Ein Blick auf die aktuellen Kollektionen der Hersteller zeigt: Arbeits- und Berufskleidung wird mittlerweile bewusst an Outdoor- und Freizeitbekleidung angelehnt. Die Oberteile können alle im „Layering-Look“, also übereinander getragen werden, wobei sich die klassische Bundjacke in der Kombination nicht mehr durchsetzt. Softshell- und Fleecejacken erweitern das Sortiment für den Indoor- und Outdoorbereich. An auffällige Farben und Kombinationen, wie fluoreszierende Farbanteile, hat sich das Auge schon gewöhnt. Materialmix, Schnittführung und Accessoires wie Reflexmaterial und Reißverschlüsse bieten viele optischen Möglichkeiten. Jedoch geht der Trend in Richtung Ton-in-Ton bei gedeckten Farben. Neben der Optik legen die Hersteller den Fokus auf einen hohen Tragekomfort.
Tragekomfort und Ergonomie
Materialien wie Lyocell, die für den Oberstoff eingesetzt werden sowie eingebaute Stretchelemente sorgen für mehr Bequemlichkeit. Bei der Auswahl von Arbeits- und Berufskleidung sollte darauf geachtet werden, dass Hersteller jedoch auch die richtigen Maße und Schnitte anwenden. Spezielle Passformen für Frauen erhöhen den Komfort und ermöglichen so einen modischen Stil, der sich wiederum positiv auf die Trageakzeptanz auswirkt. Die zunehmende Beschäftigung von Frauen im produzierenden Gewerbe und die höhere Sensibilität für das Thema Ergonomie hat dazu geführt, dass immer mehr Hersteller Damenpassformen anbieten. So ist der Tragekomfort – also Bewegungsfreiheit plus eine gute Atmungsaktivität – das maßgebliche Kriterium für ergonomische Berufskleidung.
Material
Leichte Arbeits- und Schutzgewebe aus Mischungen (zum Beispiel mit Lyocell, Modacryl, Meta- oder Para-Aramiden) mit feineren und stabileren Garnen sind komfortabler als schwere Stoffe. Sie werden deshalb insbesondere bei Multinorm-Schutzkleidung verwendet. Das fördert die Trageakzeptanz bei den Nutzern. Für zusätzlichen Komfort arbeiten viele Hersteller dehnbare Anteile in den Oberstoff ein. Robuste Materialien, unter anderem mit Polyamid, sorgen für bessere Strapazierfähigkeit, zum Beispiel an den Knien. „Materialmix“ lautet also die Devise. Dieser stellt neben einem hohen Tragekomfort auch eine verbesserte Haltbarkeit sicher.
Viele Stoffe müssen noch zusätzliche Funktionen für spezielle Anwendungen erfüllen. Bei Arbeits- oder Schutzkleidung, die öl- beziehungsweise schmutzabweisende Eigenschaften oder auch Chemikalienresistenz aufweisen soll, werden Chemikalien eingesetzt, um das Gewebe entsprechend auszurüsten. Im Zuge der umfangreichen Verbotsliste von umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien nach REACH werden daher Beschichtungen, Laminate und Membrane immer wichtiger.
Ökologische Verantwortung
Hinter den beiden Aspekten Sicherheit und Gesundheitsschutz war das Thema Nachhaltigkeit bei Arbeits- und Berufskleidung lange Zeit nur nachrangig. Neben dem Einsatz von nachhaltigen Materialien (zum Beispiel Biobaumwolle, Lyocell, recyceltes Polyester) wird bei der Beschaffung verstärkt auf die faire und umweltfreundliche Herstellung von Arbeits‑, Berufs- und Schutzkleidung geachtet.
Pflege
Bei der Nutzung und Pflege von Arbeits‑, Berufs- und Schutzbekleidung zeigt sich vielfach ein sorgloser und unvorsichtiger Umgang in der Praxis. Rund 60 Prozent der Arbeits‑, Berufs- und Schutzkleidung werden im eigenen Haushalt gewaschen. Waschen und Trocknen im privaten häuslichen Umfeld sind jedoch in Bezug auf Hygiene, Umwelt und Sicherheit höchst bedenklich! Schwere Verschmutzungen kontaminieren die Privatkleidung, schädigen den häuslichen Maschinenpark und belasten die Kläranlagen. In modernen Wäschereien dagegen werden Gefahrstoffe von Filteranlagen abgefangen und professionell entsorgt. Kontrollen hinsichtlich der Waschzyklen oder eine Überprüfung der Funktionalität von Schutzkleidung findet bei der Haushaltswäsche nicht statt. Eine umweltschonende, normgerechte Pflege, Prüfung und Instandhaltung von Schutzkleidung mit Originalmaterial kann nur Fachpersonal in gewerblichen Wäschereien beziehungsweise Textilserviceunternehmen leisten. Diese Betriebe setzen das von der EU geforderte Konzept der ökologischen Kreislaufwirtschaft in Wiederverwendungsschleifen um und helfen die Lebensdauer des Textils zu verlängern.
Multinorm-Schutzkleidung
Der Trend, nicht nur bei Schutzkleidung, lautet „Multinorm“. Auch bei Arbeitskleidung werden immer häufiger zusätzliche Risiken mit abgedeckt, indem zum Beispiel zusätzliche Reflexstreifen zur besseren Sichtbarkeit sowie Knie- oder UV-Schutz verlangt werden. Das kann Arbeitskleidung schnell zur Schutzkleidung machen. Hier gilt es, unbedingt die Konformitätserklärung des Bekleidungsteils zu beachten!
Multinorm-Schutzkleidung schützt laut Baumusterprüfbescheidung gegen viele Gefährdungen. Der Einsatz von Multinorm-Schutzkleidung muss jedoch sehr gut bedacht werden! Welche Gefährdung steht im Vordergrund und wie ist die Beanspruchung? Der „Allwetterreifen“ unter den PSA hat seine Berechtigung. Meist stehen jedoch Optik und Tragekomfort im Vordergrund. Zum einen wird Multinorm-Schutzkleidung bei Tätigkeiten eingesetzt, bei denen eigentlich spezielle Kleidung (zum Beispiel Schweißerschutzkleidung mit Zusatzausrüstung) angebracht wäre. Zum anderen ist für Arbeitsplätze mit multiplen Risiken kein zeitaufwändiger Wechsel von PSA mehr nötig und der Tragekomfort erhöht sich erheblich.
Fazit
Um die Kosten im Griff zu behalten, sollte das modisch-professionelle Outfit neben Schutz- und Corporate-Identity-Funktion auch eine lange Haltbarkeit und Lebensdauer haben. In Kürze steht die A+A 2019 in Düsseldorf an. Hier kann sich das Fachpublikum über betriebliche Sicherheit, Gesundheit bei der Arbeit und die neuesten Entwicklungen bei Produkten informieren.
Autorin: Andrea Rechtsteiner
Dipl.-Ing. Textil- und Bekleidungstechnik,
Inhaberin Beratungsunternehmen Rechtsteiner