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Was ist versichert, was nicht?

Unfallschutz auf dem Weg zur Arbeit
Was ist versichert, was nicht?

Was ist versichert, was nicht?
Während eines Zwischenstopps auf dem Arbeitsweg sind Beschäftigte nicht unfallversichert – zum Beispiel beim Einkaufen. Foto: © DOC RABE Media - stock.adobe.com
Wer auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall erlei­det, ste­ht unter dem Schutz der geset­zlichen Unfal­lver­sicherung. Grund­sät­zlich ver­sichert ist der unmit­tel­bare, also direk­te Weg zur Arbeit. Was aber, wenn der Weg unter­brochen wird – etwa zum Einkaufen? Und was gilt für den Fall, dass der Weg notge­drun­gen nicht durch die Tür, son­dern durch ein Fen­ster ange­treten wird?

Der direk­te Weg zur Arbeit muss nicht unbe­d­ingt der kürzeste sein: Wählt die ver­sicherte Per­son eine län­gere Strecke, beispiel­sweise um eine Auto­bahn zu benutzen oder einen Stau zu umfahren, ist das eben­so als unmit­tel­bar­er Weg zu werten. Wird der Weg aus pri­vat­en Grün­den unter­brochen, zum Beispiel um einzukaufen, endet jedoch der Versicherungsschutz.

Nach dem Einkaufen verunglückt

So auch in zwei Fällen, die kür­zlich das Bun­dessozial­gericht (BSG) zu entschei­den hat­te. Im einen Fall (Urteil vom 31.08.2017, Az. B 2 U 1/16 R) hat­te der Kläger sein Auto auf dem Arbeitsweg ange­hal­ten, um auf der anderen Straßen­seite bei einem Bäck­er „Sem­meln für eine Brotzeit“ zu kaufen. Als er die Straße über­querte, sah er eine lange Schlange vor dem Laden und kehrte um. Auf dem Weg zurück zu seinem Auto stürzte er und ver­let­zte sich an der Schul­ter. Im zweit­en Fall (Urteil vom 31.08.2017, Az. B 2 U 11/16 R) fuhr die Klägerin von der Arbeitsstelle nach Hause. Während der Fahrt hielt sie an ein­er Met­zgerei an und kaufte dort eine Mahlzeit ein. Sie legte die gekaufte Ware auf der Beifahrer­seite ihres Autos ab und stürzte auf dem Weg zur Fahrertür. Sie erlitt Brüche der recht­en Hand sowie des recht­en Ober­schenkels und Prellungen.

Keine Anerkennung als Wegeunfälle

Bei bei­den Unfällen habe es sich nicht um ver­sicherte Wege­un­fälle gehan­delt, entsch­ied das BSG. Der durch pri­vate Einkäufe unter­broch­ene Ver­sicherungss­chutz lebt näm­lich erst wieder auf, wenn der Arbeit­nehmer wieder im Auto sitzt und seinen ursprünglichen Arbeitsweg fort­set­zt. Doch selb­st dann kann der Ver­sicherungss­chutz erloschen sein: Von eben­falls entschei­den­der Bedeu­tung ist, wie lange die Unter­brechung gedauert hat. Aus Grün­den der Rechtssicher­heit hat das BSG hier­für eine zeitliche Gren­ze von zwei Stun­den fest­gelegt. Über­schre­it­et man diese Zeit­gren­ze, erlis­cht der Ver­sicherungss­chutz endgültig. Wird der Heimweg nach Arbeit­sende aus pri­vat­en Grün­den hin­aus­geschoben, so zum Beispiel, weil man sich noch mit Kol­le­gen unter­hält, gilt das auch als zeitliche Unter­brechung des Weges.

Außentür als Grenze

Der Weg zur Arbeit begin­nt mit dem Ver­lassen des soge­nan­nten häus­lichen Wirkungskreis­es, also mit Durch­schre­it­en der Außen­tür. Wege in einem vom Ver­sicherten bewohn­ten Haus ste­hen nicht unter Ver­sicherungss­chutz. Auch für Trep­pen­häuser in Mehrfam­i­lien­häusern gilt daher: kein Ver­sicherungss­chutz – weil es kein öffentlich­er Raum ist. Eine Außen­tür ist übri­gens nicht nur die Haustür, durch die gewöhn­lich das Wohnge­bäude ver­lassen oder betreten wird, son­dern jede Tür, durch die man hin­aus­ge­hen kann. So sind auch Gara­gen noch Teil des häus­lichen Bere­ich­es, wenn sie direkt vom Haus aus betreten wer­den kön­nen. Das Gara­gen­tor ist in diesem Fall die Außen­tür, mit deren Durch­schre­it­en oder Durch­fahren der Ver­sicherungss­chutz begin­nt. Kann die Garage nur von außen betreten wer­den, ist der Weg zwis­chen Haustür und Garage versichert.

Fenster gilt als Notlösung

Doch gilt der Ver­sicherungss­chutz auch, wenn der Arbeit­nehmer nicht durch die Haustür geht, son­dern durch ein Fen­ster klet­tert? Ja, entsch­ied das BSG (Urteil vom 31.08.2017, Az. B 2 U 2/16 R). Geklagt hat­te ein Fahrzeuglack­ier­er, der zu einem wichti­gen Geschäft­ster­min wollte, als ihm ein Miss­geschick passierte. Als er die ver­riegelte Woh­nungstür von innen auf­schließen wollte, brach ihm der Haustürschlüs­sel ab. Der Weg durch diese Tür war versper­rt, sodass er die Hausaußen­tür über das Trep­pen­haus nicht erre­ichen kon­nte. Um den Geschäft­ster­min den­noch wahrnehmen zu kön­nen, wählte er einen ungewöhn­lichen Weg: Er klet­terte durch ein Fen­ster, um sich auf das Flach­dach vor der Obergeschoss­woh­nung her­abzu­lassen. Er stürzte jedoch ab und fiel auf das Vor­dach. Dabei brach er sich den recht­en Unterschenkel.

Die Beruf­sgenossen­schaft lehnte die Anerken­nung als Arbeit­sun­fall ab. Der Mann habe sich noch nicht im öffentlichen Raum befun­den, so die Begrün­dung. Doch darauf komme es nicht an, betonte nun das BSG. Entschei­dend sei, ob sich der Ver­sicherte „auf einem unmit­tel­baren Weg zu sein­er Betrieb­sstätte“ befinde. Das sei hier der Fall gewe­sen. Das Urteil sei aber „kein Freib­rief für Klet­ter­er“, betonte das Gericht. Der Weg durchs Fen­ster könne nur dann ver­sichert sein, wenn der nor­male Weg durch Woh­nungstür und Trep­pen­haus versper­rt sei. Außer­dem müsse der Weg durchs Fen­ster „objek­tiv geeignet“, also unfall­frei zu bew­erk­stel­li­gen sein.

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