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Diversität und systematischer Arbeitsschutz – Chancen und Grenzen

Safe System of Work
Diversität und systematischer Arbeitsschutz – Chancen und Grenzen

Diver­sität – also Vielfalt – ist für viele Fach­leute im Arbeits- und Gesund­heitss­chutz nur eine neue Mode. Dieser Beitrag zeigt Chan­cen und Gren­zen von Diver­sität auf. Als Beispiel wur­den Großbaustellen im Anla­gen­bau gewählt, die im Arbeits- und Gesund­heitss­chutz einen sys­tem­a­tis­chen Ansatz verfolgen.

Ralf Hammes­fahr, Dr. Rein­hard Obermaier

Sprache, Kul­tur, Aus­bil­dung, Geschlecht, Beruf­ser­fahrun­gen, Alter, physis­che und psy­chis­che Belast­barkeit sowie andere Aspek­te von Diver­sität sind auf Baustellen, bed­ingt durch die dor­tige Arbeit­steilung, auf den ersten Blick kein The­ma. Jed­er ist spezial­isiert auf sein Gew­erk. Will man aber alle beteiligten Auf­trag­nehmer und Beschäftigten dazu brin­gen, im Arbeitss­chutz „an einem Strang“ zu ziehen, ist die Berück­sich­ti­gung von Aspek­ten der Diver­sität ein Erfol­gs­fak­tor. Die Arbeit kann leichter und sicher­er werden.
Safe Sys­tem of Work (SSoW) ist ein von den Autoren ursprünglich für glob­al agierende Unternehmen entwick­el­ter Ansatz mit fünf aufeinan­der auf­bauen­den Schrit­ten (vgl. Abbil­dung 1). Im Fol­gen­den wer­den Beispiele zu Diver­sität in den bei­den Schrit­ten Pla­nung und Kom­mu­nika­tion vorgestellt.
Pla­nung
Basis für sicheres und gesun­des Arbeit­en ist die Pla­nung. Für Großbaustellen sind ein EHS-Plan beziehungsweise eine Baustel­lenord­nung erforder­lich. Darin wer­den die EHS-Anforderun­gen und Ziele for­muliert sowie Wege und Werkzeuge vorgegeben, um diese zu erre­ichen. Weit­ere Ele­mente der Pla­nung sind unter anderem Gefährdungs­beurteilun­gen und Montageanweisungen.
Die EHS-Anforderun­gen und Ziele im EHS-Plan müssen kurz, leicht ver­ständlich sowie ein­deutig for­muliert sein und dür­fen keinen Inter­pre­ta­tion­sspiel-raum zulassen. Im Hin­blick auf Diver­sität ist in Gefährdungs­beurteilun­gen unter anderem der Gefährdungs- und Belas­tungs­fak­tor „Physis­che Belastung/Arbeitsschwere“ zu betra­cht­en. Nicht jed­er Men­sch ver­fügt über die physis­chen Voraus­set­zun­gen, um kör­per­lich schwere Arbeit­en durchzuführen. So sind die Gren­zw­erte bei Heben und Tra­gen sowie Schieben und Ziehen von Las­ten nach der Leit­merk­mal­meth­ode sowohl alters- als auch geschlechts­be­d­ingt. Religiös bed­ingtes Fas­ten wirkt sich tem­porär auf die indi­vidu­elle physis­che Leis­tungs­fähigkeit aus.
Dass auf Baustellen der Ein­satz von Hil­f­s­mit­teln zum Heben und Tra­gen sowie Schieben und Ziehen schwieriger zu real­isieren ist als in einem Pro­duk­tions­be­trieb, liegt in der Natur ein­er Baustelle. Die Arbeitsstätte „Baustelle“ ist, bed­ingt durch den Bau­fortschritt, per­ma­nen­ten Änderun­gen unter­wor­fen. Die Gren­zen der indi­vidu­ellen kör­per­lichen Leis­tungs­fähigkeit sind auch Gren­zen der Diver­sität. Den­noch sind auch durch die demografis­che Entwick­lung und den Fachkräfte­man­gel weit­ere Verbesserun­gen erforder­lich und zu erwarten.
Kom­mu­nika­tion
Kom­mu­nika­tion auf Großbaustellen dient im Wesentlichen dazu, die im Pro­jekt gel­tenden Regeln zu verdeut­lichen und dafür zu sor­gen, dass diese befol­gt wer­den. Sprache, kul­turelle Herkun­ft, Bil­dung, Aus­bil­dung und Erfahrung der involvierten Indi­viduen, unter­schiedliche Sicher­heit­skul­turen beteiligter Fir­men, mit dem Bau­fortschritt ein­herge­hen­der per­ma­nen­ter Wan­del von Gefährdun­gen und Belas­tun­gen sowie Wech­sel­wirkung-en mit anderen Gew­erken erfordern eine zeit­na­he Kom­mu­nika­tion zu Sicher­heit und Gesund­heit im Pro­jekt. Die erfol­gre­iche Teil­nahme an Schu­lun­gen und Train­ings sind die Voraus­set­zung für viele Tätigkeit­en auf Großbaustellen im Anla­gen­bau. Befähi­gun­gen zum Führen von Bau­maschi­nen, zur Benutzung von Per­sön­lichen Schutzaus­rüs­tun­gen (PSA), zum Beispiel PSA gegen Absturz oder Atem­schutz, die Anwen­dung von Ret­tungsmit­teln sowie das Ver­hal­ten in Not­fällen im Pro­jekt müssen vor und während der Pro­jek­t­laufzeit geschult und in prak­tis­chen Übun­gen trainiert werden.
Hier gilt es, Sprach­bar­ri­eren zwis­chen Trainer­in­nen und Train­ern sowie den teil­nehmenden Per­so­n­en zu über­winden. Unter­weisun­gen zu Sicher­heit und Gesund­heit im Pro­jekt müssen die indi­vidu­elle Auf­nah­me­fähigkeit und Aus­bil­dung der Teil­nehmenden berück­sichti­gen. Ein­fache Sprache, Visu­al­isierung und konkrete Bezüge zur Arbeitssi­t­u­a­tion sind geeignete Mit­tel dazu. Wer­den Dol­metscherin­nen und Dol­metsch­er einge­set­zt, kann neben der Sprachkom­pe­tenz auch deren per­sön­liche Beruf­ser­fahrung eine große Rolle für den Erfolg der zu über­mit­tel­nden Botschaften spielen.
Baube­sprechun­gen mit teil­nehmenden Per­so­n­en aus unter­schiedlichen Fach­bere­ichen oder mit unter­schiedlichen Mut­ter­sprachen sind eine nicht zu unter­schätzen­den Her­aus­forderung für die Gespräch­sleitung. Ver­ste­hen sich unter­schiedliche Fakultäten, obwohl sie die gle­iche Mut­ter­sprache sprechen? Missver­ständ­nisse kön­nen zu Fehlern führen. Hil­fre­ich ist es, wenn die Gespräch­sleitung allen Teil­nehmenden eine zusam­men­fassende Doku­men­ta­tion zur Ver­fü­gung stellt, die in ein­er für alle ver­ständlichen Fach- und Lan­dessprache for­muliert ist. Erforder­lichen­falls ist die Doku­men­ta­tion in mehr als ein­er Lan­desprache anzufertigen.
Ein­deutige Informationen
Die tägliche Zusam­me­nar­beit, Koor­di­na-tion, Abstim­mung und Kom­mu­nika­tion unter­schiedlich­er Gew­erke vor Ort erfordert ein­deutige, für alle Beteiligten ver­ständliche Infor­ma­tio­nen. Sicher­heitskennze­ich­nung ist – auch Dank des Glob­al Har­mon­isierten Sys­tems zur Ein­stu­fung und Kennze­ich­nung von Chemikalien (GHS) – inter­na­tion­al ver­ständ-lich. Texte zu Sicher­heitskennze­ich­nun-gen müssen in den Sprachen der Beschäf-tigten aus­ge­führt sein. Die Sper­rung eines Sicher­heits­bere­ichs erfordert neben der physis­chen Sper­rung durch Zaun oder Kette auch die Kennze­ich­nung durch eine ein­deutige Sicher­heitskennze­ich­nung sowie die Angabe der zuständi­gen Ansprech­part­ner und deren Erreichbarkeit.
Bei Teams mit unter­schiedlichen Mut­ter­sprachen ist in punc­to Kom­mu­nika­tion eine verbindliche Regelung zu tre­f­fen. Dazu ein ein­fach­es Beispiel: „Ab“ und „Up“ klin­gen gle­ich. Eine verbindliche Vere­in­barung der Lan­dessprache auf der Baustelle ist zwin­gend notwendig, um beispiel­sweise Missver­ständ­nisse zwis­chen der ein­weisenden und der kran­führen­den Per­son auszuschließen.
Chan­cen und Grenzen
Diver­sität auf Großbaustellen ist im Wesentlichen durch physis­che Leis­tungs­fähigkeit, Herkun­ft, Bil­dung und Sicher­heit­skul­tur der beteiligten Auf­trag­nehmer und deren Beschäftigten geprägt.
Die Her­aus­forderun­gen für die ver­ant­wortlichen Akteurin­nen und Akteure in Sachen Sicher­heit und Gesund­heit – also die Pro­jekt- und Bauleitung sowie deren bera­tende Fach­leute für Arbeits- und Gesund­heitss­chutz – beste­hen darin, die teil­weise sehr unter­schiedlichen und in der Kom­mu­nika­tion manch­mal schwierig zu ver­mit­tel­nden Anforderun­gen in ver­ständlich­er Form verbindlich zu vermitteln.
Physis­che Leis­tungs­fähigkeit und Sprach­bar­ri­eren wer­den auch in den kom­men-den Jahren bei den meis­ten Tätigkeit­en im Anla­gen­bau auf Großbaustellen eine Gren­ze für Diver­sität darstellen. Ein Ansatz wie das Safe Sys­tem of Work ist geeignet, diese Gren­zen zu erken­nen sowie Verbesserun­gen zu find­en und einzuleiten.
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