Für viele Bereiche gibt es zur PSA (noch) keine Alternative. Denken wir an den Industrieschutzhelm oder S3-Sicherheitsschuhe auf Baustellen, die Schutzkleidung und Pressluftatmer für Feuerwehrleute oder an die Warnkleidung der Polizei im öffentlichen Straßenverkehr. Bereits durch die einfache Frage der Betroffenen „Und wer bezahlt´s?“ erfahren wir in der Regel schon, dass im konkreten Fall
- die PSA, über die gerade diskutiert wird, im beruflichen Bereich eingesetzt werden soll und
- dass es wohl vordergründig um die lästige Pflicht geht, PSA zu benutzen und nicht darum, sich zu schützen, wo höherwertige Maßnahmen nicht umsetzbar sind.
So selbstverständlich, wie es eine der Arbeitgeberpflichten ist, notwendige geeignete PSA für die Beschäftigten zur Verfügung zu stellen, zeigt die Erfahrung auch, dass im privaten Umfeld das Beste oft gerade gut genug ist, wenn es darum geht, sich in der Freizeit – also im privaten Umfeld – zu schützen. Eine Chance, die es zu nutzen gilt.
Sicher – rund um die Uhr
Sie begegnen uns immer wieder und zwischenzeitlich auch fast überall im täglichen Leben – Radfahrer mit Fahrradhelm und Warnweste, Skifahrer mit Helm und Skibrille, Inline-Skater mit Helm und Protektoren, Hobbygärtner mit Schutzhandschuhen. Diese Aufzählung ließe sich problemlos fortsetzen. Und das Besondere: In keiner Vorschrift und in keinem Gesetz gibt es hierfür eine Pflicht. Es sind Menschen, die zumeist in ihrem privaten Umfeld für sich entschieden haben, sich oder auch ihre Kinder durch die Benutzung von PSA zu schützen. Was hier scheinbar problemlos funktioniert, bereitet uns im betrieblichen Alltag oft Kopfzerbrechen und stellt uns vor scheinbar unüberwindbare Hürden.
Folgerichtig fragen wir uns: „Warum ist das so?“ und „Was müssen wir im betrieblichen Kontext ändern, um das zu erreichen, was im Privaten ganz selbstverständlich scheint?“. Die Grundidee einer Lösung fokussiert in zwei Hauptrichtungen. Die größere der beiden Herausforderungen verbirgt sich hinter dem Begriff Verhaltensprävention und damit der Auflösung der gedanklichen Schranken zwischen privaten und einem beruflichen Schutzbedürfnis der Menschen. Sicherheit und Gesundheit müssen in den Köpfen der Menschen so selbstverständlich sein, wie Essen, Trinken und Schlafen. Genau hier greift die zweite Komponente, die ganz besonders in beruflichen Zusammenhang zu betrachten ist und sich hinter der Frage verbirgt: „Sieht mein Chef das genauso, oder stellt er mir nur PSA zur Verfügung, weil es im Gesetz gefordert – Hauptsache irgendetwas und Hauptsache billig?“ Bekannt ist, dass man beispielsweise in den skandinavischen Ländern hier deutlich weiter ist. So gilt es als Selbstverständnis unter allen Beteiligten, dass gute PSA bereitgestellt und diese auch bestimmungsgemäß benutzt wird.
PSA der Zukunft
Persönliche Schutzausrüstungen sind heute und auch auf mittlere Sicht aus unserem Leben nicht wegzudenken. Wenn wir deren Akzeptanz ganz besonders im beruflichen Kontext erhöhen wollen, müssen wir den Weg der letzten zwanzig Jahre konsequent weiterverfolgen und den Mehrwert der PSA noch sichtbarer machen als bisher und deren Komfort weiter erhöhen. Arbeiten und Industrie 4.0 zeigen bereits heute die Richtung notwendiger Entwicklungen. Die PSA der Zukunft wird intelligent vernetzt sein (smart ppe), mit anderen Systemen interagieren und so nicht nur ein deutlich erhöhtes Schutzniveau erreichen (können), sondern auch notwendige Informationen ort- und zeitgerecht bereitstellen. Bereits seit einigen Jahren ist es möglich, über Sensoren in der PSA unter anderem die Vitalfunktionen von Feuerwehrleuten bei der Brandbekämpfung zu überwachen, um Belastungsgrenzen zu erkennen und im Notfall eingreifen zu können. Andere Systeme verknüpfen PSA mit Annäherungssensoren bei kollaborierenden Mensch-Maschine-Systemen in der Produktion. Eine Vielzahl von Lösungen ist bereits auf dem Markt verfügbar, und dennoch stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung.
Auch für den Einsatz von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Baustellen arbeitet man bereits intensiv an Lösungen, um einen im Arbeitsprozess notwendigen Aufenthalt von Beschäftigten im Gefahrenbereich sicher zu gestalten. Aktuelle Lösungsansätze bauen auf eine sinnvolle Verknüpfung von Zutrittskontrollen über PSA-getragene Sensoren und deren Interaktion mit Sensoren an den Maschinen, die aktiv in die Maschinensteuerung eingreifen. Die Herausforderung hierbei ist die Definition und Normung von Performance-Leveln, die den Unterschied zukünftiger Lösungen zu bereits verfügbaren Assistenzsystemen ausmachen. Sicher kann man mit dem Blick in die Zukunft Parallelen zur Entwicklung unserer heutigen Smartphones ziehen. Vor etwa 30 Jahren wurden Mobiltelefone für den Massenmarkt erschwinglich und kaum jemand hat erahnen können, dass uns mit dem Hochleistungsrechner in unseren Hosen‑, Jacken- und Handtaschen heute die Welt zu Füßen liegt – ach ja: und telefonieren kann man mit diesem „Ding“ übrigens auch noch.
Fazit
Die Herausforderungen auf diesem Weg sind groß. Denken wir hierbei an die Normung oder an die Prüfung und Zertifizierung, aber auch an die Daten und Manipulationssicherheit der Systeme. Die Expertinnen und Experten arbeiten intensiv daran, die sich daraus ergebenden komplexen Anforderungen zu systematisieren und Lösungsansätze zu entwickeln und abzustimmen, die den Erfordernissen an sichere PSA in einer globalisierten Welt gerecht werden. Für diese Lösungen müssen wir alle bereit sein umzudenken und gewohnte Wege zu verlassen.
1 Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 (BGBl. I
S. 1246), das zuletzt durch Artikel 113 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist
Autor: Prof. Frank Werner
Leiter des Fachbereichs
Persönliche Schutzausrüstungen
der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (DGUV),
stellv. Hauptabteilungsleiter
Prävention der BG BAU