1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Organisation »

Arbeitsunfall: Von Erster Hilfe bis zur Unfallmeldung

Von Erster Hilfe bis zur Unfallmeldung
Was tun bei einem Arbeitsunfall?

Viele Arbeit­sun­fälle sind mit men­schlichem Leid ver­bun­den und haben darüber hin­aus erhe­bliche Auswirkun­gen auf den Betrieb­sablauf. Vor­fälle, bei denen Mitar­bei­t­ende zu Schaden kom­men, sind für alle Beteiligten ein Alb­traum. Entschei­dend ist, dass Kol­le­gen und Vorge­set­zte die näch­sten Schritte ken­nen und unverzüglich han­deln. Dabei geht es nicht nur um die medi­zinis­che Erstver­sorgung, son­dern beispiel­sweise auch um die Pflicht, den Arbeit­sun­fall der Beruf­sgenossen­schaft zu melden.

Dipl.-Ing. Dieter Bachmann

Der Begriff Arbeit­sun­fall bezieht sich auf Unfälle, die Beschäftigte während ihrer Arbeit erlei­den. Das kann zum Beispiel der Sta­pler­fahrer sein, der bei Trans­portar­beit­en verunglückt, oder der Betrieb­ss­chloss­er, der bei Wartungsar­beit­en von der Leit­er stürzt. Bei einem Arbeit­sun­fall erfol­gt – wie bei einem pri­vat­en Unfall – die Not­fal­lver­sorgung durch Ret­tungskräfte, einen Arzt oder im Kranken­haus. Grund­sät­zlich zahlt aber nicht die Krankenkasse die Behand­lungskosten, son­dern die Beruf­sgenossen­schaft, denn jed­er Beschäftigte in Deutsch­land ist geset­zlich unfallversichert.

Schnell handeln

Bei jedem medi­zinis­chen Not­fall sollte die Ret­tungs­kette rei­bungs­los ablaufen. Die Grafik ver­an­schaulicht die fünf Schritte bei der Ver­sorgung eines Verunglück­ten. Damit einem Ver­let­zten bei einem Unfall im Betrieb schnell­st­möglich geholfen wer­den kann, sollte jed­er Beschäftigte wis­sen, wer Ers­thelfer oder Ers­thelferin im Betrieb ist, wo sich der Ver­band­kas­ten befind­et und wie der Notruf abge­set­zt wird.

Durchgangsarzt

Bei einem Arbeit­sun­fall übern­immt nicht der Hausarzt die Behand­lung, son­dern der soge­nan­nte Durch­gangsarzt (D‑Arzt). Als Facharzt für Unfallchirurgie oder Orthopädie ist er für die Behand­lung nach Arbeit­sun­fällen beson­ders qual­i­fiziert. Er oder sie entschei­det, ob eine all­ge­meine Behand­lung aus­re­icht oder eine beson­dere Heil­be­hand­lung notwendig ist. Bei leicht­en Ver­let­zun­gen wer­den Unfal­lver­let­zte vom D‑Arzt zur weit­eren Behand­lung an den Hausarzt über­wiesen. In diesen Fällen überwacht der D‑Arzt das Heil­ver­fahren. Bei kom­plizierten Ver­let­zun­gen erfol­gt unter Umstän­den eine Ver­legung in eine Beruf­sgenossen­schaftliche Unfal­lk­linik oder ein anderes geeignetes Kranken­haus. Eine Aus­nahme gibt es: Bei alleini­gen Augen- oder HNO-Ver­let­zun­gen darf sofort der entsprechende Facharzt aufge­sucht wer­den. Die Adresse des näch­st­gele­ge­nen D‑Arztes enthält der Erste-Hil­fe-Aushang im Betrieb oder die Daten­bank „Durch­gangsärzte“ unter www.dguv.de.

Krankentransport

Darf der Ver­let­zte im Pkw oder mit dem Taxi ins Kranken­haus trans­portiert wer­den? Diese Frage wird oft gestellt und lässt sich wie fol­gt beant­worten: Bei ein­er leicht­en Ver­let­zung – etwa ein­er Prel­lung – kann es aus­re­ichen, wenn ein Kol­lege den Ver­let­zten im Pkw ins Kranken­haus fährt oder ein Taxi gerufen wird. Aber Achtung! Beste­hen Bedenken, dass sich der Gesund­heit­szu­s­tand kurzfristig ver­schlechtern kön­nte, sollte immer ein Ret­tungstrans­port­wa­gen gerufen wer­den, denn er ist für Not­fall­pa­tien­ten ein­gerichtet. Generell gilt, dass bei Arbeit­sun­fällen die Kosten für Kranken­trans­porte von der jew­eili­gen Beruf­sgenossen­schaft über­nom­men werden.

Unfall melden

Jed­er Arbeit­sun­fall, der voraus­sichtlich eine Arbeit­sun­fähigkeit von mehr als drei Kalen­derta­gen zur Folge hat, muss an die zuständi­ge Beruf­sgenossen­schaft gemeldet wer­den. Der Unfall­t­ag selb­st zählt bei der Drei-Tage-Frist nicht, entschei­dend ist die Zahl der Kalen­dertage der Arbeit­sun­fähigkeit. Es ist die Pflicht des Arbeit­ge­bers den Unfall mit der Unfal­lanzeige an die Beruf­sgenossen­schaft zu melden. Der Verun­fallte und mögliche Unfal­lzeu­gen haben zur Aufk­lärung des Unfall­her­gangs beizu­tra­gen, indem sie den Her­gang genau und wahrheits­ge­treu schildern.

Zuständige Berufsgenossenschaft

In Deutsch­land gibt es für die gewerbliche Wirtschaft neun, nach Branchen gegliederte Beruf­sgenossen­schaften. Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, für Schüler, Stu­den­ten und Kinder in Tage­sein­rich­tun­gen sind die 19 Unfal­lka­ssen zuständig. Des Weit­eren gibt es vier Feuer­wehr-Unfal­lka­ssen sowie die Unfal­lver­sicherung Bund und Bahn. Der Arbeit­ge­ber ist verpflichtet seine Beschäftigten durch einen Mit­glied­saushang zu informieren, welche Beruf­sgenossen­schaft für das Unternehmen zuständig ist. Ist dies nicht der Fall, kann die Per­son­al­abteilung entsprechende Auskun­ft erteilen. Ver­schiedene Beruf­sgenossen­schaften bieten den Arbeit­ge­bern für ihre Beschäftigten Ver­sichertenkarten an, die alle nöti­gen Kon­tak­t­dat­en enthal­ten. Damit haben die Beschäftigten nach einem Arbeit­sun­fall alle Angaben für den Arzt parat.

Kleine Verletzungen dokumentieren

Bagatel­lun­fälle müssen der Beruf­sgenossen­schaft nicht angezeigt wer­den, sind aber im Betrieb zu doku­men­tieren. Hierzu kann entwed­er das Ver­band­buch (DGUV Infor­ma­tion 204–020) oder der Melde­block (DGUV Infor­ma­tion 204–021) ver­wen­det wer­den. Die Aufze­ich­nun­gen erbrin­gen den Nach­weis, dass die Ver­let­zung bei ein­er beru­flichen Tätigkeit einge­treten ist. Das ist beson­ders dann wichtig, wenn Spät­fol­gen, beispiel­sweise eine Blutvergif­tung nach ein­er kleinen Schnittver­let­zung, ein­treten sollten.

Daten vertraulich behandeln

Bei der Doku­men­ta­tion von Erste-Hil­fe-Leis­tun­gen han­delt es sich um per­so­n­en­be­zo­gene Dat­en, die gegen den Zugriff Unbefugter zu sich­ern sind. Das Ver­band­buch sollte daher nicht für jeden zugänglich im Ver­band­kas­ten, son­dern etwa in einem ver­schlosse­nen Schrank auf­be­wahrt wer­den. Eine gle­ich­w­er­tige Möglichkeit beste­ht darin, den Melde­block mit Doku­men­ta­tions­bö­gen zu ver­wen­den. Die aus­ge­füll­ten Vor­drucke wer­den beispiel­sweise in einen dafür vorge­se­henen Briefkas­ten zur Weit­er­leitung an die entsprechende Stelle, etwa den Ers­thelfer gewor­fen. In bei­den Fällen müssen die Aufze­ich­nun­gen min­destens fünf Jahre auf­be­wahrt werden.

Unfallanalyse – aus Unfällen lernen

Kurz vor Schich­t­ende bekam Sta­pler­fahrer Flo­ri­an B. den Auf­trag, eine Fer­ti­gungsan­lage mit Kun­st­stof­f­gran­u­lat zu ver­sor­gen. Hastig nahm er die Palette auf und steuerte durch die Halle auf sein Ziel zu; in der Eile über­sah er jedoch einen Kol­le­gen. Mit der Palette traf er dessen Fuß – eine kom­plizierte Mit­tel­fußfrak­tur war die Folge. Schon kurz nach dem Unfall begann der Pro­duk­tion­sleit­er das Geschehen gemein­sam mit den Beteiligten aufzuar­beit­en. Flo­ri­an B. und der Verun­fallte durften vor Ort schildern, welche Tätigkeit­en sie zum Unfal­lzeit­punkt ausübten und welche Beson­der­heit­en oder Schwierigkeit­en es gab. Gle­ichzeit­ig wur­den die beste­hen­den Sicher­heits­maß­nah­men kri­tisch hin­ter­fragt. Wie sich her­ausstellte, waren zwar die Wege für Per­so­n­en- und Lastverkehr durch gelbe Boden­markierun­gen optisch getren­nt; diese wur­den aber von den Fußgängern meist nicht beachtet. Fol­gerichtig wur­den nach dem Unfall mas­sive Verkehrs­bar­ri­eren instal­liert, um Zusam­men­stöße zukün­ftig zu verhindern.

Meldesystem für Beinahe-Unfälle

Mit dem Hand­hub­wa­gen belud Markus F. einen an der Lader­ampe ste­hen­den Lkw. Als er mit der let­zten Palette in den Lader­aum ein­fahren wollte, zog der Lkw plöt­zlich von der Rampe ab. Nur im let­zten Moment kon­nte Markus F. seinen Absturz von der Lader­ampe samt Arbeits­gerät ver­hin­dern. Dieses Beispiel zeigt einen Beina­he-Unfall, wie er sich in Betrieben täglich ereignet. Auch wenn nichts passiert ist, soll­ten diese Vor­fälle im Betrieb besprochen und daraus geeignete Maß­nah­men abgeleit­et wer­den. Mitar­beit­er soll­ten ermuntert wer­den, Beina­he-Unfälle, unsichere Zustände oder ver­steck­te Gefahren zu melden. Hier­für haben sich Melde­for­mu­la­re bewährt, die im Betrieb zen­tral gesam­melt und durch eine entsprechende Stelle aus­gew­ertet wer­den. Mitar­beit­er wer­den zur Mitwirkung motiviert, wenn die Auswer­tung und die ergrif­f­e­nen Maß­nah­men im Betrieb kom­mu­niziert werden.


Arbeitsunfall
Jede Erste-Hil­fe-Leis­tung ist zu doku­men­tieren.
Foto: Bach­mann

Checkliste: Erste Hilfe

  • Ist für Notrufe ein Tele­fon oder Mobil­tele­fon zugänglich?
  • Sind auf dem Erste-Hil­fe-Aushang die Notrufnum­mern und die Anschrift des D‑Arztes angegeben und aktuell?
  • Ist geregelt, wer die Ver­band­kästen regelmäßig auf Voll­ständigkeit kontrolliert?
  • Sind die Stan­dorte der Ver­band­kästen, gegebe­nen­falls der Defib­ril­la­toren und der Erste-Hil­fe-Raum mit dem weißen Kreuz auf grünem Grund gekennzeichnet?
  • Ste­hen Ers­thelfer in der vorgeschriebe­nen Anzahl zu Verfügung?
  • Ist sichergestellt, dass auf allen Schicht­en eine aus­re­ichende Anzahl an Ers­thelfern anwe­send ist?
  • Wer­den die Ers­thelfer alle zwei Jahre fortgebildet?
  • Sind die Ers­thelfer in den jew­eili­gen Arbeits­bere­ichen durch einen Aushang bekan­nt gemacht?
  • Wer­den Erste-Hil­fe-Maß­nah­men doku­men­tiert und ver­traulich behandelt?
  • Wer­den die Beschäftigten regelmäßig zur Ersten Hil­fe unter­wiesen? Hierzu bieten die Beruf­sgenossen­schaften Unter­weisung­shil­fen zum richti­gen Ver­hal­ten im Not­fall an.

Arbeitsunfall
Ers­thelfende müssen unter anderem wis­sen, wo sich der Erste Hil­fe Kas­ten befind­et.
Foto: © Fokussiert — stock.adobe,com

Ersthelfer im Betrieb

In Unternehmen muss es eine Min­destzahl von Ers­thelfern geben. Sind zwei bis 20 Beschäftigte anwe­send, ist ein Ers­thelfer erforder­lich. Bei mehr als 20 Per­so­n­en müssen in Ver­wal­tungs- und Han­dels­be­trieben fünf Prozent, in son­sti­gen Betrieben zehn Prozent der Anwe­senden Ers­thelfer sein.

  • Die Aus­bil­dung umfasst neun Unter­richt­sein­heit­en, alle zwei Jahre müssen sich Ers­thelfer fortbilden.
  • Lehrgänge bieten Insti­tu­tio­nen, wie Arbeit­er-Samarit­er-Bund oder Deutsches Rotes Kreuz an. Ermächtigte Stellen für die Ers­thelfer­aus­bil­dung find­en sich unter www.bg-qseh.de.
  • Die Beruf­sgenossen­schaften übernehmen die Lehrgangs­ge­bühren und rech­nen direkt mit dem Ver­anstal­ter ab.
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de