Täglich arbeiten Beschäftigte in lebensgefährlichen Höhen – etwa in der Industrie, auf Baustellen oder auf Windenergieanlagen. Ein Ausrutscher oder unachtsamer Tritt lässt sich dabei nie vollkommen ausschließen.
Um sich vor einem möglicherweise tödlichen Sturz in die Tiefe zu schützen, ist das Tragen von PSAgA deshalb Pflicht. Was häufig unterschätzt wird: Schon bei Einsätzen knapp über dem Boden kann ein Unfall schlimme Folgen haben. Stürze aus zwei Metern haben bereits zu Genickbruch, Querschnittslähmung oder sogar zum Tod geführt.
Etwa an freiliegenden Treppenläufen oder Bedienungsständen von Maschinen bei einer Höhe ab einem Meter und bei nicht-festen Arbeitsplätzen ab einer Höhe von zwei Metern ist Absturzsicherung insofern aus gutem Grund ein Muss.
Unternehmer sollten ihre Mitarbeitenden für dieses oft unterschätzte Unfallrisiko sensibilisieren. Zudem sind die gesetzlichen Vorschriften zu erfüllen. So müssen sie nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) eine Gefährdungsbeurteilung durchführen.
Diese gibt Aufschluss darüber, welche PSA in einem bestimmten Arbeitsbereich eingesetzt werden sollte, und kann beispielsweise auch die Notwendigkeit von Absturzsicherung aufzeigen.
Wie wichtig eine sorgfältig erstellte Gefährdungsbeurteilung ist, zeigen Statistiken. So wurden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zwischen 2009 und 2023 insgesamt 717 tödliche Arbeitsunfälle durch Absturz gemeldet. Dies geht aus einem kürzlich veröffentlichten Faktenblatt hervor. Bei 434 dieser Arbeitsunfälle ist bekannt, dass eine Gefährdungsbeurteilung vorlag; in 200 Fällen war diese jedoch unvollständig.
Hersteller bieten Unterstützung
Mit dem Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung tun sich Arbeitgeber bisweilen noch schwer. Denn insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben kann es vorkommen, dass Unternehmer oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit in dem vielschichtigen Themenfeld der Arbeitssicherheit noch keine oder kaum Berührungspunkte mit Absturzsicherung gehabt haben.
Daher empfiehlt es sich, schon frühzeitig auf die Hilfe von Spezialisten zu setzen. So sind führende Hersteller von Absturzsicherungen heutzutage mehr als bloße Produktlieferanten. Sie begleiten Unternehmen bereits bei der Gefährdungsbeurteilung zum Thema Absturzsicherung und helfen auch bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen.
Welche Produkte zur Absturzsicherung notwendig sind, lässt sich nie pauschal festlegen. Weil sich Arbeitsbereiche stark unterscheiden, sollte immer im Einzelfall entschieden werden, welche Lösung am besten erscheint. Wer aber nur selten mit dem Thema zu tun hat, kann an dieser Stelle Fehler machen. Je komplexer die Anforderungen an den jeweiligen Einsatzort sind, desto mehr Detailwissen ist gefragt. Daher ist es wichtig, sich schon in dieser frühen Phase fachkundig beraten zu lassen.
Akzeptanz für die Ausrüstung
Die Anschaffung der Ausrüstung übernimmt der Unternehmer. Es empfiehlt sich, auch die Mitarbeitenden im Vorfeld einzubeziehen. Denn deren Akzeptanz für die Ausrüstung ist ein entscheidender Faktor dafür, dass sie auch getragen wird – und Beschäftigte nicht darauf verzichten, etwa weil sie nicht passt, unbequem ist oder beim Arbeiten als störend wahrgenommen wird.
Gleichzeitig sollten Unternehmer bedenken, dass nicht jede Person für Höhenarbeiten geeignet ist – sei es aus gesundheitlichen Gründen oder weil sie sich dabei nicht wohlfühlt. Die Mitarbeitenden sollten daher eine Vorsorgeuntersuchung für Arbeiten mit Absturzgefahr durchlaufen.
Diese entscheidet über die persönliche Eignung und muss in regelmäßigen Abständen erneuert werden. Die Untersuchung ist zwar keine Pflicht, eine lückenlos durchgeführte Gefährdungsbeurteilung wird in diesem Zusammenhang aber in der Regel die Notwendigkeit einer Untersuchung ergeben.
Rettungskonzept als zentraler Faktor
Passende Schutzmaßnahmen und die Eignung des Personals sind wesentliche Aspekte, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ableiten lassen. Ebenso wichtig ist eine weitere Frage, mit der sich Unternehmen beschäftigen müssen: Was passiert im Notfall? Dieses Thema wird bisweilen noch stark vernachlässigt.
Dabei müssen Unternehmen auf Basis der Gefährdungsbeurteilung auch entsprechende Rettungskonzepte entwickeln, wie sie etwa in der DGUV-Regel 112–199 beschrieben werden. Dazu gehören beispielsweise die Rettung von Verunfallten aus einem Schacht oder aus einer Steigschutzeinrichtung oder die Rettung von einer über einer Absturzkante freihängenden Person.
Die Praxis hat gezeigt, dass sich manche Unternehmer nicht damit beschäftigen – meistens aus Unwissen. Sie glauben, dass für solche Notfälle die Feuerwehren zuständig sind. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Denn diese können in den meisten Fällen den Einsatzort gar nicht in adäquater Zeit erreichen und sind – mit Ausnahme spezieller Höhenrettungseinheiten – gar nicht dafür ausgebildet.
Daher muss jeder Unternehmer sicherstellen, dass eine Rettung verunfallter Personen durch eigenes Personal gewährleistet werden kann. Mit der Aktualisierung der DGUV-Regel 112–199 im Juli 2022 sind Rettungskonzepte und deren Bedeutung noch einmal deutlicher in den Fokus gerückt. So wurden Kapitel und Anhänge ergänzt, die sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigen.
Pflicht zur Unterweisung
Wenn es um die Arbeitssicherheit geht, sind die Mitarbeitenden mindestens einmal jährlich zu Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Rettungskonzepten zu unterweisen. Das gehört ebenfalls zu den Pflichten von Unternehmern. Die Praxis zeigt, dass sie dieser nur unzureichend nachkommen können, wenn sie nur unregelmäßig mit Absturzsicherung zu tun haben.
Das hat auch damit zu tun, dass für Unterweisende gemäß DGUV-Grundsatz 312–001 klare Vorgaben gelten. Dazu zählen beispielsweise die Ausbildung zum Ersthelfer sowie Praxiserfahrung. Führende Hersteller von PSAgA und Absturzsicherungen verfügen über Personal, das die umfangreichen Kriterien erfüllt, und können auch hier mit einem umfangreichen Schulungsangebot Hilfestellung geben.
Zur Person
Eric Ziegler (rechts) arbeitet seit 2014 bei Skylotec als Ausbilder für Personen, die etwa in der Industrie, der Windenergie oder in der Instandhaltung Arbeiten am Seil durchführen möchten. Der Fachmann ist seit 2021 beim Verband „Industrial Rope Access Trade Organisation“ (IRATA) Präsident des Regionalkomitees für die DACH-Region, zudem ausgebildete Fachkraft für Arbeitssicherheit und Mitglied in Arbeitskreisen, die sich mit Sicherheit und Standards bei Höhenarbeiten beschäftigen. So hat Ziegler beispielsweise an der Aktualisierung der DGUV-Regel 112–119 und an der Erstellung des DGUV-Grundsatzes 312–003 mitgewirkt, der die fachlichen Inhalte und normativen Anforderungen für Prüfungen von Höhenarbeitern und Höhenarbeiterinnen beschreibt.