Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass es an einem Arbeitsplatz tätigkeitsbezogene Risiken gibt, müssen die Beschäftigten entsprechend geschützt werden. Vorrang haben stets technische oder organisatorische Maßnahmen. Können diese jedoch nicht umgesetzt werden oder reichen sie allein nicht aus, kann ergänzend Schutzkleidung zur Sicherheit der Beschäftigten als persönliche Maßnahme beitragen.
Allerdings stellt sich im Anschluss an Auswahl und Beschaffung der PSA oft die Frage: Wie sichern wir nachhaltig deren tägliche Nutzung? Eine Kombination aus Ergonomie, Motivation und „mach das Tragen der PSA einfach“ ist hier der richtige Mix.
Kein Umziehen nötig
Die Arbeiten an Straßen, am Kanal oder auf Grünflächen sind anstrengend und oft auch gefährlich – vor allem bei Dämmerung oder schlechten Sichtverhältnissen. Das Team des Bauhofs der Gemeinde Schwechat bei Wien trägt daher – wie vorgeschrieben – gut sichtbare Warnkleidung. Doch Vorschriften sind nicht immer ausreichend, um Menschen zu motivieren, auf Nummer sicher zu gehen.
Karin Baier, Bürgermeisterin in Schwechat und daher mitverantwortlich für die Arbeitssicherheit im Bauhof, machte die Erfahrung, dass hierbei Komfort eine riesige Rolle spielt: „Seit unsere Mitarbeiter Schutzkleidung haben, die nicht nur sicher, sondern auch bequem ist, tragen sie ihre Kleidung immer. Sogar in der Werkstatt. Es ist kein Umziehen nötig und die Schutzkleidung kann nicht vergessen werden.“
Mit dieser Erkenntnis steht Karin Baier nicht allein da, denn in der beruflichen Praxis ist die Akzeptanz der Persönlichen Schutzausrüstung nicht immer optimal. Doch wie kommt es, dass Mitarbeitende, trotz Unterweisung, ihre vorgeschriebene Schutzkleidung nicht konsequent tragen? Die Gründe sind in der Regel vielfältig. Dazu zählen Zeitdruck, Bequemlichkeit oder mangelnde Einsicht in die Notwendigkeit. Oft wird eine Schutzausstattung abgelehnt, weil sie beim Arbeiten nicht die gewünschte Beweglichkeit zulässt.
Ergonomie unterstützt die Funktion
Selbstverständlich muss Schutzkleidung zuallererst den aus der Gefährdungsbeurteilung resultierenden Anforderungen entsprechen und die dafür notwendigen Schutzeigenschaften erfüllen. Doch darüber hinaus sind Tragekomfort und Design für die Akzeptanz wichtig.
Hier hat sich durch angenehm tragbare, softe Gewebe und ergonomische Schnitte sowie die Entwicklung spezifischer, funktionaler Lösungen viel getan, berichtet Silvia Mertens. Die Bekleidungsingenieurin leitet das Produktmanagement bei dem Textil-Service-Unternehmen Mewa: „Gerade bei Schutzkleidung ist es wichtig, ein optimales Gewebe auszuwählen. So viel Tragekomfort wie möglich, verbunden mit dem optimalen Schutz oder Extras, die für einen bestimmten Arbeitsbereich nötig sind“, sagt sie.
Wann aber eine Kleidung wirklich ergonomisch ist, hängt eng mit Branche, Unternehmen und Tätigkeit zusammen. Silvia Mertens macht bei der Neuausstattung von Kunden immer wieder die Erfahrung, dass die Einbindung derjenigen, die die Kleidung tragen sollen, enorm wichtig ist. Sie hat durch das Kundenfeedback gelernt: Je mehr Komfort eine Schutzkleidung bietet, umso eher wird sie freiwillig und vorschriftsmäßig angezogen. Schließlich nutzen die besten Funktionen nichts, wenn die Kleidung im Schrank hängen bleibt, weil sie zu sperrig ist. Oder die Jacke nicht geschlossen getragen wird, weil das Gewebe zu dick und damit zu warm ist.
Silvia Mertens: „Wir bieten aktiv Tragetests an, denn wir raten dazu, die Kleidung direkt am Einsatzort zu testen, bevor sich ein Unternehmen abschließend für eine bestimmte Kleidung entscheidet. Das erhöht die Akzeptanz und führt bei Schutzkleidung in letzter Konsequenz zum optimalen Schutz.“ Eine Kleidung wird viel eher akzeptiert, wenn Mitarbeitende an der Auswahl beteiligt sind. So sehen sie: Es geht hier um mich!
Informieren, trainieren, motivieren
Ähnlich wichtig ist die kontinuierliche Überzeugungsarbeit, denn – Tragepflicht hin oder her – im laufenden Betrieb ist es selten zu hundert Prozent möglich, den korrekten Gebrauch einer PSA laufend zu überwachen. Die kurze Formel lautet daher: informieren, trainieren, motivieren. Es ist wichtig, dass die potenziellen Gefahren am Arbeitsplatz und die Eigenschaften der Schutzausrüstung bekannt sind.
Vorgesetzte und Führungskräfte können dabei Vorbilder für die Sicherheitskultur eines Betriebs sein – zum Beispiel, wenn sie für jeden noch so kurzen Besuch in der Werkshalle Sicherheitsschuhe anziehen. Dabei ist es hilfreich, die psychologischen Prozesse zu verstehen, die einer Akzeptanz zugrundeliegen. Beteiligt sind sowohl rationale als auch emotionale Aspekte. Zur emotionalen Seite gehört die Entwicklung einer positiven Einstellung zum Tragen von Schutzkleidung. Sieht die Kleidung darüber hinaus modern aus, trägt das ebenso zu ihrer Akzeptanz bei.
Einfache Prozesse
Und nicht zuletzt helfen Abläufe, die einfach einzuhalten sind: Wenn es schnell gehen muss oder wenn uns etwas lästig ist, kürzen wir Menschen Prozesse gern ab. Das gilt auch für das Tragen von PSA. Hier hilft es, wenn eine Vorgabe so bequem wie möglich umzusetzen ist. Kann man zum Beispiel die getragene Kleidung einfach in einen Sammelcontainer werfen und sich frische Kleidung aus dem Schrankfach holen, werden Sicherheitsvorgaben konsequenter durchgehalten, als wenn man für die Pflege der Kleidung selbst verantwortlich ist.
Was übrigens auch den Arbeitgeber entlastet: „Als Dienstleister bieten wir zertifizierte Schutzkleidung an und sorgen durch fachgerechte Pflege, Wartung und Prüfung dafür, dass die Schutzeigenschaften über die gesamte Einsatzzeit sichergestellt sind“, so Silvia Mertens.
Textil-Service – auch für die Umwelt gut
Ein Dienstleister geht schon allein durch sein Geschäftsmodell anders an die Entwicklung und Produktion von Kleidung heran als ein Hersteller von Kaufkleidung: Die Kleidung soll lange Zeit funktionsfähig bleiben und gut aussehen. Erst dann ist das Geschäftsmodell „Textil-Service“ rentabel. Das heißt, die Kleidung muss möglichst lange im Kreislauf verbleiben.
Das ist gut für den Anbieter, gut für den Kunden und gut für die Umwelt. Darüber hinaus spart die Bündelung von Wasch- und Pflegeprozessen Ressourcen: Wenn die Pflege der Berufskleidung nicht von der Belegschaft, sondern von einem Textil-Service übernommen wird, kann sich die damit verbundene Umweltbelastung um bis zu 85 Prozent reduzieren.