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In der Rettungskette müssen alle Glieder funktionieren

Betrieblicher Rettungsdienst bei BASF
In der Rettungskette müssen alle Glieder funktionieren

In der Rettungskette müssen alle Glieder funktionieren
Das BASF-Stammwerk in Ludwigshafen am Rhein Foto: BASF SE
Der betriebliche Ret­tungs­di­enst im BASF-Stammw­erk in Lud­wigshafen hat jährlich über 4.000 Not­fall­ein­sätze zu bewälti­gen. Neben Ärzten und Not­fall­san­itätern spie­len auch die rund 6.000 Ers­thelferin­nen und Ers­thelfer eine große Rolle.

Das Stammw­erk der BASF SE stellt mit ein­er Fläche von über zehn Quadratk­ilo­me­tern den größten zusam­men­hän­gen­den Chemiein­dus­triekom­plex der Welt dar. Über 35.000 Mitar­beit­er sind hier beschäftigt, darüber hin­aus hal­ten sich rund 8.000 Fremd­fir­me­nar­beit­er sowie eine große Zahl an Liefer­an­ten und Besuch­ern auf dem Werks­gelände auf. Der in den Medi­en viel beachtete Großschadens­fall vor fast drei Jahren hat gezeigt, wie schnell Unfälle mit tödlichem Aus­gang in einem Chemiew­erk passieren kön­nen. Aber anders als viele Außen­ste­hende ver­muten wür­den, han­delt es sich bei der Mehrzahl der Unfälle nicht um chemis­che Kon­t­a­m­i­na­tio­nen, wie
Dr. Bernd Trauth, Vice Pres­i­dent Cor­po­rate Health Man­age­ment am Stan­dort, weiß: „Häu­fig han­delt es sich um mech­a­nis­che Ver­let­zun­gen, vor allem Arbeits- und Verkehrsun­fälle, nur etwa zehn Prozent davon sind chemiespez­i­fisch. Ein weit­er­er großer Anteil des Ein­satza­ufkom­mens unseres Werk­sret­tungs­di­en­stes sind internistis­che Not­fälle mit einem Anteil von rund 44 Prozent.“

Der Rettungsdienst

Bei der Präven­tion, dem Umgang und der Beherrschung dieser und ander­er Unfal­lur­sachen kann der BASF-Ret­tungs­di­enst mit­tler­weile mehr als sechzig Jahre Erfahrung vor­weisen. In diesen Jahrzehn­ten hat sich am Stan­dort Lud­wigshafen eine Sicher­heitsin­fra­struk­tur her­aus­ge­bildet, die mit der ein­er mit­tel­großen Stadt konkur­ri­eren kann: Neben dem Werkret­tungs­di­enst gehören dazu auch die Werk­feuer­wehr, der Werkschutz sowie die Umweltüberwachung.

Koor­diniert wird der Gesund­heitss­chutz im Werk von der Abteilung Cor­po­rate Health Man­age­ment. Ihre Auf­gabe ist die arbeitsmedi­zinis­che und not­fallmedi­zinis­che Betreu­ung der BASF-Mitar­beit­er in Lud­wigshafen sowie die weltweite Koor­di­na­tion und Revi­sion der Arbeitsmedi­zin in den BASF-Grup­penge­sellschaften. Zu den ins­ge­samt 156 Mitar­beit­ern zählen derzeit 24 Werk­särzte, darunter elf mit der Qual­i­fika­tion „Lei­t­en­der Notarzt“. Der werk­särztlich geleit­ete Ret­tungs­di­enst als Teil dieser Abteilung küm­mert sich um die not­fallmedi­zinis­che Ver­sorgung und den Trans­port akut Erkrank­ter und Ver­let­zter, die Aus­bil­dung der betrieblichen Ers­thelfer sowie die organ­isatorische und logis­tis­che Vor­bere­itung auf mögliche Großschadens­fälle. Von den ins­ge­samt 36 Not­fall­san­itätern im Schicht­di­enst ver­fü­gen zwölf über die Qual­i­fika­tion „Organ­isatorisch­er Leit­er“. Im Schnitt kom­men sie jährlich zu über 4.000 Primärein­sätzen. 2018 beispiel­sweise wur­den neben etwa 5.600 Kranken­trans­porten und son­sti­gen Fahrten 4.301 Not­fall­ein­sätze absolviert, davon rund zehn Prozent mit Notarzt. Dazu ist die Werk­sam­bu­lanz rund um die Uhr beset­zt, an 365 Tagen im Jahr.

Um für Not­fälle im Umgang mit Gefahrstof­fen best­möglich gewapp­net zu sein, sind rund 6.000 der 35.000 Mitar­beit­er am Stan­dort Lud­wigshafen als Ers­thelfer spez­i­fisch geschult. Trauth erk­lärt: „Sie ken­nen die Risiken der Chemie und kön­nen ihren Kol­le­gen im Ern­st­fall schnell helfen. Durch die große Zahl an Ers­thelfern wird gewährleis­tet, dass in jed­er Sit­u­a­tion rasch und effek­tiv Hil­fe geleis­tet wer­den kann. So lassen sich bei Bedarf aus benach­barten Bere­ichen eines Betriebs inner­halb von weni­gen Minuten 30 bis 40 zusät­zliche Kräfte anfordern.“

Chemische Unfälle

Die Unfälle mit chemis­chen Sub­stanzen stellen beson­ders große Her­aus­forderun­gen sowohl an die Ken­nt­nisse des Ret­tungsper­son­als als auch an die per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung und die Ausstat­tung der Ret­tungsmit­tel. Not­fall­san­itäter und Notärzte ver­fü­gen über eine spezielle Schu­lung im Umgang mit Gefahrstof­fen und sind trainiert, Anti­dote1 zu verabre­ichen. Aber auch die Ers­thelfer wer­den spez­i­fisch aus­ge­bildet. Sie wis­sen, wie unter­schiedlich Gefahrstoffe wirken und kön­nen im Ern­st­fall schnell helfen. Beim Man­age­ment von Gefahrstof­fun­fällen müssen spez­i­fis­che Ken­nt­nisse über Dekon­t­a­m­i­na­tion und Behand­lung der Patien­ten bei allen Gliedern der Ret­tungs­kette vorhan­den sein.

Und schließlich wis­sen alle Beschäftigten auf dem Werks­gelände, was zu tun ist, wenn sie selb­st betrof­fen sind. Trauth erläutert: „Unsere Mitar­beit­er haben die Vor­gabe, im Schadens­fall immer unsere Ambu­lanz aufzusuchen. Selb­st wenn beispiel­sweise im Labor nur ein paar Tropfen eines Gefahrstoffs aufs Handge­lenk gelan­gen, erfordert dies immer eine fachgerechte Dekon­t­a­m­i­na­tion und eine ärztliche Begutach­tung und lässt sich nicht mit ‚wird schon nicht so schlimm sein‘ abtun.“ Um die vorhan­de­nen Schutzkonzepte und möglichen Expo­si­tio­nen sich­er überwachen zu kön­nen, nutzt die BASF ein eigenes Labor für Human-Bio­mon­i­tor­ing: So kön­nen im men­schlichen Kör­p­er Gefahrstoffe und deren Abbaupro­duk­te im Zeitver­lauf gemessen werden.

„Human-Bio­mon­i­tor­ing set­zen wir neben der toxikol­o­gis­chen Bew­er­tung von Unfällen ein, um im Rah­men der arbeitsmedi­zinis­chen Vor­sorge oder beglei­t­end zu Betrieb­sab­stel­lun­gen eine Belas­tung mit Gefahrstof­fen frühzeit­ig zu erken­nen beziehungsweise auss­chließen zu kön­nen“, so Trauth. Bei jedem Gefahrstoff wer­den geeignete tech­nis­che, organ­isatorische und per­sön­liche Schutz­maß­nah­men fest­gelegt und geprüft, ob sie durch weniger gefährliche Stoffe erset­zt wer­den kön­nten. Weltweit ein­ma­lig sind die „Medi­zinis­chen Leitlin­ien bei akuten Ein­wirkun­gen von chemis­chen Sub­stanzen“. Sie sind nicht nur für alle Mitar­beit­er von BASF jed­erzeit abruf­bar, son­dern ste­hen auch der Öffentlichkeit auf der Webpräsenz des Unternehmens zur Ver­fü­gung (www.basf.com/arbeitsmedizin). Dort erhal­ten Ers­thelfer, Ret­tungs­di­en­st­per­son­al und Ärzte schnell und unkom­pliziert wichtige Infor­ma­tio­nen, um Behand­lungs­maß­nah­men bei Patien­ten erfol­gre­ich durch­führen zu kön­nen. Und auch an die Betrof­fe­nen wurde gedacht, denn eine Ver­sion der Leitlin­ien ist jew­eils auch als Infor­ma­tion für Patien­ten konzipiert.

Alarmübungen

Der BASF-Ret­tungs­di­enst ist rund um die Uhr beset­zt. Damit die Ret­tungskräfte inner­halb weniger Minuten jeden Ort des Werks­gelän­des erre­ichen, gibt es einen täglichen Infor­ma­tions­di­enst über inner­be­triebliche Verkehrs­be­hin­derun­gen. Die durch­schnit­tliche Anfahrt­szeit der Ret­tungswa­gen im Werk Lud­wigshafen beträgt weniger als fünf Minuten, der Notarzt trifft im Ren­dezvous-Sys­tem2 nur wenig später ein. Je nach Schwere des Unfalls kön­nen durch Nachalarmierung in kurz­er Zeit weit­ere Notärzte aus der Werk­sam­bu­lanz, zusät­zliche Kräfte der BASF beziehungsweise der Großraum­ret­tungswa­gen der Berufs­feuer­wehr Lud­wigshafen hinzuge­zo­gen wer­den. Der Patient wird nach der Erst­be­hand­lung am Unfal­lort zur Werk­sam­bu­lanz, je nach Indika­tion auch direkt zum Facharzt oder in eine Klinik gefahren.

Damit diese Ret­tungs­kette eben­so im Ern­st­fall funk­tion­iert, find­en jährlich rund 300 Alar­mübun­gen zusam­men mit der Werk­feuer­wehr, dem Werkschutz sowie der Umweltzen­trale statt. Davon sind min­destens drei Großschaden­sübun­gen mit real­is­tis­chen Übungs­be­din­gun­gen – inklu­sive zahlre­ich­er „Ver­let­zter“ und wirk­lichen Brand­her­den. Aber erst ein Blick hin­ter die Kulis­sen macht deut­lich, wie viele Zah­n­räd­chen beim Großschadens-Man­age­ment ineinan­der­greifen: Sper­run­gen und Umleitun­gen wer­den errichtet; Mit den städtis­chen Feuer­wehren aus Lud­wigshafen, Mannheim und Franken­thal wird Kon­takt gehal­ten, um im Bedarfs­fall Ver­stärkung anzu­fordern; Die Umweltüberwachung misst mögliche Gren­zw­ertüber­schre­itun­gen giftiger Gase. Dr. Bernd Trauth erläutert: „Von der Ret­tung aus den Gefahren­bere­ichen über die Sich­tung und Behand­lung am Ver­band­platz bis zum gespiel­ten Abtrans­port in die Zielk­liniken wer­den alle Übung­steile durch­laufen, zum Teil auch unter Ein­beziehung extern­er Ret­tung­sor­gan­i­sa­tio­nen und umliegen­der Kliniken. Sog­ar die Infor­ma­tion von Presse und Öffentlichkeit wird dabei simuliert. Aber ein beson­ders wichtiges Ele­ment ist in meinen Augen der Ein­satz der Ers­thelfer. Ohne sie würde unser Sicher­heit­skonzept bei der BASF sich­er nicht so gut aufge­hen wie es mit ihnen der Fall ist.“

1 Wirk­stoffe, die gegen einen bes­timmten Gefahrstoff im Kör­p­er wirken

2 Ein­satz­tak­tik, bei der zwei Ein­heit­en zum sel­ben Ein­sat­zort alarmiert wer­den, um dort gemein­sam Hil­fe zu leisten.


Foto: BASF SE

Damit Ret­tungskräfte bei der BASF in Lud­wigshafen schnell am Ein­sat­zort sind, gibt es einen täglichen Infor­ma­tions­di­enst über inner­be­triebliche Verkehrsbehinderungen.


Autor: Dr. Joerg Hensiek

Freiberu­flich­er Journalist,
Redak­teur und PR-Berater

joerg.hensiek@googlemail.com

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