Ein Atemschutzgerät zu nutzen bedeutet immer eine zusätzliche Belastung. Daher dürfen diese Geräte nicht beliebig lange getragen werden, wenn auf Grund dieser Belastung mit einer Gesundheitsgefährdung der Person zu rechnen ist. Belastungen resultieren in erster Linie aus dem Gewicht und dem Atemwiderstand des verwendeten Gerätes. Eine Rolle spielen weiterhin Faktoren wie eingeschränkte Beweglichkeit, eingeschränktes Sichtfeld, verminderte Kommunikationsmöglichkeit, usw.
Bei Atemschutzanzügen oder anderen Geräten, deren Teile den Körper großflächig bedecken oder ganz einhüllen, kann noch eine erhebliche Behinderung des Wärmeaustausches hinzukommen. Es gilt hier der Grundsatz: So viel Schutz wie nötig, so wenig Belastung wie möglich.
Wie viel Schutz notwendig ist, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, die der Arbeitgeber vor Aufnahme von Tätigkeiten durchzuführen hat. Ergibt die Ermittlung der Gefährdungen, dass Schadstoffe oder Sauerstoffmangel in der Umgebungsatmosphäre die Atemluft beeinflussen, muss das Unternehmen Maßnahmen treffen, die die Beschäftigten vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen schützen. Hierbei sind zuerst technische und organisatorische Maßnahmen in Betracht zu ziehen und zu ergreifen, um zum Beispiel bei Stoffen, für die Grenzwerte definiert sind, diese Werte in der Umgebungsatmosphäre sicher zu unterschreiten. Erst wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, muss den betroffenen Personen individuell ein passendes Atemschutzgerät zur Verfügung gestellt werden.
Das passende Gerät auswählen
Die Auswahl an Atemschutzgeräten ist groß und reicht von der partikelfiltrierenden Halbmaske (Bild 1) bis zum Chemikalienschutzanzug (CSA), unter dem ein Pressluftatmer getragen wird (Bild 2). Hier gilt es für den speziellen Einsatz das „richtige“ Atemschutzgerät auszuwählen, um nicht „mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“.
Die Auswahl setzt zum einen die Kenntnis der Gegebenheiten am Arbeitsplatz und zum anderen das Wissen über die Funktion und Wirkungsweise der verschiedenen Atemschutzgeräte voraus. Muss man mit verschiedenen Schadstoffen in unbekannten Konzentrationen rechnen, wie sie zum Beispiel bei Bränden auftreten, kommen andere Geräte in die Auswahl, als für einen Arbeitsplatz, an dem ein bestimmter Stoff in einer durch Messungen belegten maximalen Konzentration auftreten kann.
Zulässige Tragezeit ermitteln
Mit der Auswahl des passenden Atemschutzgerätes legt man gleichzeitig auch eine mehr oder weniger starke Belastung für die Gerät tragenden Personen fest. Damit einher geht die Entscheidung, ob und nach welcher Gruppe eine arbeitsmedizinische Vorsorge (G26) notwendig wird und welche Tragezeitbegrenzungen bei der Planung der Tätigkeit zu beachten sind. Die zulässige Tragezeit muss grundsätzlich auf Basis der arbeitsplatzbezogenen Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden.
Um hierbei die physischen und psychischen Aspekte angemessen zu berücksichtigen, sollte immer eine Arbeitsmedizinerin oder ein Arbeitsmediziner mit einbezogen werden.
Eine Hilfestellung für die Verantwortlichen ist dazu im Anhang 2 der DGUV Regel 112–190 „Benutzung von Atemschutzgeräten“ mit der Tabelle 32 „Tragezeitbegrenzung für Atemschutzgeräte“ gegeben.
Die dort aufgelisteten Tragezeiten, Erholungszeiten und Schichtanzahlen wurden aus langjährigen Erfahrungen abgeleitet. Die Zahlen beruhen auf der Annahme, dass die Person eine mittelschwere Tätigkeit (AMV von 20 – 40 l/min) unter „normalen“ klimatischen Umgebungsbedingungen ausführen muss. Bei der Planung mit diesen Zahlen kann man davon ausgehen, dass für die Atemschutzgerät tragende Person auch auf Dauer nicht mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist, welche durch die zusätzliche Belastung durch das Atemschutzgerät bedingt sind.
Besondere Bedingungen beachten
Wenn unter Atemschutz schwere Arbeit verrichtet werden muss (AMV 40 l/min), oder außergewöhnliche klimatische Bedingungen bei der Tätigkeit herrschen, so ist die Tragezeit gegenüber den Angaben in der Tabelle zu verkürzen. Entsprechende Anpassungsfaktoren für verschiedene Bedingungen sind in der DGUV Regel 112–190 ebenfalls aufgeführt. Analog dazu kann bei „leichten“ Tätigkeiten die zulässige Tragezeit erhöht werden, wobei man hier mit in Betracht ziehen muss, dass eine an sich leichte Tätigkeit unter Atemschutz durchaus beschwerlich werden kann.
Die ebenfalls in der Tabelle angegebenen Erholungszeiten sind als Werte, bezogen auf die jeweils zulässige maximale Tragedauer dieses Gerätes, zu betrachten. Wird das Atemschutzgerät bei mittelschwerer Arbeit und normalen klimatischen Bedingungen kürzer getragen als die zulässige Tragedauer, so kann die Erholungszeit im gleichen Verhältnis reduziert werden. Wird die Tragezeit jedoch auf Grund von den oben genannten Anpassungsfaktoren gekürzt (schwere Arbeit, Klima, …), sollte die Erholungszeit in diesem Fall nicht gekürzt werden.
Bei der Planung und Ausführung von Tätigkeiten unter Atemschutz muss zudem beachtet werden, dass zum Beispiel die Standzeit von Gas- oder Kombinationsfiltern geringer sein kann als die zulässige Tragedauer, oder dass der Atemluftvorrat eines Isoliergerätes nicht für die eigentlich zulässige Tragedauer ausreicht.
Autor: Dipl.-Ing. Herbert Fischer
Sachgebiet Atemschutz, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.
Glossar
Tragezeit (auch Tragedauer):
Die Tragezeit ist der Zeitraum, in dem die Person bei der zu verrichtenden Tätigkeit aus dem Atemschutzgerät (z.B. Pressluftatmer) oder durch das Atemschutzgerät (z.B. Maske mit Filter) atmet. Das An- und Auskleiden, zum Beispiel bei Chemikalienschutzanzügen, zählt dabei nicht zur Tragezeit.
Atemwiderstand:
Unter Atemwiderstand versteht man den Widerstand, den das Atemschutzgerät dem Ein- und Ausatemluftstrom der Person entgegenbringt. Häufig wird dazu nur der Atemdruck angegeben, den die Person aufbringen muss, um den Atemwiderstand zu überwinden. Der Atemwiderstand eines Gerätes ist in der Regel abhängig vom Atemminutenvolumen der Atemschutzgerät tragenden Person.
Atemminutenvolumen (AMV):
Das AMV ist das Produkt aus dem Volumen eines Atemzuges und der Atemfrequenz. Es wird in Liter pro Minute angegeben. Es variiert in Abhängigkeit von der Belastung der Person. In Ruhe beträgt das AMV ca.10 l/min, bei mittelschwerer Arbeit ca. 20–40 l/min.
Linktipp:
- Hinweise, wie lange Schutzmasken getragen werden können, finden Sie auch in den FAQ zu SARS-CoV‑2 der BAuA.
Dort gibt es auch Empfehlungen zum ressourcenschonenden Einsatz von Schutzausrüstung.