Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat ihren neuen Jahresbericht 2021 veröffentlicht und dieser zeigt einen Anstieg der meldepflichtigen Arbeitsunfälle im Vergleich zum Vorjahr. Rund 46.000 Meldungen mehr als in 2020 erreichten die Berufsgenossenschaften. Die Entwicklung der Unfallzahlen scheint sich demnach wieder in Richtung der Zeit vor Lockdowns und pandemiebedingter Kurzarbeit zu entwickeln.
Wie sind die von der DGUV veröffentlichten Unfallzahlen einzuordnen?
Allerdings stelle ich mir bereits seit Jahren die Frage, wie ehrlich die offiziellen Unfallzahlen wirklich sind. Hiermit ist an dieser Stelle ausdrücklich nicht die Auswertung der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen gemeint, sondern der Umgang mit Arbeitsunfällen in den Unternehmen. Nicht gerade selten hört man in Gesprächen, dass eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen durch einen spontan geschaffenen Ersatzarbeitsplatz umgangen wurde. Insbesondere wenn die Annahme eines Ersatzarbeitsplatzes durch Druck gegenüber dem Mitarbeiter erreicht wird, ist der Schaden für das Unternehmen durch diesen Ersatzarbeitsplatz viel größer als die eigentliche Meldung des Ereignisses an die Berufsgenossenschaft oder das Auf-Null-Setzen der Unfalltafel an der Toreinfahrt. Die entsprechenden Mitarbeiter bekommen durch ein solches Vorgehen das Gefühl, dass es dem Unternehmen mehr um das eigene Image und BG-Kosten geht als um die schnelle Genesung der eigenen Person. Die Folgen sind der Verlust des Vertrauens in Führungskraft und Unternehmen sowie neue hemmende Glaubenssätze gegenüber dem Arbeitsschutz.
Ich persönlich bin ein großer Freund von ehrlichen Zahlen. Ehrliche Zahlen sind für mich ein Beweis, dass ein Unternehmen entweder bereits eine gute Sicherheitskultur besitzt oder sich auf den Weg dorthin gemacht hat. Ehrliche Zahlen sorgen für Klarheit und Vertrauen – wichtige Faktoren, um Menschen für den Arbeitsschutz zu gewinnen.
Autor:
Stefan Ganzke
Geschäftsführer und Sicherheitskultur-Experte
WandelWerker Consulting GmbH