Im Jahr 2021 erledigten 25 Prozent der Beschäftigten in Deutschland ihre Arbeit im Homeoffice. Damit hatte sich der Anteil der Homeworker gegenüber dem Vor-Pandemie-Stand verdoppelt. Die coronabedingten Lockdowns und die damit in Verbindung stehende Pflicht zum Homeoffice verschafften der Frage, ob ein für die Arbeit genutztes Privatgerät zum Arbeitsmittel wird, eine ganz neue Priorität. Gänzlich neu ist sie allerdings auch nicht, da sie zuvor schon gelegentlich in Bezug auf am Arbeitsplatz verwendete Privatgeräte wie Ladegeräte oder Powerbanks aufkam.
Im Prinzip ist die Antwort auf diese Frage einfach: Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) enthält in § 5 (4) die Aussage: „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.“
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass an Privatgeräte, die für die Arbeit genutzt werden, die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an alle sonstigen Arbeitsmittel im Sinne der BetrSichV – sofern der Arbeitgeber die Verwendung dieser Geräte für die Durchführung von Arbeiten ausdrücklich gestattet.
Sicheres Arbeitsumfeld Pflicht
Etwas anders verhält es sich mit jenen Privatgeräten, die für die Durchführung der eigentlichen Arbeit nicht erforderlich sind, jedoch aus privaten Gründen zum Arbeitsplatz mitgenommen werden, wie zum Beispiel Kaffeemaschinen oder Radios. Was als Arbeitsmittel im Sinne der BetrSichV gilt, regelt diese in § 2 (1) in wenigen Worten: „Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden […].“
Aber auch wenn Geräte, die für die Ausübung der eigentlichen Arbeit nicht benötigt werden, nicht als Arbeitsmittel im Sinne der BetrSichV gelten, müssen sie dennoch sowohl sicherheitstechnisch bewertet als auch für sie geeignete Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, denn der Arbeitgeber ist gemäß § 3 (1) des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verpflichtet, „[…] die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.“
Mit anderen Worten: Nicht nur die Arbeitsmittel, sondern auch das gesamte Arbeitsumfeld muss sicher sein, sodass auch Privatgeräte am Arbeitsplatz in die Gesamtbetrachtung mit einfließen müssen.
Trautes Heim, Glück allein?
An Arbeitsplätzen, die für den Arbeitgeber ohne Weiteres zugänglich sind, ist diese Anforderung durchaus umsetzbar, doch wie sieht es damit an Arbeitsplätzen im privaten Umfeld der Beschäftigten aus? Sofern es nicht durch einen entsprechenden Passus in der Homeoffice-Regelung berücksichtigt wurde, hat der Arbeitgeber kein Zutrittsrecht zu den Privaträumen der Beschäftigten.
Bei den im Homeoffice verwendeten Geräten handelt es sich in der Regel um die gleichen, die auch im Büro genutzt werden: Computer, Monitore, Drucker, (Mobil-)Telefone, Arbeitsplatzleuchten sowie die zur Stromversorgung notwendigen Anschlussleitungen.
Sowohl auf diese Geräte als auch auf den gesamten Arbeitsplatz kann deshalb grundsätzlich die Gefährdungsbeurteilung für Bildschirmarbeitsplätze angewendet werden – mitsamt den daraus abgeleiteten Maßnahmen wie Arbeits- und Betriebsanweisungen, Checklisten oder Unterweisungen zur ergonomischen Einrichtung des Arbeitsplatzes sowie zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Arbeitsmittel.
Die Einschränkung „grundsätzlich“ ist notwendig, weil zwischen Büro und Heimbüro womöglich doch gewisse Unterschiede bestehen und die Gefährdungsbeurteilung angepasst werden muss. Denn während die seitens des Arbeitgebers zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel üblicherweise aus dem Fachhandel bezogen werden und deshalb davon auszugehen ist, dass sie für den Anwendungszweck sowohl geeignet als auch sicher sind, kann dies für privat beschaffte Arbeitsmittel nicht pauschal angenommen werden.
Mangel ist nicht gleich Mangel
Wer schon einmal ein Büromuseum besucht hat, mag sich die Frage gestellt haben, wie man sich in früheren Zeiten nach einem zehnstündigen Arbeitstag auf einem nicht auf die eigenen Körpermaße einstellbaren, ungepolsterten Holzstuhl gefühlt haben mag. Es war zwar ein langer Weg mit vielen Zwischenstufen, bis die heutigen Erkenntnisse zur Büroergonomie Einzug in die Arbeitswelt gefunden haben, doch letztendlich wurde erkannt, dass sowohl Verbesserungen des Gesundheitsschutzes als auch der Effektivität durch eine optimierte Arbeitsplatzgestaltung unter einen Hut gebracht werden können. Höhenverstellbare und ausreichend bemessene Arbeitstische sind deshalb heute vielerorts ebenso selbstverständlich wie ergonomisch geformte Tastaturen oder Computermäuse.
Diese Selbstverständlichkeiten lassen sich jedoch nicht generell auf das Heimbüro übertragen. Weitaus weniger Mitarbeitende als im Büro verfügen auch in ihrem Zuhause über einen höhenverstellbaren Schreibtisch. Realistisch betrachtet wird es sogar einen gewissen Anteil von Beschäftigten geben, die mangels geeigneten Mobiliars ihre Büroarbeit auf der Couch liegend oder am Küchentisch sitzend verbringen. Und das wäre ein deutlicher Schritt zurück in jene Richtung, die wir aus dem Büromuseum kennen.
Auf der anderen Seite führt die oft zitierte „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ (oder allgemeiner: „Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben“) dazu, dass man nicht mehr acht Stunden lang durchgehend an einem Platz arbeiten muss, sondern die Arbeiten öfters unterbrechen oder den Arbeitsort wechseln kann. Dies liegt ganz im Interesse der Bewegungsförderung, weshalb die Ansprüche an die Ergonomie des Arbeitsplatzes gegebenenfalls unter einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet werden können.
Dies soll kein Aufruf dazu sein, die Prinzipien der Büroergonomie daheim über den Haufen zu werfen, aber wenn sich neue Ausgleichsmöglichkeiten ergeben, können diese Faktoren auch in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden.
Ansätze zum Aufrüsten
Während Defizite in der Arbeitsplatzgestaltung je nach den örtlichen Gegebenheiten schwierig zu beheben sind, lassen sich Defizite an den Arbeitsmitteln oft relativ einfach durch technische Aufrüstungen ausgleichen, so zum Beispiel durch den Anschluss externer Tastaturen oder zusätzlicher Monitore.
Neben der Frage der Eignung des häuslichen Arbeitsplatzes und seiner Ausstattung muss aber auch die Frage nach der Qualität betrachtet werden: Ist der ursprünglich für das gelegentliche Verfassen einer E‑Mail in einem Möbel-Discounter gekaufte Bürostuhl tatsächlich auch für die tägliche mehrstündige Arbeit geeignet? Oder weist der heiß laufende und ständig nachzuladende Handyakku schon auf einen Mangel hin?
Die drei ??? der Elektrosicherheit
Fragen zur Büroergonomie lassen sich meist noch mit Hilfe von Checklisten in den Griff bekommen. Demgegenüber ist die Frage nach der Eignung und Sicherheit der für die Arbeit genutzten Privatgeräte jedoch deutlich schwieriger zu beantworten. Auf drei Gerätetypen sollte ein besonderes Augenmerk gelegt werden, denn egal ob im Büro oder von zu Hause aus gearbeitet wird: Ohne Mehrfachsteckdosenleisten, Ladenetzgeräte und Lithium-Ionen-Akkumulatoren (kurz: Akkus) kommt heutzutage kaum ein Arbeitsplatz aus. Aber ausgerechnet diese Geräte können erhebliche Gefahrenquellen darstellen, und zwar insbesondere dann, wenn sie aus zweifelhaften Quellen wie dem Internethandel bezogen wurden.
1. Verlängerungen und Steckdosenleisten
Immer wieder wird von Bränden berichtet, die von Verlängerungsleitungen und Mehrfach-Steckdosenleisten ausgingen. Der Grund liegt in teilweise haarsträubenden Mängeln, darunter fehlende Schutzleiter, unzureichende Leitungsquerschnitte, mangelnder Anpressdruck an den Kontakten oder nicht ausreichende Zugentlastungen. Da die meisten dieser Mängel von außen nicht erkennbar sind, die Geräte oft gefälschte Sicherheitskennzeichnungen aufweisen und im Normalbetrieb auch funktionieren, gehen Laien in der Regel von einem ordnungsgemäßen, sprich sicheren Zustand aus.
Doch selbst wenn diese Geräte technisch einwandfrei sind, können sie durch unsachgemäße Nutzung Gefahrenstellen darstellen. Deshalb gilt sowohl im Büro als auch im Homeoffice, dass schädigende Einflüsse wie insbesondere Zug‑, Druck- oder Quetschbeanspruchungen sowie Knick- oder Scheuerstellen ebenso zu vermeiden sind wie Schmutz, Feuchtigkeit sowie Hitze beziehungsweise Kälte. Ebenso darf keinesfalls die maximale Belastbarkeit überschritten werden.
2. Lithium-Ionen-Akkumulatoren
Lithium-Ionen-Akkumulatoren stellen ebenfalls eine Gefahrenquelle dar, über die in den Medien regelmäßig berichtet wird. Auch hier sind die Gründe oft auf mangelhafte Produktqualität oder unsachgemäßen Umgang zurückzuführen. Lithium-Ionen-Akkus reagieren besonders empfindlich auf mechanische Einwirkungen und auf die Überschreitung der Maximaltemperatur. In beiden Fällen können im Inneren chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, die zur unaufhaltsamen Selbsterhitzung, dem Thermal Runaway („thermisches Durchgehen“), führen.
Gleiches gilt für Überlastungen, insbesondere von tiefentladenen oder sehr kalten Akkus. Problematisch sind nicht selten auch Reparaturen: Einerseits ist die Gefahr recht groß, bereits beim Kauf eines Ersatzakkus ein Plagiat zu erwerben, andererseits können auch beim Austausch Fehler gemacht werden, die erst mit Verzögerung zutage treten. Beschäftigte sollten deshalb stets die folgenden Punkte beachten:
- Geräte mit Lithium-Ionen-Akku sollten niemals unbeaufsichtigt betrieben werden. Dazu zählt auch der Ladevorgang!
- Starke Erwärmung, aufgewölbte Gehäuse sowie verfärbte oder geschmolzene Kunststoffe weisen auf einen sich anbahnenden Thermal Runaway hin. Diese Geräte dürfen nicht weiter betrieben werden und sollten an einen Ort gebracht werden, wo sie bis zum Auskühlen keinen Schaden anrichten können. Lithium-Ionen-Akkus dürfen keinesfalls über den Hausmüll entsorgt werden!
- Geräte mit Lithium-Ionen-Akku dürfen nur mit dem zum jeweiligen Gerät passenden Ladenetzgerät verwendet werden.
Die von einem Lithium-Ionen-Akku ausgehende Energie sollte niemals unterschätzt werden! Im Schadensfall kann das Sechs- bis Zehnfache der gespeicherten elektrischen Energie in Form von thermischer Energie freigesetzt werden. Die heißen Bestandteile des Akkus können dabei mehrere Meter weit weggeschleudert werden und Sekundärbrände auslösen. Hinzu kommt die häufige Freisetzung von verschiedenen gesundheitsschädigenden Stoffen. Lithium-Ionen-Akkus lassen sich zudem nicht ohne Weiteres löschen, da sie bei einem Thermal Runaway ihren eigenen Sauerstoff produzieren.
3. Ladenetzgeräte
Kein Lithium-Ionen-Akku kommt ohne Ladenetzgerät aus. Da die Nutzer im Normalfall elektrotechnische Laien sind, stellen sie die elektrische Sicherheit dieser Geräte aufgrund des vollständig isolierten Gehäuses und deren niedrigeren Ausgangsspannungen meist nicht in Frage. Bei so manchem Importgerät aus dem Niedrigpreissegment wäre dies jedoch angebracht: Die Wicklungen der Transformatoren sind meist nicht mit einer Kunststoffumhüllung, sondern nur mit einer Lackschicht versehen, und die Isolierung der Primär- und Sekundärwicklungen erfolgt in der Regel mittels Isolierband. Weist eine solch „magere“ Isolierung qualitative Mängel auf, kann es zum Überschlag der Netzspannung auf die Sekundärseite kommen. Damit können 230 V am Ausgang des Ladegeräts anstehen!
Einen solchen Überschlag kann auch ein Entstörkondensator verursachen, der zur Störunterdrückung zwischen der Primär- und der Sekundärseite eingebaut wird. Billighersteller setzen häufig Kondensatoren ein, welche die hohen Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen. Anderen Bauteilen mangelt es oft an Temperaturbeständigkeit und Spannungsfestigkeit. Obendrein sind die Abstände der Leiterbahnen mitunter viel zu gering, sodass zum Beispiel bereits kurzfristige Spannungsanhebungen im Netz, eindringender Schmutz, Feuchtigkeit oder andere Fehler ebenfalls zum Überschlag führen können.
Äußerlich sind diese Geräte nicht selten hochwertigen Produkten namhafter Hersteller nachempfunden. Oft fühlt man aber bereits beim ersten Anfassen, ob es sich um ein gefälschtes Gerät handelt. Indizien dafür können ein deutlicher Gewichtsunterschied zum Original oder ein minderwertiger, zum Verkratzen neigender Kunststoff sein. Auch ein Klopftest (klingt der Kunststoff hohl?) oder ein leichter Drucktest (biegt sich der Kunststoff so, dass Spalte entstehen?) können darauf hinweisen, dass es sich um ein minderwertiges Produkt handelt. Zudem können auch eine hohe Gehäusetemperatur oder wärmebedingte Verfärbungen Anzeichen für mangelhafte Qualität oder sich bereits anbahnende interne Fehler sein.
Billig ist nicht gleich billig
Nicht jedes Gerät aus dem Niedrigpreissegment muss lebensgefährliche Mängel aufweisen. Da Markenprodukte gern gefälscht werden, ist auch der Preis nicht unbedingt ein sicheres Indiz für Qualität, zumal auch preisgünstige Geräte aus Discount-Geschäften durchaus sicher betrieben werden können. Entscheidend ist deshalb nicht allein die Frage des Preises, sondern vielmehr, aus welcher Quelle das Produkt bezogen wurde.
Discounterwaren sind zwar öfters von Rückrufen betroffen, doch liegt das eher daran, dass sie in viel stärkerem Maße der staatlichen Marktüberwachung unterliegen als solche Produkte, die direkt über das Internet aus dem außereuropäischen Ausland erworben werden. Als „zweifelhafte Quellen“ können aber auch solche Händler angesehen werden, die ihre Waren auf dem gleichen Wege beziehen und dann quasi als Zwischenhändler in ihren eigenen Läden, auf Flohmärkten oder im Internet weiterveräußern.
Was kann getan werden?
Arbeitgeber stecken in dem Dilemma, dass sie einerseits ihren Beschäftigten keine Vorschriften bezüglich der Anschaffung von Privatgeräten machen können, aber andererseits ihren arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen nachkommen müssen, sodass auch für die Arbeit genutzte Privatgeräte sicher verwendet werden können.
Die einfachste Lösung besteht wohl darin, dass Arbeitgeber den Beschäftigten alle notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Sofern jedoch Privatgeräte für die Arbeit genutzt werden müssen, sollte zumindest die Stromversorgung sicher gestaltet sein, indem zum Beispiel Netzgeräte aus zuverlässigen Quellen bereitgestellt werden. Falls die im Homeoffice genutzten Steckdosenstromkreise nicht selbst über Fehlerstromschutzschalter abgesichert sind, erhöhen Steckdosenleisten mit integrierten Fehlerstromschutzschaltern die Sicherheit. Ein weiterer Tipp: Da insbesondere Netzteile der international bekannten Hersteller gefälscht werden, kann es helfen, auf die Qualitätsprodukte inländischer Anbieter zurückzugreifen, die weniger bekannt und damit momentan noch weniger interessant für betrügerische Plagiate sind.
Am falschen Ende gespart
Auch wenn das in diesem Beitrag dargestellte Thema sehr techniklastig ist: Sicherheitsbeauftragte können als Multiplikator viel für die Sicherheit tun, indem sie sowohl ihre Arbeitgeber als auch ihre Kolleginnen und Kollegen bezüglich der Thematik sensibilisieren. Und sollte jemand für das Argument der persönlichen Sicherheit nicht zugänglich sein, hilft vielleicht der Hinweis, dass man mit solchen Billiggeräten am falschen Ende spart. Ganz ehrlich: Wer nimmt schon für ein paar Euro mehr oder weniger den Verlust von teuren IT-Geräten und wichtigen Daten in Kauf?