Funktion wird aus der Praxis entwickelt, die Kategorisierung erledigt das Regelwerk. In diesem Jahr sind die neuen Normfassungen EN ISO 20345:2022 und EN ISO 20347:2022 in Kraft getreten. Zwei neue Schutzklassen (S6/S7) erweitern die Leistungsstufen, die sich damit ausdifferenzieren, in dem Fall um dauerhafte Wasserdichtigkeit durch neue Schutzmembranen.
Weitere Änderungen sind die Regelungen zu Rutschhemmung, Durchtrittschutz und Kraftstoffbeständigkeit. Letzteres kann jetzt freiwillig geprüft werden und ist nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Nach der neuen Norm muss jeder getestete Schuh rutschsicher auf Keramikfliesen mit Reinigungsmitteln sein – das wird jedoch nicht mehr explizit ausgezeichnet. Zusätzlich kann die Schuhsohle freiwillig weiteren Rutschprüfungen auf Keramikfliesen mit Glycerin unterzogen werden, die bei Bestehen zur höchsten Rutschsicherheit führen.
Zur Info für alle Einkäufer: Sicherheitsschuhe, die nach dem 30. März 2023 in Verkehr gebracht werden, müssen nach EN ISO 20345: 2022 zertifiziert sein. Schuhe, die bereits auf dem Markt sind und deren Zertifikat noch gültig ist, müssen jedoch erst dann nach der neuen Norm zertifiziert werden, wenn das Zertifikat sein Ablaufdatum erreicht hat, auch wenn dieses nach dem 30. März 2023 liegt. Die EU-Baumusterprüfung hat eine Gültigkeit von fünf Jahren. Daher werden in nächster Zeit sowohl nach neuen als auch nach alten Normen zertifizierte Produkte auf dem Markt verfügbar sein, da heißt es für Einkäufer, aufmerksam sein.
Auf der A+A gab es beides zu sehen – den Abverkauf der älteren Kollektionen wie auch bereits die neuzertifizierten S6- und S7-Modelle. Ein willkürliches Beispiel: Das deutsche Unternehmen Steitz Secura präsentierte seine Kollektion 2024, deren Schuhe allesamt normgerecht zertifiziert sind. Besonders hervorzuheben ist die brandneue Serie an Feuerwehrstiefeln. Auch hier trifft Design auf Funktion. Was die Funktion anbetrifft, hat ein Partner entscheidenden Anteil am Erfolg. In Zusammenarbeit mit Gore-Tex haben mittlerweile zwölf Schuhhersteller deren Obermaterialtechnologie Extraguard für Sicherheitsschuhe eingesetzt.
Haptischer Test auf der Messe bei Gore: Das Material ist schon im trockenen Zustand deutlich leichter als Leder. In nasser Umgebung nimmt es kaum Feuchtigkeit von außen auf; Leder hingegen schon, wenn die Anfangsimprägnierung verschwunden ist. Dann wird der Sicherheitsschuh nicht nur deutlich schwerer, sondern er entzieht dem Fuß auch noch Wärme. Außerdem bedingt dies auch eine lange Rücktrocknungszeit, was bei täglichem Einsatz im Regen unangenehm sein kann. Noch dazu verbraucht das Material weniger Chemikalien und Wasser in der Produktion und so ist der CO2-Ausstoß im Vergleich deutlich niedriger.
Koppeln lassen sich Sicherheitsschuhe auch mit einem weiteren Trend der A+A: der Digitalisierung. Natürlich ist auch PSA schon digital: So hat uvex beispielsweise eine digitale Sohle entwickelt, die Alleinarbeiter schützen soll. Sobald der integrierte Sensor merkt, dass keine Bewegung mehr stattfindet, der Träger reglos ist, gibt er ein Signal an die Leitstelle aus.
Eine gute Passform erhöht den Tragekomfort und damit die Akzeptanz. Atlas bietet mit dem BOA-Fit-System eine genaue Anpassung an die individuelle Passform bei seinen Schuhen der Schutzklasse S1.
Gewichtsoptimierung ist auch ein Thema für den Tragekomfort, dem sich auch Elten verschreibt. Am Niederrhein wird nicht nur mit orthopädischer Schuhtechnik an Entwicklungen wie dem kontinuierlich verbessertem Umknickschutz gearbeitet, sondern auch daran, den kompletten Produktzyklus zukünftig fair zu gestalten. So verwendet Elten für seinen Ledereinsatz heimische Rinder aus Deutschland und den Niederlanden und lässt es auch regional gerben – umwelt- und gesundheitsschonend.
Voll im Trend – Nachhaltigkeit war das Thema auf der Messe: Der Einsatz von recycelten und recyclingfähigen Materialien, tierfreie Leder, Reparatur und Reinigung von Textilien statt Neuanschaffung, langlebige Komponenten, Wiederverwendung alter Produkte, Entwicklung neuer Fasern … Tatsächlich berichteten einige Hersteller, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Materialien bis dato noch wenig aus dem Markt komme, man sich aber rüste.
Wenn Unternehmen zukünftig ihre CO2-Bilanz ausweisen müssen, geht es um viel Geld. Hoffen wir, dass es nicht beim Green Washing bleibt, sondern neben Funktion und Style auch saubere Umwelt- und faire Produktionsbedingungen Einzug in die Haute Couture der Arbeitswelt finden.