Von entscheidender Bedeutung bei der Auswahl von Warnkleidung sind die Umgebungsbedingungen. Unternehmen sollten deshalb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zunächst feststellen, wie groß die Gefährdung unter den gegebenen Bedingungen ist: Von einer erhöhten Gefährdung bei Tätigkeiten im Straßenverkehr spricht man, wenn es dunkel ist oder die Sichtverhältnisse durch Regen, Nebel oder Schnee beeinträchtigt sind. Gleiches gilt bei einem hohen Verkehrsaufkommen (über 600 Fahrzeuge pro Stunde), bei höheren Verkehrsgeschwindigkeiten (ab 60 km/h) oder auch, wenn Teile der Warnkleidung tätigkeitsbedingt verdeckt werden. Eine einfache Gefährdung liegt vor, wenn tagsüber im Straßenverkehr ausreichende Sichtverhältnisse, ein geringes Verkehrsaufkommen sowie niedrige Verkehrsgeschwindigkeiten vorherrschen.
Welche Kleidung bei welcher Gefährdung?
Bei einfacher Gefährdung oder in Notsituationen, etwa einer Fahrzeugpanne, ist mindestens sogenannte hochsichtbare Warnkleidung nach DIN EN ISO 20471, Klasse 2, zu tragen. Die Angabe findet sich auf den Etiketten von Westen, T‑Shirts, Jacken oder Hosen. Liegt eine erhöhte Gefährdung vor, ist hochsichtbare Warnkleidung der Klasse 3 gefordert: Das fluoreszierende und retroreflektierende Material befindet sich am Oberkörper und muss zudem auch im Bereich der Beine oder der Arme für gute Erkennbarkeit sorgen.
Diese Anforderungen erfüllen Jacken mit langen Ärmeln, Overalls oder auch Kombinationen aus Westen, T‑Shirts und Jacken mit Hosen. Beschäftigte von Pannenhilfsdiensten, Abschlepp- und Bergungsunternehmen sind bei der Arbeit so gefährdet, dass sie immer Warnkleidung der Klasse 3 tragen müssen.
Begrenzte Farbpalette
Hochsichtbare Warnkleidung gibt es normgemäß nur in Orange-Rot, Gelb oder Rot. Im Güterkraftverkehr, auf Baustellen oder in der Entsorgungswirtschaft hat sich Orange-Rot bewährt, da es in der Umwelt selten vorkommt. Rot wird fast nur vom Rettungsdienst genutzt und ist bei der Abfallsammlung unzulässig. Warnkleidung in Gelb ist „im Grünen“ schlechter erkennbar.
Wichtig: Kleidung nicht verdecken
Warnkleidung muss so getragen werden, dass sie nicht verdeckt wird. Leider sieht man immer wieder, dass jemand in der kalten Jahreszeit eine dunkle Jacke oder einen Pullover über der Warnkleidung trägt, anstatt eine wärmende Warnjacke zu benutzen. Im Sommer werden hingegen oft die Hosenbeine hochgekrempelt oder Oberteile ganz ausgezogen. Ein solches Verhalten ist im Bereich des Straßenverkehrs gefährlich und daher auch verboten.
Latz- oder Bundhose?
Bei hohen Temperaturen staut sich Warmluft im Bundbereich einer Hose, während sie in einer Latzhose nach oben austreten kann. Daher favorisieren viele Abfallwerker im Sommer Latzhosen. Allerdings fehlt dort heutzutage leider meist ein retroreflektierender Bauchstreifen. Er ist nach der aktuellen Norm DIN EN ISO 20471 nicht mehr zwingend erforderlich. Solche Hosen können zwar trotzdem zur Klasse 2 gehören, doch besser erkennbar sind Menschen, die auch am Oberkörper Warnkleidung tragen.
Streifenzahl und ‑breite
Latzhosen mit nur zwei retroreflektierenden Beinstreifen mit 50 Millimetern Streifenbreite gehören nur zur Klasse 1. Sie sind also als alleinige Warnkleidung im Bereich des Straßenverkehrs nicht ausreichend. Für die Zuordnung zur Klasse 2 brauchen Latz- und Bundhosen zwei retroreflektierende Beinstreifen mit jeweils 70 Millimetern Streifenbreite oder drei Streifen mit jeweils 50 Millimetern Breite.
Weiterführende Informationen
Ausführliche Hinweise zur Auswahl, Verwendung, Beschaffung, Pflege und Lagerung von Warnkleidung enthält die 2021 aktualisierte DGUV Information 212–016 „Warnkleidung“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Diese kann über die Publikationsdatenbank unter publikationen.dguv.de heruntergeladen oder bestellt werden.