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Orthopädischer Fußschutz

Orthopädischer Fußschutz
Was ist zu beachten und wer zahlt?

Viele Arbeit­nehmer lei­den unter Fußprob­le­men. Wer­den ihre Sicher­heitss­chuhe orthopädisch angepasst, sind einige Dinge zu beacht­en, etwa der Verzicht auf eigene Ein­la­gen. Für Beschäftigte auch immer inter­es­sant: die Kosten­frage. Darüber sprachen wir mit Ste­fan Tin­trup, Orthopädie-Schuh­mach­er und Indus­triemeis­ter für Schuhtech­nik bei Elten.

Herr Tin­trup, bevor wir uns an die Kosten­frage begeben: Woher weiß ich als Träger, ob ich orthopädis­che Ein­la­gen benötige?

Sobald ich in meinem Schuh Schmerzen ver­spüre, sollte ich unmit­tel­bar einen Orthopä­den auf­suchen. Eine Alter­na­tive sind orthopädis­che Ver­mes­sun­gen, die Fußschutzher­steller ihren Kun­den anbi­eten. Ich besuche für Elten beispiel­sweise regelmäßig Betriebe und ver­messe die Füße der Beschäftigten mit einem speziellen Scan­ner. Anhand der Bilder kann ich erken­nen, ob Fehlstel­lun­gen oder andere Prob­leme vor­liegen. In dem Fall berate ich die Mitar­beit­er und empfehle ihnen entsprechende Maß­nah­men. Oft­mals kön­nen orthopädis­che Ein­la­gen Fehlstel­lun­gen ent­ge­gen­wirken, in manchen Fällen muss der Schuh von einem Orthopädie-Schuh­mach­er zugerichtet wer­den – etwa mit Abroll­hil­fen oder Erhöhun­gen. Den Bedarf festzustellen ist let­ztlich ärztliche Auf­gabe – sei es der Betrieb­sarzt, Orthopäde oder Hausarzt.

Und wer zahlt im Fall, dass eine orthopädis­che Anpas­sung benötigt wird? Der Arbeit­nehmer selbst?

Nein. Für orthopädis­che Zurich­tun­gen und Ein­la­gen gilt generell, dass Krankenkassen die Kosten dafür nur bei Privat‑, nicht aber bei Sicher­heitss­chuhen übernehmen. Hier tritt die geset­zliche Unfal­lver­sicherung ein, sofern eine Fußschädi­gung die Folge eines Arbeit­sun­falls oder ein­er Beruf­skrankheit ist. Hat der Träger min­destens 15 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, zahlt die Renten­ver­sicherung. Andern­falls kommt die Arbeit­sagen­tur in der Regel für die Kosten auf (Anm. d. Red.: siehe Kas­ten Seite 37). Inzwis­chen beteili­gen sich aber auch viele Unternehmen, in Absprache mit dem Sicher­heits­beauf­tragten, selb­st an den Kosten. Aus gutem Grund. Denn Arbeit­ge­ber möcht­en den Krankheit­saus­fall ihrer Mitar­beit­er min­imieren, da dieser beson­ders für kleinere Betriebe wirtschaftliche Ver­luste zur Folge haben kann. Die Über­nahme der Kosten für einen orthopädisch verän­derten Schuh ist für einen Arbeit­ge­ber somit gün­stiger als der Aus­fall eines Angestell­ten für einen län­geren Zeitraum auf­grund ver­let­zter Füße.

An wen muss sich ein Arbeit­er wen­den, und was muss er beachten?

Die Ansprech­part­ner vari­ieren je nach Unternehmen. In manchen Betrieben läuft die Abwick­lung über den Betrieb­sarzt, in manchen über das Gesund­heits­man­age­ment oder den Einkauf. Für den Fall, dass die Renten­ver­sicherung die Kosten für den orthopädis­chen Fußschutz übern­immt, wer­den einige For­mu­la­re benötigt. Dazu zählt etwa der Antrag auf Leis­tun­gen zur Teil­habe für Ver­sicherte, kurz G0100. Neben diesem Reha­bil­i­ta­tion­santrag sind auch die Anlage zum Antrag auf Leis­tun­gen zur Teil­habe am Arbeit­sleben, kurz Beru­fliche Reha­bil­i­ta­tion G0130, und daraus resul­tierende Fol­geanträge erforder­lich. Zudem sind ein Kosten­vo­ran­schlag vom Orthopädie-Schuh­mach­er, ein ärztlich­es Attest und ein Befund­bericht des Facharztes sowie eine Notwendigkeits­bestä­ti­gung vom Arbeit­ge­ber nötig. Darin wird fest­ge­hal­ten, welche Sicher­heit­sklasse und Schuhart benötigt wird – sei es ein Halb­schuh, ein Stiefel oder eine Sandale.

Gibt es Regeln, die bei orthopädis­chen Anpas­sun­gen beachtet wer­den müssen?

Die orthopädis­che Zurich­tung von Sicher­heits- und Beruf­ss­chuhen ist aus ver­sicherung­stech­nis­ch­er Sicht fest geregelt: 2007 wurde die Beruf­sgenossen­schaftliche Regel (BGR) 191 geän­dert und schreibt seit­dem verbindlich vor, wann der Fußschutz auch nach ein­er orthopädis­chen Zurich­tung im Arbeit­sall­t­ag weit­er­ge­tra­gen wer­den darf. Kern der geän­derten BGR 191, die seit 2014 DGUV-Regel 112– 191 heißt: Für jeden orthopädis­chen Fußschutz muss eine Bau­muster­prü­fungs­bescheini­gung vorliegen.

Zur Umset­zung muss der Schuh­her­steller eine Fer­ti­gungsan­weisung konzip­ieren und im Anschluss für das Bau­muster­prüfver­fahren Pro­to­typen des orthopädis­chen Fußschutzes fer­ti­gen – ein zeit- und koste­naufwendi­ges Ver­fahren, denn das Schuh­mod­ell wird nun nicht mehr nur in der reg­ulären Ver­sion ein­er Bau­muster­prü­fung unter­zo­gen. Auch wird es jew­eils geson­dert mit unter­schiedlichen orthopädis­chen Zurich­tun­gen geprüft. So wird zum Beispiel das Mod­ell schrit­tweise mit ver­schiede­nen abgestuften Schuher­höhun­gen im Bal­len­bere­ich, mit eingear­beit­eten Abroll­hil­fen sowie mit diversen Innen- und Außen­ran­der­höhun­gen kon­trol­liert. Aus Per­spek­tive der Prüfnorm han­delt es sich dabei jedes Mal um ein anderes Pro­dukt, das vorgelegt wird und über­prüft wer­den muss, ob es weit­er­hin den Sicher­heit­san­forderun­gen der ein­schlägi­gen Norm EN ISO 20345 gemäß Zer­ti­fikat entspricht.

Und mit ein­er solchen Fer­ti­gungsan­weisung kön­nen die Sicher­heitss­chuhe dann anpasst werden?

Genau. Sie ermöglicht die sachgemäße Umar­beitung der Schuh­mod­elle durch externe Orthopädie-Schuhtech­niker. Bei Elten beispiel­sweise ist ein Großteil der mehr als 300 Sicher­heitss­chuh­mod­elle für eine orthopädis­che Zurich­tung zuge­lassen. Ins­ge­samt gilt: je klein­schrit­tiger das Zer­ti­fizierungsver­fahren, desto größer später das Ange­bot an möglichen Zurich­tungsvari­anten. Und das ist gut für die stets sehr indi­vidu­ellen Fußprob­leme der Träger.

Dür­fen pri­vate Ein­la­gen in Sicher­heitss­chuhen ver­wen­det werden?

Nein, pri­vate Ein­la­gen sind nicht erlaubt. Denn laut DGUV-Regel 112–191 ver­liert der Fußschutz seine Zer­ti­fizierung, wenn er nicht sachgemäß verän­dert wird. Mit dem Ver­lust der Zer­ti­fizierung erlis­cht auch der geset­zliche Unfal­lver­sicherungss­chutz. Wer also in seinen Freizeitschuhen Ein­la­gen trägt und diese ein­fach gegen die Stan­dard­ein­la­gen in seinen Sicher­heitss­chuhen aus­tauscht, muss mit bösen Fol­gen rech­nen. Denn möglicher­weise verklein­ert sich durch die nicht zer­ti­fizierte Ein­lage der Freiraum unter der Zehen­schutzkappe oder der Sicher­heitss­chuh ver­liert seine anti­s­ta­tis­chen Eigen­schaften. Bei einem Unfall kann es dann trotz Fußschutz zu Ver­let­zun­gen kom­men – und die Ver­sicherung zahlt nicht.


Wer trägt in welchem Fall die Kosten für den orthopädischen Fußschutz?

  • Geset­zliche Unfal­lver­sicherungsträger, zum Beispiel Gewerbliche Beruf­sgenossen­schaften: Fußschädi­gung als Folge eines Arbeits- oder Wege­un­falls oder ein­er Berufskrankheit
  • Geset­zliche Renten­ver­sicherung: Erwerb­stätigkeit ist wegen kör­per­lich­er Behin­derung erhe­blich gefährdet oder gemindert und kann durch die Reha­bil­i­ta­tion­sleis­tung erhal­ten wer­den; Beruf­sun­fähigkeit oder Erwerb­sun­fähigkeit kann abgewen­det werden
  • Bun­de­sagen­tur für Arbeit: ange­borene oder erwor­bene Fußbehinderung
  • Träger der beglei­t­en­den Hil­fe im Arbeit­sleben: Anerken­nung als Schwer­be­hin­dert­er; ange­borene oder erwor­bene Fußbehinderung
  • Träger der Sozial­hil­fe: nicht nur vorüberge­hende Fußbehinderung,
    ange­boren oder erworben
  • Träger der Krieg­sopfer­ver­sorgung und ‑für­sorge: Fußschädi­gung durch mil­itärische oder mil­itärähn­liche Dien­stver­rich­tun­gen, durch Krieg­sein­wirkung oder durch Ausübung des Wehr- oder Zivildienstes
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