Folgende Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) wurden verabschiedet, die nach rechtsförmlicher Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt und im Internet veröffentlicht werden bzw. veröffentlicht wurden:
Zur Neufassung der TRGS 402
Für die betriebliche Praxis ist die TRGS 402 — Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition eine der wichtigsten TRGS. Da zum Redaktionsschluss dieses Artikels die Neufassung der TRGS 402 immer noch nicht veröffentlicht war, wird in diesem Artikel auf die wesentlichen Begriffe und Vorgaben aus der TRGS 402 eingegangen.
Die Änderungen der Neufassung im Vergleich zur noch aktuell gültigen Fassung werden im nächsten Artikel „Neues aus dem AGS“ beschrieben werden.
Messverpflichtung: ja oder nein?
Fangen wir an mit der Frage nach einer Messverpflichtung: Gibt es diese überhaupt?
Die Gefahrstoffverordnung fordert in § 7 Absatz 8: „Der Arbeitgeber stellt sicher, dass die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten werden.“
Dass das aber nicht mit einer Messverpflichtung gleichzusetzen ist, wird erst im nächsten Satz der Gefahrstoffverordnung deutlich: „Er [der Arbeitgeber] hat die Einhaltung durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition zu überprüfen.“
Informationen zu diesen „anderen geeigneten Methoden zur Ermittlung der Exposition“ werden in der TRGS 402 beschrieben:
Die TRGS 402 unterscheidet bei der Ermittlung der inhalativen Exposition zwischen:
- messtechnischer und
- nicht-messtechnischer Exposition
Zu 1.) zählen z.B. Arbeitsplatzmessungen, zu 2.) zählen die Übertragung von Ergebnissen vergleichbarer Arbeitsplätze und der Einsatz geeigneter Rechenmodelle.
Messverpflichtung im Labor?
Zur Messverpflichtung im Labor gibt es auf einer Internetseite der BG RCI hilfreiche Hinweise (siehe Links und Downloads):
Aus diesen Hinweisen geht hervor, dass Messungen im Labor nicht erforderlich sind, wenn gemäß den Vorgaben der
- TRGS 526 „Laboratorien“ und der
- DGUV Information 213–850 „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“
gearbeitet wird:
Bei Messungen im Labor liegen in aller Regel die Messergebnisse weit unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenzen. Gründe dafür sind die im Labor üblichen
- geringen Einsatzmengen und
- kurzen Expositionsdauern
in Verbindung mit technischen Schutzmaßnahmen wie z.B. Laborabzügen oder Quellenabsaugungen sowie der achtfachen Luftwechselrate pro Stunde.
Zwölf relevante Randbedingungen
Die Durchführung von Arbeitsplatzmessungen ist mit hohen Kosten verbunden. Diese Kosten lassen sich dadurch reduzieren, dass zum Beispiel bei mehreren vergleichbaren Arbeitsplätzen nur an dem Arbeitsplatz Messungen durchgeführt werden, bei dem die sogenannten „12 relevanten Randbedingungen“ die höchste inhalative Exposition vermuten lassen.
In den Begriffsbestimmungen der TRGS 402 wird erklärt, dass unter relevanten Randbedingungen alle Einflussparameter zu verstehen sind, die das Ausmaß der zu beurteilenden inhalativen Exposition beeinflussen.
Alle zwölf relevanten Randbedingungen werden in Nr. 4.2 der TRGS 402 aufgelistet.
Nur Leitkomponenten messen
Eine weitere Möglichkeit, Kosten bei Arbeitsplatzmessungen einzusparen, ergibt sich aus der folgenden „Erleichterung“:
„Es ist nicht immer notwendig, alle relevanten Stoffe messtechnisch zu erfassen, sondern man kann sich auf eine repräsentative Auswahl oder auf Leitkomponenten beschränken.“
Ein Kriterium für die repräsentative Auswahl bei mehreren Flüssigkeiten mit der gleichen Tätigkeit ist zum Beispiel die Gefährdungszahl aus der DGUV Information 213–080 „Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“:
Die Gefährdungszahl berechnet sich aus dem Verhältnis von Dampfdruck und Luftgrenzwert. Für eine Temperatur von 20 °C ergibt sich folgende Berechnungsformel:
Sie gibt an, um welches Wievielfache ein dampfgesättigtes Luftvolumen verdünnt werden muss, damit der Grenzwert eingehalten wird.
TRGS 900: Spalte „Bemerkung“
Da leider die Änderungen in der TRGS 900 und 910 zur jeweiligen Vorversion nur durch einen händischen Vergleich erkennbar werden, hier noch ein wichtiger Hinweis:
Bei den Stoffen Cumol (Isopropylbenzol)) und 1,4‑Dioxan hat sich die Höhe des Arbeitsplatzgrenzwertes und auch die Spitzenbegrenzung (Überschreitungsfaktor) nicht geändert.
In der Spalte „Bemerkung“ wurde unter anderem nur die Bemerkung „X“ ergänzt, die darauf hinweist, dass die Stoffe den H‑Satz „H350: Kann Krebs erzeugen“ erhalten. Bei 1,4‑Dioxan wurde das im Jahr 2021 in der 17. APT zur CLP-Verordnung bekannt gemacht, bei Cumol im Jahr 2022 in der 18. ATP zur EU CLP-Verordnung.
Im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung ist wichtig zu verstehen, dass die Bemerkung „X“ bedeutet, dass jetzt zusätzlich die besonderen Schutzmaßnahmen gemäß § 10 GefStoffV zu beachten sind: Dazu zählen u.a.:
- die Abgrenzung der Gefahrenbereiche,
- das Anbringen von Warn- und Sicherheitszeichen,
- das Verbot der Luftrückführung
- sowie gegebenenfalls das Führen eines personenbezogenen Expositionsverzeichnisses gemäß § 14 Absatz 3.
Links und Downloads
- BG RCI: Die Gefahrstoffverordnung im Labor: Anwendungshinweise zu Maßnahmen, Messungen und Substitution: https://www.bgrci.de/fachwissen-portal/themenspektrum/laboratorien/aktuelle-informationen/die-gefahrstoffverordnung-im-labor
- DGUV Information 213–080 „Arbeitsschutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ (Merkblatt M 053): https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-informationen/418/arbeitsschutzmassnahmen-bei-taetigkeiten-mit-gefahrstoffen-merkblatt-m-053-der-reihe-gefahrstoffe
- DGUV Information 213–850 „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“: https://downloadcenter.bgrci.de/shop/index.jsp?query=/bgi850–0.xml&field=path
- Luftgrenzwerte nach GefStoffV: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/AGS/Luftgrenzwerte.html
- AGS-Liste geeigneter Messverfahren: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS-402.html
- Neues vom AGS: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/AGS/Neues-vom-AGS.html
- TRGS – alle: www.baua.de/trgs
- TRGS 402: Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition. https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS-402.html
- TRGS 526: Laboratorien: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS-526.html
- TRGS 900: Arbeitsplatzgrenzwerte: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS-900.html
- TRGS 910: Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/TRGS-910.html
Glossar
- AGS: Ausschuss für Gefahrstoffe
- AGW: Arbeitsplatzgrenzwert (aus TRGS 900)
- AK: Akzeptanzkonzentration (aus TRGS 910)
- ATP: Adaptation to Technical Progress
- BAuA: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
- BMAS: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- CLP: Classification, Labeling and Packaging
- GW: Grenzwert
- TK: Toleranzkonzentration (aus TRGS 910)
- TRGS: Technische Regel für Gefahrstoffe
- UA: Unterausschuss (des AGS)