Nach der Philosophie des Explosionsschutzes sollte zunächst eruiert werden, ob eine explosionsfähige Atmosphäre vorliegt. Ist dies der Fall und lässt sich diese durch klassische Maßnahmen wie Substitution der Stoffe, Minderung des Sauerstoffgehaltes im Gemisch oder ausreichende Belüftung nicht beheben, müssen eine Zoneneinteilung vorgenommen und die darin vorkommenden Zündquellen bewertet werden – inklusive derjenigen, die durch elektrostatische Aufladungen entstehen.
Vor Arbeitsbeginn
Vor Beginn der Arbeit sollten Sie sich stets die folgenden Fragen stellen:
- Kommen Geräte, Technologien oder verfahrenstechnische Abläufe zum Einsatz, die eine elektrostatische Aufladung begünstigen?
- Denken Sie hierbei auch an Influenz und die damit einhergehende Gefahr der Ladungstrennung auf Ihrem Körper oder auf Gegenständen. Dies geschieht zum Beispiel bei rotierenden Arbeitsmitteln wie Förderbändern, Antriebsriemen und Folienbahnen, die um Produkte gewickelt werden.
- Wie ist der Arbeitsplatz gestaltet, besteht hier die Gefahr einer statischen Aufladung?
- Achten Sie insbesondere auf leit‑, oder ableitfähige Fußböden und gegebenenfalls die Luftfeuchte. Ist die Leitfähigkeit zum Beispiel zu gering, kann die Luftfeuchte erhöht werden, um eine bessere Ableitung zu erzielen.
- Tragen Sie die notwendige Persönliche Schutzausrüstung und haben Sie das richtige Werkzeug zur Hand?
- In Ex-Bereichen müssen Sie ableitfähige Schuhe auf ableitfähigem Fußboden tragen, um die statische Aufladung abzuleiten.
- Sind Handschuhe vorgeschrieben, sind ebenfalls ableitfähige Modelle zu wählen, um den Ladungstransport nicht zu unterbrechen. Ist dies nicht möglich, so steht Ihnen noch die Möglichkeit der Erdung mit ESD-Band zur Verfügung.
- Auch bei der Verwendung der notwendigen Arbeitsmittel ist auf ableitfähiges Material zu achten.
- Wurden Sie über die Gefahren der statischen Elektrizität hinreichend informiert?
- Wie sieht es aus mit Arbeitsanweisungen, Vorgaben, die eingehalten werden müssen, gegebenenfalls Freigabescheinen und der vorgeschriebenen regelmäßigen Unterweisung?
Entstehung der Gefährdung
Um geeignete Maßnahmen ergreifen zu können, sollten die verfahrenstechnischen Abläufe, welche eine Aufladung mit sich bringen, zunächst analysiert werden.
Elektrostatische Aufladung entsteht, wenn bei Vorgängen (auch kurzfristig) miteinander kontaktierende Oberflächen mit unterschiedlicher Leitfähigkeit getrennt werden (Trennprozesse). Des Weiteren kommt es zu elektrostatischer Aufladung durch Influenz, wenn nicht geerdete Gegenstände oder Menschen in die Nähe von aufgeladenen Teilen kommen.
Mit elektrostatischer Aufladung ist bei verschiedenen verfahrenstechnischen Abläufen zu rechnen:
- Abziehen oder Umwickeln von Folien
- Umschütten von Flüssigkeiten oder Stäuben
- Reiben von Flächen
- Laufen / Rollen von Personen / Gegenständen
- Abziehen / Zerreißen von Folien, Papier
- Zerstäuben / Versprühen von Flüssigkeiten
- Rühren / Scheren von Flüssigkeiten
Stark ladungserzeugende Prozesse sind hierbei:
- Befüllen mit hohen Geschwindigkeiten
- schnell hintereinander folgendes Befüllen und Entleeren
- hohe Rührgeschwindigkeiten
- Versprühen von Flüssigkeiten
- Befüllen mittels Fallrohr aus mehr als drei Metern Höhe
Verhinderung der Aufladung
Maßnahmen, die zu Verhinderung der elektrostatischen Aufladung beitragen:
- Vermeiden von Materialien, Gegenständen und Einrichtungen die aus isolierendem Material sind.
- Verwenden von leit‑, und ableitfähigen Materialien die geerdet oder mit Potenzialausgleich versehen sind.
- Wahl der Materialien und Gegenstände nach dem spezifischen Widerstand oder Oberflächenwiderstand zur sicheren Ableitung.
- Richtiges Erden von Materialien, Gegenständen und Einrichtungen und isolierten leit‑, und ableitfähigen Bereichen.
- Erdung und Potenzialausgleich.
- Erdung: Behälter werden mit Erde verbunden und so die Ladung abgeleitet.
- Potenzialausgleich: Behälter werden miteinander verbunden, um die Ladung wieder an ihren Ursprungsort zurückzuführen.
- Verwenden von leitfähigen Behältern. Sofern dies nicht möglich ist, sollte an der tiefsten Stelle des Behälters eine Verbindung zur Erde, etwa in Form eines Auslassventils, bestehen (IBC).
- Isolierende Oberflächen nach der TRGS 725 begrenzen.
- Erhöhen der Leitfähigkeit oder Ableitfähigkeit der Medien und Beschichtungen durch zum Beispiel Zugabe von Additiven in Flüssigkeiten und leitfähigen Fäden, die in die Textilien eingearbeitet sind.
- Ionisieren der Luft durch Ionisatoren (aktive, passive Ionisatoren, Radioaktive Ionisation oder Gebläse mit ionisierter Luft) an geeigneten Stellen.
- Die Luftfeuchtigkeit durch Befeuchtung erhöhen.
- Vermeiden von Feldverzerrung durch den Einsatz geeigneter Arbeitsmittel.
- Begrenzen der Geschwindigkeiten beim Füllen und Entleeren von Schüttgütern und Flüssigkeiten in Behältern und Rohrleitungen und Begrenzung der Rührgeschwindigkeit (Begrenzen des Leistungseintrags).
- Befüllen mittels Unterspiegelabfüllung.
- Vermeiden von einer zweiten, nicht mischbaren Phase oder Aufwirbeln von Ablagerungen.
- Vermeiden von stark ladungserzeugenden Arbeitsschritten wie Verspritzen der Flüssigkeit oder Bildung von Gasblasen.
- Beschränken des Flüssigkeitsdruckes und ‑durchsatzes.
- Unterbinden von Ladungstrennungen an Förderbändern, Folien- und Papierbahnen, Riemenantrieben durch geerdete ableitfähige Rollen.
- Beachten der richtigen PSA und gegebenenfalls nachträgliche Personenerdung.
- Abschirmung oder Schutz gegen das unbeabsichtigte Berühren eines aufgeladenen Gegenstandes oder Produktes aufbauen.
- Abschirmung von Influenzvorgängen.
Wichtig: Zur Beurteilung und Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen in explosionsgefährdeten Bereichen sowie für die richtige Auswahl der Materialien und Gegenstände und die Durchführung von Schutzmaßnahmen zum Vermeiden der Gefahren ist immer die TRGS 725 heranzuziehen!
Das Wichtigste in Kürze
- Wahl von Einrichtungen und Gegenständen, aus elektrisch leit‑, und ableitfähigem Material
- Richtige Erdung und Potenzialausgleich
- Ungenügende Ableitfähigkeit mittels Erhöhens der Luftfeuchte auf mehr als 50 Prozent beheben
- Ionisierung der Luft (aktive oder passive Ionisatoren), um die Aufladung auf ein unbedenkliches Maß zu reduzieren
- Geeignete, elektrostatisch ableitfähige Kleidung, Schuhe und Handschuhe tragen
- Abschirmung gegen Influenz und aufgeladene Gegenstände oder Produkte aufbauen