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Die richtige Arbeitshöhe entlastet

Ergonomie
Die richtige Arbeitshöhe entlastet

Ange­li­ka D. macht eine Aus­bil­dung zur Schreiner­in. Die zier­liche Frau ist 165 cm groß und sportlich. Doch manche Tätigkeit­en sind kör­per­lich eine ganz schöne Her­aus­forderung für sie. Auch ihr Kol­lege Ste­fan N. mit seinen 188 cm hat es nicht immer leicht. Anstren­gend find­et er vor allem Arbeit­en an der Werk­bank. Ob das vielle­icht daran liegt, dass die schon ziem­lich alt ist?

Bet­ti­na Brucker

Früher waren die Men­schen klein­er. Das merkt man unter anderem daran, wenn man an ein­er alten Werk­bank ste­ht oder in ein­er Küche arbeit­et, die nicht an neuere ergonomis­che Erken­nt­nisse angepasst ist. Dann ist es oft so, dass die Arbeit­shöhe nicht stimmt. Allerd­ings ist es in einem Arbeit­steam gar nicht so ein­fach, eine Lösung zu find­en, bei der jed­er Einzelne auf Dauer gesund arbeit­en kann.
Die richtige Arbeit­shöhe spielt in nahezu allen Berufen eine Rolle. Wer am Bild­schirm sitzt, muss Tisch und Stuhl ein­stellen, und wer im Ste­hen arbeit­et, muss darauf acht­en, dass er dies aufrecht und mit entspan­nten Schul­tern macht. Zudem gibt es noch Tätigkeit­en in der Hocke oder auf den Knien, die sehr schnell für die Gelenke zur Belas­tung werden.
Durch eine falsche Arbeit­shöhe kön­nen die Wirbel­säule, die Band­scheiben, die Kniege­lenke, aber auch die Schul­ter oder der Nack­en fehlbe­lastet wer­den. Die Folge davon sind Verspan­nun­gen, Fehlhal­tun­gen, Schmerzen und dauer­hafte Verän­derun­gen des Muskel-Skelett-Appa­rates. Um dies zu ver­hin­dern, sind präven­tive Maß­nah­men das A und O. Die ein­fach­ste davon ist, die Arbeit­shöhe zu über­prüfen und entsprechend anzupassen.
Die richtige Arbeit­shöhe in der Pflege schont den Rücken
Son­ja B. ist Altenpflegerin. Sie muss sich sehr oft her­abbeu­gen. Etwa bei der Grundpflege, wenn Beine oder Füße gewaschen oder gepflegt wer­den. Befind­et sich das Bett dabei auf Kniehöhe, ver­bringt sie mehr als 81 Prozent der Zeit in ein­er 20-Grad-Stel­lung oder ist sog­ar noch stärk­er vorge­beugt. Bei mehr als 20 Grad nimmt jedoch der Druck auf die Band­scheiben enorm zu. Kein Wun­der also, dass Rück­enbeschw­er­den bei Pflegekräften weit ver­bre­it­et sind, denn am gesün­desten ist eine aufrechte Hal­tung in der 0‑Grad-Stel­lung.
Welche Arbeit­shöhe gesün­der ist, belegt eine Studie der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW) und des Uni­ver­sität­sklinikums Ham­burg-Eppen­dorf. Ist das Bett auf Leis­ten­höhe hochgestellt, lässt sich die Grundpflege im Bett zu fast 50 Prozent in aufrechter Hal­tung durch­führen. In ein­er Früh­schicht, so die Studie, braucht es nur zusät­zliche drei bis vier Minuten, um die Bet­ten zu ver­stellen. Find­et die Grundpflege im Bad statt, ent­lastet ein Hock­er. Sitzt die Pflegekraft bei den Tätigkeit­en, ver­ringert sich der Anteil der vor­geneigten Hal­tung von fast 87 Prozent auf deut­lich unter 20 Prozent. Die Arbeit wird dadurch als sehr leicht empfunden.
Bild­schir­mar­beit­splätze sind auf den Nutzer anzupassen
„Durch unsere Minichecks wis­sen wir, dass die Arbeit­splätze in über 50 Prozent und bis zu 80 Prozent der Fälle eine Arbeit­shöhe haben, die nicht mit den Bedürfnis­sen des Mitar­beit­ers übere­in­stimmt. Dabei geht es nicht um ergonomis­che Richtwerte. Die dienen nur zur Ori­en­tierung. Denn aufrecht sitzen und gle­ichzeit­ig verkrampft sein, kann nicht das Ziel eines opti­mal gestal­teten Arbeit­splatzes sein. Opti­mal ist er erst, wenn der Mitar­beit­er ihn als stim­mig und passend empfind­et. Und das ist nicht unbe­d­ingt iden­tisch mit Zen­time­terangaben“, so Ulrike Lüb­bert, Phys­io­ther­a­peutin und ErgoPhysConsult.
Immer mehr Men­schen im Büro wollen während der Arbeit ein­mal auf­ste­hen kön­nen. So wer­den Sitz-Steh-Arbeit­stis­che zunehmend beliebter. Jed­er fün­fte Schreibtisch, der gekauft wird, ist zurzeit ein höhen­ver­stell­bar­er, wie das Büro­fo­rum des Ver­bands Büro,- Sitz- und Objek­t­mö­bel (bso) berichtet. Der Tisch sollte laut bso einen Ver­stell­bere­ich zwis­chen 65 und 125 Zen­time­ter haben, etwas mehr als die europäis­che Norm für Büro­tis­che vorschreibt. Damit kön­nen auch Per­so­n­en mit ein­er Kör­per­größe unter 160 Zen­time­ter und solche über 180 cm bequem daran arbeit­en. Ide­al ist zudem eine Höhen­ver­stel­lung mit Mem­o­ry-Funk­tion, damit man immer in der richti­gen Arbeit­shöhe im Sitzen beziehungsweise Ste­hen arbeit­en kann. Außer­dem sollte der Tisch so leise nach oben und unten fahren, dass Kol­le­gen nicht durch das Ver­stellen gestört wer­den. Jed­er Men­sch ist mit seinen Pro­por­tio­nen einzi­gar­tig. Deshalb dienen die Werte in der oberen Tabelle (auf der näch­sten Seite) nur als Richtwerte.
Extreme Belas­tung beim Hock­en und Knien
Mar­co K., Fliesen­leger, und Gün­ter M., Instal­la­teur, ken­nen sich von der Baustelle. Die bei­den Handw­erk­er knien beziehungsweise hock­en unter anderem in den Badez­im­mern, wo sie den Boden ver­legen sowie Duschen und Waschbeck­en mon­tieren. Bei­de unter­schätzen die Dauer der belas­ten­den Kör­per­hal­tung, wie übri­gens die meis­ten ihrer Kol­le­gen. Bei Unter­suchun­gen des Insti­tuts für Arbeitss­chutz der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (IFA) kam her­aus, dass die Knie bei diesen Tätigkeit­en sehr oft über 120 Grad angewinkelt sind. Eine extreme Belas­tung für das Kniege­lenk und den Meniskus. Das Risiko ist groß, sich eine Ver­let­zung oder dauer­hafte Schädi­gung zuzuziehen, wie etwa eine Kniegelenksarthrose.
Laut Unter­suchungs­bericht „Erfas­sung arbeits­be­d­ingter Kniebe­las­tun­gen an aus­gewählten Arbeit­splätzen“ lassen sich die Belas­tun­gen bei Fliesen­legern und Instal­la­teuren zum Teil reduzieren, indem man zum Beispiel beim Boden­le­gen Arbeitsmit­tel mit Teleskop­stiel oder beim Pflastern eine hydraulis­che Ver­legezange ein­set­zt. Bei der Pla­nung von Rohrleitun­gen sollte darauf geachtet wer­den, dass die Arbeit­shöhe wann immer möglich nach oben ver­legt wird.
Wenn die Kinder zur Last werden
Sask­ia O. liebt ihre Arbeit als Erzieherin in der Kita. Doch abends ist sie vom vie­len Bück­en und Hock­en kör­per­lich erschöpft. Vor allem seit sie in der Gruppe der Unter-Drei­jähri­gen tätig ist und Heben und Tra­gen der Kinder ver­mehrt hinzugekom­men ist, lei­det sie unter der Belastung.
Mobil­iar und die san­itären Ein­rich­tun­gen in Kitas sind auf die geringe Größe der Kinder aus­gerichtet. Das bedeutet eine riskante Arbeit­shöhe für die Erzieher. Hil­fre­ich kann es da unter anderem sein, ver­mehrt auch Sit­u­a­tio­nen in nor­maler Höhe zu schaf­fen und die Kinder durch Tritte oder Podeste auf eine erwach­se­nen- gerechte Höhe zu brin­gen. Zudem ist es wichtig, die Mitar­beit­er der Kita zu einem gesun­den Ver­hal­ten zu motivieren und das am besten durch regelmäßige Schu­lun­gen und gegen­seit­ige Unterstützung.
Friseure soll­ten für die Schön­heit nicht lei­den müssen
Waschen, Schnei­den, Fönen bitte. Was für den Kun­den eine angenehme und oft entspan­nende Angele­gen­heit ist, ist für den Friseur auf Dauer schmerzhaft. Unter­suchun­gen der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW) haben gezeigt, dass Friseure oft in ungün­sti­gen Kör­per­hal­tun­gen arbeit­en: Sie heben die Arme zu hoch an, ver­drehen den Kör­p­er oder den Kopf und beu­gen den Oberkör­p­er nach vorne. Beson­ders Schul­tern, Nack­en und Oberkör­p­er lei­den im Friseurberuf.
Um nah dran zu sein, pumpt der Friseur den Kun­den­stuhl nach oben. Die Folge davon: Er muss die Arme anheben, zum Teil sog­ar über Schul­ter­höhe. Und wer dabei im Sitzen arbeit­et, hebt seine Arme sog­ar noch weit­er an. Knapp 20 Prozent der krankheits­be­d­ingten Aus­fall­t­age bei Friseuren sind auf Muskel-Skelett-Erkrankun­gen zurück­zuführen. Eine erschreck­end hohe Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte der sozialver­sicherungspflichti­gen Friseure jünger ist als 35 Jahre.
Bess­er ist es, den Frisier­stuhl nicht nur auf den Kun­den einzustellen, son­dern bei jed­er neuen Tätigkeit bei Bedarf nachzustellen. So lässt sich mit entspan­nten Schul­tern und ger­a­dem Rück­en und gestreck­ter Wirbel­säule arbeit­en. Dabei soll­ten die Ellen­bo­gen max­i­mal bis zur Schul­ter­höhe ange­hoben wer­den. Um sich an die ergonomis­chen Arbeitsabläufe und das regelmäßige Anpassen des Mobil­iars zu gewöh­nen, kann das Team zum Beispiel Schu­lun­gen in Form von Rol­len­spie­len durch­führen. Dabei übern­immt ein­er die Rolle des Kun­den, ein­er ist der Friseur und ein Drit­ter ist kri­tis­ch­er Beobachter und Berater.
Mit Hil­fe ein­er Studie der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW), des Uni­ver­sität­sklinikums Ham­burg-Eppen­dorf (UKE) sowie des Insti­tuts für Arbeitss­chutz der Deutschen Geset­zlichen Unfal­lver­sicherung (IFA) wer­den aktuell Maß­nah­men entwick­elt, mit denen arbeits­be­d­ingte Gesund­heits­ge­fahren des Friseurberufs zukün­ftig in der Prax­is ver­ringert wer­den sollen.
Gut sind unter­schiedlich hohe Arbeit­splätze in der Werkstatt
Auch Werk­bänke gibt es höhen­ver­stell­bar. Doch davon kön­nen die bei­den Schrein­er Ange­li­ka D. und Ste­fan N. mit ein­er unter­schiedlichen Kör­per­größe von 23 cm zurzeit nur träu­men. Um auf ein­er ergonomis­chen Höhe arbeit­en zu kön­nen, müsste die Werk­bank für Ste­fan N. näm­lich deut­lich höher sein als für seine Kol­le­gin. Das lässt sich leicht ermit­teln. Dazu stellt er sich bequem ger­ade hin und lässt die Arme lock­er hän­gen. Dann misst man den Abstand vom Boden zum Handge­lenk. Bei ein­er 188 cm großen Per­son beträgt dieser knapp über 90 cm. Alte Werk­bänke, wie in der Werk­statt der bei­den, sind übri­gens oft nur 80 cm hoch.
Die Arbeit­shöhe an ein­er Werk­bank hängt jedoch nicht nur von der Kör­per­größe, son­dern auch von der Tätigkeit ab. Einen Anhalt­spunkt für die ide­ale Arbeit­shöhe gibt Tabelle 2, die den Infor­ma­tio­nen zum Arbeitss­chutz (M 88; Aus­gabe 9/2010) der BGHW ent­nom­men ist. Hin­weis: Die Höhe ein­er Mas­chine muss gegebe­nen­falls berück­sichtigt werden.
Ide­al ist es, wenn in der Werk­statt Arbeit­splätze mit min­destens zwei ver­schiede­nen Arbeit­shöhen vorhan­den sind. Außer­dem lässt sich eine Werk­bank mit zwei Rah­men­hölz­ern unter dem Gestell erhöhen. Kleinere Per­so­n­en kön­nen dann eine Plat­tform oder ein Podest nutzen.
Beispiele gibt es in allen Branchen
Im Kassen­bere­ich im Einzel­han­del sind neben Sitzarbeit­splätzen auch immer häu­figer Ste­har­beit­splätze anzutr­e­f­fen. Der Vorteil davon ist, dass die Mitar­beit­er öfter ein­mal ihre Kör­per­hal­tung wech­seln kön­nen. Zudem ist es im Ste­hen leichter zum Beispiel schwere Getränke­flaschen oder Wasch­pul­ver­pack­un­gen über den Scan­ner zu ziehen.
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