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Arbeitsmittel: Technische Hilfsmittel zur Prüfung zulässig?

Einsatz technischer Hilfsmittel
Arbeitsmittelprüfung mit Laptop oder Handy?

Arbeitsmit­tel müssen regelmäßig geprüft wer­den. Einige dieser Prü­fun­gen sind Spezial­is­ten vor­be­hal­ten, andere kön­nen auch von unter­wiese­nen Per­so­n­en durchge­führt wer­den. Oft wer­den dazu Haus­meis­ter und andere Beschäftigte aus der (Haus-)Technik herange­zo­gen. Der Markt hat hier­auf reagiert und bietet dazu eine Vielzahl von soft­ware­basierten Hil­f­s­mit­teln an. Doch wo kön­nen diese sin­nvoll angewen­det wer­den – und wo liegen ihre Grenzen?

Platzen, brechen, bren­nen oder explodieren: Von vie­len Arbeitsmit­teln gehen erhe­bliche Gefahren aus, wenn sie nicht im ord­nungs­gemäßen (sicheren) Zus­tand erhal­ten wer­den. Deshalb beste­ht eine der wichtig­sten Auf­gaben des Arbeit­ge­bers darin, die regelmäßi­gen Prü­fun­gen der Arbeitsmit­tel zu organ­isieren. Sofern dazu keine Spezial­is­ten nötig sind, wird diese Auf­gabe gerne Haus­meis­tern und andere Beschäftigten in der (Haus-)Technik über­tra­gen. Der Grund: Sie führen regelmäßig Repara­turen und Kon­troll­gänge aus und haben insofern Zugang zu vie­len Bere­ichen. Deshalb sind sie oft auch Sicherheitsbeauftragte.

Messmittel: Einfach und wirkungsvoll

„Kein Handw­erk­er ohne Zoll­stock!“ Dieser Ausspruch verdeut­licht, wie eng einige Mess­mit­tel mit beru­flichen Tätigkeit­en ver­bun­den sind. Auch inzwis­chen ver­al­tete Größenein­heit­en wie „Fuß“ oder „Elle“ zeigen, wie wichtig eine zumin­d­est unge­fähre Län­ge­nangabe seit alters her ist. Da Men­schen jedoch unter­schiedlich groß sind, lag es nahe, zur Län­gen­mes­sung ein ein­heitlich­es Hil­f­s­mit­tel einzuführen. Das Mess­mit­tel war geboren! Dieser Aus­flug in die His­to­rie zeigt auch, dass wirkungsvolle Mess­mit­tel wed­er in der Kon­struk­tion noch in der Anwen­dung kom­pliziert sein müssen. Kurzum: Gute Tech­nik muss ein­fach sein!

Schlägt man den Bogen weit­er in die Anfangszeit der Com­put­ertech­nik, so war diese zunächst in abgeschot­teten Bere­ichen unterge­bracht und ihre Bedi­enung aus­ge­sucht­en Spezial­is­ten vor­be­hal­ten. Die Weit­er­en­twick­lung von Hard- und Soft­ware hat es jedoch inzwis­chen ermöglicht, dass viele IT-Geräte heute nicht nur intu­itiv genutzt wer­den kön­nen, son­dern auch nicht mehr orts­ge­bun­den sind. Beste Voraus­set­zun­gen also, sie auch für die Prü­fung von Arbeitsmit­teln einzusetzen.

Was bedeutet „prüfen“?

Die Tech­nis­che Regel für Betrieb­ssicher­heit (TRBS) 1201 beschreibt die Prü­fung eines Arbeitsmit­tels recht sach­lich als einen Vor­gang, in welchem der momen­tane Istzu­s­tand ermit­telt und dann mit dem durch den Arbeit­ge­ber fest­gelegten (sicheren) Sol­lzu­s­tand ver­glichen wird. Treten Abwe­ichun­gen auf, sind diese zu bew­erten. Prü­fun­gen wer­den unter­schieden in Ord­nung­sprü­fun­gen (zum Beispiel Vor­liegen notwendi­ger Unter­la­gen, Eig­nung des Arbeitsmit­tels für den jew­eili­gen Ver­wen­dungszweck) und tech­nis­che Prü­fun­gen (ins­beson­dere Sicht- und Funk­tion­sprü­fun­gen sowie messtech­nis­che Prü­fun­gen). Festzuhal­ten ist also, dass Mes­sun­gen meist nur ein Teil­ge­bi­et notwendi­ger Prü­fun­gen darstellen.

Prüfungen versus Kontrollen

For­mal sind zudem Prü­fun­gen nach §§ 14 und 15 Betr­SichV sowie Kon­trollen nach § 4 Abs. 5 Betr­SichV voneinan­der zu unter­schei­den. Kon­trol­liert wer­den müssen Arbeitsmit­tel vor ihrer jew­eili­gen Ver­wen­dung auf offen­sichtliche sicher­heit­srel­e­vante Män­gel, wie zum Beispiel fehlende Schutzein­rich­tun­gen, nicht-ord­nungs­gemäße Befes­ti­gun­gen oder unwirk­same Schutz­maß­nah­men. Zudem muss auch die Funk­tions­fähigkeit von Schutz- sowie Sicher­heit­sein­rich­tun­gen regelmäßig kon­trol­liert wer­den. Kennze­ich­nend für Kon­trollen ist, dass sie ganz ohne oder lediglich mit ein­fachen Hil­f­s­mit­teln durchge­führt wer­den kön­nen. Mitunter sind die Gren­zen zwis­chen Prü­fun­gen und Kon­trollen jedoch fließend, wie zum Beispiel bei der Prü­fung von Leit­ern und Trit­ten: Laut DGUV Infor­ma­tion 208–016 „Die Ver­wen­dung von Leit­ern und Trit­ten“ beschränkt sich diese auf reine Sicht- und Funk­tion­sprü­fun­gen – ist also im Sinne der Betr­SichV eher eine Kontrolle.

Die Technik kommt ins Spiel

Gefährdungs­beurteilun­gen, Arbeit­san­weisun­gen sowie gegebe­nen­falls auch Check­lis­ten und tech­nis­che Unter­la­gen: Prüfer haben so einiges an Mate­r­i­al mit sich zu führen. Darüber hin­aus müssen die Über­prü­fun­gen auch noch in geeigneter Form doku­men­tiert wer­den. Während im ein­fach­sten Fall ein Prü­faufk­le­ber aus­re­icht, ergeben sich beim Aus­füllen von Check­lis­ten und Prüf­pro­tokollen ins­beson­dere dann Prob­leme mit der Les- und Nachvol­lziehbarkeit, wenn keine geeignete Schreib­möglichkeit zur Ver­fü­gung ste­ht oder zum Beispiel das Doku­ment leicht ver­schmutzt wird.

Warum nicht also die Annehm­lichkeit­en der Tech­nik nutzen? Erle­ichterung ver­spricht bere­its, wenn die genan­nten Unter­la­gen auf einem Note­book oder Tablet-PC ver­füg­bar sind und auch die Prüfer­geb­nisse auf diesem abge­spe­ichert wer­den. In vie­len Fällen reicht dazu bere­its die Über­tra­gung ein­er Check­liste oder eines Prüf­pro­tokolls in ein elek­tro­n­is­ches Doku­ment. Heutige Pro­gramme ermöglichen mit geringem Aufwand die Ein­bet­tung von Textbausteinen, sodass der lästige Schreib- und For­mulierungsaufwand min­imiert wer­den kann. In eini­gen Fällen ist auch schon eine ein­fache Steuerung des Prü­fa­blaufs („Wenn Prüf­schritt x nicht möglich, dann weit­er mit Prüf­schritt y“) vorge­se­hen. Etwas kom­plex­er konzip­ierte Sys­teme ermöglichen zudem die Anbindung an eine Daten­bank, sodass zum Beispiel die darin gespe­icherten Dat­en eines Arbeitsmit­tels über das Ein­scan­nen eines Bar­codes oder Ausle­sen eines RFID-Chips in das elek­tro­n­is­che Doku­ment über­spielt wer­den. Dies ver­ringert sowohl den Erfas­sungsaufwand als auch die Wahrschein­lichkeit von Über­tra­gungs­fehlern. All diese Entwick­lun­gen haben dazu geführt, dass beispiel­sweise bei der Prü­fung elek­trisch­er Betrieb­smit­tel die Ans­teuerung der Prüfgeräte über eine Prüf- und Doku­men­ta­tion­ssoft­ware mit­tler­weile gängiger Stand der Tech­nik gewor­den ist. Und auch in der Kfz-Branche ist die soft­ware­un­ter­stützte Fehler­diag­nose heutzu­tage Standard.

Dezen­trale Lösun­gen bergen allerd­ings die Gefahr, dass auf eini­gen Rech­n­ern ver­al­tete oder unvoll­ständi­ge Daten­sätze verbleiben kön­nen. Eben­so ist die Datenüber­tra­gung mit ver­hält­nis­mäßig großem Aufwand ver­bun­den. Diese Prob­leme kön­nen gelöst wer­den, indem die Rech­n­er über WLAN mit einem zen­tralen Spe­icherort ver­bun­den wer­den. Hier­durch kön­nen zum einen Änderun­gen der Prü­fa­bläufe oder ‑fris­ten all­ge­mein zugänglich gemacht und zum anderen die emp­fan­genen Dat­en leichter aus­gew­ertet werden.

Mehr Aussagekraft: Bilder

Weil es mitunter schw­er­fällt, beispiel­sweise Art oder Ort eines Man­gels für andere Per­so­n­en nachvol­lziehbar zu beschreiben, nehmen sich manche Prüfer das chi­ne­sis­che Sprich­wort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ zu Herzen und doku­men­tieren fest­gestellte Män­gel mit­tels ein­er Handykam­era. Mitunter wird sog­ar der gesamte Prü­fa­blauf gefilmt, um Män­gel zu doku­men­tieren oder zu beweisen, dass die Prü­fung ord­nungs­gemäß durchge­führt und keine Män­gel fest­gestellt wurden.

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Sowohl in der Betrieb­ssicher­heitsverord­nung (Betr­SichV) als auch in der TRBS 1201 wird die zen­trale Rolle des Arbeit­ge­bers gle­ich mehrfach betont, denn dieser hat für die zu prüfend­en Arbeitsmit­tel im Rah­men ein­er Gefährdungs­beurteilung den sicheren Sol­lzu­s­tand zu beschreiben, notwendi­ge Prü­fum­fänge und Prüf­fris­ten zu ermit­teln sowie festzule­gen, welche Voraus­set­zun­gen jene Per­so­n­en erfüllen müssen, die mit der Durch­führung der Prü­fun­gen zu beauf­tra­gen sind.

Der Hak­en an der Sache ist, dass in der Real­ität oft nicht zwis­chen Prü­fun­gen durch befähigte Per­so­n­en nach §§ 14 /15 Betr­SichV und Kon­trollen durch unter­wiesene Per­so­n­en nach § 4 Abs. 5 Betr­SichV unter­schieden wird. Manche Anbi­eter mod­ern­er Prüftech­nik sug­gerieren zudem, dass die zuvor gelobten neuen Möglichkeit­en der Tech­nik weitest­ge­hend automa­tisierte Prü­fa­bläufe ermöglichen, welche die Ken­nt­nisse und Erfahrun­gen ein­er befähigten Per­son der­art kom­pen­sieren kön­nen, dass die Prü­fung auch durch unter­wiesene Per­so­n­en durchge­führt wer­den kann.

Auf ein­fache Prü­fun­gen, die eher den Charak­ter ein­er Kon­trolle haben, mag das zwar zutr­e­f­fen, doch je mehr Vari­ablen im Rah­men ein­er Prü­fung zu bew­erten sind, desto wichtiger sind die Ken­nt­nisse und Erfahrun­gen der prüfend­en Per­son. Getreu dem alten Sprich­wort „Schus­ter bleib bei deinen Leis­ten“ lässt sich auch bezüglich der Auswahl geeigneter Prüfer wieder der Kreis zu den eher tra­di­tionellen Mess­mit­teln schließen, was in diesem Falle heißen soll: „Beurteile nichts, wovon Du keine Ahnung hast, und ver­wende nur jene Mess­mit­tel, die Du auch sich­er beherrschst.“

Grenzen moderner Prüftechnik

Zweifel­los ist die Soft­ware­un­ter­stützung bei der Durch­führung von Prü­fun­gen eine wichtige Hil­festel­lung – ob nun mit oder ohne Ver­wen­dung eines Mess­mit­tels. Doch sollte man sich davor hüten, darin mehr zu sehen, denn die Soft­ware kann nun ein­mal nur das wiedergeben, was in ihr pro­gram­miert wurde. Eher all­ge­mein for­mulierte und nur mit „ja“ oder „nein“ zu beant­wor­tende Aus­sagen wie „Sicht­prü­fung bestanden“ geben beispiel­sweise wed­er eine Auskun­ft darüber, worauf die Prüf­per­son zu acht­en hat, noch was im Einzel­nen geprüft wurde. Deshalb sind der soft­waregeleit­eten Prü­fung nach wie vor dort Gren­zen geset­zt, wo der für eine umfängliche Beurteilung notwendi­ge Blick über den Teller­rand hin­aus nur von ein­er erfahre­nen und entsprechend qual­i­fizierten Prüf­per­son geleis­tet wer­den kann. Also kurz gefasst: Nur durch das sin­nvolle Zusam­men­spiel von Men­sch und Tech­nik führen Mes­sun­gen und Prü­fun­gen zu ver­w­ert­baren Ergebnissen.


Foto: © privat

Autor:

Dipl.-Ing. Rain­er Rottmann


Dezen­trale Lösun­gen bergen die Gefahr, dass auf eini­gen Rech­n­ern ver­al­tete oder unvoll­ständi­ge Daten­sätze verbleiben


Die Soft­ware kann
nur das wiedergeben, was in ihr
pro­gram­miert wurde

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