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New Work und Digitalisierung

Zukunft will gestaltet werden
New Work und Digitalisierung

New Work und Digitalisierung
Foto: © nikolarakic - stock.adobe.com
Lochen, Tack­ern, Abheften – dieses Bild der Büroar­beit gehört der Ver­gan­gen­heit an. Denn die Büromi­tar­bei­t­en­den von heute sind zu Wis­sensar­bei­t­en­den in der neuen Arbeitswelt gewor­den. Sie sind Fach- und Führungskräfte. Sie arbeit­en mit dem Kopf, nicht mit den Hän­den und dank dig­i­taler Infor­ma­tions- und Kom­mu­nika­tion­ssys­teme zeit- und orts­flex­i­bel. New Work und Dig­i­tal­isierung: Zukun­ft will gestal­tet werden.

Doch welchen Ein­fluss hat die neue Arbeitswelt auf die Wis­sensar­bei­t­en­den? Arbeitss­chutz-Experten wie Fachkräfte für Arbeitssicher­heit, Arbeitsmedi­zin­er, Betrieb­sräte und Führungskräfte wer­den sich mit dieser Frage in den kom­menden Jahren inten­siv beschäfti­gen müssen.

Das Arbeitss­chutzge­setz bildet hier­bei den rechtlichen Rah­men sowie die DGUV Vorschrift 1 „Grund­sätze der Präven­tion“. So gilt es, bere­its präven­tiv sichere und gesunde Büroar­beit­splätze zu schaf­fen und ret­ro­spek­tiv – also zurückschauend – aus den gemacht­en Fehlern zu ler­nen. Zen­trale Fragestel­lun­gen wer­den sein: Was am Büroar­beit­splatz macht krank (Schutzgedanke) und was gesund (Fördergedanke)?

New Work ändert Zusammenarbeit

Spätestens seit der Coro­na-Pan­demie hat sich die Bürow­elt kom­plett verän­dert. Neue For­men der Organ­i­sa­tion der Arbeit und neue Büroland­schaften sind ent­standen. New Work wer­den diese neuen flex­i­blen, mobilen und non-ter­ri­to­ri­alen Büroar­beit­skonzepte genan­nt. Sie bre­it­en sich zunehmend aus und sie verän­dern die Arbeits­be­din­gun­gen im Büro radikal. Der klas­sis­che Büroar­beit­splatz ist am Ende.

Das dig­i­tale Büro der Zukun­ft ermöglicht mobiles Arbeit­en von zu Hause oder beim Kun­den. Oder in Gesellschaft in Cowork­ing Spaces sowie kreatives und flex­i­bles Arbeit­en bei Desk-Shar­ing. Die per­sön­liche Zuweisung eines Arbeit­splatzes ent­fällt und non-ter­ri­to­ri­ale Arbeit­splätze kön­nen von allen genutzt werden.

Konzepte mit reversiblen Büros

Büroflächen zur Ver­fü­gung zu stellen bedeutet hohe Kosten für die Unternehmen. Um die Aus­gaben für Miete und Instand­hal­tung möglichst ger­ing zu hal­ten, müssen deren Aus­las­tung und Nutzungs­grad erhöht wer­den. Zudem erfordern Verän­derun­gen in der Tech­nik – mit­tler­weile beste­hen viele Bild­schir­mar­beit­splätze aus min­destens zwei Bild­schir­men – sowie dynamis­che Verän­derun­gen in der Organ­i­sa­tion neue Nutzungsmöglichkeit­en der Büroflächen.

Auch wenn von „neuen Büro­raumkonzepten“ die Rede ist, ist eher eine For­ten­twick­lung beste­hen­der Büro­raumkonzepte gemeint. Gruppen‑, Kom­bi- oder Einzel­büros sollen möglichst flex­i­bel genutzt wer­den kön­nen, um der unter­schiedlichen Nutzung gerecht zu wer­den. Feste Wände wer­den dabei zukün­ftig eher die Aus­nahme sein. Mit einem reversiblen Büro sind die Anforderun­gen an Flex­i­bil­ität und Funk­tion­al­ität vere­int, um agiles Arbeit­en umzusetzen.

New Work: Hybrides Arbeiten

Umdenken auf der Führungsebene

Die Auflö­sung der Gren­zen von Raum und Zeit erfordert ein Umdenken auf der Führungsebene. Das Führen auf Dis­tanz beste­ht aus weniger Kon­trolle und mehr Ver­trauen. Die indi­vidu­elle Leis­tung wird zukün­ftig nicht mehr an der abgeleis­teten Arbeit­szeit gemessen, son­dern am erbracht­en Ergeb­nis. Statt Präsenzzeit­en gilt es, gemein­sam erre­ichte Ziele durch eine ver­trauens­basierte und offene Bew­er­tungskul­tur zu fördern.

Die Art der Führung hat entschei­den­den Ein­fluss auf die psy­chol­o­gis­che Sicher­heit der Mitar­bei­t­en­den. Wenn Führungskräfte auf Sicher­heit und Gesund­heit acht­en und mit gutem Beispiel vor­ange­hen, wenn über Sicher­heit und Gesund­heit immer wieder gesprochen wird und Beschäftigte ermuntert wer­den, sich zum The­ma einzubrin­gen, wer­den sicheres und gesun­des Ver­hal­ten der Mitar­bei­t­en­den gefördert.

Chancen und Risiken

Nicht nur die Führungskräfte sind in Zeit­en von New Work vor große Her­aus­forderun­gen gestellt, auch die Mitar­bei­t­en­den. Die Gestal­tung men­schen­gerechter Büroar­beit ste­ht in einem Span­nungs­feld von Chan­cen und Risiken.

Ins­beson­dere für ältere Men­schen mag es nicht leicht sein, den fes­ten Platz einzu­tauschen und sich jeden Mor­gen eine neue Ecke zu suchen. Und sel­ten ist die bar­ri­ere­freie Arbeit­splatzgestal­tung berück­sichtigt, so dass Mitar­bei­t­ende mit kör­per­lich­er Beein­träch­ti­gung und Behin­derung vor großen Her­aus­forderun­gen stehen.

Mögliche Belastungen

In der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land gibt es zurzeit rund 18 Mil­lio­nen Bild­schirm- und Büroar­beit­splätze. Der Anteil der Beschäftigten im Büro an der Erwerb­s­bevölkerung in Deutsch­land beträgt derzeit cir­ca 50 Prozent und wird voraus­sichtlich weit­er ansteigen [1]. Beruf­skrankheit­en und Arbeit­sun­fälle sind im Ver­gle­ich zu vie­len anderen Branchen im Bere­ich der Büroar­beit­splätze deut­lich seltener.

Den­noch: Ent­ge­gen landläu­figer Mei­n­ung ist Büroar­beit keine rel­a­tiv belas­tungsarme Tätigkeit. Die Arbeit im Büro wird immer abstrak­ter, dichter, kom­plex­er, schneller und inten­siv­er, was dazu führt, dass Büroar­beit zunehmend als psy­chisch hoch belas­tend emp­fun­den wird. Wis­sensar­beit fordert hohe geistige und soziale Kom­pe­ten­zen, um konzen­tri­erte Bild­schir­mar­beit, Kom­mu­nika­tion mit dem Kun­den, Zusam­me­nar­beit und Ver­ständi­gung in Grup­pen bewälti­gen zu können.

Immer häu­figer genan­nte Belas­tun­gen bei der Büroar­beit sind Über­forderung durch Arbeits­menge, man­gel­nde Infor­ma­tio­nen, unklare Anforderun­gen sowie Ver­schlechterung der Qual­ität der sozialen Unter­stützung, Kon­flik­te mit Kol­le­gen und Konkurrenz.

Die häu­fig­sten Gesund­heit­sprob­leme sind Rück­enbeschw­er­den und Stresszustände. Psy­chis­che Erkrankun­gen haben in den ver­gan­genen Jahren zugenommen.

Gesunde neue Arbeitswelt gestalten

Die Pla­nung und Aus­gestal­tung eines Gebäudes, eines Bürokonzepts und der Büroräume kön­nen nicht ohne die Berück­sich­ti­gung der Vorschriften und Regel­w­erke des Arbeits- und Gesund­heitss­chutzes von­stat­ten gehen.

Deren Erfül­lung ist die Pflicht der Unternehmensleitung, mit dem Ziel, Unfälle zu ver­mei­den und Arbeit­splätze men­schen­gerecht zu gestal­ten. Es gilt die Gesund­heit zu erhal­ten und zu fördern sowie alle physis­chen und psy­chis­chen Gefährdun­gen zu ver­mei­den, die auf die Arbeits­be­din­gun­gen des Wis­sensar­beit­er einwirken.

Um physis­chen Belas­tun­gen vorzubeu­gen, sind ergonomis­che Arbeitsmit­tel unab­d­ing­bar. Das Teilen des Büro­tischs kann bedeuten, dass an einem Tag eine große, kräftige Per­son daran Platz nimmt und am näch­sten Tag eine kleine, zier­liche. In jedem Fall müssen Arbeitsmit­tel und Arbeit­splatz unkom­pliziert an die eige­nen ergonomis­chen Bedin­gun­gen angepasst wer­den können.

Tag der Ergonomie 2024

Dynamis­che Büros­tuhl-Sys­teme mit automa­tis­ch­er Kör­pergewicht­sreg­ulierung zum Beispiel helfen, die passende Sitzhal­tung einzunehmen. Elek­trisch höhen­ver­stell­bare Schreibtis­che unter­stützen die Steh-Sitz-Dynamik. Der Bild­schir­mar­beit­splatz bei Desk-Shar­ing gilt als fest ein­gerichteter Arbeit­splatz. Seine Anforderun­gen sind in der Arbeitsstät­ten­verord­nung zu finden.

Die Geset­ze regeln jedoch nicht alles und lassen Hand­lungsspiel­raum zu. Der kann für die Erstel­lung ein­er Betrieb­svere­in­barung genutzt wer­den. So kön­nen indi­vidu­elle und betrieb­sin­terne Bes­tim­mungen erlassen wer­den, wie etwa manche Arbeit­splätze von Desk-Shar­ing auszunehmen. Diese Aus­nahme zum eige­nen Arbeit­splatz ist beson­ders in Assis­tenz-Funk­tio­nen sin­nvoll, aber auch für Men­schen mit kör­per­lich­er Beein­träch­ti­gung oder Behinderung.

Zusät­zlich beu­gen arbeitsmedi­zinis­che Vor­sorge­un­ter­suchun­gen (ArbMedVV) (zum Beispiel die Bild­schir­mar­beit­splatzvor­sorge) und Beratung beim Arbeitsmedi­zin­er kör­per­lichen Beschw­er­den wie Kopf­schmerzen, bren­nen­den, trä­nen­den Augen sowie Flim­mern vor den Augen vor.

Bei der frei­willi­gen Teil­nahme wer­den außer dem Sehver­mö­gen auch Auf­fäl­ligkeit­en und Beschw­er­den des Bewe­gungsap­pa­rats und ander­er Organ­sys­teme berück­sichtigt und Empfehlun­gen zur Verbesserung und Erhal­tung der kör­per­lichen Gesund­heit aus­ge­sprochen (zum Beispiel die Bildschirmarbeitsplatzbrille).

Men­schen­gerechte Gestal­tung von Arbeit zeich­net sich im Wesentlichen auch durch die Beteili­gung der Mitar­bei­t­en­den aus. Wer psy­chol­o­gis­che Grundbedürfnisse bei der Organ­i­sa­tion und Aus­gestal­tung von Arbeit mit­berück­sichtigt, wird mit Engage­ment, Moti­va­tion und gesun­den Mitar­bei­t­en­den belohnt.

Lösungen: Probleme von morgen

Unter welchen Bedin­gun­gen die Wis­sensar­bei­t­en­den ihr Beruf­sleben lang wirk­lich leis­tungs­fähig und gesund bleiben kön­nen und wie die mod­erne Büroar­beit dafür gestal­tet sein muss, wird die Zukun­ft zeigen. Wichtig­stes Werkzeug ist die Gefährdungs­beurteilung nach § 5 Arbeitss­chutzge­setz. Ideen und Lösun­gen von heute sind die Prob­leme von morgen.

Regelmäßige Revi­sio­nen und Ret­ro­spek­tiv­en der Gefährdun­gen und Belas­tun­gen sind unverzicht­bar, um die Bürow­elt von mor­gen weit­er­hin sich­er und gesund zu gestal­ten. Die Zukun­ft kommt nicht. Sie wird gestal­tet. Der Auf­bruch in eine neue Ära der Arbeit ist gemacht.


Quelle:

[1] VBG-Fach­wis­sen „Gesund­heit im Büro“ (Link abgerufen am 19.11.2023: https://www.vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Broschuere/Themen/Gesundheit_im_Betrieb/Gesundheit_im_Buero.pdf?__blob=publicationFile&v=22)


Weit­er­führende Informationen:

  • DGUV Infor­ma­tion 215–441 „Büro­raum­pla­nung“
  • DGUV Infor­ma­tion 215–410 „Bild­schirm- und Büroar­beit­splätze – Leit­faden für die Gestaltung“
  • DGUV Regel 115–401 „Branche Bürobetrieb“
  • VBG-Fach­wis­sen „Gesund­heit im Büro – Fra­gen und Antworten“

 


Autorin: Anja Riederer
RiA Arbeitss­chutz
 
Foto: pri­vat
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