Samstag, 28. September 2019 in der Frankfurter Innenstadt: Zwei junge Frauen versuchen nachts auf einem E‑Scooter die Kurt-Schumacher-Straße zu überqueren. Dabei verfängt sich das Vorderrad in einer Straßenbahnschiene, beide stürzten zu Boden. Die 20-jährige Fahrerin knallt mit dem Gesicht auf den Asphalt und verletzt sich schwer. Ihre Beifahrerin (21) erleidet einen Schock. Wahrscheinlich war die Fahrerin alkoholisiert, teilte die Polizei laut Presseberichten mit. Zur genauen Unfallursache wird derzeit noch ermittelt.
Das Fahren auf einem E‑Tretroller zu zweit ist ein Verstoß gegen die eigens eingeführte Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung. Das Gleiche gilt für Alkohol am Steuer, was ebenfalls häufig missachtet wird. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 8. Juli 2019 holte die Münchner Polizei zu dieser Zeit täglich „rund 20 Betrunkene von E‑Scootern“. Viele privat angeschaffte E‑Tretroller entsprechen darüber hinaus nicht den rechtlichen Vorgaben: Für die Nutzung dieser Elektrokleinstfahrzeuge ist eine Einzelzulassung oder Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erforderlich.
E‑Scooter sind zudem zu versichern – ansonsten dürfen sie nicht im öffentlichen Raum benutzt werden. Doch nach dem Bericht gehen sie „meist ohne ABE über den Ladentisch“ und fahren oft schneller als die erlaubten 20 Stundenkilometer.
Hauptunfallursachen bei E‑Scootern identifiziert
Seit der Zulassung von E‑Scootern als Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr haben sich laut Gewerkschaft der Polizei allein in Berlin 74 Unfälle mit 60 Verletzten ereignet (Stand: 26. September 2019). „Nach etwas mehr als drei Monaten können wir schon die Hauptunfallfaktoren erkennen: alkoholisiertes Fahren, Fahren auf dem Gehweg und zu zweit Roller fahren“, erklärt Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer Deutscher Verkehrssicherheitsrat e.V. „All das ist nicht erlaubt, hat aber schon zu etlichen Unfällen geführt.“
Sein Kommentar mit Blick auf die aktuellen Unfallzahlen: „Das ist zu viel!“ Für eine sichere Nutzung der motorisierten Roller sei es wichtig, deren Fahrdynamik richtig einschätzen zu können. „E‑Scooter sind recht schnell, haben aber verhältnismäßig kleine Reifen. Beim Fahren um Kurven oder über Bodenunebenheiten kann es schon mal brenzlig werden“, erläutert Kellner. Daher könne er jedem, der sich mit einem E‑Scooter in den Straßenverkehr wagen wolle, nur eine Probefahrt empfehlen. Und natürlich sollte man die geltenden Verkehrsregeln kennen.
Die Rechtslage bei E‑Tretrollern
Alle rechtlichen Informationen finden sich in der Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung. Diese trat passend zur Einführung der E‑Scooter am 6. Juni 2019 in Kraft und beschreibt unter anderem auch Allgemeine Verhaltensregeln (§ 11). „Wichtig ist vor allem: E‑Scooter sind Kraftfahrzeuge“, betont Christian Kellner. „Daher gelten zum Beispiel die gleichen Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Wichtig ist aber auch: Man darf nur mit zugelassenen E‑Scootern am Straßenverkehr teilnehmen.“ E‑Scooter und Segways, die ebenfalls zu den Elektrokleinstfahrzeugen zählen, dürfen nicht schneller als 20 Stundenkilometer fahren. Sie müssen Mindestanforderungen der Verkehrssicherheit erfüllen – etwa mit einem funktionierenden Brems- und Lichtsystem und einer Warnklingel ausgestattet sein.
Personen ab 14 Jahren können die Fahrzeuge nutzen. Eine Führerscheinpflicht besteht nicht. Aber: Bei Fahrern unter 21 Jahren gilt ein absolutes Alkoholverbot, genauso wie für die ersten beiden Jahre bei Fahranfängern im Autoverkehr. Jede alkoholisierte Fahrt gefährdet also den „Lappen“. Bei mehr als 1,1 Promille ist der Führerschein weg und kann sogar sofort beschlagnahmt werden.
Fahren dürfen E‑Scooter nur auf Radwegen und Fahrradstraßen. Wenn diese fehlen, muss die Fahrbahn genutzt werden. Gehwege und Fußgängerzonen sind für die leisen Flitzer tabu.
Bei „kommmitmensch“ aufgegriffen
Die Sicherheit auf dem E‑Scooter ist auch für die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ein zentrales Thema – aus gutem Grund, denn die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen entschädigen auch bei Unfällen, die sich auf dem unmittelbaren Weg vom und zum Arbeitsort ereignen. Dabei haben gerade Unfälle im Straßenverkehr häufig schwere Folgen. Bei der DGUV rückt man deshalb aktuell das Thema Verkehrssicherheit in den Fokus der laufenden Präventionskampagne kommmitmensch. Unter dem Slogan „blöde Idee“ weist sie mit Plakaten auf gefährliches Risikoverhalten mit E‑Scootern im Straßenverkehr hin. Parallel dazu zeigen Plakate nach dem Motto „schlaue Idee“, wie man es richtig macht. Dazu Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV: „E‑Scooter werden nur dann eine sinnvolle Ergänzung unserer Mobilität sein, wenn sie möglichst sicher im Straßenverkehr genutzt werden können. Wir hätten deshalb eine obligatorische Prüfung für die Fahrerinnen und Fahrer begrüßt.“ Ein jeder solle sich vergewissern, dass er das Gerät beherrsche, bevor er am Straßenverkehr teilnehme. „Der Verkehrsraum wird immer enger. Wenn wir alle sicher ans Ziel kommen wollen, geht das nur mit Umsicht und Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer“, fasst Hussy zusammen. Die DGUV empfiehlt zur eigenen Sicherheit auch einen Helm.
Teil der Gefährdungsbeurteilung
Natürlich können E‑Scooter auch im innerbetrieblichen Verkehr eingesetzt werden. Dann gilt, dass sie in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden müssen. Das heißt, der Arbeitgeber muss unter anderem festlegen, ob zum Beispiel ein Helm getragen werden muss oder nicht.
Bußgelder: Wann die Fahrt teuer werden kann
- Wer mit dem E‑Scooter den Gehweg befährt, muss mit einem Bußgeld von 15 bis 30 Euro rechnen.
- Für das Fahren mit einem E‑Scooter ohne Betriebserlaubnis sind 70 Euro fällig, fehlt die Versicherung: 40 Euro.
- Wer zu zweit E‑Scooter fährt oder einen Anhänger mitführt, muss ebenfalls mit einem Bußgeld rechnen (Quelle: www.dvr.de).
Informationsmaterial für die Prävention
- Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat einen Flyer zur Aufklärung erarbeitet, der sich auf die drei wesentlichen Unfallursachen „alkoholisiertes Fahren“, „Fahren auf Gehwegen“ und „ Fahren zu zweit“ konzentriert. Der Flyer „E‑Scooter. Regeln, Risiken und Hinweise“ schildert kurz und knapp die geltenden Regeln und macht auf Risiken und drohende Bußgelder aufmerksam. Er kann als Basis für die Präventionsarbeit dienen und zum Beispiel Beschäftigten als Gedächtnisstütze ausgehändigt werden. Der Flyer steht auf der Webseite des DVR unter folgendem Link zum Download zur Verfügung:
www.dvr.de/publikationen/downloads/flyer-escooter - RiskBuster E‑Scooter: Stuntman Holger Schumacher hat den Elektroroller in verschiedenen Situationen im Straßenverkehr getestet. Das Video zeigt eindrücklich, wie das Gefährt bereits auf trockenem Untergrund oder bei Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern unbeherrschbar wird. Das Video ist unter folgendem Link aufrufbar
www.bgetem.de (Webcode: 19266848)
Sicherheitstipps
Auch für Elektrokleinstfahrzeuge gilt die Straßenverkehrsordnung. Abgesehen davon sollten Fahrerinnen und Fahrer nach Angaben der DGUV folgende Regeln zur eigenen und zur Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer beachten:
- Fahren Sie möglichst hintereinander.
- Fahren Sie auf den Fahrbahnen möglichst weit rechts.
- Kündigen Sie einen Fahrbahnwechsel oder eine Richtungsänderung rechtzeitig an.
- E‑Scooter sind nur für eine Person zugelassen. Personentransport oder Anhänger sind nicht gestattet.
- Es besteht keine Helmpflicht, aber das Tragen eines Helms wird empfohlen, ebenso wie reflektierende Kleidung bei schlechter Sicht und Dunkelheit.
- Vorsicht bei Alkohol am Lenker! Es gelten dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrerinnen und Autofahrer.
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