Chemikalien sind ein wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Lebens und werden in den verschiedensten Branchen und Anwendungen eingesetzt. Allerdings sind nicht alle Chemikalien ungefährlich, und einige können erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bergen.
Um Informationen über die Gefahren, die von solchen Chemikalien ausgehen, zu vermitteln, gilt in der Europäischen Union (EU) unter anderem die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Verordnung (EG) 1272/2008 – CLP-Verordnung), welche standardisierte Elemente für die Kennzeichnung von Verpackungen zur Gefahrenkommunikation vorsieht.
Eines dieser Elemente sind die Gefahrenpiktogramme, welche ein prominentes Erkennungsmerkmal auf den Verpackungen von gefährlichen Stoffen und Gemischen darstellen. Neben den Gefahrenpiktogrammen gehören aber auch noch das Signalwort sowie die Gefahren- und Sicherheitshinweise zu den für die Gefahrenkommunikation vorgesehenen Bestandteilen der Kennzeichnung.
Historische Entwicklung
Die systematische Verwendung von bildlichen Darstellungen zur Kommunikation gefährlicher Eigenschaften von Chemikalien lässt sich bis in die 1950er Jahre zurückverfolgen. 1956 verabschiedeten die Vereinten Nationen (UN) die „UN-Empfehlungen für den Transport gefährlicher Güter – UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods“.
Das sogenannte „Orange Book“ enthielt eine Reihe von Gefahrensymbolen, die auf den Verpackungen von Gefahrgütern für den Transport verwendet werden sollten. Diese Gefahrensymbole werden, in leicht aktualisierter Form, auch heute noch für den Transport von Gefahrgütern verwendet.
1967 wurde in der EU die Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen (Richtlinie 67/548/EWG – Stoffrichtlinie) erlassen. Diese Vorläuferregelung zur CLP-Verordnung sah für die Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen die gleichen Symbole vor, welche auch die UN bereits verwendete.
Um weitere Symbole zur Kennzeichnung von Gefahren zur Verfügung zu haben, welche im Transport nicht von Bedeutung sind, wurde zusätzlich das Symbol eines Andreaskreuzes eingeführt.
Die Stoffrichtlinie – und die zwischenzeitlich eingeführte Richtlinie 1999/45/EWG (Zubereitungsrichtlinie) – wurden in der Zeit zwischen 2008 bis 2015 schrittweise durch die CLP-Verordnung ersetzt. Die CLP-Verordnung setzt das Global Harmonisierte System (Global Harmonised System – GHS) der UN in europäisches Recht um.
Sowohl die Modellvorschriften der UN zur Beförderung von gefährlichen Gütern als auch die Stoff- und Zubereitungsrichtlinie waren Teil der primären Basis, auf welcher das GHS entwickelt wurde. Ein Großteil der in den Gefahrenpiktogrammen des GHS verwendeten Symbole basiert daher auf bereits aus diesen Regelungen bekannten Darstellungen, ergänzt aber auch durch eigene neue Symbole.
Plakative Darstellung
Die Gefahrenpiktogramme sind Teil der vorgeschriebenen Kennzeichnung der Verpackung mancher gefährlichen Stoffe und Gemische.
Zum Teil finden sich die Gefahrenpiktogramme in Betrieben aber auch als Kennzeichnung von Rohrleitungen und Behältnissen – zum Beispiel zur Probennahme.
Eines der wichtigsten Merkmale von bildlichen Darstellungen ist ihre Fähigkeit, Informationen effektiv zu vermitteln – selbst für Personen, die möglicherweise nur über begrenzte Lese‑, Schreib- und/oder Sprachkenntnisse verfügen.
Die Verwendung einfacher grafischer Symbole mit klarer Bedeutung macht es Menschen, die mit einem Stoff oder einem Gemisch umgehen, aber auch grundsätzlich leichter, die damit verbundenen Gefahren zu verstehen.
Die Gefahrenpiktogramme sind auf der Spitze stehende Quadrate, die aus einem schwarzen Symbol auf weißem Hintergrund sowie einer Umrandung in roter Farbe bestehen. Aussehen und Größe der Gefahrenpiktogramme sind in der CLP-Verordnung festgelegt.
Bei der Kennzeichnung von Verpackungen gilt, dass jedes Gefahrenpiktogramm mindestens ein Fünfzehntel der Mindestfläche des Kennzeichnungsetiketts einnehmen muss, aber nicht weniger als einen Quadratzentimeter umfassen darf. Bei der Angabe der Gefahrenpiktogramme im Sicherheitsdatenblatt kann ausnahmsweise auf eine schwarz-weiße Darstellung zurückgegriffen werden.
Insgesamt gibt es neun Gefahrenpiktogramme. Die Symbole der Gefahrenpiktogramme GHS01, GHS02, GHS03, GHS04, GHS05, GHS06 und GHS09 stimmen mit den Symbolen überein, welche auch im Rahmen des Transportrechts als Teil des Gefahrzettels verwendet werden.
Abhängig von den gefährlichen Eigenschaften eines Stoffes oder Gemisches wird dieser oder dieses unter der CLP-Verordnung in bestimmte Gefahrenklassen und Gefahrenkategorien eingestuft.
Den meisten Gefahrenkategorien ist eines der Gefahrenpiktogramme zugeordnet, welches auf der Verpackung erscheinen muss. Einigen Gefahrenkategorien sind aber auch mehrere oder gar keine Gefahrenpiktogramme zugeteilt.
So ist zum Beispiel der Gefahrenkategorie „Selbstzersetzliche Stoffe und Gemische – Typ B“ sowohl das Gefahrenpiktogramm GHS01 als auch das Gefahrenpiktogramm GHS02 zugewiesen, während den Gefahrenkategorien „Langfristig gewässergefährdend – Kategorien 3 und 4“ kein Gefahrenpiktogramm zugeordnet ist.
Die einzelnen Gefahrenpiktogramme sind in der Regel nicht an eine bestimmte Gefahrenklasse gebunden. Nur die Gefahrenpiktogramme GHS06 „Totenkopf mit gekreuzten Knochen“ und GHS09 „Umwelt“ sind jeweils eindeutig einer Gefahrenklasse, nämlich den Gefahrenklassen „Akute Toxizität“ beziehungsweise „Gewässergefährdend“, zugeordnet.
Auf der Verpackung eines gefährlichen Stoffes oder Gemisches müssen aber nicht immer alle Gefahrenpiktogramme angegeben sein, die die Einstufung verlangt. In der Regel kann zum Beispiel das Gefahrenpiktogramm GHS07 „Ausrufezeichen“ entfallen, wenn andere Gefahrenpiktogramme, die auf schwerere Gesundheitsgefahren hinweisen, angegeben werden müssen.
Auch das Gefahrenpiktogramm GHS04 „Gasflasche“ kann häufig weggelassen werden, wenn andere physikalische Gefahren vorliegen.
Einigen Gefahrenklassen oder Gefahrenkategorien sind grundsätzlich keine Gefahrenpiktogramme zugeordnet. So haben zum Beispiel die in diesem Jahr neu eingeführten Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren (Substanzen mit schädlichen Wirkungen auf das Hormonsystem) oder für umweltpersistente Stoffe (Stoffe, die nur langsam abgebaut werden und sich in der Umwelt anreichern) keine zugeordneten Gefahrenpiktogramme. Wenn diese, im Augenblick nur in der EU etablierten Gefahrenklassen, zukünftig in das GHS aufgenommen werden sollten, könnte diesen aber ebenfalls ein – gegebenenfalls neu zu entwickelndes – Gefahrenpiktogramm zugeordnet werden.
Das Wichtigste im Überblick
- Die Gefahrenpiktogramme kommunizieren die von einem Stoff oder Gemisch ausgehenden Gefahren prominent, aber auch verkürzt.
- Die Abwesenheit eines Gefahrenpiktogramms bedeutet nicht notwendigerweise die Abwesenheit einer Gefahr oder Eigenschaft.
- Stoffe und Gemische, deren Verpackung keine Gefahrenpiktogramme aufweisen, können auch gefährliche Stoffe im Sinne der CLP-Verordnung oder Gefahrstoffe im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sein. Die Gleichung „kein Piktogramm = kein Gefahrstoff“ stimmt nicht immer. Die Gefährdungsbeurteilung darf sich folglich nicht nur am Piktogramm orientieren.
- Stoffe und Gemische, deren Verpackung ein Gefahrenpiktogramm aufweist, sind immer gefährliche Stoffe im Sinne der CLP-Verordnung und Gefahrstoffe im Sinne der GefStoffV. Für diese Stoffe und Gemische ist immer ein Sicherheitsdatenblatt durch den Lieferanten bereitzustellen.