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Arbeitsbedingte Lärmschwerhörigkeit

Gehör am Arbeitsplatz schützen
Arbeitsbedingte Lärmschwerhörigkeit

Arbeitsbedingte Lärmschwerhörigkeit
Foto: ©peterzayda - stock.adobe.com

Die Erkrankung „Lärm­schw­er­hörigkeit“ hält einen zweifel­haften Reko­rd: Seit vie­len Jahren gehört sie zu den am häu­fig­sten anerkan­nten Beruf­skrankheit­en Deutsch­lands. Dabei gibt es schon seit Jahrzehn­ten geeignete und wirkungsvolle Maß­nah­men, um das Gehör am Arbeit­splatz zu schützen. Richtig und kon­se­quent umge­set­zt, würde es nahezu keine Fälle berufs­be­d­ingter Lärm­schw­er­hörigkeit geben – diese These ver­tritt Peter Ham­mel­bach­er, Akustik­fach­mann der Beruf­sgenossen­schaft Holz und Met­all (BGHM). In einem Inter­view anlässlich des bun­desweit­en Aktion­stags gegen Lärm am 24. April 2019 erläutert er, wieso.

Herr Ham­mel­bach­er, wieso ist die Lärm­schw­er­hörigkeit noch immer die am häu­fig­sten anerkan­nte Beruf­skrankheit Deutsch­lands, obwohl es gute und geeignete Präven­tion­s­maß­nah­men gibt?

Peter Ham­mel­bach­er: Nie­mand wird von heute auf mor­gen schw­er­hörig, sieht man von sehr sel­te­nen Knallereignis­sen ab, die ein soge­nan­ntes Knall­trau­ma verur­sachen kön­nen. Das ist gut und schlecht zugle­ich. In nahezu allen anderen Fällen wird das Hörver­mö­gen meist über Jahre oder Jahrzehnte beein­trächtigt, ohne dass die betrof­fene Per­son die Verän­derung wahrn­immt. Das wirkt sich fatal aus, denn erst spät begin­nen viele sich Sor­gen zu machen – beispiel­sweise, wenn Gespräche am Arbeit­splatz nicht mehr gut ver­standen wer­den. Selb­st dann verge­ht oft noch etwas Zeit, bevor die Beschäftigten zum Betrieb­sarzt gehen. Lei­der ist es häu­fig bere­its zu spät: Der Hörschaden ist schon einge­treten und irre­versibel, da abgestor­bene Haarsin­neszellen im Innenohr nicht wieder wach­sen. Ein­mal ver­lorenes Hörver­mö­gen bleibt daher lebenslang verloren.

Das bedeutet, der Präven­tion kommt auch beim The­ma Lärm große Bedeu­tung zu – ger­ade weil die Gefahr so stark unter­schätzt wird?

Ham­mel­bach­er: Richtig. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei, das indi­vidu­elle Bewusst­sein für das Gefahren­poten­zial ein­er zu hohen Lärm­be­las­tung zu schär­fen. So hört sich zum Beispiel ein Pegelun­ter­schied von 10 dB(A) „nur“ dop­pelt so laut an, birgt aber eine zehn­fach höhere Gefährdung. Darüber klärt die BGHM in Infor­ma­tion­s­ma­te­ri­alien, in Sem­i­naren, bei Betrieb­s­besich­ti­gun­gen sowie im direk­ten Gespräch mit Ver­sicherten und Unternehmensver­ant­wortlichen auf und informiert über entsprechende Präventionsmaßnahmen.

Wie kön­nen Unternehmensver­ant­wortliche das The­ma im Betrieb ansprechen?

Ham­mel­bach­er: Die geset­zlich vorgeschriebene Gefährdungs­beurteilung eignet sich dafür sehr gut. Unternehmensver­ant­wortliche ermit­teln damit unter anderem, wie hoch die Gefährdung durch Lärm ist und leg­en Schutz­maß­nah­men fest. Bei ein­er solchen fachkundi­gen Ermit­tlung der Lärm­be­las­tung am Arbeit­splatz ist die BGHM ihren Mit­glieds­be­trieben gerne behil­flich. In regelmäßi­gen Unter­weisun­gen müssen die betrof­fe­nen Beschäftigten über die Kon­se­quen­zen der Gefährdungs­beurteilung informiert wer­den: beispiel­sweise arbeitsmedi­zinis­che Vor­sorge oder das Tra­gen eines Gehörschutzes. Der Arbeit­ge­ber ist außer­dem verpflichtet zu über­prüfen, ob die Beschäftigten sich an die Schutz­maß­nah­men hal­ten und beispiel­sweise den Gehörschutz auch tat­säch­lich richtig tragen.

Gibt es eigentlich eine Rei­hen­folge bei den Schutzmaßnahmen?

Ham­mel­bach­er: Ja. Es gibt eine Maß­nah­men­hier­ar­chie, die als STOP-Prinzip beze­ich­net wird. Das ste­ht für Substi­tu­tion sowie für tech­nis­che, organ­isatorische und persön­liche Schutz­maß­nah­men. Erst wenn eine Maß­nahme nicht den gewün­scht­en oder geforderten Erfolg bringt, ist die näch­ste Maß­nahmenebene zu ergreifen. Sub­sti­tu­ieren ste­ht an erster Stelle und bedeutet erset­zen: Lär­minten­sive Arbeitsver­fahren lassen sich mitunter zum Beispiel durch die Anschaf­fung ein­er leis­eren Mas­chine ver­mei­den. So entste­ht schädlich­er Lärm gar nicht erst – das ist die beste Präven­tion­s­maß­nahme. Per­sön­liche Schutz­maß­nah­men wie Schaum­stof­fohrstöpsel ste­hen deswe­gen auch am Ende dieser Rei­hen­folge, denn sie schützen zwar das Gehör vor Lärm, tra­gen aber nicht dazu bei, seine Entste­hung zu ver­hin­dern beziehungsweise die Lär­minten­sität am Entste­hung­sort zu verringern.

Was soll­ten Beschäftigte beim The­ma Per­sön­liche Schutz­maß­nah­men, also beim Gehörschutz, beachten?

Ham­mel­bach­er: Erstens: Der Gehörschutz muss richtig getra­gen wer­den, son­st hat man keine Schutzwirkung. Zweit­ens: Der Gehörschutz muss immer getra­gen wer­den, wenn man sich in einem entsprechen­den Lärm­bere­ich befind­et. Drit­tens: Beste­ht bere­its ein Gehörschaden, addiert sich dieser mit der Dämmwirkung eines Gehörschutzes so ungün­stig, dass Gespräche schlecht geführt wer­den kön­nen. Das kann dazu ver­leit­en, keinen Gehörschutz zu tra­gen – eine Abwärtsspi­rale set­zt ein. In solchen Fällen sollte immer ein Akustik­fach­mann um Rat gefragt wer­den, der mögliche Alter­na­tiv­en vorschla­gen kann.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen zum The­ma stellt die BGHM auf ihrer Web­site unter Web­code 599 und Web­code 3327 bereit.

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