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Sichere Waldarbeit: Unfälle vermeiden

Eine Sache für Profis
Sichere Waldarbeit: Unfälle vermeiden

Dem deutschen Wald geht es nicht gut. Stick­stof­fein­träge, Kli­mawan­del und als Folge Borkenkäfer und Baumkrankheit­en machen ihm seit Jahren zu schaf­fen. Die daraus resul­tieren­den Schad­holz­men­gen und die gestiegene Nach­frage nach Brennholz motivieren viele Waldbe­sitzende, Bäume selb­st zu fällen und aufzuar­beit­en – auch ohne die nötige Aus­bil­dung und Aus­rüs­tung. Damit gehen sie ein hohes Risiko ein, was sich auch aus der Unfall­sta­tis­tik able­sen lässt.

Die Unfall­sta­tis­tik der Sozialver­sicherung für Land­wirtschaft, Forsten und Garten­bau (SVLFG) weist für das Jahr 2022 wieder mehr Forstun­fälle aus. Gewisse Schwankun­gen bei den Unfal­lzahlen sind dabei immer festzustellen – das liegt in der Natur der Sache. Gle­ich­wohl bestand seit 2018 ein abnehmender Trend, der nun in 2022 unter­brochen wurde. Im Zuständigkeits­bere­ich der SVLFG kam es im ver­gan­genen Jahr zu 4.302 meldepflichti­gen Arbeit­sun­fällen bei Wald- und Forstar­beit­en. Im Ver­gle­ich zu 2021 mit 4.048 Unfällen ist das ein leichter Anstieg um 6,3 Prozent, der sich offen­sichtlich auf die ver­stärk­te Brennholza­u­far­beitung zurück­führen lässt. Ins­beson­dere bei der Holza­u­far­beitung kam es mit 232 Unfällen zum stärk­sten Anstieg, obgle­ich bei Fäl­lar­beit­en der rück­läu­fige Trend mit minus 81 Unfällen weit­er anhält. Es wurde dem­nach das gefällte Holz inten­siv­er weit­er­ver­ar­beit­et, wie es bei Brennholz üblich ist. Daher liegt es nahe und wird durch die monatlichen Unfal­lzahlen unter­mauert, dass zu Beginn 2022 – ver­mut­lich als kurzfristige Antwort auf die zu diesem Zeit­punkt extrem angestiege­nen Energiekosten – ver­mehrt Brennholz aufgear­beit­et wurde.

Gefährlich: Die Motorsägenarbeit

Die Sta­tis­tik belegt zum einen, dass die Baum­fäl­lung mit der Motorsäge das Unfallgeschehen dominiert. Zum anderen zeigt sie, dass der Tech­nikein­satz und die vollmech­a­nisierte Aufar­beitung nach dem soge­nan­nten STOP-Prinzip den größten Präven­tion­snutzen haben. Die Wal­dar­beit, ins­beson­dere die motor­manuelle Fäl­lung, zählt zu den gefährlich­sten Tätigkeit­en. In 2022 ereigneten sich 33 tödliche Unfälle bei der Wal­dar­beit. Dies macht über ein Vier­tel aller 117 tödlichen Unfälle im Bere­ich der SVLFG aus. 24 tödliche Unfälle ereigneten sich bei Fäl­lar­beit­en. Ver­hal­ten pos­i­tiv ist demge­genüber der anhal­tende rück­läu­fige Trend bei den Fäl­lar­beit­en mit aktuell 737 Unfällen, die 2021 noch 818 betru­gen, was aber noch immer beden­klich hoch ist. Es über­rascht, dass in den kranken – zum Teil abster­ben­den – Waldbestän­den mit ihrem toten und brüchi­gen Holz nicht mehr Unfälle passieren. Die Gefährdungszu­nahme durch morsches Holz in den Bäu­men ist in vie­len Wäldern offen­sichtlich und hat die Bewirtschaf­ten­den sen­si­bil­isiert. Im Sinne der Präven­tion set­zen sich ein hoher Tech­nisierungs­grad bei der Aufar­beitung von Schad­holz und auch die Ver­gabe von Arbeit­en an forsttech­nis­che Dien­stleis­ter ver­mehrt durch. Wenig­stens Fäl­lar­beit­en wer­den häu­figer von Fach­per­son­al durchgeführt.

Kein „Ausgleichssport“

Wenn Pri­vat­waldbe­sitzer im Wald selb­st zur Motorsäge greifen, geschieht das aus ver­schiede­nen Grün­den: Neben der Pflicht, dass Waldbe­sitzende ihren Wald bewirtschaften und zum Beispiel vom Borkenkäfer befal­l­ene Bäume aus dem Wald her­aus­brin­gen müssen, spielt die Tra­di­tion eine große Rolle. In land­wirtschaftlichen Betrieben mit Waldbe­sitz küm­mert sich oft die ältere Gen­er­a­tion um den Wald. Ältere Land­wirte haben diese Arbeit­en schon immer selb­st gemacht. Sie haben viel Erfahrung, überse­hen aber, dass sie inzwis­chen gesund­heitlich dazu nicht mehr in der Lage sind. Andere ken­nen ein­fach das Unfall­risiko nicht. Sie wis­sen nicht, dass die Wal­dar­beit ein Fach­handw­erk ist, das eine Aus­bil­dung braucht. Mitunter fehlt auch das Wis­sen, dass es Dien­stleis­ter gibt, die diese gefährlichen Arbeit­en für sie übernehmen wür­den. Wieder andere wollen kein Geld für einen Dien­stleis­ter aus­geben oder hal­ten die Wal­dar­beit für eine Art Aus­gle­ichss­port zur Bürotätigkeit. Allen ist gemein­sam, dass sie sich allzu oft durch fehlende Fachkunde in Gefahr begeben.

Riskante Laubbaumfällung

Am anspruchsvoll­sten zu fällen sind Laub­bäume. Sie haben einen ver­gle­ich­sweise unregelmäßi­gen Kro­ne­nauf­bau. Das Holz ste­ht mehr unter Span­nung. In der Summe ergibt dies ein erhöht­es Risiko bei der Fäl­lung mit der Motorsäge. Die Stämme reißen leichter auf. Laub­holz zählt zu den Totastver­lier­ern. Die Äste ster­ben am Baum ab, wer­den am Stamm zer­set­zt und fall­en als Totholz bei Erschüt­terung herab. Bei Nadel­holz ist das anders. Ein sym­metrisch­er Kro­ne­nauf­bau und der Erhalt abgestor­ben­er, oft­mals schwächer­er Äste am Stamm machen die Fäl­lung in gewiss­er Weise ein­fach­er. Über alle Bau­marten hin­weg ist auf­grund der Schad­holzen­twick­lung eine zunehmende Gefährdung in abgestor­be­nen und abster­ben­den Waldbestän­den durch brüchiges Holz festzustellen. Hier kann das Betreten der Bestände und das Arbeit­en mit der Motorsäge lebens­ge­fährlich sein.

Kranke Buchen kennzeichnen

Ger­ade die Fäl­lung und Aufar­beitung kranker und abgestor­ben­er Bäume ist beson­ders gefährlich. Denn diese Bäume haben Totholz in der Kro­ne, das sich schon bei leichter Erschüt­terung lösen kann. Trock­ene, tote Bäume haben einen verän­derten Schw­er­punkt und sind dadurch viel schwieriger motor­manuell zu fällen. Auf­grund der soge­nan­nten Buchenkom­plexkrankheit bere­it­et seit eini­gen Jahren die Fäl­lung von Buchen beson­dere Prob­leme. Eine kranke, im Inneren bere­its faule Buche ist nach dem Laubab­fall kaum mehr zu erken­nen. Geschädigte Bäume soll­ten daher in der Veg­e­ta­tion­spe­ri­ode gekennze­ich­net wer­den, solange das Laub den Gesund­heit­szu­s­tand wider­spiegelt. Fäule im Inneren des Stamm­fußes, dort wo mit der Motorsäge geschnit­ten wird, ist ein weit­eres Merk­mal geschädigter oder abgestor­ben­er Bäume. Das im Vor­feld der Fäl­lung zu erken­nen, bedarf neben langjähriger Erfahrung auch handw­erk­lichem Know-how. Anson­sten laufen die Arbei­t­en­den Gefahr, durch den vorzeit­i­gen, unkon­trol­lierten Fall des Baumes Schaden zu erleiden.

Windwurf sicher aufbereiten

Auch bei der Wind­wur­fa­u­far­beitung in Folge heftiger Stürme kam es schon zu zahlre­ichen schw­eren und tödlichen Arbeit­sun­fällen. Es ist selb­st für einen Forstprofi schw­er, die Zug- und Druck­ver­hält­nisse von gewor­fe­nen Bäu­men sich­er zu beurteilen. Die hochste­hen­den Wurzel­teller gewor­fen­er Bäume dro­hen umz­u­fall­en, wenn der Stamm unfach­män­nisch abge­tren­nt wird. Die Stämme ste­hen unter ein­er immensen Span­nung. In solchen Fällen geht es nicht ohne Maschinenein­satz. Allein schon zum Entzer­ren ineinan­der verkeil­ter Bäume ist das ein Muss.

Anfängerniveau langfristig untragbar

Pri­vat­waldbe­sitzerin­nen und ‑besitzer, die nur an weni­gen Tagen im Jahr im Wald mit der Motorsäge arbeit­en, wer­den die Übungss­chwelle nie über­winden. Ewig auf Anfänger­niveau zu arbeit­en, führt in die falsche Rich­tung. Daher soll­ten sich Klein­waldbe­sitzerin­nen und ‑besitzer an forstwirtschaftliche Loh­nun­ternehmen wen­den und diese mit den Arbeit­en beauf­tra­gen. Zu empfehlen ist auch der Beitritt zu ein­er Forst­be­trieb­s­ge­mein­schaft oder einem anderen forstwirtschaftlichen Zusam­men­schluss. Durch eine gemein­same Auf­tragsver­gabe wird das Arbeitsvol­u­men erhöht und eine wirtschaftliche Pro­fes­sion­al­isierung ermöglicht. Die pro­fes­sionelle Wal­dar­beit reicht dabei von der Fäl­lung mit Holz­ern­temaschi­nen bis hin zur Motorsäge.

Keine Alleinarbeit mit Motorsäge

Wenn sie nicht von ver­lässlich­er Stelle geschult sind und wenn ihnen das nötige Werkzeug und die Aus­rüs­tung fehlen, kön­nen Pri­vat­waldbe­sitzerin­nen und ‑besitzer im Wald mit der Motorsäge keine Arbeit­en gefahr­los aus­führen. Hinzu kommt, dass die Alleinar­beit mit der Motorsäge im Wald ver­boten ist: Es sind immer zwei Per­so­n­en für motor­manuelle Arbeit­en im Wald notwendig.

Wer in seinem Wald trotz aller Gefährdun­gen selb­st arbeit­en möchte, sollte Aus­bil­dungskurse an ein­er von der SVLFG anerkan­nten Schu­lungsstätte absolvieren. Je nach Ken­nt­nis­stand und Inter­esse kann dort vom Ein­steigerkurs zur sicheren Bedi­enung ein­er Motorsäge bis hin zur seil­winde­nun­ter­stützten Fäl­lung alles erlernt werden.

Stolpergefahr auf natürlichem Boden

Noch etwas: Ein Großteil aller Arbeit­sun­fälle in der Grü­nen Branche ereignet sich beim Gehen und Laufen. Auf natür­lichem Boden stolpern oder stürzen Per­so­n­en beson­ders häu­fig. Unacht­samkeit ist beson­ders gefährlich bei Uneben­heit­en oder wenn über Gegen­stände wie Steine, glitschige Äste oder Wurzeln gelaufen wird. Häu­fig kommt es zu Unfällen, wenn der Unter­grund vereist oder rutschig ist.

Bei Fäl­lar­beit­en ist es deshalb wichtig, hin­dern­isfreie Rück­we­ichen zu schaf­fen und gut bege­hbare Lauf­p­fade durch das Dic­kicht zu schnei­den. Sicher­heitss­chuhe und ‑stiefel müssen über grif­fige Sohlen mit gutem Pro­fil ver­fü­gen, damit sie vor dem Aus­rutschen schützen. Krallen in den Sohlen von Forststiefeln ver­stärken die Schutzwirkung. Ein knöchel­ho­her Schaft kann das Gelenk vor Ver­let­zun­gen bewahren. Die Fähigkeit, sich­er im Gelände zu gehen, kann durch ein extra darauf abgestelltes Slack­line-Train­ing verbessert wer­den. Dabei ler­nen Per­so­n­en gefahr­los, auf einem ges­pan­nten, schmalen Band zu balancieren.


Foto: © SVLFG

Autor: Klaus Klugmann

SVLFG-Fors­tex­perte


PSA für Waldarbeiter

Zur Per­sön­lichen Schutzaus­rüs­tung für die motor­manuelle Wal­dar­beit gehören Schutzhelm mit Gesichts- und Gehörschutz, Schnittschutzhose, Sicher­heitss­chuhe bzw. Stiefel mit Schnittschutz und Arbeit­shand­schuhe. Klei­dungsstücke in Sig­nal­farbe sor­gen dafür, dass Per­so­n­en auch bei schwieri­gen Lichtver­hält­nis­sen oder im Dic­kicht bess­er zu erken­nen sind.


Das macht Waldarbeit sicher

  • Nur geeignetes fachkundi­ges Per­son­al mit Arbeit­en beauftragen
  • Soweit möglich Tech­nik ein­set­zen (STOP-Prinzip beachten)
  • Regelmäßige Fort­bil­dung der Beschäftigten zu aktuellen Arbeitsmeth­o­d­en durchführen
  • Über­prü­fung (Wirk­samkeit­skon­trolle) der handw­erk­lichen Arbeit­squal­ität im Hieb, beispiel­sweise durch eine Stock­beurteilung mith­il­fe der Stock­fi­bel oder der SVLFG-App „Stock­fi­bel to Go“
  • Sicher­heits­fäll­tech­nik anwenden
  • Baum­beurteilung beacht­en, sie ist die Gefährdungs­beurteilung der Per­son an der Motorsäge vor der Fällung
  • Check­lis­ten der SVLFG zur Arbeitssicher­heit bei der Wal­dar­beit nutzen
  • Beschäftigte in betriebliche Prozesse zur Arbeitssicher­heit einbeziehen

Weiterführende Informationen


Baum­fäl­lung mit funk­fer­nges­teuertem Fällkeil
Foto: © SVLFG

Funkferngesteuerte Fällkeile

Tech­nis­che Inno­va­tion für mehr Arbeitssicher­heit: Funk­fer­nges­teuerte, tech­nis­che Fäl­lkeile erlauben im Ver­gle­ich zu Schlagkeilen ein ergonomis­ches, erschüt­terungsarmes Zufall­brin­gen des Baumes. Der beson­dere Sicher­heit­saspekt dabei: Nie­mand muss sich beim Fall­en des Baumes in dessen unmit­tel­bar­er Nähe aufhal­ten. Stattdessen wird das Abkip­pen des Baumes per Funk vom sicheren Rück­we­ich­platz aus aus­gelöst. Funk­fer­nges­teuerte Fäl­lkeile sind ein Werkzeug für Forstprofis. Was bei deren Ein­satz zu beacht­en ist, erläutert der Fly­er F30 der SVLFG, erhältlich unter www.svlfg.de (Such­be­griff: F30).

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