Platzen, brechen, brennen oder explodieren: Von vielen Arbeitsmitteln gehen erhebliche Gefahren aus, wenn sie nicht im ordnungsgemäßen (sicheren) Zustand erhalten werden. Deshalb besteht eine der wichtigsten Aufgaben des Arbeitgebers darin, die regelmäßigen Prüfungen der Arbeitsmittel zu organisieren. Sofern dazu keine Spezialisten nötig sind, wird diese Aufgabe gerne Hausmeistern und andere Beschäftigten in der (Haus-)Technik übertragen. Der Grund: Sie führen regelmäßig Reparaturen und Kontrollgänge aus und haben insofern Zugang zu vielen Bereichen. Deshalb sind sie oft auch Sicherheitsbeauftragte.
Messmittel: Einfach und wirkungsvoll
„Kein Handwerker ohne Zollstock!“ Dieser Ausspruch verdeutlicht, wie eng einige Messmittel mit beruflichen Tätigkeiten verbunden sind. Auch inzwischen veraltete Größeneinheiten wie „Fuß“ oder „Elle“ zeigen, wie wichtig eine zumindest ungefähre Längenangabe seit alters her ist. Da Menschen jedoch unterschiedlich groß sind, lag es nahe, zur Längenmessung ein einheitliches Hilfsmittel einzuführen. Das Messmittel war geboren! Dieser Ausflug in die Historie zeigt auch, dass wirkungsvolle Messmittel weder in der Konstruktion noch in der Anwendung kompliziert sein müssen. Kurzum: Gute Technik muss einfach sein!
Schlägt man den Bogen weiter in die Anfangszeit der Computertechnik, so war diese zunächst in abgeschotteten Bereichen untergebracht und ihre Bedienung ausgesuchten Spezialisten vorbehalten. Die Weiterentwicklung von Hard- und Software hat es jedoch inzwischen ermöglicht, dass viele IT-Geräte heute nicht nur intuitiv genutzt werden können, sondern auch nicht mehr ortsgebunden sind. Beste Voraussetzungen also, sie auch für die Prüfung von Arbeitsmitteln einzusetzen.
Was bedeutet „prüfen“?
Die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1201 beschreibt die Prüfung eines Arbeitsmittels recht sachlich als einen Vorgang, in welchem der momentane Istzustand ermittelt und dann mit dem durch den Arbeitgeber festgelegten (sicheren) Sollzustand verglichen wird. Treten Abweichungen auf, sind diese zu bewerten. Prüfungen werden unterschieden in Ordnungsprüfungen (zum Beispiel Vorliegen notwendiger Unterlagen, Eignung des Arbeitsmittels für den jeweiligen Verwendungszweck) und technische Prüfungen (insbesondere Sicht- und Funktionsprüfungen sowie messtechnische Prüfungen). Festzuhalten ist also, dass Messungen meist nur ein Teilgebiet notwendiger Prüfungen darstellen.
Prüfungen versus Kontrollen
Formal sind zudem Prüfungen nach §§ 14 und 15 BetrSichV sowie Kontrollen nach § 4 Abs. 5 BetrSichV voneinander zu unterscheiden. Kontrolliert werden müssen Arbeitsmittel vor ihrer jeweiligen Verwendung auf offensichtliche sicherheitsrelevante Mängel, wie zum Beispiel fehlende Schutzeinrichtungen, nicht-ordnungsgemäße Befestigungen oder unwirksame Schutzmaßnahmen. Zudem muss auch die Funktionsfähigkeit von Schutz- sowie Sicherheitseinrichtungen regelmäßig kontrolliert werden. Kennzeichnend für Kontrollen ist, dass sie ganz ohne oder lediglich mit einfachen Hilfsmitteln durchgeführt werden können. Mitunter sind die Grenzen zwischen Prüfungen und Kontrollen jedoch fließend, wie zum Beispiel bei der Prüfung von Leitern und Tritten: Laut DGUV Information 208–016 „Die Verwendung von Leitern und Tritten“ beschränkt sich diese auf reine Sicht- und Funktionsprüfungen – ist also im Sinne der BetrSichV eher eine Kontrolle.
Die Technik kommt ins Spiel
Gefährdungsbeurteilungen, Arbeitsanweisungen sowie gegebenenfalls auch Checklisten und technische Unterlagen: Prüfer haben so einiges an Material mit sich zu führen. Darüber hinaus müssen die Überprüfungen auch noch in geeigneter Form dokumentiert werden. Während im einfachsten Fall ein Prüfaufkleber ausreicht, ergeben sich beim Ausfüllen von Checklisten und Prüfprotokollen insbesondere dann Probleme mit der Les- und Nachvollziehbarkeit, wenn keine geeignete Schreibmöglichkeit zur Verfügung steht oder zum Beispiel das Dokument leicht verschmutzt wird.
Warum nicht also die Annehmlichkeiten der Technik nutzen? Erleichterung verspricht bereits, wenn die genannten Unterlagen auf einem Notebook oder Tablet-PC verfügbar sind und auch die Prüfergebnisse auf diesem abgespeichert werden. In vielen Fällen reicht dazu bereits die Übertragung einer Checkliste oder eines Prüfprotokolls in ein elektronisches Dokument. Heutige Programme ermöglichen mit geringem Aufwand die Einbettung von Textbausteinen, sodass der lästige Schreib- und Formulierungsaufwand minimiert werden kann. In einigen Fällen ist auch schon eine einfache Steuerung des Prüfablaufs („Wenn Prüfschritt x nicht möglich, dann weiter mit Prüfschritt y“) vorgesehen. Etwas komplexer konzipierte Systeme ermöglichen zudem die Anbindung an eine Datenbank, sodass zum Beispiel die darin gespeicherten Daten eines Arbeitsmittels über das Einscannen eines Barcodes oder Auslesen eines RFID-Chips in das elektronische Dokument überspielt werden. Dies verringert sowohl den Erfassungsaufwand als auch die Wahrscheinlichkeit von Übertragungsfehlern. All diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass beispielsweise bei der Prüfung elektrischer Betriebsmittel die Ansteuerung der Prüfgeräte über eine Prüf- und Dokumentationssoftware mittlerweile gängiger Stand der Technik geworden ist. Und auch in der Kfz-Branche ist die softwareunterstützte Fehlerdiagnose heutzutage Standard.
Dezentrale Lösungen bergen allerdings die Gefahr, dass auf einigen Rechnern veraltete oder unvollständige Datensätze verbleiben können. Ebenso ist die Datenübertragung mit verhältnismäßig großem Aufwand verbunden. Diese Probleme können gelöst werden, indem die Rechner über WLAN mit einem zentralen Speicherort verbunden werden. Hierdurch können zum einen Änderungen der Prüfabläufe oder ‑fristen allgemein zugänglich gemacht und zum anderen die empfangenen Daten leichter ausgewertet werden.
Mehr Aussagekraft: Bilder
Weil es mitunter schwerfällt, beispielsweise Art oder Ort eines Mangels für andere Personen nachvollziehbar zu beschreiben, nehmen sich manche Prüfer das chinesische Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ zu Herzen und dokumentieren festgestellte Mängel mittels einer Handykamera. Mitunter wird sogar der gesamte Prüfablauf gefilmt, um Mängel zu dokumentieren oder zu beweisen, dass die Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt und keine Mängel festgestellt wurden.
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Sowohl in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) als auch in der TRBS 1201 wird die zentrale Rolle des Arbeitgebers gleich mehrfach betont, denn dieser hat für die zu prüfenden Arbeitsmittel im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung den sicheren Sollzustand zu beschreiben, notwendige Prüfumfänge und Prüffristen zu ermitteln sowie festzulegen, welche Voraussetzungen jene Personen erfüllen müssen, die mit der Durchführung der Prüfungen zu beauftragen sind.
Der Haken an der Sache ist, dass in der Realität oft nicht zwischen Prüfungen durch befähigte Personen nach §§ 14 /15 BetrSichV und Kontrollen durch unterwiesene Personen nach § 4 Abs. 5 BetrSichV unterschieden wird. Manche Anbieter moderner Prüftechnik suggerieren zudem, dass die zuvor gelobten neuen Möglichkeiten der Technik weitestgehend automatisierte Prüfabläufe ermöglichen, welche die Kenntnisse und Erfahrungen einer befähigten Person derart kompensieren können, dass die Prüfung auch durch unterwiesene Personen durchgeführt werden kann.
Auf einfache Prüfungen, die eher den Charakter einer Kontrolle haben, mag das zwar zutreffen, doch je mehr Variablen im Rahmen einer Prüfung zu bewerten sind, desto wichtiger sind die Kenntnisse und Erfahrungen der prüfenden Person. Getreu dem alten Sprichwort „Schuster bleib bei deinen Leisten“ lässt sich auch bezüglich der Auswahl geeigneter Prüfer wieder der Kreis zu den eher traditionellen Messmitteln schließen, was in diesem Falle heißen soll: „Beurteile nichts, wovon Du keine Ahnung hast, und verwende nur jene Messmittel, die Du auch sicher beherrschst.“
Grenzen moderner Prüftechnik
Zweifellos ist die Softwareunterstützung bei der Durchführung von Prüfungen eine wichtige Hilfestellung – ob nun mit oder ohne Verwendung eines Messmittels. Doch sollte man sich davor hüten, darin mehr zu sehen, denn die Software kann nun einmal nur das wiedergeben, was in ihr programmiert wurde. Eher allgemein formulierte und nur mit „ja“ oder „nein“ zu beantwortende Aussagen wie „Sichtprüfung bestanden“ geben beispielsweise weder eine Auskunft darüber, worauf die Prüfperson zu achten hat, noch was im Einzelnen geprüft wurde. Deshalb sind der softwaregeleiteten Prüfung nach wie vor dort Grenzen gesetzt, wo der für eine umfängliche Beurteilung notwendige Blick über den Tellerrand hinaus nur von einer erfahrenen und entsprechend qualifizierten Prüfperson geleistet werden kann. Also kurz gefasst: Nur durch das sinnvolle Zusammenspiel von Mensch und Technik führen Messungen und Prüfungen zu verwertbaren Ergebnissen.
Dezentrale Lösungen bergen die Gefahr, dass auf einigen Rechnern veraltete oder unvollständige Datensätze verbleiben
Die Software kann
nur das wiedergeben, was in ihr
programmiert wurde