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Wenn es brennt, wollen alle eins: raus! Dafür gibt es oft nur einen sicheren Ausgang, den Notausgang. Dieser muss unbedingt immer frei gehalten werden. Und er darf auch nicht verschlossen sein. Achtet ein Arbeitgeber nicht darauf, handelt er ordnungswidrig. Das kann sehr teuer werden.
Ob Verkehrswege, Rettungs- oder Fluchtwege – Sicherheit im Notfall bieten sie nur, wenn sie nicht zugestellt sind. Wenn es schnell gehen muss, viele aufgeregt in die gleiche Richtung laufen oder die Sicht durch Rauch behindert ist, kann ein Karton im Weg schnell zur tödlichen Stolperfalle werden.
Wie unterscheiden sich die Wegtypen und worauf muss bei der Planung und im Arbeitsalltag geachtet werden?
Verkehrswege – breit genug?
Verkehrswege nennt man alle Wege, Flure, Treppen, Gänge, Rampen, Fahrstraßen und Gleisanlagen in einem Betrieb. Verkehrswege werden von Fußgängern oder Fahrzeugen genutzt, um von A nach B zu kommen, also zum Beispiel von der Werkstatt im Erdgeschoss ins Büro in die erste Etage.
Sämtliche Verkehrswege müssen so angelegt sein, dass sie sicher begangen beziehungsweise befahren werden können. Damit dies gewährleistet ist, muss klar sein, wie viele Personen oder Fahrzeuge den Verkehrsweg benutzen. Erst dann kann man festlegen, wie breit er sein muss. Wichtig ist es auch zu wissen, wofür der Verkehrsweg genutzt wird. Handelt es sich nur um einen Zugangsweg oder dient er auch als Fluchtweg?
Unfällen kann man vorbeugen, indem man Verkehrswege für Fahrzeuge und Fußgänger voneinander trennt. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass eine Regalgasse im Lager nur dann von einer Person begangen werden darf, wenn im betreffenden Gang kein Flurförderzeug unterwegs ist.
Werden Transportmittel auf Verkehrswegen eingesetzt, muss für Fußgänger ein ausreichender Sicherheitsabstand bestehen. Fahrwege, die an Türen und Toren, Durchgängen, Fußgängerwegen und Treppenaustritten vorbeiführen, müssen mit ausreichend Abstand davon verlaufen. Ein weiterer Sicherheitsaspekt ist eine gute und ausreichende Beleuchtung. Bei Wegen im Freien müssen zudem die Jahreszeiten und Witterungseinflüsse bedacht werden. Nässe und Laub können im Herbst den Untergrund rutschig machen. Im Winter sind Glatteis und Schnee gefährlich. Deshalb müssen diese Verkehrswege regelmäßig geräumt werden.
Sofern ein Verkehrsweg auch Fluchtweg ist, muss er mit Hinweisschildern gekennzeichnet sein. Fluchttüren dürfen nicht abgeschlossen sein. Sie müssen sich jederzeit von innen ohne besondere Hilfsmittel öffnen lassen, wenn sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden.
Und auch die Wege zwischen Tür und Arbeitsplatz oder zum Schrank etwa in Büroräumen benötigen ausreichend Fläche. Die Richtwerte für die Breite von Verkehrs- und Fluchtwegen hängen in erster Linie von der Zahl der Personen ab, die sich üblicherweise im Raum aufhalten. Die Raumnutzungsart bestimmt dagegen die maximale Fluchtweglänge.
Flucht auch über den Balkon
Flucht- und Rettungswege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit gestellt werden. Die Bauordnungen der Länder verlangen zum Beispiel, dass die Rettung von Menschen und Tieren sowie Löscharbeiten möglich sein müssen. Deshalb müssen alle Räume, in denen Menschen arbeiten, zwei voneinander unabhängige Rettungswege haben.
Als Fluchtweg kommt nur ein Verkehrsweg in Frage, der selbstständig genutzt werden kann, heißt es in der Arbeitsstättenverordnung. Das bedeutet, dass Menschen im Notfall auch ohne die Hilfe der Feuerwehr ins Freie oder in einen gesicherten Bereich gelangen können. Den ersten Fluchtweg bilden entsprechende Verkehrswege sowie die Notausgänge. Der zweite Fluchtweg kann, bei kleineren Gebäuden oder wenn es eine Gefährdungsbeurteilung nicht anders ergibt, auch über einen Notausstieg – etwa ein gut erreichbares Fenster oder einen Balkon – angelegt sein.
Höchstens 35 Meter lang
Die Länge von Flucht- und Rettungswegen wird in den Richtlinien als Luftlinie angegeben. So dürfen Fluchtwege in Büros ohne erhöhte Brandlasten beispielsweise höchstens 35 Meter lang sein. Abweichungen sind nur möglich, wenn die Sicherheit auf andere Weise garantiert ist. Die Lauflänge entspricht in der Praxis allerdings meist nicht der Luftlinie. Einrichtungen, Anlagen oder Mobiliar verlängern den Laufweg. Dieser darf aber letztlich maximal das 1,5‑fache der Luftlinie betragen.
Wie breit ein Flucht- und Rettungsweg sein muss, hängt davon ab, wie viele Personen im Bedarfsfall höchstens den Weg benutzen müssen (siehe Tabelle auf Seite 15)
Fluchtwege müssen …
- breit genug und
- dürfen nur begrenzt lang sein;
- an der Anzahl der Personen und
- am Gefährdungsrisiko der Arbeitsstätte ausgerichtet sein;
- auf möglichst kurzem Weg ins Freie oder
- in einen gesicherten Bereich führen;
- gut sichtbar und dauerhaft gekennzeichnet sein;
- eine Sicherheitsbeleuchtung haben, wenn ohne diese kein gefahrloses Verlassen der Arbeitsstätte möglich ist.
Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen …
- sich von innen ohne besondere Hilfsmittel und
- jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich jemand in der Arbeitsstätte befindet;
- nach außen aufgehen und
- dürfen als Notausgangstür weder eine Karussell- noch Schiebetür sein;
- gut sichtbar und dauerhaft gekennzeichnet sein;
- immer frei gehalten werden, d. h.
- sie dürfen auch nicht kurzfristig verstellt sein.
Gefährliche Hindernisse
Meist ist es keine böse Absicht, dass etwas im Weg steht. Manchmal muss es schnell gehen. Zeitdruck führt dazu, dass kurzfristig etwas zwischengelagert wird, an einer Stelle, wo es nicht hingehört. Manchmal sind aber auch die Sicherheitsvorschriften nicht ausreichend bekannt.
Zu den „klassischen“ Hindernissen zählen:
- Kartons, die angeliefert werden,
- ein Drucker auf dem Gang,
- ein Kaffeeautomat im Treppenhaus,
- Fahrzeuge, die be- oder entladen werden,
- Material oder Werkzeug für Bauarbeiten,
- Pflanzen, Schirmständer oder Werbeaufsteller im Eingangsbereich.
Im Brandfall darf niemand den Aufzug benutzen. Deshalb kommt Treppenhäusern eine besondere Bedeutung zu. Dort dürfen auf keinen Fall Brandlasten abgestellt werden. Brandlasten sind unter anderem Kopierer, Drucker, Getränkeautomaten, Papier oder Abfall.
Entkommen bei Panik
Ereignet sich zum Beispiel eine Explosion oder entsteht bei einer Veranstaltung Panik, so ist es wichtig, dass Rettungskräfte zum Ort des Geschehens vordringen können. In solchen Fällen zählt jede Minute. Freie Flucht- und Rettungswege ermöglichen es, dass gefährdete Personen vor dem Unglück entkommen können und dass Feuerwehr und Sanitäter schnell zu Personen gelangen können, die Hilfe brauchen.
Sind Hindernisse im Weg, können Menschen …
- stolpern und fallen,
- hängen bleiben und sich verletzen,
- sich im Notfall nicht selbst retten,
- in Gefahr nicht von den Rettungshelfern erreicht werden.
Verstöße sind Ordnungswidrigkeit
Wer eine Arbeitsstätte betreibt oder neu einrichtet, muss darauf achten, dass im Notfall Rettung möglich ist, also auch darauf, dass die Rettungs- und Fluchtwege freigehalten werden. Verstöße dagegen sind kein Kavaliersdelikt. Seit 2010 werden sie als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Nach dem Arbeitsschutzgesetz können sie mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
Regelmäßig überprüfen
Der Sicherheitsbeauftragte im Betrieb kennt sein Arbeitsumfeld genau. Er weiß, an welchen Stellen und in welchen Situationen es zu Unachtsamkeiten kommen kann. Auf solche Schwachstellen sollte er stets hinweisen und Gefahren und mögliche negative Folgen für die Sicherheit und Gesundheit gegenüber den Kollegen darstellen. Dauerhaft lassen sich Mängel am besten durch gezielte Maßnahmen beheben. Der erste Schritt dafür ist die Gefährdungsbeurteilung. Mit ihr lässt sich feststellen, wo im Betrieb Verkehrswege sind, die oft zugestellt werden, warum das so ist und wie sich das ändern lässt.
Kleine und größere Maßnahmen:
- regelmäßige Begehung der Verkehrswege,
- Überprüfen der Fluchtwege,
- Sensibilisieren der Mitarbeiter über Fehler-Such-Bilder, Vorher-Nachher-Szenarien oder Filme,
- Unterweisungen und Schulungen zum Thema,
- Gespräch über aktuelle Gefahrenquellen,
- Anweisen oder Veranlassen von Freiräum-Aktionen,
- konsequentes Durchgreifen beim Nicht-Einhalten von vereinbarten Maßnahmen,
- Vereinbarung und Kennzeichnung von festen Orten, an denen etwas (kurzfristig) abgestellt werden kann,
- selber ein gutes Beispiel geben,
- fachgerechte und regelmäßige Überprüfung von Sicherheitseinrichtungen wie Feuerlöscher oder Sicherheitsbeleuchtung,
- Begehung der Fluchtwege im Rahmen der jährlichen Unterweisung.
Missstände umgehend beseitigen
Bei kleineren Gebäuden besteht die Gefahr, dass der zweite Rettungsweg mit der Zeit in Vergessenheit gerät. Da er nicht benutzt wird, kümmert sich niemand um ihn. Besonderes Augenmerk gilt hier zum Beispiel den Aufstellflächen für die Feuerwehr. Sie dürfen nicht zugeparkt oder zweckentfremdet werden. Und auch Fenster, die als Anleitermöglichkeit für die Feuerwehr dienen, müssen uneingeschränkt frei sein. Das bedeutet, dass sie nicht zugestellt sein dürfen und regelmäßig freigeschnitten werden müssen, falls außen am Gebäude zum Beispiel Hecken oder Bäume wachsen.
Verkehrs- und Fluchtwege sind weder Zwischenlager für Akten noch Flächen für Regale und Schränke. Wann immer Missstände auffallen, sollte man darauf hinweisen oder dafür sorgen, dass sie umgehend beseitigt werden. Denn für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten – und das besonders im Notfall – ist es wichtig, dass der Weg frei ist.
Weitere Informationen …
… erhalten Sie unter anderem
- in der Arbeitsstättenverordnung,
- in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten, ASR A2.3 „Fluchtwege, Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ sowie
- ASR A3.4/3 „Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme“,
- in den Landesbauordnungen.
- Für Schulungen bieten sich z. B. folgende Filme an: „Napo auf der Baustelle“, „Sicherer Auftritt mit Napo“.
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