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Leserbrief

Leserbrief zu Sicherheitsingenieur 3/2019, Seiten 42-43.
Das Fehlen des „Gesunden Menschenverstandes (GMV)“

Mit großem Inter­esse habe ich den Artikel von Her­rn Schapp­mann in der oben genan­nten Aus­gabe mit dem Titel „Schlus­slicht­de­bat­te: Geset­ze, Vol­lzugs­de­fiz­it, Gefährdungs­beurteilung: Die Real­ität“ gele­sen. Der Artikel „spricht mir aus der Seele“ – vielleicht
ist für alle Leser und Her­rn Schapp­mann fol­gen­des von Interesse:

Herr Schapp­mann beklagt auf Seite 43 das Fehlen des „Gesun­den Men­schen­ver­standes“ (GMV). Diesen ver­misse auch ich bei fol­gen­der real­er Entwicklung:

Nach jahre­langer Diskus­sion sind in 2018 die DGUV Infor­ma­tio­nen 215–611, –612 und –613 zur Kassen­sicher­heit in Banken/Sparkassen nov­el­liert wor­den. Das Prob­lem: diese drei DGUV Infor­ma­tio­nen haben einen Umfang von rund 250 Seit­en – i.V.m. mit der über­ge­ord­neten DGUV Vorschrift 25/26 Kassen mit rund 20 Seiten.

Ziel dieser Vorschriften/Informationen ist es, den Tatan­reiz zu Raubüber­fällen auf Kred­itin­sti­tute nach­haltig zu senken. Die Zahl der Raubüber­fälle in Deutsch­land auf Kred­itin­sti­tute hat­te im Jahr 1993 einen Höch­st­stand mit 1.624 erre­icht, und hat sich auf „nur“ noch 91 in 2018 (lt. Polizeiliche Krim­i­nal­sta­tis­tik) ver­min­dert. Über die Ursachen dieser „Erfol­gssto­ry“ kön­nte an ander­er Stelle berichtet wer­den. Aus mein­er Sicht: Ich kenne keine Unfal­lart, bei der sich bei nur noch rund 90 meldepflichti­gen „Unfällen“ ein der­art umfan­gre­ich­es Regel­w­erk von cir­ca 270 Seit­en besteht.

Die Ein­führung der DGUV Infor­ma­tio­nen 215–611/612/613 hat­te im Übri­gen für mich fol­gende Kon­se­quen­zen: Da es sich „nur“ um DGUV-Infor­ma­tio­nen han­delt, gibt es seit­ens der Ver­wal­tungs­beruf­sgenossen­schaft keine Syn­opsen. Meine von mir als Sifa betreuten Banken/Sparkassen erwarten aber (zu Recht) an mich als Dien­stleis­ter eine Auf­bere­itung zu den Fra­gen: was ist neu, was ist anders – was ist zu tun? 

Entsprechend habe ich müh­sam 250 Seit­en Text alt/neu ver­glichen, um die Unter­schiede her­aus zu arbeit­en, zu bew­erten und in ein­er Syn­opse zu erfassen. Dabei ergaben sich im Übri­gen vielfältige Fra­gen, Wider­sprüche usw. Der zeitliche Aufwand betrug rech­ner­isch cir­ca zweivolle Arbeitstage.

Hier fehlt unter dem oben genan­nten Gedanken „GMV“ ein Reg­u­la­tiv, der die Frage stellt: müssen wir ein der­ar­tiges weit­er aufge­bläht­es Regel­w­erk haben – muss es nicht drastisch reduziert werden?

Wie wichtig ein der­ar­tiger „Hub­schrauberblick“ ist, verdeut­licht auch fol­gende Situation:

  • In der DGUV Infor­ma­tion 215–611, Ziff. 3.4 zum The­ma „Gefährdete Per­so­n­en“ ste­ht unter anderem: „Darüber hin­aus kann es aus Grün­den der Verkehrssicherungspflicht sin­nvoll sein, Kun­den und Kundin­nen sowie Haus­be­wohn­er und Haus­be­wohner­in­nen außer­halb der Verpflich­tung des Arbeitss­chutzge­set­zes zu berück­sichti­gen“. Dies bedeutet (!): ein Kred­itin­sti­tut mit ein­er Fil­iale in einem Wohn­haus müßte ermit­teln, welche Bewohn­er, Mieter, Kun­den von einem Über­fall (Täter drin­gen mor­gens ins Haus ein, fan­gen diese ab) betrof­fen sein kön­nten. Das heißt, eine Gefährdungs­beurteilung für Betrieb­s­fremde. In der Kon­se­quenz müßten diese Per­so­n­en dann auch in die hal­b­jährlichen Unter­weisun­gen zum Ver­hal­ten bei/nach Über­fall ein­be­zo­gen wer­den – die 80jährige Oma, deren 10jähriger Enkel, die deutsch und nicht deutsch sprechen­den Mieter …

Aber damit nicht genug: aktuell befind­et sich die neue DGUV Vorschrift „Über­fall­präven­tion“ in der Abstim­mungsphase. Diese gilt voraus­sichtlich ab 2020 nicht nur für die Branche Kred­itin­sti­tute son­dern auch für Tankstellen, Spiel­stät­ten und ähn­lich­es. Par­al­lel dazu wird es auch noch für Kred­itin­sti­tute eine Branchen­regel „zwis­chen“ der neuen DGUV Vorschrift und den oben genan­nten DGUV Infor­ma­tio­nen geben. Das Regel­w­erk dürfte dann wohl auf 300 Seit­en anschwellen – bei rund 90 Über­fällen pro Jahr.

Faz­it: es fehlt hier eine sich dem GMV verpflich­t­ende Insti­tu­tion, die – bei allem Wohlwollen – kri­tisch die Sinnhaftigkeit prüft und prag­ma­tisch entscheidet.

Rain­er Hannich

 

 

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