1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Sicherheitsingenieur »

Allergieproblem Bäckerasthma - Möglichkeiten der Prävention

Möglichkeiten der Prävention
Allergieproblem Bäckerasthma

Allergieproblem Bäckerasthma
Foto: © Kzenon – stock.adobe.com
Noch immer müssen jährlich 500 Bäck­er und Kon­di­toren ihren Beruf aufgeben, weil sie gegen Mehlstaub, Enzyme und andere Aller­gene am Arbeit­splatz aller­gisch sind. Dieser Beitrag zeigt, wie Bäck­erasth­ma entste­ht, welche Präven­tion­s­möglichkeit­en es gibt und wie die Forschung ver­sucht, Betrof­fe­nen zu helfen.

Joerg Hen­siek, Michael Kolbitsch

Durch Aller­gene verur­sachte Atemwegserkrankun­gen haben einen wichti­gen Anteil an den anerkan­nten Beruf­skrankheit­en in Deutsch­land. Daher ist es nicht ver­wun­der­lich, dass sie im Rah­men der Beruf­skrankheit­en­verord­nung (BKV) als Beruf­skrankheit anerkan­nt sind (Beruf­skrankheit 4301).

Allein im Jahr 2012 wur­den 619 Erkrank­te wegen Atemwegserkrankun­gen als beruf­sun­fähig anerkan­nt. Der Anteil der Asth­maerkrank­ten, die ihre Krankheit am Arbeit­splatz erwor­ben oder bei denen sich die Krankheit dort ver­schlim­mert hat, wird auf rund 20 Prozent geschätzt. Weil Beschäftigte im Bäck­ergewerbe an ihren Arbeit­splätzen im beson­deren Maße Aller­ge­nen aus­ge­set­zt sind, erkranken diese beson­ders oft an aller­gis­ch­er Rhini­tis (aller­gis­ch­er Schnupfen) und an Asth­ma bronchiale (Entzün­dung der Atemwege). In den ver­gan­genen Jahren waren so zwis­chen 85 und 90 Prozent der anerkan­nten Beruf­skrankheit­en im Back­gewerbe Atemwegserkrankungen.

Von den aktuell etwa 290.000 im Bäck­er­handw­erk beschäftigten Men­schen müssen jährlich mehr als 500 Bäck­er und Kon­di­toren aus dem Beruf auss­chei­den, weil sie eine Allergie gegen Mehlstaub oder andere Back­pro­duk­te entwick­elt haben. Ins­beson­dere selb­st­ständi­ge Bäck­er und Kon­di­toren, die oft eine lange Fam­i­lien­tra­di­tion fort­führen, stellt dies zusät­zlich vor große wirtschaftliche sowie auch psy­chosoziale Prob­leme. Hinzu kommt: Auch nach Auf­gabe der Tätigkeit wird nur jed­er dritte Bäck­er wieder voll­ständig gesund.

Betrof­fen sind ins­beson­dere Bäck­er, Kon­di­toren, Müller und weit­ere Beschäftigte in Back- und Müh­len­be­trieben, die Umgang mit Staub von Getrei­de­mehl und Getrei­de­mehl­pro­duk­ten haben. Das Prob­lem Bäck­erasth­ma bet­rifft eine zunehmend größere Gruppe, denn neben den klas­sis­chen Bäck­er- und Kon­di­tor­lä­den sowie den Großher­stellern von Back­paste sind auch die Beschäftigten in den Super­märk­ten zunehmend gefährdet. Dies hat damit zu tun, dass in den ver­gan­genen zwanzig Jahren immer mehr Super­märk­te eigene Brot­pro­duk­te anbi­eten, auch wenn es sich in der Regel nur um das Auf­back­en von vorgeliefer­ten Waren handelt.

Was genau ist Bäckerasthma?

Aller­gis­che Reak­tio­nen kön­nen durch unter­schiedliche Sub­stanzen aus­gelöst wer­den, mit denen Men­schen täglich Kon­takt haben beziehungsweise die sie als Lebens­mit­tel zu sich nehmen, beispiel­sweise Blüten­pollen, Staub, Tier­haare, Nüsse, Milch, Obst und Gemüse. Alle diese an und für sich harm­losen Stoffe wer­den als Aller­gene beze­ich­net. So unter­schiedlich sie auch sein mögen, haben die meis­ten von ihnen eine Gemein­samkeit: Sie beste­hen aus Eiweißen beziehungsweise Pro­teinen. Zur Erkrankung kommt es, weil das Immun­sys­tem des Allergik­ers auf diese Sub­stanzen überempfind­lich reagiert. Die Folge: Durch die „über­zo­gene“ Reak­tion des Abwehrsys­tems entste­hen typ­is­che Krankheitssymptome.

Das Bäck­erasth­ma ist eine inhala­tive Allergie: Genau wie bei ein­er Pol­lenal­lergie nehmen die Nasen­schleimhäute das Aller­gen über die Luft auf. Gle­ichzeit­ig gehört das Bäck­erasth­ma zu den per­sistieren­den Allergien. Damit wer­den Allergien beze­ich­net, die über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen oder aber in ein­er Woche min­destens vier Tage lang anhalten.

Bluttests haben gezeigt, dass bei den betrof­fe­nen Bäck­ern Immunreak­tio­nen gegen Weizen- und Roggen­mehle (jew­eils 59 Prozent) dominieren. 52 Prozent der Bäck­er waren gegen Weizen­malz sen­si­bil­isiert, 33 Prozent gegen Sojamehl. Bei 13 Prozent der Bäck­er trat­en Reak­tio­nen gegen das Enzym Alpha-Amy­lase aus dem Pilz Aspergillus oryzae auf.

Krankheitsbild und Heilungschancen

Ein umfassendes Bild vom Krankheits­bild der Betrof­fe­nen lieferte eine Studie am Zen­tralin­sti­tut für Arbeitsmedi­zin und Mar­itime Medi­zin in Ham­burg. Dort unter­suchte eine Forschungs­gruppe um Alexan­dra Preiss­er und Cor­du­la Bit­tner zwis­chen 2008 und 2011 eine Gruppe von ins­ge­samt 14 an Asth­ma erkrank­ten Bäck­ern und Kon­di­toren, die ihren Beruf weit­er ausüben woll­ten. Fünf wiesen eine deut­liche Veren­gung der Atemwege auf, bei den anderen lag eine Überempfind­lichkeit der Atemwege vor. Alle von ihnen bedi­en­ten sich bere­its ein­schlägiger Maß­nah­men, um die indi­vidu­ellen Belas­tun­gen am Arbeit­splatz in Gren­zen zu hal­ten. Zehn Per­so­n­en der Gruppe tru­gen am Arbeit­splatz eine Atem­schutz­maske, sechs ver­wen­de­ten staubarmes Mehl beim Back­en und elf wandten zusät­zlich staubarme Arbeitsver­fahren an. Die ersten Ergeb­nisse der Studie wur­den 2011 pub­liziert. Der Befind­lichkeit­szu­s­tand aller Test­per­so­n­en hat­te sich im Unter­suchungszeitraum gebessert, vol­lkom­men beschw­erde­frei ist jedoch kein­er gewor­den. Preiss­er: „Mit ein­er Aus­nahme mussten alle regelmäßig Medika­mente gegen ihr Asth­ma einnehmen.“

Der Ver­lauf des Bäck­erasth­mas unter­schei­det sich nicht von anderen Allergien. Im Anfangssta­di­um sind die einzi­gen Symp­tome eine laufende Nase, oft gepaart mit ein­er Binde­hau­t­entzün­dung. Mit etwas Glück bleibt es dann bei diesen ver­hält­nis­mäßig gerin­gen Beschw­er­den. Bei 30 bis 50 Prozent der Betrof­fe­nen entwick­elt sich aber daraus das eigentliche Asthma.

Die Ursache für die hohe Anfäl­ligkeit der Bäck­er und Kon­di­toren liegt in der hohen Staubkonzen­tra­tion am Arbeit­splatz. Neben dem Hauptverur­sach­er Mehlstaub enthält der Staub oft noch andere Aller­gene aus Back­mit­telzu­tat­en wie Back­hefe, Eip­ul­ver oder Gewürze. Sehr häu­fig kom­men noch Enzyme wie Alpha-Amy­lase sowie Mehlmil­ben und Mehlmot­ten hinzu – für Allergik­er also eine Mis­chung der schlimm­sten Art.

Zur Hochrisiko­gruppe gehören vor allem Per­so­n­en, die auch gegen andere Stoffe aller­gisch sind. Preiss­er emp­fiehlt daher allen Jugendlichen, die bere­its an asth­ma­tis­chen Erkrankun­gen lei­den, gar nicht erst eine Bäck­er­lehre anzufangen.

Arbeitsbedingungen haben sich verbessert

Für Betrof­fene, die bere­its im Beruf arbeit­en, seien die Arbeits­be­din­gun­gen aber in den ver­gan­genen Jahren spür­bar verbessert wor­den. Dies bestätigt auch eine weit­ere Studie des Zen­tralin­sti­tuts für Arbeitsmedi­zin und Mar­itime Medi­zin, die 2013 startete und bei der 45 Teil­nehmer unter­sucht wur­den. Cor­du­la Bit­tner bilanziert das Ergeb­nis: „Die Auswirkun­gen des Asth­mas der Betrof­fe­nen kann gut kon­trol­liert wer­den, solange diese sich kon­se­quent an die Behand­lungsvor­gaben hal­ten und sich regelmäßi­gen Lun­gen­funk­tion­sprü­fun­gen unterziehen.“

Den­noch habe die Forschung zum The­ma Bäck­erasth­ma trotz aller Fortschritte in den ver­gan­genen Jahren noch nicht zu einem endgülti­gen Durch­bruch bei den Heilungschan­cen geführt. Auch habe man noch zu wenige genaue Dat­en über den Gesund­heit­szu­s­tand der aus dem Beruf aus­geschiede­nen Betrof­fe­nen. Um aber Heilungschan­cen beurteilen zu kön­nen, muss man auch den Gesund­heit­szu­s­tand von Bäck­ern mit Asth­ma, die im Beruf verblieben sind, mit dem von Bäck­ern, die auf­grund des Asth­mas ihren Beruf aufgegeben haben, ver­gle­ichen. Alexan­dra Preiss­er: „Wir wollen einen direk­ten Ver­gle­ich durch­führen, brauchen hier­für aber die Unter­stützung der Beruf­sgenossen­schaft. Ein entsprechen­der Antrag ist derzeit in Vorbereitung.“

Das Präventivprogramm der BGN

Auch wenn es die endgültig wirk­same medi­zinis­che Ther­a­pie noch nicht gibt, so haben die Forschun­gen und damit ein­herge­hen­den Erken­nt­nis­gewinne der ver­gan­genen Jahre die Sit­u­a­tion für Betrof­fene deut­lich verbessert. In Deutsch­land hat auch das Bäck­erasth­ma-Forschung­spro­jekt der Beruf­sgenossen­schaft Nahrungsmit­tel und Gast­gewerbe (BGN) entschei­dend dazu beige­tra­gen, dass durch spez­i­fisch konzip­ierte Maß­nah­men der Arbeit­sall­t­ag für Erkrank­te so verbessert wird, dass viele von ihnen im Beruf bleiben, und viele andere Beschäftigte erst gar nicht erkranken.

Die Anfang der 1990er Jahre begin­nen­den Forschun­gen der BGN kon­nten die damals herrschende Ansicht, dass das Bäck­erasth­ma auss­chließlich Folge der Einat­mung von Mehlstaub sei, gründlich rev­i­dieren. Die BGN-Forsch­er fan­den her­aus, dass vielmehr ein ganzes Bün­del an Ursachen hier­für ver­ant­wortlich war. Und nicht nur das: Die Ursachen ein­er Bäck­erasth­ma-Erkrankung hin­gen ganz entschei­dend von den jew­eili­gen spez­i­fis­chen Bedin­gun­gen vor Ort in den Betrieben ab. Daraus kon­nten die Forsch­er in Zusam­me­nar­beit mit den Bäck­ern und Kon­di­toren vol­lkom­men neue Präven­tiv­maß­nah­men konzip­ieren, die es in der Form noch nicht in der betrieblichen Prax­is gab und die im Fol­gen­den in den Betrieben erfol­gre­ich getestet wurden.

Hierzu gehörten Maß­nah­men zur Staubre­duk­tion, zur Hygiene und zur Arbeits- und Betrieb­sorgan­i­sa­tion. Konkret hieß dies, zum Beispiel im Falle der Arbeit­sor­gan­i­sa­tion, Pro­duk­tion­sräume von Bere­ichen mit Mehlstaubbe­las­tung zu tren­nen oder Mehlsi­los statt Sack­ware zu ver­wen­den. Mit­tels dieser und ander­er Maß­nah­men kon­nte in den nach­fol­gen­den Jahren die Staubkonzen­tra­tion in den Betrieben um die Hälfte gesenkt werden.

Aus den Forschungsergeb­nis­sen entwick­elte die BGN das „Präven­tion­spro­gramm Bäck­erasth­ma“. Hier­bei han­delt es sich um ein fal­lo­ri­en­tiertes Betreu­ungsmod­ell für Mit­glied­sun­ternehmen der Beruf­sgenossen­schaft, bei dem die Maß­nah­men indi­vidu­ell auf den Erkrankungs­fall abges­timmt wer­den. Grund­lage jed­er indi­vidu­ellen Betreu­ung sind arbeitsmedi­zinis­che und tech­nis­che Unter­suchun­gen und Analy­sen am Arbeit­splatz. Maß­nah­men, wie die indi­vidu­ell aus­gerichtete, inter­diszi­plinäre Asth­maschu­lung, zie­len darauf ab, die Behand­lung des Bäck­ers zu opti­mieren, so dass er möglichst beschw­erde­frei weit­er­ar­beit­en kann. Wichtig ist hier­bei auch eine kon­tinuier­liche tech­nis­che und medi­zinis­che Nach­be­treu­ung, welche die BGN für jeden einzel­nen Erkrank­ten koordiniert.

Das Präven­tion­spro­gramm bein­hal­tet die fol­gen­den Bausteine:

  • Durch­führung ein­er arbeitss­chicht­be­glei­t­en­den Unter­suchung (Risikozu­s­tand­s­analyse = RZA) im Betrieb. Hier erfol­gt eine tech­nis­che und medi­zinis­che Bestandsaufnahme/Analyse mit anschließen­der geziel­ter Beratung.
  • Teil­nahme an einem Gesund­heitssem­i­nar für Bäck­er, bei dem eine umfassende Schu­lung zu ver­schiede­nen Aspek­ten des Bäck­erasth­mas und Bäck­er­schnupfens erfolgt.
  • Medi­zinis­che und tech­nis­che Nachbetreuung

Herausforderung Backmittelenzyme

Bei Enzy­men han­delt es sich um Eiweißstoffe, die in der Lebens­mit­telin­dus­trie für vielfältige Zwecke ver­wen­det wer­den. Das Enzym Alpha-Amy­lase beispiel­sweise bildet im Teig aus Stärke Zuck­er­stoffe, die von der Hefe als Nahrung ver­w­ertet wer­den kön­nen. Es erhöht damit die Triebleis­tung der Hefe und verbessert die Gebäcklockerung.

Zu den soge­nan­nten Back­mit­te­len­zy­men gehören auch Cel­lu­lase und Glu­coamy­lase, um nur zwei der wichtig­sten zu nen­nen. Glu­coamy­lase – auch Amy­loglu­cosi­dase genan­nt – wird wegen ihrer Gärverzögerungs- beziehungsweise Gärun­ter­brechung­seigen­schaften für die derzeit häu­fig pro­duzierten gefrosteten Tei­glinge und Auf­back­waren ver­wen­det. Die BGN hat die Back­mit­te­len­zyme nach dem Mehlstaub als eine der wichtig­sten Allergie verur­sachen­den Sub­stanzen iden­ti­fiziert. Aus diesem Grund wur­den zwis­chen 1999 und 2001 zunächst 299 allergieerkrank­te Bäck­er unter­sucht, die im Rah­men des BGN-Präven­tion­spro­grammes „Bäck­erasth­ma“ betreut wur­den. Zum einen wurde mit­tels Blu­tun­ter­suchun­gen ihre Sen­si­bil­isierungsrate gegen Back­mit­te­len­zyme fest­gestellt, zum anderen die per­so­n­en­be­zo­gene Staubex­po­si­tion beziehungsweise Back­mit­tel­be­las­tung im Atem­bere­ich gemessen. Es zeigte sich, dass 26 Prozent der Proban­den eine Sen­si­bil­isierung gegen Alpha-Amy­lase aufwiesen. Anschließend hat die BGN zwis­chen 2009 und 2011 weit­ere 134 Bäck­er aus dem Präven­tion­spro­gramm unter­sucht. Dabei kam her­aus, dass das Präven­tion­spro­gramm in Hin­sicht auf die Alpha-Amy­lase eine mess­bar pos­i­tive Entwick­lung angestoßen hat­te: Die Sen­si­bil­isierungsrate der Stu­di­en­teil­nehmer gegen Alpha-Amy­lase war seit der ersten Unter­suchung auf 13 Prozent zurück­ge­gan­gen. Die Dat­en der per­so­n­en­be­zo­ge­nen Staubmes­sung ergaben eine um elf Prozent rück­läu­fige Expo­si­tion von Alpha-Amy­lase bei stark rück­läu­figer Enzym­ex­po­si­tion trotz nahezu unverän­dert­er Gesamt­staubex­po­si­tion. Die beteiligte BGN-Forscherin Bet­ti­na Simo­nis erk­lärt: „Dies zeigt den Erfolg der durch die BGN ins Leben gerufe­nen Präven­tion­s­maß­nah­men, hat aber auch damit zu tun, dass in den ver­gan­genen Jahren viele staubärmere Neuen­twick­lun­gen an Dar­re­ichungs­for­men bei Mehlen und Back­mit­teln auf den Markt kamen.“

So erfreulich diese Entwick­lung ist, andere Ergeb­nisse macht­en den Fach­leuten der BGN Sorge: Die Sen­si­bil­isierungsrate der erkrank­ten Bäck­er gegen Cel­lu­lase war mit 16 Prozent nun höher als bei Alpha-Amy­lase, und sog­ar über ein Vier­tel der Bäck­er (28 Prozent) zeigte sich aller­gisch gegen Glu­coamy­lase. Zwar wur­den bei der Unter­suchung zwis­chen 1999 und 2001 die Werte für diese bei­den Backen­zyme nicht erfasst, aber eine andere Studie aus den 1990er Jahren hat­te damals eine Sen­si­bil­isierungsrate von lediglich acht Prozent gegen Glu­coamy­lase fest­stellen können.

Ins­ge­samt waren nun rund 30 Prozent der Proban­den gegen min­destens eines der unter­sucht­en Back­mit­te­len­zyme sen­si­bil­isiert, wobei nicht sel­ten auch Mehrfach­sen­si­bil­isierun­gen gegen zwei oder drei der Back­mit­te­len­zyme auftraten.

Bet­ti­na Simo­nis bringt die Kon­se­quenz aus den Ergeb­nis­sen auf den Punkt: „Die hohe Sen­si­bil­isierungsrate gegen Glu­coamy­lase gibt Anlass, dieser Expo­si­tion in den Betrieben nachzuge­hen und Sen­si­bil­isierun­gen im Rah­men von Beruf­skrankheit­en­ver­fahren gutachter­lich regelmäßig zu beurteilen.“ Weit­ere Forschun­gen müssen nun zeigen, was die Gründe sein kön­nen, dass die Alpha-Amy­lase-Sen­si­bil­isierung bei den Bäck­ern im Zeitraum zwis­chen 2001 und 2009 so abgenom­men hat, ins­beson­dere für Glu­coamy­lase aber weit­er­hin der­art hohe Werte vor­liegen. Da die Werte für die Glu­coamy­lase und Cel­lu­lase von den BGN-Wis­senschaftlern in der ersten Unter­suchungsphase nicht ermit­telt wur­den, könne man, so Simo­nis, aber auch nicht ein­deutig schlussfol­gern, dass die Werte von 2010 nun gle­ich hoch oder sog­ar höher als vorher gewe­sen sind oder gar, dass die Präven­tion­s­maß­nah­men bei diesen Back­mit­te­len­zy­men nicht greifen.

Offene Fragen für die Forschung

Zwei Entwick­lun­gen im Back­gewerbe wer­den die Forsch­er der BGN zur Lösungs­find­ung noch beson­ders inten­siv unter die Lupe nehmen. Zum einen haben sich in den ver­gan­genen Jahren die Pro­dukt- und Dar­re­ichungs­for­men der Back­mit­tel verän­dert. So wer­den ver­mehrt pastöse, gran­uläre oder flüs­sige Pro­duk­te anstatt pul­ver­för­mige Back­mit­tel ver­wen­det. Zum anderen ist auch der Bedarf und der Ein­satz einzel­ner Enzyme, die derzeit zum Beispiel für gefrostete Tei­glinge und Auf­back­ware benötigt wer­den, angestiegen. Vor allem die let­zt­ge­nan­nte Entwick­lung kon­terkari­ert somit die Entwick­lung staubärmer­er Pro­duk­te, denn für die Tei­glinge und Auf­back­ware wird viel Glu­coamy­lase eingesetzt.

Was auch immer die Gründe sein mögen: Das The­ma Backen­zyme wird für die Bekämp­fung von Bäck­erasth­ma auch in der näheren Zukun­ft noch eine große Her­aus­forderung für die Forschung darstellen.


Welche Allergene gibt es?

Allergieaus­lösende Stoffe wer­den je nach ihrer Wirkungsweise und Art der Auf­nahme in fol­gende drei Haupt­grup­pen eingeteilt:

  • Inhala­tion­sal­ler­gene wie Blüten­pollen und Staub wer­den eingeat­met und lösen Symp­tome aus (zum Beispiel Schnupfen, Binde­hau­t­entzün­dung und Asthma).
  • Kon­tak­tal­ler­gene wie Nick­el führen zu Hautreizun­gen und ‑ekze­men.
  • Lebens­mit­te­lal­ler­gene wer­den über den Ver­dau­ungstrakt aufgenom­men und kön­nen unter anderem Magen-DarmBeschw­er­den mit Bauch­schmerzen, Durch­fall und Nes­selfieber (Hau­tauss­chlag) auslösen.
    In sel­te­nen Fällen kann es zu lebens­bedrohlichen Kreis­laufzusam­men­brüchen (ana­phy­lak­tis­ch­er Schock) kom­men.

Zu den Lebens­mit­teln, die Allergien aus­lösen kön­nen, gehören ins­beson­dere Nüsse, Früchte, Hülsen­früchte (Sojabohnen, Erd­nüsse), Gemüse (Sel­l­erie), Eier, Krus­ten­tiere und Fisch. Die Symp­tome treten meis­tens inner­halb von Minuten oder weni­gen Stun­den auf.


Praxisbeispiele:

Präventionsmaßnahmen bei der Teigaufbereitung und ‑herstellung

Bei der Teigauf­bere­itung darf Back­mehl nur dann im Hand­wurf ver­wen­det wer­den, wenn eine geeignete Absaugein­rich­tung (z.B. Mehlstaubab­saugan­lage) vorhan­den ist. Der Hand­wurf ist auch dann möglich, wenn staubarmes Spezialmehl (z.B. hydrother­mis­che Mehle, Weizen­dun­st) ver­wen­det wird. Alter­na­tiv­en zum Hand­wurf, bei denen Back­mehl als Tren­n­mit­tel ver­wen­det wer­den darf, sind z. B. das Aufle­gen und Ver­reiben des Back­mehles auf Ober­flächen und das Auf­tra­gen mit ein­er für Lebens­mit­tel geeigneten Rolle oder einem handge­führten Sieb auf die zu bestauben­den Flächen.

Stärke als Tren­n­mit­tel ist primär nicht sen­si­bil­isierend, kann jedoch auf­grund stark­er Stauben­twick­lung zu ein­er irri­ta­tiv­en Reizung der Atemwege führen. Aus diesem Grund rät die BGN davon ab, Stärke­pro­duk­te als Tren­n­mit­tel zu verwenden.

Bei der manuellen Teigauf­bere­itung sind staubarme Spezialmehle als Tren­n­mit­tel geeignet. Dazu gehören z.B. staubre­duzierte Mehle, Weizen­dun­st und Hartweizen­grieß, HT-Mehle (Hydro-Ther­misch behan­delte Mehle). Durch die gezielte Benet­zung von Mehl wer­den die Fein­stäube im Mehl durch Wass­er gebun­den und anschließend zurück getrock­net. Dies reduziert die Feinstaubbelastung.

Wird bei der maschinellen Teigauf­bere­itung Back­mehl als Tren­n­mit­tel ver­wen­det, soll­ten spezielle Ein­rich­tun­gen wie z.B. automa­tis­che Mehlstreuer an Teigaus­roll­maschi­nen oder eine geeignete Absaugung an der Mehlstaubentste­hungsstelle vorhan­den sein. Auch bei automa­tis­chen Mehlstreuern emp­fiehlt es sich, staubarme Tren­n­mehle einzusetzen.

Bei der maschinellen Tren­nung sind staubarme Spezialmehle als Tren­n­mehle geeignet. Dazu gehören z.B. staubre­duzierte Mehle, Weizen­dun­st und Hartweizen­grieß, HT-Mehle sowie ölhaltige Trennmittel.

Beim Auf­sprühen von Tren­nölen ist darauf zu acht­en, dass möglichst keine Aerosole in die Atemwege gelan­gen kön­nen. Die Ver­wen­dung von Filzbän­dern ist wegen der erhöht­en Stauben­twick­lung an den Umlenkstellen nachteilig, ins­beson­dere bei schnel­l­laufend­en Auf­satzgeräten (z.B. Rund­wirk­er). Den an Filzbän­dern ver­stärkt auftre­tenden Hygien­er­isiken, z.B. Besied­lung mit Mil­ben und Schim­melpilzen, ist durch vor­beu­gende Maß­nah­men, wie häu­figes trock­enes staubarmes Reini­gen, entgegenzuwirken.


Wirksame Schutzmaßnahmen gemäß GefStoffv

Als Fachkraft für Arbeitssicher­heit soll­ten Sie Betriebe im Bäck­er­handw­erk darauf hin­weisen, dass generell sen­si­bil­isierende Stoffe – dazu gehören haupt­säch­lich Stäube in der Atem­luft – ver­mieden wer­den müssen. Dies kön­nen die Betriebe durch die im Fol­gen­den beschriebe­nen Maß­nah­men erreichen.

  • Staubarme Arbeit­sprak­tiken bei Befül­lvorgän­gen anwenden:
  • Bei Sack­ware möglichst die Dop­pelschlitzmeth­ode anwen­den. Die Säcke müssen unter Berück­sich­ti­gung ergonomis­ch­er Gesicht­spunk­te möglichst tief
    in die zu befül­len­den Gefäße gehal­ten und entleert werden.
  • Bei Mehlent­nahme aus der Silowaage einen möglichst bis zum Boden reichen­den Füllschlauch ein­set­zen oder die Fal­l­en­ergie durch geschick­te Hand­führung des Schlauch­es reduzieren.
  • Gran­ulierte, pastöse oder flüs­sige Back­mit­tel einsetzen.
  • Knet­mas­chine mit einem dicht schließen­den Deck­el abdecken.
  • Staubarmer Arbeit­sprak­tiken bei der Teig­bere­itung anwenden:
  • Tren­n­mehl nicht wer­fen, stattdessen ver­reiben, mit Rollen auf­tra­gen oder sieben.
  • Staubarme Tren­n­mehle (z.B. hydrother­misch behan­delte Mehle, Weizen­dun­st, Hartweizen­grieß) oder Tren­nöle verwenden.
  • Staubarme Reini­gungsver­fahren anwenden:
  • Sch­aber, zuge­lassene Staub­sauger, Nassreinigung.
  • Die Reini­gung der Maschi­nen und Fußbö­den mit Druck­luft oder Borstenbe­sen ist verboten!
  • Lagerung:
  • Behäl­ter möglichst dicht geschlossen halten.

Autor

Dr. Joerg Hensiek

Poli­tik­wis­senschaftler, freiberu­flich­er Jour­nal­ist, Redak­teur und PR-Berater

E‑Mail: joerg.hensiek@googlemail.com


Michael Kol­bitsch

Inge­nieur für Maschi­nen­bau, Fachkraft für Arbeitssicher­heit, QM-Man­ag­er, Audi­tor und Dozent; E‑Mail:

michael.kolbitsch@baum-kolbitsch.de

Foto: © Privat
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de