Die geeignete Auswahl von Schutzhandschuhen und Hautmitteln ist wesentlich für die Verhinderung des Kontaktes mit Schadstoffen und deshalb für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer wichtig. Dies fällt in der Praxis nicht immer leicht. Grundsätzliches und Hinweise zur Umsetzung in der Praxis liefert Teil 2 des Beitrags.
Frank Zuther
Bei folgenden Tätigkeiten müssen grundsätzlich – auch ohne Gefahrensymbole – Hand-/Hautschutzmaßnahmen getragen werden:
- wenn bei Arbeiten im feuchten Milieu mit der vermehrten Aufnahme von Schadstoffen durch die gequollene Hornschicht gerechnet werden muss,
- wenn mit entfettenden Substanzen gearbeitet wird (z.B. Reinigungsmittel, Tenside),
- wenn mit Kraftstoffen (Ottobenzin), Frostschutzmitteln, Bremsflüssigkeiten, Kühlschmierstoffen gearbeitet wird,
- wenn die Abwaschbarkeit von Verschmutzung erleichtert wird,
- wenn einer spezifischen Hautbelastung durch abgestimmte Hautschutzmittel begegnet werden kann,
- wenn UV-Strahlung zu Hautschäden führen kann,
- wenn der Einsatz von Handschuhen nicht möglich (Fingerfertigkeit, Feinfühligkeit) oder nicht erlaubt ist (rotierende Maschinen).
Bei geringer Gefährdung (z.B. Gefahrensymbol Xi) sollten Hautschutzmittel als Basisschutz eingesetzt werden. Dies ist bei Stoffen mit folgenden Risiko-Sätzen (kleinflächiger und kurzfristiger Kontakt) der Fall:
- R 21 = Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut
- R 38 = Reizt die Haut
- R 66 = Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen
Immer wieder sollte dargestellt werden, dass Hautschutzmittel keine „flüssigen Handschuhe“ sind. Sie können den Kontakt mit Schadstoffen nicht vollständig unterbinden! Erfolgt ein Kontakt der Haut mit Arbeitsstoffen, die eine nur geringe Gefährdung darstellen, so sollte der Arbeitsstoff auch bei vorheriger Anwendung von Hautschutzmitteln rasch abgewaschen und der Hautschutz erneut werden.
Hautschutzmittel können Schutzhandschuhe nicht ersetzen, z.B. beim Umgang mit Säuren, Laugen oder organischen Lösungsmitteln. Bei Gefahrensymbolen wie „T“ (giftig) oder „C“ (ätzend) müssen – wenn nicht Substitution, technische oder organisatorische Maßnahmen greifen können – geeignete Schutzhandschuhe getragen werden. Dies ist insbesondere bei folgenden Stoffen der Fall:
- Hautresorptive Gefahrstoffe mit systemischer Wirkung (v.a. Gefahrstoffe mit erwiesener krebserzeugender, erbgut‑, fortpflanzungs- und fruchtschädigender Wirkung, vgl. TRGS 900, TRGS 903, TRGS 902)
- Hautresorptive Gefahrstoffe, für die keine ausreichenden Erfahrungen über die Schädigung in Abhängigkeit von Menge und/oder Kontakt besteht (vgl. TRGS 150 – medizinischen Beurteilung)
- Gefahrstoffe, die die Haut direkt schädigen oder sensibilisieren, da für diese Stoffe eine Grenzkonzentration, oberhalb derer die Haut geschädigt/sensibilisiert wird, nicht definiert werden kann.
Erfolgreicher Gesundheitsschutz
Ein entscheidender Faktor für die effektive und erfolgreiche Umsetzung einer geeigneten Schutzmaßnahme ist deren Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Dies bedeutet, den berechtigten Forderung der Anwender – so viel Schutz wie nötig, so wenig persönliche Einschränkung wie möglich – optimal gerecht zu werden, wobei jedoch immer deutlich gemacht werden sollte, dass ein geeigneter Schutzhandschuh zwar die Bewegung und das Tastgefühl einschränkt, dafür aber vor dem schützt, was wir mit unseren Sinnesorganen oft nicht wahrnehmen können: den Gefahrstoff.
Hier ist oftmals der direkte Vorgesetzte gefordert, der sein Team nicht nur zum Tragen der persönlichen Schutzausrüstungen motivieren muss, sondern auch die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren hat. Mit der Auswahl und der Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstungen enden die Arbeit und Aufgabe der Verantwortlichen nicht.
Bereitstellung von Schutzhandschuhen und Hautmitteln
Der Arbeitgeber hat die hygienischen und organisatorischen Voraussetzungen zur Durchführung der Hand-/Hautschutzmaßnahmen sicherzustellen.
Hautmittel werden meistens in Tuben oder Spendern angeboten. Die Anschaffung von Spendersystemen lohnt sich, wenn die Hautmittel von mehreren Anwendern benutzt werden. Aufgrund der besseren Dosierbarkeit können die Präparate sparsamer angewendet und hygienischer entnommen werden. Spendersysteme gibt es in unterschiedlichen Varianten. Hier beraten die Hersteller von Hautschutzmitteln.
Aus hygienischen Gründen sind offene Behältnisse, wie es für Handwaschpasten in Betrieben noch oft angetroffen wird, abzulehnen. Auf der Haut haftende, pathogene Keime könnten von einem Beschäftigten leicht in das Produkt eingebracht werden. Dort können sie sich vermehren, die Haltbarkeit des Produktes beeinträchtigen und auch auf andere Beschäftigte übertragen werden.
Die Hautmittel sollten für die Beschäftigten jederzeit leicht zugänglich sein und im Bereich der einzelnen Waschstellen bereitgestellt werden. Bei Spendern ist zu beachten, dass Inhalt und Bezeichnung übereinstimmen.
Zudem sollten die Mitarbeiter durch plakative Hautschutzpläne darauf hingewiesen werden, wie und welche Produkte anzuwenden sind.
Anwendung von Schutzhandschuhen und Hautmitteln
Der Anwender ist nach § 15 Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, die zur Verfügung gestellten Schutzhandschuhe und Hautmittel zu verwenden. Folgendes gilt es zu beachten:
- Bevor Schutzhandschuhe und Hautmittel angewendet werden, müssen die Hände gründlich gewaschen und abgetrocknet werden.
- Ein Paar Schutzhandschuhe nicht über einen langen Zeitraum (> 2 h) ununterbrochen tragen.
– Durchdringungszeit beachten.
– Sind lange Tragezeiten erforderlich, zwischendurch zwischen 2 bis 3 Handschuhpaaren wechseln.
– Bei starkem Schwitzen die Schutzhandschuhe ausziehen, die Hände trocknen und anschließend neue Schutzhandschuhe verwenden.
- Um ein Einfließen von Flüssigkeiten in den Handschuh zu unterbinden, sollte der Stulpenrand des Handschuhs umgeschlagen werden.
- Reinigen Sie die Handschuhe vor dem Ausziehen:
– Nach Kontakt mit Farben, Pigmenten etc. sollten die Handschuhe mit einem Lösungsmittel getränkten Tuch – am besten Papiertücher, die nachfolgend entsorgt werden – abgewischt und anschließend getrocknet werden.
– Nach Kontakt mit Lösungsmitteln sollten die Handschuhe vor dem Ausziehen am besten mit Papiertüchern, die nachfolgend entsorgt werden, trocken gerieben werden.
– Nach Kontakt mit Säuren / Basen sollte der Handschuh unter fließendem Wasser abgewaschen und trocken gerieben werden.
Beim Ausziehen des Handschuhs sollte dessen Außenseite nicht in Kontakt mit der Haut kommen (Kontakt mit Schadstoff!)
– Stulpe umschlagen (soweit noch nicht geschehen) und den Handschuh nach vorne abstreifen.
- Nach dem Tragen von Handschuhen sollten die Hände mit Wasser und ggf. mit einem milden Lösungsmittel und reibekörperfreien Reinigungsmittel gesäubert werden. Anschließen sollten Hautpflegecremes angewendet werden.
- Vor dem erneuten Tragen von Schutzhandschuhen sollte sichergestellt werden, dass diese innen trocken sind.
- Beschädigte Handschuhe müssen entsorgt werden.
Hautschutz- und Hautpflegemittel können nur dann optimal wirken, wenn sie korrekt auf die gesunde, saubere Haut aufgetragen werden. Dies wird allzu oft in der Praxis nicht ausreichend beachtet. Besonders häufig werden die Fingerzwischenräume und Fingerkuppen / Nagelfalz vergessen. Das sind gerade die Areale, an denen sich irritative Einwirkungen erstmals bemerkbar machen, so dass es trotz Hautschutzmittel zu Hauterscheinungen kommen kann.
Wird ein Hautschutzmittel als „schlecht einziehend“ oder „zu fettig“ bezeichnet, dann liegt dies häufig allein an der falschen Eincremetechnik. Durch korrekte Anwendung eines Hautmittels können daher Hauterkrankungen und Akzeptanzprobleme vermieden werden:
- Creme auf den sauberen und trockenen Handrücken auftragen (Strang von 1 – 1,5 cm).
- Creme zwischen beiden Handrücken gleichmäßig verteilen.
- Creme mit den Fingern der einen Hand von oben in den Fingerzwischenräumen der anderen Hand verreiben.
- Creme sorgfältig in den Bereichen Nagelbett, Nagelfalz, Fingerkuppen und Handgelenke einmassieren.
- Restliche Creme in den Handinnenflächen verreiben und zum Schluss mit den Fingernägeln mit leichtem Druck über die Handinnenflächen kratzen.
Weiterhin wichtig:
- Hautmittel können nur auf gesunder Haut optimal wirken.
- Hautschutzprodukt je nach Belastung mehrmals täglich auftragen (z.B. nach Pausen).
- Die Hautpflege spielt – insbesondere wenn häufig und über lange Zeiträume Schutzhandschuhe getragen werden müssen – eine tragende Rolle zur Gesunderhaltung der Haut.
- Hautpflegemittel immer vor Pausen und nach der Arbeit auftragen.
- Nachts ist die Haut keiner Belastung ausgesetzt. Dieser Zeitraum ist ideal geeignet, um die Regenerationsmechanismen der Haut durch Pflegeprodukte zu unterstützen und deren Barrierefunktion dauerhaft zu erhalten.
- Die Hautreinigung sollte so schonend wie möglich erfolgen.
– Hautreinigungsmittel mit Reibekörpern oder Lösungsmitteln sollten gemieden und nur bei stärksten Verschmutzungen eingesetzt werden.
– Von der Verwendung einer Wurzelbürste wird dringend abgeraten.
- Um das Reinigungsmittel sparsam zu verwenden und auch starke Verschmutzung möglichst schonend zu entfernen, wird folgende Waschtechnik empfohlen:
- Grobe Verschmutzungen zuerst mit Papiertüchern entfernen.
- Verschmutzte Hände nicht anfeuchten.
- Geringe Menge Reinigungsmittel entnehmen und ohne Wasser gründlich auf der Haut verreiben.
- Verschmutzung anlösen und mit wenig Wasser weiter waschen.
- Anschließend Hände mit viel Wasser gründlich abspülen.
- Hände mit einem sauberen Tuch, idealerweise Papiertuch, sorgfältig abtrocknen.
- Hautschutz oder Hautpflegemittel auftragen.
Unterweisung und Dokumentation
Nach der Gefährdungsermittlung ist der Arbeitgeber gemäß § 14 der Gefahrstoffverordnung verpflichtet, die Beschäftigten mündlich zu unterweisen und eine schriftliche Betriebsanweisung zu erstellen. Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter auf die Gefahren hinweisen, ihnen die präventiven Maßnahmen erklären und überprüfen, ob sie diese Maßnahmen auch korrekt umsetzen. Eine unzureichende oder unqualifizierte Unterweisung zählt nach § 5, Abs. 3, Punkt 5 ArbSchG zu einer der häufigsten Gefährdungen.
Die mündliche Unterweisung der Mitarbeiter zu Hautgefährdungen und Hautschutzmaßnahmen muss mindestens einmal jährlich erfolgen. Dabei bieten Anwendungsempfehlungen und Aufklärungsfilme der Hersteller und der Berufsgenossenschaften eine wertvolle Unterstützung. Berufsgenossenschaften bieten teilweise auch Seminare und kostenlose Durchführung der Unterweisungen an. Auch vorhandene Betriebsanweisungen können in die Aufklärung mit einbezogen werden. Zur Steigerung der Aufmerksamkeit bieten sich auch spezielle Hautschutz-Aktionen, wie ein Hautschutztag an. Auch hier unterstützen die Berufsgenossenschaften.
Die Betriebsanweisung enthält Informationen zu Gefahrstoffen an sich, aber auch zu Hygienevorschriften, Schutzmaßnahmen sowie Informationen zum Tragen und Benutzen der persönlichen Schutzausrüstung. Die Betriebsanweisung sollte an entsprechender Stelle einen Hinweis auf den Hand-/Hautschutzplan enthalten.
Gemäß TRGS 555 müssen in der Betriebsanweisung auch die Maßnahmen zum Schutz vor Gefahrstoffen, unterteilt in technische und organisatorische Maßnahmen, persönliche Schutzausrüstung und Arbeitshygiene, beschrieben werden. An dieser Stelle können jedoch nur kurze Angaben, wie „falls erforderlich Schutzhandschuhe tragen“ getroffen werden.
Erstellung von Hand-/Hautschutzplänen
Ein gut ausgearbeiteter Hautschutzplan ergänzt die Betriebsanweisung sinnvoll. In der Praxis soll der Hand-/Hautschutzplan den Mitarbeiter über das an seinem Arbeitsplatz und für seine Tätigkeit geeignete Schutzkonzept informieren und ihm Unterstützung in der Anwendung geben. Gleichzeitig sollte er eine „Erinnerungsfunktion“ verkörpern, um den Anwender immer wieder auf die Anwendung hinzuweisen. Voraussetzung dafür ist, dass er nicht „zu den Unterlagen geheftet“ wird, sondern wie für alle Mitarbeiter sichtbar an den Waschplätzen im Betrieb ausgehängt wird.
Gerade weil Hand-/Hautschutzmaßnahmen die letzte Möglichkeit des Gesundheitsschutzes sind, sollten im Hautschutzplan alle notwendigen Informationen enthalten sein. Dies beinhaltet nicht nur die Auflistung von Produkten zum Hautschutz, zur Hautreinigung und zur Hautpflege für einen bestimmten Tätigkeitsbereich, sondern auch Hinweise zu deren Anwendung und Erklärungen zu weiteren Produkten, die zusammen oder in Kombination mit dem Hautschutzkonzept angewendet werden. Das bedeutet auch, Angaben zu Schutzhandschuhen (Produkt, Erklärung der Anwendung) und gegebenenfalls zur Desinfektion anzuführen.
Die Erstellung der Hand-/Hautschutzpläne sollte generell jeweils in einer Kooperation
- des unmittelbaren Arbeitsplatzverantwortlichen,
- des Verantwortlichen für Arbeitssicherheit,
- des Verantwortlichen für arbeitsmedizinische Betreuung,
- des Betriebsrates,
- der Geschäftsführung sowie
- eines Beraters des/der Hersteller/s der Schutzprodukte
erfolgen.
Es sollten vorab qualifizierte Praxistests durchgeführt werden, in denen sich die Eignung der Produkte bestätigt. Damit sind auch die Mitarbeiter eingebunden.
Ein für den Anwender praxisnaher und informativer Hautschutzplan sollte folgende Informationen enthalten:
- Betriebsbereich – Arbeitsverfahren, Tätigkeit und/oder Arbeitsstoff
- Präzise Bezeichnung der eingesetzten Produkte, ggf. mit Abbildungen
- Zeitliche Abfolge und Zeitpunkt der Benutzung
- Listung der für diesen Tätigkeitsbereich geeigneten Hautschutz-/-pflege-/-reinigungsmittel sowie Schutzhandschuhe und ggf. Desinfektionsmittel
- Anwendungshinweise der Schutzprodukte, wie Technik des Eincremens oder Lagerung von Schutzhandschuhen
- Verhalten bei Hauterscheinungen
- Beschaffungsstelle
- Ansprechpartner bei Fragen (Name, Tel.-Nr.)
Motivierend für Anwender sind betriebseigene Fotos auf dem Hand-/Hautschutzplan, die die gelisteten Schutzprodukte in der betrieblichen Praxis zeigen. Die Mitarbeiter erkennen sich und ihre Tätigkeit wieder. Durch diese einfache Maßnahme erhält er das Gefühl, aktiv an den Handschutzmaßnahmen mitgewirkt zu haben. Dies erhöht die Bereitschaft, Schutzprodukte einzusetzen.
Unternehmen
Six senses unterstützt bei der Gefährdungsermittlung, der Dokumentation, der Erstellung von Betriebsanweisungen und Hand-/Hautschutzplänen sowie bei der Unterweisung. Das geschieht sowohl komplett als auch in Teilbereichen. Möglich ist auch, dass das Unternehmen in Vorleistung des Sicherheitsingenieurs tritt – und zwar unter Ausnutzung bereits vorhandener Checklisten und Dokumentationen. Six senses schlägt geeignete Produkte (mit Produktnennung) vor. Wahlweise werden auch neutrale Pläne mit exakter Beschreibung der Produkte erstellt. So hat der Einkäufer die Möglichkeit, seine Einkaufsbedingungen zu optimieren, ohne Gefahr zu laufen, qualitative – und damit sicherheitsrelevante – Einbußen hinnehmen zu müssen.
Unsere Webinar-Empfehlung
22.02.24 | 10:00 Uhr | Das Bewusstsein für die Risiken von Suchtmitteln am Arbeitsplatz wird geschärft, der Umgang mit Suchtmitteln im Betrieb wird reflektiert, sodass eine informierte Entscheidung über Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei Suchtmittelkonsum am Arbeitsplatz…
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