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Fachkräfte für Arbeitssicherheit: Ohne sie geht es nicht

Sifas beraten, überwachen und überprüfen Prozesse
Fachkräfte für Arbeitssicherheit: Ohne sie geht es nicht

Fachkräfte für Arbeitssicherheit: Ohne sie geht es nicht
Foto: © 1st Footage
Fachkräfte für Arbeitssicher­heit sind die ersten Ansprech­part­ner in den Unternehmen für alle Fra­gen rund um sichere und gesunde Arbeit. Die soge­nan­nten Sifas berat­en, überwachen und über­prüfen alle Prozesse im Betrieb.

Unfälle ver­hüten und Arbeits­be­din­gun­gen men­schen­würdig und gesund­heits­förder­lich gestal­ten – das ist die Ker­nauf­gabe der Fachkräfte für Arbeitssicher­heit, umgangssprach­lich Sifas. Die rechtliche Basis schafft das Arbeitssicher­heits­ge­setz (ASiG). Es for­muliert eine Bestellpflicht, „… soweit dies erforder­lich ist im Hin­blick auf

1. die Betrieb­sart und die … Unfall- und Gesundheitsgefahren,

2. die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer …,

3. die Betriebsorganisation …,

4. die Ken­nt­nisse und die Schu­lung des Arbeitgebers …“

Das Gesetz nen­nt keine Min­destanzahl von Mitar­bei­t­en­den, ab der eine Sifa gebraucht wird. Doch in der DGUV Vorschrift 2 – Betrieb­särzte und Fachkräfte für Arbeitssicher­heit“ fehlt die Ein­schränkung „soweit dies erforder­lich ist“. Die Kon­se­quenz: In der Prax­is müssen Unternehmen schon ab einem oder ein­er Beschäftigten eine Fachkraft für Arbeitssicher­heit bestellen.

Eine Aufgabe für Profis

Sifas haben ein großes Feld zu beack­ern, deshalb dür­fen nur Per­so­n­en mit ein­er soli­den fach­lichen Basis beauf­tragt wer­den: Sicher­heitsin­ge­nieure, ‑tech­niker oder ‑meis­ter (mit sicher­heit­stech­nis­ch­er Fachkunde); in Einzelfällen mit Genehmi­gung der Behörde auch Inge­nieure mit den erforder­lichen Fachkenntnissen.

Auf dieser Qual­i­fika­tion set­zt die spezielle Aus­bil­dung auf. Sie ori­en­tiert sich an der jew­eili­gen Branche und wird von der zuständi­gen Beruf­sgenossen­schaft fest­gelegt. Stan­dard­mäßig zählen die fol­gen­den Lern­felder zur Ausbildung:

  • Ein­führung in die Aus­bil­dung und Auf­gaben der Sifa,
  • Arbeitssys­tem und betriebliche Organisation,
  • Beurteilung von Arbeitsbedingungen,
  • Arbeitssys­temgestal­tung,
  • Inte­gra­tion des Arbeitss­chutzes in die betriebliche Organ­i­sa­tion und
  • branchen­spez­i­fis­che Inhalte.

Das Unternehmen kann auch einen exter­nen Dien­stleis­ter beauf­tra­gen, die Funk­tion der Sifa zu übernehmen. Dann ist ein Ansprech­part­ner im Unternehmen notwendig, der eben­falls mit den grundle­gen­den Anforderun­gen des Arbeitss­chutzes ver­traut ist.

 

Fachkräfte für Arbeitssicherheit: Die Arbeitsbereiche einer Sifa
Die Arbeits­bere­iche ein­er Sifa
Grafik: © Fuchs

Unternehmermodell für Kleinbetriebe

Für Unternehmen mit weni­gen Mitar­bei­t­en­den haben die Unfal­lver­sicherungsträger eine effek­tive und kostengün­stige Alter­na­tive zur Regel­be­treu­ung entwick­elt. Hier kann der Unternehmer selb­st die Auf­gaben der Sifa übernehmen. Die zahlen­mäßige Ober­gren­ze leg­en die Beruf­sgenossen­schaften fest. Häu­fig sind es 50 Mitar­bei­t­ende, im Bere­ich der Ver­wal­tungs-BG gilt die Zahl von max­i­mal 30 Beschäftigten, beispiel­sweise für Eisen­bah­nen mit Güterverkehr.

Diese Alter­na­tive kommt nur in Frage, wenn die Unternehmer oder Geschäfts­führer unmit­tel­bar in das Betrieb­s­geschehen einge­bun­den sind. Sie nehmen per­sön­lich an der Aus­bil­dung teil. Bei der Beruf­sgenossen­schaft für Holz und Met­all (BGHM) dauert diese zum Beispiel zwei Tage.

Es schließt sich ein prak­tis­ch­er Teil an, in dem der Unternehmer eine Gefährdungs­beurteilung im eige­nen Betrieb durch­führt. Nach einem abschließen­den Gespräch mit einem Mitar­beit­er der BGHM erhält das Unternehmen das Zer­ti­fikat „Alter­na­tive Betreuung“.

Im Abstand von max­i­mal fünf Jahren muss das Zer­ti­fikat mit ein­er Fort­bil­dung erneuert wer­den. Sind diese Her­aus­forderun­gen erfüllt, müssen eine Sifa und auch ein Betrieb­sarzt nicht regelmäßig beschäftigt wer­den. Die Unternehmer kön­nen deren Beratungsleis­tun­gen gezielt und bedarf­s­gerecht anfordern. Sie opti­mieren den betrieblichen Arbeitss­chutz selbst.

Formale Bestellung

Sind die Hür­den der Aus­bil­dung genom­men, muss die Sifa schriftlich bestellt wer­den, da sind sich die §§ 5 und 6 Arbeitssicher­heits­ge­setz (ASiG) sowie DGUV 2 einig. Neben dem Arbeit­ge­ber und der beauf­tragten Per­son sollte auch der Betriebs- oder Per­son­al­rat das Doku­ment unter­schreiben, da er an der Bestel­lung beteiligt wer­den muss.

Achtung: Wer­den in einem größeren Unternehmen mehrere Sifas bestellt, ist es wichtig, deren Auf­gaben genau zu beschreiben. Die Ver­ant­wor­tungs­bere­iche müssen klar abge­gren­zt wer­den, um Über­schnei­dun­gen und Regelungslück­en zu vermeiden.

Bei Beauf­tra­gung ein­er exter­nen Sifa wird mit dieser ein Ver­trag abgeschlossen. Auch in diesem soll­ten die Auf­gaben der Sifa ein­deutig fest­gelegt wer­den. Der Ver­trag sollte darüber hin­aus Regelun­gen zur Haftpflichtver­sicherung, zum Daten­schutz und zur Schweigepflicht enthal­ten. Egal ob interne oder externe Beset­zung: Auch die Vertre­tungsregelun­gen für Zeit­en von Urlaub oder Krankheit soll­ten ver­traglich geregelt sein.

Stabsstelle im Unternehmen

Das ASiG geht grund­sät­zlich davon aus, dass die Sifa als sicher­heit­stech­nis­che Stab­sstelle im Betrieb agieren kann. Die Sifa muss, eben­so wie der Betrieb­sarzt, weisungs­frei arbeit­en kön­nen. So legt es § 8 ASig – Unab­hängigkeit bei der Anwen­dung der Fachkunde fest. In der Ver­gan­gen­heit haben Gerichte diese Hal­tung immer wieder bestätigt, sowohl für Unternehmen der freien Wirtschaft als auch für öffentliche Arbeitgeber.

Gerichtlich bestätigt

So legte das Lan­desar­beits­gericht (LAG) Köln fest, dass es nicht im Sinne des Geset­zge­bers ist, wenn die Fachkraft für Arbeitssicher­heit organ­isatorisch und diszi­pli­nar­isch einem Abteilungsleit­er unter­stellt wird (Az. 10 (1) Sa 1231/02). Das Unternehmen wollte einen Sicher­heitsin­ge­nieur, der als Sifa beschäftigt war, nicht mehr unmit­tel­bar an die Geschäft­sleitung, son­dern an die Abteilungsleitung eines Fach­bere­ichs (Umwelt/Qualitätsmanagement) anbinden.

Auch im Bere­ich der öffentlichen Ver­wal­tung ist die Sifa unmit­tel­bar fach­lich und diszi­pli­nar­isch dem Leit­er der Dien­st­stelle oder Behörde zu unter­stellen. „Diese her­aus­ge­hobene Einord­nung in der betrieblichen Hier­ar­chie gehört zu den struk­tur­prä­gen­den Grund­sätzen des ASiG“, betont das Bun­de­sar­beits­gericht (BAG – 9 AZR 769/08).

Im ver­han­del­ten Fall musste die Sifa direkt dem Ober­bürg­er­meis­ter unter­stellt wer­den. Die Betrof­fene hat­te geklagt, als sie im Rah­men ein­er Struk­tur­reform dem Geschäfts­bere­ich „Zen­trale Steuerung und Ser­vice“ zuge­ord­net wurde.

Ein weites Feld an Aufgaben

Die „To-Do-Liste“ ein­er Sifa ist lang, vor allem muss sie das „Gesamt­sys­tem Arbeit­splatz“ im Blick haben. Im Detail nen­nt das ASiG in § 6 „Auf­gaben der Fachkräfte für Arbeitssicher­heit“ dazu fünf Bere­iche (siehe Grafik oben). Mit diesen Maß­nah­men wird die Sifa ihrer Ver­ant­wor­tung gerecht. Sie …

  • bege­ht die Arbeitsstät­ten in regelmäßi­gen Abständen,
  • teilt Män­gel dem Arbeit­ge­ber oder der son­st für den Arbeitss­chutz und die Unfal­lver­hü­tung ver­ant­wortlichen Per­son mit,
  • schlägt Maß­nah­men zur Besei­t­i­gung dieser Män­gel vor und wirkt darauf hin, dass sie durchge­set­zt werden,
  • achtet auf den Ein­satz von Per­sön­lich­er Schutzausrüstung,
  • unter­sucht die Ursachen von Arbeit­sun­fällen, erfasst und wertet Unter­suchungsergeb­nisse aus,
  • schlägt dem Arbeit­ge­ber Maß­nah­men zur Ver­hü­tung von Arbeit­sun­fällen vor,
  • wirkt darauf hin, dass alle Beschäftigten die Anforderun­gen des Arbeitss­chutzes und der Unfal­lver­hü­tung beachten,
  • informiert Beschäftigte über die Unfall- und Gesund­heits­ge­fahren bei der Arbeit,
  • belehrt sie über die Ein­rich­tun­gen und Maß­nah­men zur Abwen­dung dieser Gefahren und
  • wirkt bei der Schu­lung der Sicher­heits­beauf­tragten mit.

Wichtig: Die Sifa sollte zudem von Anfang an bei Beschaf­fung­sprozessen beteiligt wer­den. Sifas müssen unter anderem dafür sor­gen, dass Betrieb­san­la­gen und die tech­nis­chen Arbeitsmit­tel vor der Inbe­trieb­nahme und Arbeitsver­fahren vor ihrer Ein­führung sicher­heit­stech­nisch über­prüft werden.

Die Sifa und ihre Verbündeten

Die Sifa arbeit­et stets eng mit dem Betrieb­sarzt zusam­men. Das ergibt sich schon aus der DGUV 2. Sie legt fest, dass sich Grund­be­treu­ung und betrieb­sspez­i­fis­che Betreu­ung aus betrieb­särztlich­er und sicher­heit­stech­nis­ch­er Betreu­ung zusam­menset­zt. Die Auf­gaben von Sifa und Betrieb­sarzt wer­den vom Unternehmer und der betrieblichen Inter­essen­vertre­tung (zum Beispiel entsprechend Betrieb­sver­fas­sungs­ge­setz) zwis­chen den bei­den Akteuren aufgeteilt und mit ihnen schriftlich vereinbart.

Wichtig: Um die erforder­lichen Ein­satzzeit­en für die Sifas und die Betrieb­särzte zu ermit­teln, wird das Unternehmen in eine von drei Gefährdungs­grup­pen ein­ge­ord­net. Für Betriebe mit hoher Gefährdung (Betreu­ungs­gruppe I) sind 2,5 Ein­satzs­tun­den pro Beschäftigtem und Jahr zu kalkulieren, für Betriebe mit geringer Gefährdung (Betreu­ungs­gruppe III) sind es 0,5 Einsatzstunden.

Doch Sifas arbeit­en nicht nur mit dem Betrieb­sarzt eng zusam­men. Sie sind mit allen Akteuren im Arbeitss­chutz eng ver­net­zt. Dazu beteiligt sich die Sifa aktiv an den regelmäßi­gen Sitzun­gen des Arbeitss­chutzauss­chuss­es (ASA).

Berufsbild im Wandel

Mit der fortschre­i­t­en­den Dig­i­tal­isierung wan­deln sich in vie­len Unternehmen die Arbeit­sprozesse und damit auch die Anforderun­gen und Gefährdun­gen für die Beschäftigten. Darauf müssen Sifas reagieren. Auf­grund der Arbeitsin­ten­sivierung und des glob­alen Wet­tbe­werbs rück­en psy­chosoziale Risiken immer stärk­er in den Fokus. Der Ver­band der Deutschen Sicher­heitsin­ge­nieure (VDSI) weist darauf hin, dass Stress, Burnout sowie Gewalt und Mob­bing in vie­len Berufen zum The­ma gewor­den sind.

Neue Entwick­lun­gen brin­gen Chan­cen und Risiken für Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit mit sich. Sifas benöti­gen ger­ade jet­zt die Möglichkeit, sich per­ma­nent fortzu­bilden. Nur so wer­den sie Chan­cen nutzen – zum Beispiel den Ein­satz neuer Lösun­gen wie Exoskelette anstoßen. Und sie müssen in der Lage sein, rechtzeit­ig verän­derte Gefährdun­gen und Belas­tun­gen zu erken­nen, wie etwa die Gefahr zunehmender Überwachung.

Hier sind alle Akteure des Arbeits- und Gesund­heitss­chutzes gefordert. Die Sifa ist dafür prädes­tiniert, in diesem Prozess eine Lot­sen­funk­tion zu übernehmen.


Autorin: Uta Fuchs
Fachjournalistin
 
Foto: © privat

Vertraute Aufgaben, neue Herausforderungen

Der Ver­band der Deutschen Sicher­heitsin­ge­nieure (VDSI) geht in seinem Posi­tion­spa­pi­er „Die Rolle der Fachkraft für Arbeitssicher­heit in der Arbeitswelt 4.0“ davon aus, dass Sifas trotz nötiger Anpas­sun­gen an die neue Arbeitswelt im Wesentlichen weit­er­hin diesel­ben Ziele ver­fol­gen: „Die tech­nis­chen Möglichkeit­en der Arbeitswelt 4.0 steigern die Ambivalenz der Arbeits­gestal­tung. Jedoch bleiben Ergonomie, Usabil­i­ty, die Gestal­tung alter(n)sgerechter Arbeit oder andere tra­di­tionelle Maß­nah­men des Arbeits- und Gesund­heitss­chutzes wichtige Ziele für sichere und gesund­heits­gerechte Arbeit­splätze, wenn sie auch teil­weise auf die neuen Arbeits­be­din­gun­gen angepasst und weit­er­en­twick­elt wer­den müssen.“

https://vdsi.de/fachwissen/publikationen/vdsi-positionspapiere

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