Von außen freundlich und einladend, innen hell und lichtdurchflutet – dafür werden Gewerbe- und Bürogebäude häufig mit großflächigen Fenstern und Glasfronten ausgestattet. Angesichts vielfältiger positiver Auswirkungen auf die Beschäftigten hat der Gesetzgeber festgelegt, dass Arbeitsräume sowie Unterkünfte, Pausen- und Bereitschaftsräume möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben müssen (siehe Spezial Tageslicht in Sicherheitsbeauftragter 12/2022).
Ist das einfallende Licht zu intensiv, macht es jedoch Probleme: Es kann direkt blenden, zu unangenehmen Reflexen auf Monitoren, Maschinen oder Oberflächen führen sowie für unerwünschte Wärmestrahlung und Wärmeeinträge sorgen. All das kann physische wie psychische Folgen haben, etwa Augenprobleme, Verspannungen, Kopfschmerzen, Kreislaufschwankungen und schnelle Ermüdung wie auch nachlassende Produktivität und Motivation. Wenn durch Blendung und starke Schattenbildung bei bestimmten Tageslichtsituationen das Sehen eingeschränkt wird, steigen je nach Tätigkeit zudem das Fehlerrisiko und die Unfallgefahr. Sicherheitsbeauftragte können sich an vielen Stellen einbringen, um diese Effekte abzumildern.
Pflanzungen und matte Oberflächen
Blendung durch Tageslicht wird von vielen Beschäftigten zwar oft als weniger störend empfunden als Blendung durch künstliche Beleuchtung. Trotzdem kommt es zu Beeinträchtigungen, etwa wenn die Sonne direkt in die Augen scheint, der Himmel sehr hell ist oder wenn das Licht von hellen Fassaden oder Glas des Nachbargebäudes oder von Oberflächen und Bildschirmen im Raum selbst reflektiert wird.
Am Nachbargebäude lässt sich häufig nichts ändern, aber in einem gewissen Abstand gepflanzte Sträucher und Laubbäume können die Effekte abmildern, ohne die eigenen Räume zu sehr zu verschatten. Bei der Einrichtung sind matte Flächen besser als Hochglanz. Auch Kontraste tragen zur Blendung bei, zum Beispiel wenn ein Raum nicht gleichmäßig ausgeleuchtet ist, sondern sich sehr helle und sehr dunkle Flächen abwechseln. Das lässt sich mit entsprechender Beleuchtung abmildern.
Ergonomische Bildschirme
Besonders negativ macht sich einfallendes Tageslicht bei der Arbeit am Computer bemerkbar. Bildschirme und Displays gibt es längst nicht mehr nur im Büro, sondern auch in vielen anderen Bereichen vom Gesundheitswesen über den Handel bis zur Produktion. Ergonomische Bildschirme haben ein gut ausgeleuchtetes und gestochen scharfes Display – moderne Bildschirmtechnik ist äußerst robust gegenüber Umgebungslicht und kann teilweise sogar am helllichten Tag im Freien genutzt werden – und lassen sich in puncto Auflösung und Helligkeit an individuelle Sehbedürfnisse anpassen. Bei Positivdarstellung mit dunklen Zeichen auf hellem Untergrund werden vorhandene Reflexionen übrigens als weniger störend wahrgenommen als bei Negativdarstellung mit hellen Zeichen auf dunklem Untergrund.
Arbeitsplatz richtig positionieren
Mindestens ebenso wichtig ist die optimale Ausrichtung: Bildschirmarbeitsplätze sollten so positioniert sein, dass der Blick der Beschäftigten parallel zur Fensterfront verläuft, um Blendungen und Reflexe zu vermeiden. Gibt es im Raum Fensterfronten über Eck, müssen die Fenster, die sich bei der Bildschirmarbeit vor oder hinter den Arbeitsplätzen befindet, durch Sonnenschutzvorrichtungen abgedunkelt werden können. Und wenn zum Beispiel in Fertigungs- oder Logistikbereichen Dachfenster oder Oberlichter Probleme machen, sollten ein Positionswechsel des jeweiligen Arbeitsplatzes oder einzelne Maßnahmen wie Stellwände oder Lichtsegel erwogen werden.
Wärmeeinwirkung verringern
Auch Wärme kann ein Problem sein, wenn Arbeitsplätze viel Tageslicht oder direkte Sonneneinstrahlung haben. Das kann Beschäftigte betreffen, deren Arbeitsplätze sehr nah an Fensterflächen sind – oft kann etwas mehr Abstand Abhilfe schaffen. Auch mit Blick auf die UV-Belastung ist das sinnvoll, denn je nach Art des Glases wird zwar die UV-B-Strahlung überwiegend gefiltert, ein Teil der UV-A-Strahlung dringt jedoch weiter durch.
Mehr Aufwand ist nötig, wenn es im gesamten Raum zu unangenehm hohen Temperaturen kommt, die ebenfalls zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren führen können. Führt die Sonneneinstrahlung zu Werten über 26 Grad Celsius im Innenraum, müssen die relevanten Fenster, Oberlichter und Glaswände mit geeigneten Sonnenschutzsystemen versehen werden. Dabei sind die Ausrichtung der Arbeitsräume und die jeweiligen Fensterflächenanteile zu beachten.
Intelligentes Sonnenschutzglas
Ein Ansatzpunkt ist das Fensterglas selbst. Lidl verwendet für immer mehr Fassaden ein intelligentes Sonnenschutzglas von Sageglass als Alternative zu innen oder außen angebrachten Jalousien. Das Glas ist mit einem keramischen Material beschichtet und kann sich mit Hilfe von vorausschauenden Algorithmen und Echtzeit-Wetterdaten bei Bedarf fließend, geräuschlos und automatisch abdunkeln. Das vermeidet Blendungen und Hitzeeinträge und senkt Kosten für die Klimatisierung, gleichzeitig wird das Tageslicht maximal genutzt. Für das Glas spricht laut Lidl auch, dass der Einblick in die Filialen bis zu einem gewissen Grad der Tönung erhalten bleibt und der Blick nach draußen auch bei komplett abgedunkeltem Glas möglich ist.
Folien und Beschichtungen
Weitere Möglichkeiten sind bereits eingefärbte Gläser, zwischen den Scheibenschichten verarbeitete Folien oder spezielle transluzente Beschichtungen. Diese reflektieren einen großen Teil der in der Globalstrahlung enthaltenen langwelligen Infrarotstrahlung, die für den Wärmeeintrag verantwortlich ist, und lassen die sichtbaren Bestandteile des Lichts ungehindert durch. Je nach Einfärbung lassen sich zudem Blendungen vermindern. Das gilt auch für Folien, die nachträglich von innen angebracht werden.
Markisen und Co.
Leicht nachzurüsten und zudem flexibel sind variable Sonnenschutzprodukte, die innen oder außen montiert werden können: Markisen, Jalousien, Rollos, Stores, Lamellen. Außenliegende Sonnenschutzvorrichtungen sowie in die Verglasung integrierte Elemente sind im Hinblick auf den Wärmeeintrag in den Raum in der Regel wirksamer als innenliegende. Für alle gilt, dass sie die freie Lüftung nicht beeinträchtigen dürfen. Die Steuerung kann entweder automatisch erfolgen oder von den Beschäftigten selbst.
Ist eine individuelle Einstellung vorgesehen, muss regelmäßig geprüft werden, dass der Sonnenschutz in allen Räumen funktioniert und die Bedienelemente gut zugänglich sind – und dass die Beschäftigten sie auch wirklich nutzen und die Arbeitszeit nicht unnötig bei abgedunkelten Fenstern und Kunstlicht verbringen. Denn auch an sonnigen Tagen sind am Arbeitsplatz ausreichend Tageslicht und eine Sichtverbindung nach außen wichtig für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.
Linktipps
- Hilfen für die Auswahl von geeigneten Blend- und Wärmeschutzvorrichtungen sowie für das Vermeiden von Hitze, Blendung und Reflexion gibt die DGUV Information 215–444 „Sonnenschutz im Büro“. Sie ist erhältlich in der Publikationsdatenbank der DGUV unter https://publikationen.dguv.de.
- Einen Überblick über Sonnenschutzvorrichtungen bietet das Internet-Forum „Baunetz Wissen“ unter www.baunetzwissen.de Licht Tageslicht Tageslicht und Sonnenschutz.
Das sagt der Gesetzgeber
- Die Arbeitsstättenverordnung fordert im Anhang 3.4, dass die Stärke des Tageslichteinfalls am Arbeitsplatz je nach Art der Tätigkeit regulierbar sein muss. Nach Anhang 6.1 sind zudem bei Bildschirmarbeitsplätzen durch die Gestaltung sowie Auslegung und Anordnung der Beleuchtung störende Blendung, Reflexionen oder Spiegelungen auf dem Bildschirm und den sonstigen Arbeitsmitteln zu vermeiden.
- Die ASR A3.4 (Beleuchtung) fordert, dass störende Blendung durch Sonneneinstrahlung zu vermeiden oder – wenn das nicht möglich ist – zu minimieren ist. Als mögliche Maßnahmen benennt sie bei Fenstern das Anbringen von Jalousien, Rollos und Lamellenstores und bei Dachoberlichtern die Verwendung von lichtstreuenden Materialien oder Verglasungen mit integrierten Lamellenrastern. Die ASR A3.5 (Raumtemperatur) schreibt das Vermeiden übermäßiger Erwärmung vor; die ASR A3.6 (Lüftung) legt fest, dass Wärmelasten zu minimieren sind, wobei als eine Ursache für Wärmelasten die Sonneneinstrahlung angeführt wird.
- Der Bildschirmarbeitsverordnung zufolge sind Bildschirmarbeitsplätze so einzurichten, dass leuchtende oder beleuchtete Flächen keine Blendung verursachen und Reflexionen auf dem Bildschirm soweit wie möglich vermieden werden. Die Fenster müssen mit einer geeigneten verstellbaren Lichtschutzvorrichtung ausgestattet sein, durch die sich die Stärke des Tageslichteinfalls auf den Bildschirmarbeitsplatz vermindern lässt.