Übermäßiger oder ständiger Lärm im Betrieb schädigt nicht nur das Gehör der Beschäftigten. Er erzeugt auch den sogenannten „Lärm-Stress“, der den ganzen Körper belasten kann. Diese Doppelbelastung für die Arbeitnehmer aufgrund sogenannter „auraler Lärmwirkungen“ (also Schädigungen im Gehörgang) und „extra-auraler Lärmwirkungen“ (Schädigung des gesamten Körpers und der Psyche durch Lärm) kann mit Gehörschutzmitteln deutlich verringert werden.
Welches Gehörschutzmittel aber ist das richtige? Das ist abhängig von folgenden Punkten:
- Welcher Art von Lärm ist man am eigenen Arbeitsplatz im Betrieb ausgesetzt (zum Beispiel ständiger Lärm, besonders großer Lärm)?
- Wie gesund ist man (hat man zum Beispiel bereits eine Hörschädigung oder andere für das Hören relevante Erkrankungen)?
- Wie empfindlich ist man gegen Lärm?
- Wie viel Lärm darf durch das Tragen des Gehörschutzes nicht mehr hörbar sein? Das heißt: Könnte man mit einem Gehörschutzmittel die Lärmbelastung bis auf Null senken oder geht dies nicht, weil man bestimmte, für die Arbeit wichtige Geräusche weiterhin hören muss?
Im Folgenden werden die wichtigsten Gehörschutzmittel vorgestellt und dabei drei Fragen beantwortet: Was zeichnet das jeweilige Gehörschutzmittel aus? Wie wendet man es an? Und unter welchen Voraussetzungen sollte man sich für dieses Mittel entscheiden?
Gehörschutzstöpsel
Auf dem Markt gibt es bereits fertig geformte Stöpsel und solche, die man vor Gebrauch erst einmal formen muss. Allerdings sind diese Stöpsel in den unterschiedlichsten Größen und Durchmessern erhältlich, sodass sie in die Öffnung eines jeden Gehörgangs passen (Achtung: nicht in den Gehörgang selbst drücken, da sie dann nur schwer wieder herauszubekommen sind). Gehörschutzstöpsel aus Schaumstoff drückt man vor Gebrauch zu einem dünnen Kegel zusammen und schließt damit den Gehörgang nach dem Einsetzen vollständig ab. Die Stöpsel aus Schaumstoff können aufgrund hygienischer Gründe zumeist nur einmal getragen werden. Sind sie aber aus anderen Materialien, wie zum Beispiel Silikon, können sie etwa ein bis zwei Wochen getragen werden.
Sie sind zu empfehlen, wenn …
- am Arbeitsplatz dauernd hoher Lärm herrscht,
- ein Gehörschutz zusammen mit einer Brille oder Schutzbrille getragen wird,
- man bestimmte arbeitsrelevante Geräusche weiterhin hören muss und man wissen muss, aus welcher Richtung diese Geräusche kommen,
- man den Gehörschutz ständig einsetzen und herausnehmen muss.
Kapselgehörschützer
Kapselgehörschützer umschließen beide Ohrmuscheln mit je einer Kapsel und schließen am Kopf mit einem Dichtungsring ab, der mit Schaumstoff, Flüssigkeit oder Luft gefüllt ist. Damit die Kapselgehörschützer auf jede Kopfform passen, kann man die Bügel verstellen und die Kapseln auf zwei Ebenen bewegen. Kapselgehörschützer sollten mindestens alle sechs Monate ausgetauscht werden.
Zu empfehlen, wenn …
- der Gehörschutz besonders häufig auf- und abgesetzt werden muss,
- die Lärmbelastung häufig zwischen hoher und niedriger Belastung wechselt,
- man regelmäßig unter Gehörgangentzündungen leidet,
- der Nutzer an starker Ohrenschmalzbildung leidet.
Otoplastiken
Gehörschutz-Otoplastiken. bestehen zumeist aus Kunststoffen wie Acryl oder Silikon. Diejenigen aus Acryl können etwa zwei Jahren länger getragen werden und lassen sich leichter in den Gehörgang einsetzen. Hörgeräteakustiker fertigen die Otoplastiken so an, dass sie beim Träger maßgeschneidert ins Ohr passen.
Zu empfehlen, wenn …
- bereits ein Hörschaden beziehungsweise Hörverlust eingetreten und daher ein besonders sicherer Schutz notwendig ist,
- am Arbeitsplatz ständig eine hohe Lärmbelastung herrscht,
- ein besonders hoher Tragekomfort erwünscht ist,
- ein Gehörschutzmittel gesucht wird, das besonders gut individuell angepasst werden kann,
- man einen engen Gehörgang besitzt.
Drei Fragen an …
… Winfried Eckert, Fachabteilung Rehabilitation und Leistungen, BG Bau
Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Entwicklung bei den Gehörschutz-Mitteln in den vergangenen Jahren gewesen und warum?
Eckert: Mit Inkrafttreten der PSA-Verordnung am 20.04.2016 ist schädlicher Lärm in die Risikokategorie III, welche Risiken beschreibt, die Tod oder irreversible Gesundheitsschäden zur Folge haben können, eingestuft worden. Dies hat unter anderem zur Folge, dass betriebliche Unterweisungen zu Gehörschutz nun zwingend mit praktischen Übungen zur richtigen Verwendung durchgeführt werden müssen.
Wer ist in erster Linie dafür verantwortlich, welches Gehörschutzmittel im Betrieb letztendlich zur Anwendung kommt? Der Arbeitgeber, der Betriebsarzt, der Betriebsrat oder die SiFa?
Eckert: Zunächst muss geprüft werden, ob nicht durch technische oder organisatorische Maßnahmen die Lärmeinwirkung auf ein zulässiges Maß gemindert werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist der Arbeitgeber für die Bereitstellung von geeignetem Gehörschutz verantwortlich. Hierbei kann er sich vom Betriebsarzt oder von der Fachkraft für Arbeitssicherheit fachlich beraten
lassen.
Werden die Beschäftigten in vielen Fällen bei der Auswahl beteiligt oder ist das eher die Ausnahme?
Eckert: Um die Akzeptanz für das Tragen von Gehörschutz zu erhöhen, ist es sinnvoll, dass die Beschäftigten über Trageversuche in die Auswahl von geeignetem Gehörschutz mit eingebunden werden, insbesondere wenn zusätzliche Faktoren wie Staub, Hitze oder auch weitere persönliche Schutzausrüstung beachtet werden müssen. Leider wird dies nicht immer so praktiziert
Gehörschutz-Auswahl leicht gemacht: Die Positivliste und das Gehörschutz-Programm der IFA
Das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) hat eine „Gehörschutz-Positivliste“ (link) herausgegeben, die ständig erneuert wird. Mit ihr können Arbeitgeber, Betriebsärzte und andere Personen, die für die Auswahl von Gehörschutz-Lösungen im Betrieb verantwortlich sind, die richtige Auswahl für das eigene Unternehmen treffen.
Die Liste ist in zwei Teile gegliedert:
- Teil 1: Passiver Gehörschutz
- Teil 2: Gehörschützer mit elektronischer Zusatzeinrichtung.
Das IFA hat daneben auch ein „Gehörschutzauswahl-Programm“ (link) aufgelegt. Zu diesem Programm gehört unter anderen eine Datenbank, in der alle Informationen zu Gehörschutzmitteln enthalten sind.
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