Startseite » Organisation »

Mobiles Arbeiten: Chancen und Risiken

Studie „Mobile Arbeit – Sozialpartnerstudie 2023“
Mobiles Arbeiten: Chancen und Risiken

Mobiles Arbeiten: Chancen und Risiken
© Vertex Space - stock.adobe.com

Mobiles Arbeit­en wird immer mehr zur Selb­stver­ständlichkeit. Das wirft zahlre­iche Fra­gen auf: Wie sehen die betrieblichen Regelun­gen aus? Wo find­et mobile Arbeit am häu­fig­sten statt, welche Chan­cen bietet sie und warum entschei­den sich manche Mitar­bei­t­ende dage­gen? In der Studie „Mobile Arbeit – Sozial­part­ner­studie 2023“ gibt das Fraun­hofer IAO gemein­sam mit IGBCE und BAVC Antworten auf diese und weit­ere Fragen.

Mobile Arbeit ist gekom­men, um zu bleiben und fes­ter Bestandteil der Arbeitswelt in der chemisch-phar­mazeutis­chen Indus­trie: Mobil arbei­t­ende Beschäftigte sind an durch­schnit­tlich zwei bis drei Tagen pro Woche im Home­of­fice. In der Studie äußern sie zugle­ich den Wun­sch nach drei bis vier Tagen mobil­er Arbeit pro Woche.

Doch nicht alle, deren Tätigkeit mobiles Arbeit­en erlaubt, nutzen diese Möglichkeit. Die Gründe dafür sind vielfältig: Gut ein Drit­tel dieser Gruppe von Befragten arbeit­et lieber im Betrieb. Für knapp 30 Prozent ist die eigene Führungskraft ausschlaggebend.

Rund 70 Prozent der teil­nehmenden Betriebe ver­fü­gen über eine Betrieb­svere­in­barung mit der Möglichkeit zum orts­flex­i­blen Arbeit­en. Weit­ere 24 Prozent arbeit­en an ein­er betrieblichen Regelung. Die Regelungsin­halte vari­ieren dabei jedoch deut­lich. Das sind die zen­tralen Ergeb­nisse der bun­desweit derzeit größten Studie zum mobilen Arbeiten.

Mehr als 20.000 Beschäftigte der Chemie- und Pharmabranche befragt

Unter wis­senschaftlich­er Leitung des Fraun­hofer-Insti­tuts für Arbeitswirtschaft und Organ­i­sa­tion IAO wur­den dazu in Zusam­me­nar­beit mit dem Bun­de­sar­beit­ge­berver­band Chemie (BAVC) und der Indus­triegew­erkschaft Berg­bau, Chemie, Energie (IGBCE) im Som­mer 2023 mehr als 20 000 Beschäftigte, Führungskräfte, Betrieb­sräte und HR-Ver­ant­wortliche der Chemie- und Pharmabranche in knapp 70 Unternehmen befragt. The­men waren Pro­duk­tiv­ität­sef­fek­te mobil­er Arbeit, Auswirkun­gen auf die Arbeit­sor­gan­i­sa­tion und Arbeitsin­halte sowie soziale und finanzielle Auswirkungen.

Man­gel­hafte Ausstat­tung im Homeoffice?

Im Brück­en­ab­schluss der Tar­ifrunde 2022 hat­ten die Sozial­part­ner IGBCE und BAVC vere­in­bart, mit Hil­fe der Stu­di­energeb­nisse zu prüfen, ob es tar­if­poli­tis­chen Hand­lungs­be­darf zum mobilen Arbeit­en gibt. Die Studie bildet primär das Mei­n­ungs­bild der mobil arbei­t­en­den Beschäftigten ab.

In den organ­isierten Betrieben der chemisch-phar­mazeutis­chen Branche arbeit­en nach Schätzun­gen des Fraun­hofer IAO etwa 16 Prozent der 585 000 Beschäftigten mobil. Die Möglichkeit zum mobilen Arbeit­en ste­ht in direk­tem Zusam­men­hang mit der beru­flichen Qual­i­fika­tion: Je mehr Wis­sensar­beit, desto dig­i­taler und damit mobil­er die Arbeit.

Oliv­er Hein­rich, Tar­ifvor­stand der IGBCE:
„Mobiles Arbeit­en reduziert Stress, erle­ichtert ungestörtes Arbeit­en und ist für viele Chemie-Beschäftigte aus ihrem Arbeit­sleben nicht mehr wegzu­denken. Die Studie zeigt deut­lich: Dafür, wieder dauer­haft auf fünf Tage Anwe­sen­heit im Büro zu drän­gen, gibt es keine Argu­mente. Was wir aber brauchen, sind klare Regeln für alle Aspek­te der mobilen Arbeit, um die Beschäftigten zu schützen. Wir müssen der wach­senden Ent­gren­zung von Arbeit und Pri­vatem ent­ge­gen­zuwirken, der Schutz der psy­chis­chen Gesund­heit darf nicht allein Pri­vat­sache sein. Fest­gelegt und respek­tiert wer­den müssen deshalb neben Fra­gen der Erre­ich­barkeit beispiel­sweise auch Zeit­en der Nichter­re­ich­barkeit. Da müssen wir aktiv wer­den und die Impulse als der Studie nutzen. Wir sehen einen klaren tar­if­poli­tis­chen Handlungsauftrag.“

Dr. Josephine Hof­mann, Lei­t­erin des „Teams Zusam­me­nar­beit und Führung“ am Fraun­hofer IAO:
„Mobile Arbeit bietet ein bre­ites Spek­trum an Flex­i­bil­ität bei der Wahl des Arbeit­sorts, doch die Sozial­part­ner­studie zeigt, dass sie nach wie vor zu einem großen Teil von zu Hause aus geleis­tet wird. Und sie ist mit vie­len beacht­enswerten Aspek­ten ver­bun­den, wie ich mit meinen bei­den Co-Autoren Alexan­der Piele und Chris­t­ian Piele in der Sozial­part­ner­studie her­aus­gear­beit­et habe. Mobile Arbeit wirkt sich etwa pos­i­tiv auf die Pro­duk­tiv­ität im Sinne von konzen­tri­ertem und störungs­freiem Arbeit­en aus. Zu beacht­en sind aber auch Her­aus­forderun­gen wie das The­ma Führung auf Dis­tanz. Die Studie zeigt, dass Führungskräfte durch den kom­mu­nika­tiv­en Mehraufwand belastet wer­den. So muss die gerin­gere Präsenz der Mitar­bei­t­en­den teil­weise durch ein Mehr an Kom­mu­nika­tion kom­pen­siert wer­den. Manche Aspek­te wie Kon­flik­te und Unter­stützungs­be­darf kön­nen nicht ›ein­fach so‹ über den Schreibtisch hin­weg wahrgenom­men wer­den, wenn man nicht gemein­sam im Büro ist. Führungskräfte müssen diese in geplanten Gesprächssi­t­u­a­tio­nen aktiv erfra­gen bzw. her­ausar­beit­en. Den­noch ste­hen die Führungskräfte, die bere­its Erfahrun­gen mit mobil­er Arbeit in ihrem Team gemacht haben, dem The­ma zumeist sehr pos­i­tiv gegenüber: So haben etwa rund 77 Prozent den Ein­druck, dass ihre Mitar­bei­t­en­den an der gestiege­nen Eigen­ver­ant­wor­tung wachsen.“

Ergonomie: Arbeitss­chutz bei mobil­er Arbeit

Dr. Klaus-Peter Stiller, BAVC-Hauptgeschäftsführer:
„Mobiles Arbeit­en ist aus dem Arbeit­sall­t­ag der chemis­chen Indus­trie nicht mehr wegzu­denken. Die neue Arbeitswelt funk­tion­iert her­vor­ra­gend — und das ohne neue Geset­ze. Die Sozial­part­ner im Betrieb und auf Branch­enebene nehmen ihre Ver­ant­wor­tung wahr. Aus Arbeit­ge­ber­sicht beste­ht derzeit kein akuter tar­if­poli­tis­ch­er Hand­lungs­be­darf. Chemie-Beschäftigte ver­fü­gen über eine gute Ausstat­tung, um effek­tiv mobil zu arbeit­en. Und sie nehmen neben den Vorteilen des mobilen Arbeit­ens auch die Risiken wahr: Um der Ero­sion des sozialen Zusam­men­halts vorzubeu­gen, braucht es wieder mehr per­sön­liche Begeg­nun­gen in den Betrieben. Es gilt, den jahrzehn­te­lan­gen Wet­tbe­werb­svorteil der engen per­sön­lichen Zusam­me­nar­beit zwis­chen Pro­duk­tion, Forschung und admin­is­tra­tiv­en Bere­ichen am Stan­dort Deutsch­land auch in Zukun­ft zu nutzen.“

Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick:

Mobiles Arbeit­en bietet Vorteile für Vere­in­barkeit: Für Mitar­bei­t­ende geht die Arbeit von zu Hause häu­fig mit Stressre­duk­tion, mehr Zeit für soziale Kon­tak­te und besser­er Vere­in­barkeit von Arbeit und Pri­vatem ein­her. So bericht­en knapp drei Vier­tel der Beschäftigten von weniger Stress durch mobiles Arbeiten.

Risiko der Ent­gren­zung: Mobile Arbeit kann zu ein­er fehlen­den klaren Grenzziehung zwis­chen Arbeit und Pri­vatleben führen. Mehr als ein Vier­tel der Befragten gab an, die Tren­nung von Beru­flichem und Pri­vatem als Her­aus­forderung zu sehen; zudem ist häu­figes mobiles Arbeit­en mit einem kom­mu­nika­tiv­en Mehraufwand für Führungskräfte verbunden.

Arbeit von zu Hause pro­duk­tiv­er: Knapp 90 Prozent der Befragten berichteten, dass sie mobil störungs­freier und konzen­tri­ert­er arbeit­en. Gut zwei Drit­tel gaben an, weniger unpro­duk­tive Zeit­en zu haben.

Desk­shar­ing pos­i­tiv­er als sein Ruf: Desk­shar­ing stößt bei drei Vierteln der Befragten mit Desk­shar­ing-Erfahrung auf pos­i­tive Resonanz.

Gefahr sozialer Ero­sion: Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, weniger sozialen Aus­tausch zu haben und knapp ein Vier­tel stellte weniger kreatives Zusam­me­nar­beit­en fest. Das kann länger­fristig neg­a­tive Fol­gen für Pro­duk­tiv­ität, Zusam­me­nar­beit, betriebliche Bindung und Inno­va­tion­skraft haben. Sin­nvoll ist deshalb ein Mix aus mobil­er und betrieblich­er Arbeit.

Quelle: Fraun­hofer IAO

Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de