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Stetig steigende Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen

Auswertung des Fehlzeiten-Report 2023
Zukunftsfähige Betriebe haben gesündere Beschäftigte

Zukunftsfähige Betriebe haben gesündere Beschäftigte
© Springer-Verlag

Auf anhal­tend hohe arbeits­be­zo­gene Beschw­er­den der Beschäftigten und stetig steigende Fehlzeit­en wegen psy­chis­ch­er Erkrankun­gen hat das Wis­senschaftliche Insti­tut der AOK (WIdO) anlässlich des Erscheinens des Fehlzeit­en-Reports 2023 hingewiesen. Der Report beleuchtet die Auswirkun­gen der aktuellen Krisen auf Unternehmen und die Gesund­heit der Beschäftigten. Er zeigt unter anderem, dass Betriebe und Organ­i­sa­tio­nen, die von ihren Mitar­bei­t­en­den als zukun­fts­fähig eingeschätzt wer­den, im Schnitt weniger beru­fliche Fehlzeit­en und gesün­dere Beschäftigte haben.

Hohe psychische arbeitsbezogene Beschwerden unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

Eine repräsen­ta­tive Befra­gung des WIdO für den Fehlzeit­en-Report 2023 zeigt hohe psy­chis­che arbeits­be­zo­gene Beschw­er­den unter Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmern. Am häu­fig­sten wur­den dabei Erschöp­fung, Wut und Verärgerung sowie Lust­losigkeit genan­nt. Ein Ver­gle­ich mit Befra­gungs­dat­en aus den Jahren 2020 bis 2022 zeigt, dass alle selb­st berichteten arbeits­be­zo­ge­nen Beschw­er­den seit Aus­bruch der Covid-19-Pan­demie zugenom­men haben. Gegenüber den Jahren 2021 und 2022, der „Hoch­phase der Pan­demie“, sind die Werte im Jahr 2023 zwar leicht gesunken, liegen jedoch immer noch über dem Niveau der ersten Mes­sung vor Beginn der Covid-19-Pandemie.

Fehltage wegen psychischer Erkrankungen seit 2012 um 48 Prozent gestiegen

Eine aktuelle Auswer­tung für den Fehlzeit­en-Report zeigt zudem, dass die beru­flichen Fehlt­age auf­grund psy­chis­ch­er Erkrankun­gen von 2012 bis 2022 um 48 Prozent zugenom­men haben, während bei allen anderen Erkrankungs­grup­pen ein Anstieg von 35 Prozent zu verze­ich­nen war. Von diesen 35 Prozent war der größte Teil auf die pan­demiebe­d­ingten Höch­st­stände der Atemwegserkrankun­gen im Jahr 2022 zurück­zuführen. „Im Ver­gle­ich zu anderen Krankheit­en gehen psy­chis­che Erkrankun­gen häu­fig mit beson­ders lan­gen Fehlzeit­en ein­her“, erläutert Johan­na Baum­gardt, Forschungs­bere­ich­slei­t­erin für Betriebliche Gesund­heits­förderung im WIdO und Mither­aus­ge­berin des Fehlzeit­en-Reports. „Während psy­chis­che Erkrankun­gen 2022 im Schnitt zu AU-Zeit­en von 29,6 Tagen je Fall führten, waren es beispiel­sweise bei Atemwegserkrankun­gen nur 7,1 Tage pro Fall.“ Der Durch­schnitt über alle Erkrankungs­grup­pen lag 2022 bei 11,3 Tagen je Fall. Von den Aus­fal­lzeit­en auf­grund psy­chis­ch­er Erkrankun­gen waren im ver­gan­genen Jahr vor allem Berufe im Gesund­heits- und Sozial­we­sen betrof­fen, bei denen 14 Prozent aller beru­flichen Fehlt­age auf psy­chis­che Erkrankun­gen ent­fie­len. An zweit­er Stelle standen die Branchen „Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung“ und „Banken/Versicherungen“ mit jew­eils 13 Prozent. Der bun­desweite Durch­schnitt über alle Beruf­s­grup­pen lag bei zehn Prozent.

Badura: Mentale Gesundheit der Beschäftigten stärken

Die Covid-19-Pan­demie habe eine „Zeit­en­wende“ in der Arbeitswelt bewirkt, die sich am deut­lich­sten in der nahezu flächen­deck­enden Ein­führung von Home­of­fice und mobil­er Arbeit auswirke, betont Prof. Bern­hard Badu­ra, Mither­aus­ge­ber des Fehlzeit­en-Reports. „Unternehmen, Krankenkassen und Poli­tik soll­ten sich mit der Frage auseinan­der­set­zen, wie sie angesichts der neuen Rah­menbe­din­gun­gen die men­tale Gesund­heit der Beschäftigten stärken kön­nen. Home­of­fice und mobiles Arbeit­en kön­nten pos­i­tive Effek­te wie mehr Flex­i­bil­ität und Arbeit­szufrieden­heit haben, aber auch neg­a­tive Auswirkun­gen wie eine Ent­gren­zung der Arbeit. „Nicht zu unter­schätzen sind auch die soziale Iso­la­tion und die mögliche Dis­tanzierung vom Unternehmen“, so Badu­ra. Hier seien die Führungskräfte beson­ders gefordert, die men­tale Gesund­heit der Beschäfti­gen zu fördern und mögliche Prob­leme frühzeit­ig zu erken­nen. Tra­di­tionelle Rol­len­muster seien unter den neuen Rah­menbe­din­gun­gen nicht mehr zeit­gemäß und soll­ten durch mod­erne Konzepte wie eine „bindung­sori­en­tierte Führung“ erset­zt werden.

Als zukunftsfähig eingeschätzte Unternehmen haben gesündere Beschäftigte

Unter dem Titel „Zeit­en­wende – Arbeit gesund gestal­ten“ nimmt der Fehlzeit­en-Report 2023 die Auswirkun­gen der jüng­sten Krisen auf Unternehmen und Beschäftigte genauer unter die Lupe. In ein­er repräsen­ta­tiv­en Befra­gung im Feb­ru­ar 2023 gaben 47 Prozent der Beschäfti­gen an, in ihrem Betrieb oder ihrer Organ­i­sa­tion eher starke bis sehr starke Verän­derun­gen wahrzunehmen. Als haupt­säch­lich­er Treiber für die Verän­derun­gen wurde die Covid-19-Pan­demie genan­nt, gefol­gt von den tech­nol­o­gis­chen Entwick­lun­gen und den Möglichkeit­en, die sie mit sich brin­gen. „Trotz der großen Verän­derun­gen und Umbrüche, die wir aktuell nicht zulet­zt infolge der jüng­sten kriegerischen Kon­flik­te erleben, sehen die Beschäftigten die Sit­u­a­tion ihres eige­nen Unternehmens und dessen Zukun­fts­fähigkeit dur­chaus pos­i­tiv“, berichtet Johan­na Baum­gardt vom WIdO. So zeigten zwar 35 Prozent der Befragten aus­geprägte Zukun­ft­sangst bezüglich der gesamt­ge­sellschaftlichen Sit­u­a­tion, aber nur acht Prozent hat­ten Zukun­ft­sangst in Bezug auf ihren Arbeit­ge­ber. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) bescheinigten ihrem Betrieb oder ihrer Organ­i­sa­tion eine aus­geprägte Zukun­fts­fähigkeit. „Das ist ein sehr erfreulich­es Ergeb­nis, denn wir haben auch fest­gestellt, dass es einen deut­lichen Zusam­men­hang zwis­chen ein­er pos­i­tiv­en Ein­schätzung der Zukun­fts­fähigkeit des Unternehmens und der Gesund­heit sein­er Beschäftigten gibt“, berichtet Baum­gardt. So fehlten Beschäftigte, die die Zukun­fts­fähigkeit ihrer Organ­i­sa­tion oder ihres Betriebes pos­i­tiv bew­erten, nach eige­nen Angaben in den let­zten zwölf Monat­en vor der Befra­gung im Schnitt 11,6 Tage erkrankungs­be­d­ingt an ihrem Arbeit­splatz. Bei den Beschäftigten, die die Zukun­fts­fähigkeit schlechter beurteilen, waren es dage­gen durch­schnit­tlich 16,2 Tage. „Beschäftigte, die ihren Arbeit­ge­ber als weniger gut gewapp­net für zukün­ftige Entwick­lun­gen bew­erten, bericht­en über mehr gesund­heitliche Beschw­er­den, häu­figere krankheits­be­d­ingte Fehlzeit­en und gehen häu­figer krank zur Arbeit“, so Baumgardt.

Historischer Höchststand bei Fehlzeiten im Zuge der Covid-19-Pandemie

Laut Fehlzeit­en-Report gab es im ver­gan­genen Jahr einen his­torischen Höch­st­stand bei den beru­flichen Fehlzeit­en: Während in den Jahren 2012 bis 2021 durch­schnit­tlich 159,7 AU-Fälle je 100 erwerb­stätige AOK-Mit­glieder verze­ich­net wur­den, waren es im Jahr 2022 im Durch­schnitt 216,6 AU-Fälle. Das ist ein Anstieg um mehr als 30 Prozent, der vor allem durch Atemwegserkrankun­gen verur­sacht wor­den ist. Sie schlu­gen 2022 mit 86,5 AU-Fällen je 100 Mit­glieder zu Buche – im Jahr davor waren es 36,3 Fälle. Somit hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.

Von durch­schnit­tlich 5,4 Prozent in den Jahren 2020 und 2021 stieg die AU-Quote im Jahr 2022 auf 6,7 Prozent. In der ersten Jahreshälfte 2023 gab es ähn­lich hohe Werte, die ab April allerd­ings wieder sanken. „Wie sich die Fehlzeit­en im weit­eren Jahresver­lauf vor dem Hin­ter­grund zunehmender Covid-19-Infek­tio­nen und der üblichen, saison­al-bed­ingten Hoch­phase von Atemwegserkrankun­gen entwick­eln, bleibt abzuwarten“, erk­lärt Johan­na Baum­gardt vom WIdO.

Fehlzeiten-Report mit 32 Beiträgen zum Thema „Zeitenwende – Arbeit gesund gestalten“

Der Fehlzeit­en-Report wird seit 1998 jährlich vom Wis­senschaftlichen Insti­tut der AOK (WIdO) in Zusam­me­nar­beit mit der Uni­ver­sität Biele­feld und der Berlin­er Hochschule für Tech­nik her­aus­gegeben. In diesem Jahr bein­hal­tet er 32 Beiträge von ins­ge­samt 70 Exper­tin­nen und Experten, die wis­senschaftliche Erken­nt­nisse und Per­spek­tiv­en aus ver­schiede­nen Fachdiszi­plinen zum Zusam­men­hang von Zeit­en­wende, Arbeit und Gesund­heit erörtern.

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