreifend zu dem Verbot, ungesichert Arbeiten am Dach vorzunehmen.
Jeder Unfall ist vermeidbar
Der Hersteller von Stahl für die Bau‑, Automobil‑, Verpackungs- und Haushaltswarenindustrie hält jeden Unfall grundsätzlich für vermeidbar. „Hier in Neuwied haben wir ein Flachdach von 28.000 Quadratmetern“, schildert Jürgen Letschert die Situation vor Ort. „Wir arbeiten dort nicht, aber es muss jährlich die Rauch- und Wärmeabzugsanlage geprüft werden. Auch wenn die Dachfolie undicht ist, muss jemand hoch, um den Schaden zu beheben. Die Dachrinne muss gereinigt werden und außerdem kommt der Schornsteinfeger für Messungen.“ Erste Überlegungen führten dazu, dass man bei Nässe nicht mehr aufs Dach steigen durfte. „Doch so waren wir zu wetterabhängig.“
Um Sekuranten für eine Absturzsicherung anzubringen, hätte man erst die Dachfolie aufschneiden müssen. „Das wäre viel zu aufwändig und kostenintensiv gewesen“, so Letschert. Eigentlich gab es nur eine Lösung, und die fand der Betriebsleiter im Internet: Ein freistehendes Geländer rund ums Dach zum kollektiven Schutz. Die Firma Kee Safety hatte das entsprechende Angebot. Wenige Wochen später war das fast ein Kilometer lange Geländer an der Dachkante aufgebaut. Die eigentliche Installation dauerte nur vier Tage. Türen werden nicht benötigt, weil der Aufstieg von innen erfolgt.
Ausblick mit gutem Gefühl
Angeboten wurde diese freistehende Absturzsicherung als Alternative für fest montierte Systeme. Sie erfüllt alle rechtlichen Anforderungen und wird ohne Schweißarbeiten, Verankerungen und Bohrlöcher aufgebaut. Die Dachmembrane bleibt unbeschädigt. Die Halterung und Fixierung erfolgt durch Gegengewichte, unter die zum Schutz der Dachfolie Matten gelegt werden.
Für diese Art der Absturzsicherung bedarf es keiner Schulung oder Unterweisung: „Sie gibt einem bereits beim Betreten des Daches ein sicheres Gefühl, das man auch nicht verliert, wenn man mal an die Dachkante geht. Das bestätigt uns jeder, der das Dach bis heute betreten hat“, so Letschert. Die nötigen Arbeiten auf dem Dach neben den Lichtkuppeln werden mit einem eigenen mobilen Individual-System ausgeführt, an dem sich die Beschäftigten direkt mit ihrer PSA gegen Absturz (PSAgA) anschlagen können. „Wenn man so nur einen Unfall verhindern kann, dann hat sich die Investition auf jeden Fall gelohnt“, hebt Jürgen Letschert hervor.
Null-Unfall-Kultur für
35.000 Mitarbeiter
Auch für die Westfälischen Lebensmittelwerke Lindemann GmbH & Co. KG ist es selbstverständlich, sich nachhaltig für die Sicherheit der rund 150 Beschäftigten einzusetzen. Das Unternehmen beliefert seit über 100 Jahren Backhandwerk und Industrie mit Margarine, Fetten, Ölen und Trockenbackmischungen und wurde von der Bunge Gruppe übernommen. Ausdrückliches Ziel der Gruppe ist eine Null-Unfall-Kultur für die weltweit 35.000 Mitarbeiter in 40 Ländern. „Keine Tätigkeit ist so wichtig oder dringend, dass sie nicht auch sicher durchgeführt werden kann“, erklärt das Unternehmen auf seiner Webseite.
Dass dieses Sicherheitsprinzip auch gelebt wird, zeigte sich schon kurz nach der Übernahme von Lindemann. „Wir waren im Bereich Arbeitssicherheit schon vorher sehr gut aufgestellt“, sagt Björn Strahl, der sich bei der Integration von Bunge und Lindemann in Vollzeit für die Arbeitssicherheit einsetzt. Verbesserungsbedarf wurde allerdings bei den Dächern festgestellt. Hierbei wurden alle Flach- und Kuppeldächer bewertet. Bislang gab es noch keinen Kollektivschutz für Beschäftigte, die sich auf den acht Flachdächern des Firmensitzes im ostwestfälischen Bünde um die Wartung, Reinigung und Reparatur von Aggregaten, Feuerschutz und Rauchabzugskuppeln kümmern. Bestimmte Aggregate müssen täglich kontrolliert und gewartet werden.
Auch der Bunge-Konzern, der alle vier deutschen Standorte in Bünde, Hilter, Neuss und Mannheim mit Absturzsicherungen auf den Flachdächern ausrüsten wollte, holte Kee Safety ins Boot. Die meisten Dächer der vier Standorte sind nun über abgeschlossene Steigleitern mit Rückenschutz zu erreichen. An den Aufstiegen gibt es jeweils eine selbstschließende Tür (Kee Gate). Auf dem Kuppeldach wurde das Life-Line-System des Herstellers installiert. Es ermöglicht zwei Personen, Wartungsarbeiten an Rauchabzügen vorzunehmen, ohne sich umschlagen zu müssen. „Die Geländer sind schon von weitem sichtbar und werden sehr positiv wahrgenommen“, resümiert Björn Strahl.
Drei Fragen an …
… Sven Hess, Geschäftsführer Kee Safety.
Herr Hess, in welchen Branchen bieten Sie Lösungen an?
Vor allem in Industrie‑, Handwerks- und Montagebetrieben, dem technischen Großhandel sowie dem Stahlbau. Planer, Architekten und Bauingenieure setzen unsere Sicherheitslösungen ebenfalls ein.
Gibt es individuelle Lösungen?
Jede Lösung und jedes System wird individuell zusammengestellt, basiert aber auf modularen Bauteilen, nämlich den Rohrverbindern. Sie ermöglichen auch die Konstruktion anderer Module wie unserer selbstschließenden Sicherheitstür.
Welche Rolle spielt die Wartung?
Beim Kollektivschutz entfällt vom Gesetzgeber eine jährliche Wartung, wie sie beispielsweise bei Seilsystemen Pflicht ist. Allerdings empfehlen wir eine jährliche Sichtprüfung durch eine fachkundige Person.
Unternehmen im Porträt
ArcelorMittal ist ein internationales Stahl- und Bergbauunternehmen (Produktionsvolumen circa 95 Millionen Tonnen Rohstahl) mit Sitz in Luxemburg. Von den rund 200.000 Beschäftigten arbeiten 8.000 in Deutschland an insgesamt vier Standorten mit Rohstahlerzeugung sowie in 28 Stahlservice-Centern beziehungsweise an Standorten im Stahlhandel.
Lindemann versteht sich als führendes Produktionsunternehmen für die Backbranche, Gastronomie und Industrie. Das Unternehmen gehört zur Bunge-Gruppe, einem der weltweit größten Handels- und Verarbeitungsunternehmen in der Agrar- und Lebensmittelproduktion mit Firmensitz in New York.