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Treppenunfälle reduzieren: Was können Sicherheitsbeauftragte tun?

Innerbetriebliche Verkehrswege: Achtung, Treppenstufen!
Treppenunfälle reduzieren: Was können Sicherheitsbeauftragte tun?

Treppenunfälle reduzieren: Was können Sicherheitsbeauftragte tun?
Foto: © auremar - stock.adobe.com
Wir benutzen sie täglich, schenken ihnen aber kaum Aufmerk­samkeit – Trep­pen. Um die jährlich mehr als 44.000 Trep­pe­nun­fälle in Deutsch­land zu reduzieren, kön­nen Sicher­heits­beauf­tragte mit ihrem Engage­ment und Fach­wis­sen einiges beitragen.

Trep­pen sind über­all frei zugänglich. Hin­weiss­childer, die auf eine mögliche Sturzge­fahr hin­weisen, sucht man vergebens. Sind Trep­pen also über­haupt gefährlich?

Grund­sät­zlich sind bei der betrieblichen Gefährdungs­beurteilung fol­gende Unfall­risiken zu berücksichtigen:

  • stürzen und abstürzen
  • stolpern und umknicken
  • ab- und ausrutschen
  • schwere kör­per­liche Anstren­gung (zum Beispiel beim Auf­stieg über mehrere Geschosse)

Dass Trep­pen keineswegs unge­fährlich sind, zeigen Unfal­lzahlen der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (DGUV) aus Berlin. Im Jahr 2021 ereigneten sich in Deutsch­land etwa 44.000 Trep­pe­nun­fälle, die meis­ten davon in

  • indus­triellen, gewerblichen Bere­ichen (25,7 Prozent) – gefol­gt von
  • Kranken­häusern, Pflegeein­rich­tun­gen (15,6 Prozent),
  • Ver­wal­tungs­ge­bäu­den (12,6 Prozent) und auf
  • Baustellen (10,2).

Im Bericht­s­jahr wur­den zudem zwei tödliche Trep­pe­nun­fälle reg­istri­ert, bei­de ereigneten sich in Büroräu­men. Dadurch wird deut­lich, dass sich Trep­pen­stürze nicht nur in Gewer­be­be­trieben und auf Baustellen, son­dern auch in Ver­wal­tun­gen ereignen.

 

Treppenunfälle reduzieren: Sind Treppenstufen schlecht erkennbar, steigt das Sturzrisiko
Sind Trep­pen­stufen schlecht erkennbar, steigt das Sturzrisiko.
Foto: © Tischendorf

Den Unfallursachen auf der Spur

Unfal­lun­ter­suchun­gen ergaben, dass in der Ver­gan­gen­heit tech­nis­che, organ­isatorische und / oder per­sön­liche Ursachen zu Trep­pen­stürzen führten. Zu den tech­nis­chen Unfal­lur­sachen zählen bauliche Män­gel wie beispielsweise

  • zu geringe Auftrittsflächen,
  • unzure­ichende Rutschhem­mung der Trittflächen,
  • schlechte Beleuch­tun­gen oder
  • schw­er erre­ich­bare Lichtschalter.

Sicher­heits­beauf­tragte haben darauf keinen Ein­fluss, meis­tens han­delt es sich um beste­hende bauliche Gegeben­heit­en. Durch regelmäßige Betrieb­srundgänge kön­nen sie aber Defizite schnell erfassen und den zuständi­gen Vorge­set­zten informieren. In eini­gen Betrieben gibt es spezielle Meldesys­teme, die übri­gens allen Beschäftigten zur Ver­fü­gung stehen.

Sind Trep­pen durch Kisten, Kar­tons oder anderes zugestellt oder wer­den sie nicht fachkundig gere­inigt, zeigen sich organ­isatorische Defizite. Sie kön­nen durch opti­mierte Reini­gungspläne und die Bere­it­stel­lung weit­er­er Lager­flächen behoben wer­den. Zu den per­sön­lichen Unfal­lur­sachen gehören Eile, Unkonzen­tri­ertheit und ungeeignetes Schuh­w­erk. Nach Aus­sage der DGUV-Experten hät­ten außer­dem viele Ver­let­zun­gen ver­mieden wer­den kön­nen, wenn die Verun­fall­ten zum Unfal­lzeit­punkt den Hand­lauf umfasst hätten.

 

Beze­ich­nung von Treppenteilen
Grafik: © Tischendorf

 

Bauliche Anforderungen an Treppen

Trep­pen sind bauliche Ein­rich­tun­gen und unter­liegen deswe­gen dem Bauord­nungsrecht der Bun­deslän­der. Zusät­zlich enthal­ten die Arbeitsstät­ten­richtlin­ien beson­dere Anforderun­gen an Trep­pen, insbesondere

  • die ASR 17/1,2 „Verkehr­swege“ und
  • die ASR 12/1–3 „Schutz gegen Absturz und her­ab­fal­l­ende Gegenstände“.

Weit­ere Bauan­forderun­gen gel­ten für spezielle Baut­en wie Ver­samm­lungsstät­ten sowie Geschäfts- und Waren­häuser, die hier nicht näher betra­chtet werden.

Natürlicher Bewegungsablauf

Um Trep­pen sich­er bege­hen zu kön­nen, müssen sie aus­re­ichend große, ebene und tragfähige Trittstufen besitzen. Die Abmes­sun­gen der Treppe soll­ten dem natür­lichen Schrittmaß des Men­schen nachemp­fun­den sein. Für Trep­pen gilt als Beziehung zwis­chen Schrit­tlänge, Auftritt und Stei­gung (siehe Grafik) die soge­nan­nte Schrittmaß­formel: Auftritt + 2 x Stei­gung = 62 Zen­time­ter ±3 Zentimeter.

Beson­ders sich­er sind Trep­pen, deren Stufen einen Auftritt von 29 Zen­time­tern und eine Stei­gung von 17 Zen­time­tern besitzen. Außer­dem wer­den Nei­gungswinkel zwis­chen 28 und 30 Grad als angenehm emp­fun­den. Der natür­liche Bewe­gungsablauf des Men­schen sollte nicht unnötig unter­brochen wer­den, auch nicht durch die Anwen­dung von Podesten. Im Ver­lauf von Trep­pen sind Zwis­chen­podeste dann sin­nvoll, wenn mehr als 18 Stufen über­wun­den wer­den müssen.

 

Treppenunfälle reduzieren: Handläufe müssen so gestaltet sein, dass sie gerne umfasst werden
Han­dläufe müssen so gestal­tet sein, dass sie gerne umfasst wer­den.
Foto: © Tischendorf

Rutschhemmende Oberflächen

Die Ober­flächen der Trittstufen müssen rutschhem­mend aus­ge­führt sein. Inner­halb von Gebäu­den ist eine Rutschhem­mung der Bew­er­tungs­gruppe R 9 aus­re­ichend. In Bere­ichen, in denen mit Ölen, Fet­ten, Staub oder Abfällen zu rech­nen ist, wer­den höhere Bew­er­tungs­grup­pen (R 10 bis R 13) gefordert. Bei außen­liegen­den Trep­pen muss Regen­wass­er abfließen kön­nen, um Eis­glätte im Win­ter zu ver­mei­den. Zusät­zlich kann die Sicher­heit von Außen­trep­pen durch Über­dachun­gen oder Abschir­mungen verbessert werden.

Geländer

Die freien Seit­en von Trep­pen, Trep­pen­ab­sätze und Trep­penöff­nun­gen müssen gegen Absturz von Per­so­n­en durch Gelän­der gesichert sein. Die Gelän­der­höhe muss durchgängig min­destens 1,00 Meter betra­gen, bei Absturzhöhen von mehr als zwölf Metern beträgt die geforderte Gelän­der­höhe 1,10 Meter. Füll­stabgelän­der mit senkrecht­en Stäben sind Knieleis­ten­gelän­dern und ver­gle­ich­baren Aus­führun­gen vorzuziehen.

Die Öff­nun­gen der Füll­stabgelän­der soll­ten höch­stens 18 Zen­time­ter betra­gen, bei Anwe­sen­heit von Kindern max­i­mal 12 Zen­time­ter. In Schulen und Kindertage­sein­rich­tun­gen sind Knieleis­ten­gelän­der ver­boten, denn sie kön­nen leicht zum Auf­steigen, Klet­tern oder Über­steigen miss­braucht werden.

 

Treppenunfälle reduzieren: Farblich abgesetzte Stufenkanten und die integrierte Treppenbeleuchtung sorgen für eine optimale Erkennbarkeit der Trittflächen
Far­blich abge­set­zte Stufenkan­ten und die inte­gri­erte Trep­pen­beleuch­tung sor­gen für eine opti­male Erkennbarkeit der Trit­tflächen.
Foto: © Tischendorf

Handläufe

Han­dläufe bieten dem Trep­pen­be­nutzen­den einen sicheren Halt. Deshalb wird für Trep­pen min­destens ein Hand­lauf gefordert, möglichst in Abwärt­srich­tung auf der rechte Trep­pen­seite. Beträgt die Stufen­bre­ite mehr als 1,50 Meter, sind bei­d­seit­ig Han­dläufe vorzuse­hen. Trep­pen mit ein­er Stufen­bre­ite von mehr als 4,0 Metern benöti­gen zusät­zlich einen in der Mitte ange­bracht­en Zwischenhandlauf.

Han­dläufe soll­ten 30 Zen­time­ter vor der ersten Stufe begin­nen und in gle­ich­er Weise über die let­zte Stufe hin­aus­ge­führt wer­den. Um den Hand­lauf sich­er umgreifen zu kön­nen, sind runde oder ellip­tis­che Pro­fil­for­men anderen Aus­führun­gen wie etwa kanti­gen Flach­ma­te­ri­alien vorzuziehen. Sicheres Umgreifen des Hand­laufes ist möglich, wenn etwa drei Vier­tel des Hand­laufs von Dau­men und Zeigefin­ger ein­er Hand umschlossen wer­den kann.

Gute Erkennbarkeit

Um Trep­pen sich­er benutzen zu kön­nen, müssen die Stufen und ins­beson­dere die Stufenkan­ten gut erkennbar sein. Wie bei allen Verkehr­swe­gen ist auch bei Trep­pen eine aus­re­ichende Beleuch­tung erforder­lich. Für

  • Verkehrs­flächen / Flure mit Stufen und Absätzen sowie
  • Trep­pen

sollte die Beleuch­tungsstärke inner­halb von Gebäu­den min­destens 100 Lux (lx) betra­gen. Für Verkehr­swege auf Baustellen beträgt der Min­dest­wert 20 lx. Auf­grund der Gefährdungs­beurteilung kön­nen sich beson­ders für Verkehr­swege mit Trep­pen im Freien größere Werte ergeben.

 

Treppenunfälle reduzieren: Auch das Verhalten bei der Treppennutzung spielt eine Rolle in der Unfallprävention
Auch das Ver­hal­ten bei der Trep­pen­nutzung spielt eine Rolle in der Unfall­präven­tion.
Foto: © peopleimages.com — stock.adobe.com

Aus dem Tritt

Aus Unter­suchun­gen ist bekan­nt, dass sich die meis­ten Unfälle am Trep­pe­nende, das heißt beim Absteigen auf der let­zten Stufe (etwa 55 Prozent) ereignen. An zweit­er Stelle liegen Stürze am Trep­penan­fang (etwa 33 Prozent). Die meis­ten Stürze ereignen sich also dort, wo der natür­liche Bewe­gungsrhyth­mus des Men­schen gestört wird, der Trep­pen­be­nutzende also „aus dem Tritt“ kommt. Die optis­che Wahrnehmung der Stufenkan­ten ist deshalb wichtig, sie kann durch fol­gende Maß­nah­men verbessert werden:

  • far­blich unter­schiedliche Gestal­tung von Tritt- und Setzstufe
  • kon­trastre­iche Stufenkan­ten, die sich vom übri­gen Stufen­be­lag deut­lich absetzen
  • grober Ober­flächen­schliff der Stufenkante bei Beton- und Natursteinstufen
  • pro­fil­ierte Form­fliesen als Kante bei Fliesenbelägen
  • far­blich abge­set­zte Kan­ten­pro­file bei elastis­chen Bodenbelägen

Neue Gestal­tungs­for­men erlauben zudem eine Hin­ter­grund­beleuch­tung der Set­zstufen und verbessern dadurch die visuelle Wahrnehmung der Stufenkan­ten. Lichtschal­ter im Bere­ich von Fluren und Trep­pen soll­ten gut sicht­bar und leicht erre­ich­bar sein. Beleuch­tungskör­p­er, die mith­il­fe von Bewe­gungsmeldern ges­teuert wer­den, sind eine gute Alter­na­tive zu Schal­ter­sys­te­men, weil sie wil­len­sun­ab­hängig funk­tion­ieren. Zur Trep­pen­sicher­heit gehört außer­dem, defek­te Leucht­mit­tel rechtzeit­ig durch unter­wiesenes Per­son­al aus­tauschen zu lassen.

Verhaltensprävention

Unter Ver­hal­tenspräven­tion ver­ste­ht man vor­beu­gende Maß­nah­men, um sicheres und gesund­heits­gerecht­es Ver­hal­ten der Beschäftigten zu erre­ichen. Durch Infor­ma­tion, Beratung und Moti­va­tion kön­nen Trep­pe­nun­fälle ver­mieden wer­den. Zur Erin­nerung: Die häu­fig­sten ver­hal­tens­be­d­ingten Unfal­lur­sachen sind

  • ungeeignetes Schuh­w­erk
  • nicht beseit­igte Ver­schmutzun­gen der Trep­pen, beispiel­sweise durch Öle oder Flüssigkeiten
  • Aus­rutschge­fahr durch falsche Reini­gung und Pflege
  • Hin­dernisse durch abgestellte Waren, Kar­tons und dergleichen
  • Unacht­samkeit, Eile und Hast
  • Ablenkun­gen während des Gehens, zum Beispiel durch den Gebrauch von Mobiltelefonen
  • Sicht­be­hin­derung durch das Tra­gen von Gegenständen

Mit gutem Beispiel voran

Durch betriebliche Unter­weisun­gen beste­ht die Möglichkeit, sicher­heits­gerecht­es Ver­hal­ten zu erler­nen und dauer­haft beizube­hal­ten. Beson­ders bei Neulin­gen im Betrieb ist die Infor­ma­tion über mögliche Sturzge­fahren unverzicht­bar. Die soge­nan­nten „alten Hasen“ soll­ten stets mit gutem Beispiel vor­ange­hen. Vorge­set­zte soll­ten sich nicht scheuen, per­sön­lich­es Fehlver­hal­ten der Beschäftigten direkt anzus­prechen. Schließlich führt wieder­holt sicher­heitswidriges Ver­hal­ten nach ein­er gewis­sen Zeit zu unsicheren Gewohn­heit­en, die schw­er zu kor­rigieren sind.

Ansatz für Sicherheitsbeauftragte

Bei der Ver­hal­tenspräven­tion wird Sicher­heits­beauf­tragten übri­gens eine beson­dere Rolle zuteil. Zum einen sind sie ständig vor Ort und kön­nen möglich­es Fehlver­hal­ten der Kol­legin­nen und Kol­le­gen leicht erken­nen. Ander­er­seits ver­fü­gen sie über die notwendi­gen Ken­nt­nisse und Kom­pe­ten­zen, um pos­i­tive Ver­hal­tensweisen bei der Arbeit zu fördern beziehungsweise zu unterstützen.


Autor: Markus Tischendorf
Fachjournalist
 
Foto: © Dägling

Auf den Punkt gebracht

  • In Deutsch­land ereignen sich mehr Trep­pe­nun­fälle in Ver­wal­tun­gen als auf Baustellen, obwohl die Umge­bungs­be­din­gun­gen dort beispiel­sweise durch Wit­terung­se­in­flüsse oder Schmutz oft deut­lich schlechter sind.
  • Zwis­chen­podeste bei Trep­pen mit weniger als 18 Stufen sind nicht empfehlenswert, weil unbe­wusste Gangum­stel­lun­gen beim Betreten des Podests zum Stolpern oder Stürzen führt.
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